I. Der Hund.

Der unstet als Jäger lebende paläolithische Mensch hat noch keinerlei Haustiere sein eigen genannt; erst zu Beginn der jüngeren Steinzeit gelangte der Mensch in den Besitz von solchen. Unter diesen ist weitaus das älteste der Hund, der uns in Europa zum erstenmal zu Beginn der neolithischen Zeit, vor etwa 12000 Jahren in sehr loser Verbindung mit dem Menschen, der an den Küsten der Ostsee in den Muschelhaufen die Abfälle seiner Nahrung anhäufte, entgegentritt. Dieser Hund der frühneolithischen Muschelesser an den Küsten des nordischen Meeres, speziell Dänemarks, war zum größten Teil noch ein Wildhund, und zwar ein zutraulicher Schakal, der sich freiwillig dem Menschen anschloß, um an der von ihm übriggelassenen Beute den knurrenden Magen zu füllen und sich in der warmen Asche der von ihm verlassenen Lagerfeuer zu wärmen. Junge dieses wenig scheuen und überaus gesellig veranlagten Wildhundes wurden gelegentlich gefangen und an den Lagerplatz der Horde gebracht, um hier als Spielzeug und Gefährten der heranwachsenden Jugend freiwillig Futter und ein warmes Plätzchen am Feuer zu erhalten. Von den Erwachsenen werden besonders die mitleidvollen Weiber diese drolligen Wesen gehätschelt und, wie dies heute noch sehr häufig bei kulturell niedrig stehenden Menschen vorkommt, die der Mutterbrust entbehrenden allzu jungen, hilflosen Gäste an ihrer Brust gesäugt haben. Durch solchen überaus engen Verkehr mit dem Menschen faßte der Wildling bald Zutrauen zu ihm und trat in ein besonderes Freundschaftsverhältnis zu den Kindern und Weibern, die sich seiner freundlich annahmen, während die Männer diese neuen Familienglieder häufig genug mit Fußtritten und Prügeln regaliert haben werden. Letztere sorgten auch sonst dafür, daß es ihm nicht zu wohl wurde in ihrer Mitte, und schlugen ihn häufig genug tot, besonders in Zeiten, da die Muschellese, der Fischfang oder die Jagd aus irgend welchen Gründen unergiebig war und der grimmige Hunger sich bei ihnen geltend machte. An verschiedenen auf uns gekommenen Bruchstücken von Hundeschädeln aus den dänischen Kjökkenmöddings oder Muschelabfallhaufen können wir erkennen, daß sie mit Holzknütteln eingeschlagen und dann weiter aufgebrochen wurden, um außer dem Fleisch, das als Speise diente, auch das warme Gehirn als besondere Delikatesse dieser Menschen zu verzehren.

Daß es diesem die größte Ähnlichkeit mit dem Schakal aufweisenden Wildhunde bei diesen unkultivierten Muschelessern im Ostseegebiet in jeder Beziehung schlecht genug ging, das beweist schon sein stark verkümmertes Knochengerüst. Es muß schon eine rührende Anhänglichkeit gewesen sein, daß dieses durch Hunger und Entbehrungen der schlimmsten Art herabgekommene Geschöpf bei solch schlechter Behandlung es in der wenig verlockenden Gesellschaft dieser rohen Menschen aushielt und es nicht vorzog, das ungebundene Leben der viel besser genährten freien Verwandten zu führen. Es liegt eben im gesellig lebenden Hundegeschlechte eine überaus treue Anhänglichkeit an die Umgebung, der die Einzelindividuen durch Aufnahme und Gewöhnung in jugendlichem Alter angepaßt wurden. Das können wir heute noch in den zoologischen Gärten beobachten, wo wir häufig genug sehen, wie sich jung eingefangene und unter einigermaßen guter Behandlung frei aufgezogene Schakale oder Wölfe mit Freudensprüngen, schweifwedelnd, den Körper zur Seite gekrümmt, sich an den Pfleger herandrängen und dessen Hand liebkosen. Mit vollem Recht schreibt der erfahrene Tierzüchter, Dr. Heck, der Direktor des Berliner Zoologischen Gartens über den Hund: „Wer wissen will, woher unser liebenswertestes Haustier, das nicht bloß seines körperlichen Nutzens halber vom Menschen unterjocht worden ist, sondern sich ihm freiwillig, von ganzem Herzen und mit ganzer Seele zu eigen gegeben hat: der Hund, stammt, der komme mit mir bei meinem mächtigen rumänischen Wolfsrüden vorbei und beobachte ihn, wenn ich nur mit den Fingern schnalze oder gar ein paar freundliche Worte mit ihm spreche! Die Liebe zum Menschen steht diesen Tieren auf dem Gesicht geschrieben, sie ist ihnen angeboren.“

