3.

- Ich sprach vom deutschen Geiste: dass er gröber wird, dass er sich verflacht. Ist das genug? - Im Grunde ist es etwas ganz Anderes, das mich erschreckt: wie es immer mehr mit dem deutschen Ernste, der deutschen Tiefe, der deutschen Leidenschaft in geistigen Dingen abwärts geht. Das Pathos hat sich verändert, nicht bloss die Intellektualität. - Ich berühre hier und da deutsche Universitäten: was für eine Luft herrscht unter deren Gelehrten, welche öde, welche genügsam und lau gewordne Geistigkeit! Es wäre ein tiefes Missverständniss, wenn man mir hier die deutsche Wissenschaft einwenden wollte - und ausserdem ein Beweis dafür, dass man nicht ein Wort von mir gelesen hat. Ich bin seit siebzehn Jahren nicht müde geworden, den entgeistigenden Einfluss unsres jetzigen Wissenschafts-Betriebs an's Licht zu stellen. Das harte Helotenthum, zu dem der ungeheure Umfang der Wissenschaften heute jeden Einzelnen verurtheilt, ist ein Hauptgrund dafür, dass voller, reicher, tiefer angelegte Naturen keine ihnen gemässe Erziehung und Erzieher mehr vorfinden. Unsre Cultur leidet an Nichts mehr, als an dem Überfluss anmaasslicher Eckensteher und Bruchstück-Humanitäten; unsre Universitäten sind, wider Willen, die eigentlichen Treibhäuser für diese Art Instinkt-Verkümmerung des Geistes. Und ganz Europa hat bereits einen Begriff davon - die grosse Politik täuscht Niemanden… Deutschland gilt immer mehr als Europa's Flachland. - Ich suche noch nach einem Deutschen, mit dem ich auf meine Weise ernst sein könnte, - um wie viel mehr nach einem, mit dem ich heiter sein dürfte! Götzen-Dämmerung: ah wer begriffe es heute, von was für einem Ernste sich hier ein Einsiedler erholt! - Die Heiterkeit ist an uns das Unverständlichste…

Share on Twitter Share on Facebook