Neununddreißigster Brief.

Frankfurt a. M., den 31. Julius 1848.

So wie man sonst wohl Königen und Prinzen schmeichelte, so jetzt öfter den Demagogen und Volksrednern; Begeisterung und aufrichtige Theilnahme ist indeß keine Schmeichelei. Da Sie indeß nur eine ganz einfache Aufzählung von Thatsachen fordern, so schreibe ich Ihnen aus bester Quelle Folgendes.

Es wird vielerlei für und wider den Prinzen von Preußen in Wort, Schrift und That unternommen; vom Standpunkte der Wahrheit läßt sich nur Folgendes als richtig bezeichnen. Er hat in dem Winter von 1847 zu 1848 zu Maßregeln gerathen, welche, als zeitgemäß, wahrscheinlich viel Unglück würden abgewendet haben. Er war ferner Mitunterzeichner der wichtigen Proklamation vom 18. März, und zeigte sich stets bereit für das Wohl des Vaterlandes zu wirken; allerdings aber auch, als Vertreter der gesetzlichen Ordnung, dieselbe zu schützen.

Das Kommando am Rhein, welches ihm anvertraut worden war, veranlaßte schon in der Woche vor den Märztagen die Niederlegung seines Amtes als Chef des Gardecorps. Die Abreise nach Köln wurde, der unruhigen Auftritte in Berlin wegen, von Tag zu Tag verzögert: — und so fügte es sich, daß der Prinz Zeuge der verhängnißvollen Scenen werden mußte, deren gründliche Erörterung dem gerechten Urtheile einer späteren Zeit vorbehalten bleibt.

Am Spätabende des 19. März erhielt der Prinz auf dem königlichen Schlosse, wo er sich mit seiner Gemahlin befand, Nachricht von der sich gegen ihn kund gebenden Aufregung. Der König bat ihn Berlin auf einige Tage zu verlassen, um der Stimmung Zeit zu gewähren sich zu beruhigen.

Ungern fügte sich der Prinz diesem Wunsche und weilte in der Nähe Potsdams, bis ihm am 22. März der Auftrag ertheilt wurde, sofort nach England zu reisen. Dies erfolgte in der Voraussetzung dort dem Vaterlande nützlicher sein zu können, als während der Aufregung in Berlin oder anderswo.

Seine Aufnahme in England war geeignet die trüben Eindrücke der berliner Nachrichten zu mildern. Der Umschwung der öffentlichen Meinung, welcher sich in den zahlreichen Adressen und in seiner Wahl für die Nationalversammlung kund gab, verwischte bald die Erinnerung an die ungerechte Verfolgung innerhalb der eigenen Vaterstadt; und so kehrte der Prinz zurück um, der constitutionellen Sitte gemäß, unbetheiligt an Regierungsgeschäften, im Kreise der Seinen zu leben. Die Prinzessin von Preußen verließ ihren Gemahl erst im Augenblicke der Abreise nach England und blieb, während die Stürme tobten, mit ihren beiden Kindern in Potsdam, getreu ihren Pflichten als Gattin und Mutter.

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