Daß diese halbzahmen Hunde der Muschelesser Dänemarks dem Menschen außer als Fleisch- und Pelzlieferanten irgend welchen Nutzen gewährten, oder von ihm gar zum Aufspüren der Beute auf der Jagd verwendet wurden, ist zweifellos ganz ausgeschlossen. Jedenfalls blieben sie vorzugsweise in Gesellschaft der Frauen und Kinder an den Lagerplätzen und erhielten dort von jenen, die ihnen in erster Linie freundlich gesinnt waren, allerlei unvollständig abgenagte Knochen und sonstige Speiseabfälle zu essen. Diese Aufmerksamkeiten belohnten sie durch ihre Wachsamkeit. Mit einem außerordentlich feinen Geruchssinn und scharfem Gehör ausgestattet, meldeten sie alle sich dem Lagerplatze nähernden Menschen und Tiere lange bevor die dort weilenden Menschen ihrer gewahr wurden. Diese ihre Dienste waren besonders in der dunkeln, unheimlichen Nacht, in der ein Überfall durch bösgesinnte Menschen und wilde Tiere doppelt zu befürchten war, von größtem Vorteile für ihre menschlichen Genossen, da sie im Gegensatz zu diesen, in einen sehr tiefen Schlaf verfallenden Wesen nur einen äußerst leichten Schlaf besitzen, durch das geringste Geräusch erwachen und dann ihre Umgebung durch Lautgeben auf allfällige Ruhestörer aufmerksam machen.

Wie die Wildhunde werden auch sie noch geheult haben statt zu bellen, wie dies übrigens viele, nur sehr unvollständig domestizierte Hunde von Naturvölkern und auch die herrenlosen, mit dem Islam, der den Hund als unreines Tier verachtet, bis nach Europa gebrachten Pariahunde des Orients, wie überhaupt alle verwilderten und aus der Botmäßigkeit des Menschen entlaufenen Hunde heute noch tun. Erst später haben sie das sie als Haustiere kennzeichnende Bellen gelernt, „was“ — wie der vorgenannte Dr. Heck sich ausdrückt — „so im Hundeblut drin liegen muß, daß selbst manche zahme Vollblutwölfe und Schakale es sich angewöhnen!“ Jedenfalls besaßen sie auch noch wie ihre wilden Vorfahren Stehohren und einen hochgetragenen, noch nicht geringelten Schwanz und haben wie sie und ihre Verwandten, Wolf und Fuchs, beim Traben „geschnürt“, d. h. die vier Füße bei gerade in der Bewegungsrichtung gehaltenem Körper in eine gerade Linie hintereinander gesetzt, und zwar immer einen Hinterfuß in die Spur eines Vorderfußes derselben Seite. Später dagegen gewöhnte sich der Hund als Genosse des Menschen an zu „schränken“, d. h. beim Trabe den Körper schief zur Bewegungsrichtung zu stellen und Vorder- und Hinterfuß derselben Seite schief nebeneinander zu setzen. Auch in seinem anatomischen Bau nahm der Hund als Haustier gewisse Eigentümlichkeiten und Merkmale an, die ihn von seinen wilden Verwandten unterscheiden, von denen wir hier nur den verhältnismäßig starken Stirnabsatz erwähnen wollen.

So weit wir dies nachweisen können, ist der afrikanisch-südasiatische graue Schakal, der nachts, zu Meuten vereinigt, die Ansiedelungen des Menschen nach Aas und eßbaren Abfällen aller Art absucht und den Schafen und Lämmern sehr gefährlich wird, der älteste vom Menschen zu seinem Gesellschafter erhobene Wildhund. Als Verzehrer von Leichen nahm er, nach dem auf niedriger Kulturstufe allgemein verbreiteten Glauben, mit dem Fleisch und den Eingeweiden auch die Seele des betreffenden Wesens in sich auf. Durch dieses Beherbergen eines Geistes wurde er von selbst zu einem Geistwesen, einem Fetischtier erhoben, das dem Menschen von größtem Nutzen sein konnte, wenn er es gut behandelte. So galt noch den alten Ägyptern der Schakal als Wüstengott Anubis, der über die in der westlich vom Niltal gelegenen Wüste beerdigten Toten Wache hielt, für heilig und nahm man eingefangene Exemplare dieser Wildhundgattung in Pflege und Wartung. Dies geschah auch anderwärts, und so mußte sich unwillkürlich aus diesem in Größe und Aussehen, besonders aber in der Kopfbildung mitten zwischen Fuchs und Wolf stehenden Wildhunde mit der Zeit ein Haustier entwickeln.

