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Plato geht weiter. Er sagt mit einer Unschuld, zu der man Grieche sein muss und nicht "Christ", dass es gar keine platonische Philosophie geben würde, wenn es nicht so schöne Jünglinge in Athen gäbe: deren Anblick sei es erst, was die Seele des Philosophen in einen erotischen Taumel versetze und ihr keine Ruhe lasse, bis sie den Samen aller hohen Dinge in ein so schönes Erdreich hinabgesenkt habe. Auch ein wunderlicher Heiliger! - man traut seinen Ohren nicht, gesetzt selbst, dass man Plato traut. Zum Mindesten erräth man, dass in Athen anders philosophirt wurde, vor Allem öffentlich. Nichts ist weniger griechisch als die Begriffs-Spinneweberei eines Einsiedlers, amor intellectualis dei nach Art des Spinoza. Philosophie nach Art des Plato wäre eher als ein erotischer Wettbewerb zu definiren, als eine Fortbildung und Verinnerlichung der alten agonalen Gymnastik und deren Voraussetzungen… Was wuchs zuletzt aus dieser philosophischen Erotik Plato's heraus? Eine neue Kunstform des griechischen Agon, die Dialektik. - Ich erinnere noch, gegen Schopenhauer und zu Ehren Plato's, daran, dass auch die ganze höhere Cultur und Litteratur des klassischen Frankreichs auf dem Boden des geschlechtlichen Interesses aufgewachsen ist. Man darf überall bei ihr die Galanterie, die Sinne, den Geschlechts-Wettbewerb, das "Weib" suchen, - man wird nie umsonst suchen…

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