Vorwort.

Die emsige Forscherarbeit der letzten Jahrzehnte hat auf dem weiten Gebiete der allgemeinen Kulturgeschichte eine Fülle von Material zusammengetragen, das aber, dem Nichtfachmann unzugänglich, in wissenschaftlichen Zeitschriften und Monographien verborgen war. Es aus diesem Dornröschenschlaf zu erwecken und dem weiten Kreise der Gebildeten zugänglich zu machen, war eine lockende Aufgabe, der ich mich in Gemeinschaft mit dem Geographen und Nationalökonomen Dr. R. Hotz und anderen Fachgelehrten gern unterzogen habe. In gewissem Sinne bildet es eine Ergänzung und Erweiterung des in gleichem Verlage erschienenen Sammelwerkes „Vom Nebelfleck zum Menschen“; denn wenn dort versucht wurde, die lange Geschichte der Menschwerdung zu schildern, so soll in „Die Erde und die Kultur“ gezeigt werden, wie der Mensch im Laufe der Jahrtausende die Erde erobert und seinen Zwecken dienstbar gemacht hat.

Die Gliederung des Gesamtwerkes ist die folgende: Band I: Die Erde und ihr Wirtschaftsleben (von Dr. R. Hotz). Band II: Kulturgeschichte des Menschen. Band III: Kulturgeschichte der Nutztiere. Band IV: Kulturgeschichte der Nutzpflanzen. Jeder Band ist in sich abgeschlossen und einzeln käuflich. Band IV ist soeben erschienen, Band I und III erscheinen im Laufe des Jahres 1911, Band II im Sommer 1912, so daß spätestens im Herbst des Jahres 1912 das ganze Werk vollständig sein wird.

In dem vorliegenden Doppelband „Die Kulturgeschichte der Nutzpflanzen“ suchte ich das fortzusetzen, was einst der feinsinnige Philologe Victor Hehn für einen Teil der bekanntesten Kulturpflanzen begonnen hatte: eine Geschichte ihrer Domestikation und ihrer Wanderung über die Erde im Gefolge des Menschen zu geben. Ein Menschenalter ist seit dem Erscheinen von Hehns Werk verflossen, manches hat sich geändert, dazu habe ich den Gegenstand nach allen Seiten erweitert; denn nicht nur die Kulturpflanzen sollen in dem Werke behandelt werden, sondern die Nutzpflanzen im weitesten Sinne des Wortes. Eine Fülle von Literatur war zu sichten und zu bearbeiten, fast zu groß für die Arbeitskraft eines einzelnen Menschen. Ich habe mich bemüht, allen wissenschaftlichen Ballast wegzulassen und durch gründliches Quellenstudium das heute Sichergestellte in klaren Zügen gemeinverständlich darzustellen.

Besondere Sorgfalt wurde auf die Bilder verwendet, die auf Kunstdrucktafeln, größtenteils nach noch unveröffentlichten Photographien, dem Texte beigegeben werden.

Allen Gelehrten, die mich in meiner Arbeit in zuvorkommender Weise unterstützt haben, spreche ich auch an dieser Stelle meinen verbindlichen Dank aus.

Basel, im Oktober 1910.

Dr. Ludwig Reinhardt.

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