Das Gekläff dieser futterneidischen Tiere, welche schon in frühester Vorzeit wie heute noch die Niederlassungen des Menschen nächtlicher Weile umschwärmten, um dort etwas aufzustöbern, mit dem sie ihren allzeit regen Hunger stillen konnten, warnte den Menschen vor einem Überfall durch übelgesinnte Menschen oder Raubtiere irgend welcher Art. Ja, scheinbar ganz unmotiviert ausgestoßen, sollte es nach dem Glauben aller auf niedriger Kulturstufe lebender Stämme, ihm den Besuch der die Lebenden allseitig umgebend gedachten Geister der Abgeschiedenen anzeigen. Wenn sie auch der Mensch selbst nicht sah, so glaubte er nichtsdestoweniger felsenfest an deren Vorhandensein und wunderte sich durchaus nicht darüber, daß diese Wildhunde als Leichenesser und damit als mit Geistwesen beseelt erachteten Tiere solche sahen, er dagegen nicht.

Diese überaus unheimliche, aber höchst wichtige Eigenschaft, besonders die nächtlichen Unholde aller Art erspähen zu können und von ihrem, dem Menschen unsichtbaren Vorhandensein durch Heulen und später Bellen Kunde geben zu können, war wohl die älteste Nutzungseigenschaft, die der Hund dem Menschen bot. So wurde er für ihn mit der Zeit nicht nur ein wohlgelittener Begleiter, sondern geradezu ein sich immer mehr unentbehrlich machender Genosse, der ihm die trefflichsten Dienste leisten konnte wie kein anderes Wesen.

Diese höchste Wertschätzung des Hundes spricht schon zu Ende des 2. vorchristlichen Jahrtausends das altpersische Gesetzbuch aus, das von diesem Tiere geradezu behauptet, durch seinen Verstand bestehe die Welt. Wer eine solche uns ganz paradox erscheinende Behauptung aufstellt, muß schon gute Gründe dazu haben; nur ein Volk, dem der Hund ein unentbehrlicher Begleiter und Freund geworden war, konnte einen solchen Ausspruch tun. Diesem damals noch vorzugsweise Viehzucht treibenden arischen Volksstamme, dessen Vorfahren einst an der Ostsee gehaust hatten, waren außer dem gleicherweise wie der Hund die Unholdgeister der Nacht vertreibenden Feuer später auch der aus Indien bezogene Hahn schützende Fetische, deren Stimme, nächtlicherweile als Zeugnis der Wachsamkeit und des Kampfesmutes erhoben, die Erlösung von den dunkeln Sorgen der Nacht ankündigte. Das altpersische Gesetzbuch Bun-Dehesch sagt auch vom Hahn, wie vom Hunde, seine Stimme zerstöre das Böse; dadurch sei er den Dämonen und Zauberern feind, ein Gehilfe des Hundes. Er solle Wache halten über die Welt, als ob kein Herden- und kein Haushund (also schon damals wurden in Persien zwei verschiedene Arten von Haushunden unterschieden!) erschaffen worden. Das Gesetz sage: wenn Hund und Hahn gegen die Unholde streiten, so entkräften sie dieselben, die sonst Menschen und Vieh plagen. Und deshalb sage man: durch den Hund und den Hahn würden alle Feinde des Guten überwunden.

Noch der altgriechische Dichter Homer gibt zu Beginn des letzten vorchristlichen Jahrtausends für den damals allgemein verbreiteten Glauben Zeugnis, daß der Hund als Wächter am Herdfeuer die bösen Unholdgeister, die, Übles sinnend, lautlos durch das Dunkel der Nacht schleichen, durch sein Gebell verscheuche. Und als später aus diesen Ahnengeistern vergöttlichte Wesen wurden, so verblieb dem Hund auch dann noch die Fähigkeit sie zu sehen und als solche zu erkennen, wo der Mensch mit seinen stumpfen Augen nichts sah. So wird beispielsweise in der Odyssee erzählt, wie Pallas Athene den Menschen unsichtbar in Ithaka erschien. Weder Odysseus, noch sein Sohn Telemachos bemerkten irgend etwas von ihrem Erscheinen:

„Denn nicht allen sichtbar erscheinen die seligen Götter;

Nur die Hunde sahen sie und bellten nicht, sondern entflohen

Winselnd und zitternd vor ihr nach der andern Seite des Hofes.“

Diese uralte Vorstellung lebt im Volksglauben heute noch fort. So bedeutet beim Landvolke das nächtliche Heulen des Hundes einen Todesfall in der betreffenden Richtung, d. h. der Hund sieht vermeintlich die Annäherung des Geistes, der als Todesursache betrachtet wird, und zeigt dies dem Menschen, der solches nicht zu sehen vermag, auf seine Weise an.

Als eigentliches Haustier tritt uns der Hund in Europa zuerst bei den neolithischen Pfahlbauern entgegen, und zwar zunächst nur in einer einzigen, aber weit verbreiteten Form. Es ist dies der Torfhund (Canis familiaris palustris), so bezeichnet, weil man seine Knochen mit der übrigen Hinterlassenschaft dieser neolithischen Volksstämme von den Humussäuren der Moorerde durchtränkt und so aufs beste konserviert in den heute meist vertorften ehemaligen Seegründen findet. Dieses Tier, das uns bereits, wenn auch mehr als gelittener Kommensale oder Tischgenosse, denn als eigentlicher Freund und Begleiter der ältesten Neolithiker der Kjökkenmöddingszeit in den Ufergebieten an der Ost- und Nordsee entgegentritt, war ziemlich klein, bot das Aussehen eines Spitzes mit kurzen, aber kräftigen Beinen und langem, jedenfalls buschig behaartem Schweif. Der zwischen 13 und 15 cm Länge schwankende Schädel zeigt eine gefällige Rundung der Gehirnkapsel, deren Kämme nur schwach entwickelt sind, außerdem eine relativ starke Bezahnung und ein auffallend enges Nasenrohr, wie solches dem Schakal eigentümlich ist. Diese Tatsache in Verbindung mit der andern, daß die Pfahlbauspitze in den Niederlassungen der älteren Steinzeit durch ganz Europa hindurch eine auffallende Einförmigkeit aufweisen, deutet mit Sicherheit darauf hin, daß der in Westasien heimische kaukasische Schakal die Ursprungsform dieses ältesten Haushundes war.

Bild 1. Als Amulett getragener, und deshalb zum Aufhängenkönnen an der Wurzel durchbohrter Eckzahn eines Hundes aus dem Pfahlbau von Wangen am Bodensee (2⁄3 nat. Größe).

Diesem altertümlichen Torfhund der ältesten Neolithiker Europas am nächsten steht von noch heute gehaltenen Hunden der im Mittel 40 cm große, gelbweiß, gelbrot bis graubraun gefärbte, kurzhaarige, nur bellende und nicht beißende Battahund, der uns durch die Schilderungen des Baslers Max Siber zuerst eingehender bekannt wurde. Die Battas sind durch die Malaien von den Küsten verdrängte, ab und zu noch Menschenfraß ausübende, auch am Lande in richtigen Pfahlhäusern wohnende Stämme, die außer gute Jäger und namentlich Fallen- und Schlingensteller auch bereits erfahrene Viehzüchter und leidliche Hackbauern sind, ganz so wie die Pfahlbauern Mitteleuropas in neolithischer Zeit. Mitten zwischen den schwarzen Schweinen, Ziegen, Büffeln, Hühnern und Menschen lebt in deren mit Palisaden umgebenen Ansiedlungen, Kampongs genannt, der kleine Battahund, der durch und durch Haushund ist und das Vorrecht genießt, als einziges Tier mit dem Menschen zusammen in den Hütten selbst zu übernachten. Der vorgenannte Basler schreibt über den kleinen Spitzhund der Battas, er genieße zwar von seiten seines Herrn wenig Freundlichkeit, habe jedoch von allen in Kampong friedlich nebeneinander hausenden Tieren das Vorrecht, in den Räumen der hohen Pfahlbauhäuser neben seinem Herrn zu wohnen. „Er gehört wie die Hühner, Ziegen und Schweine zum Departement der Frau, der er auch anhänglicher ist als dem Manne und an die man sich auch wenden muß, wenn man einen der Hunde erwerben oder zu Eßzwecken präparieren lassen will. Die Dienste des Hundes sind mannigfach, sein vornehmster ist der als Wachhund. In dieser Hinsicht ist der immer wache, scharf hörende Spitz den Battas bei ihren unaufhörlichen Fehden und den dabei häufigen nächtlichen Überfällen der Kampongs von unerhörtem Wert. Manch Battamädchen, manche Battafrau wurde durch des Hundes rechtzeitig erschallendes heftiges Gebell vor der Gefangenschaft und dem damit verbundenen Verkauf in die Sklaverei gerettet, mancher Krieger entrann dadurch dem Tod oder der Gefangennahme, die mit dem eventuellen Schicksal verbunden ist, gemästet und aufgefressen zu werden. Ferner leistet er leidliche Dienste als Jagdhund, indem er teils in Meuten als Treibhund, teils als Leithund zur Bestätigung des Hirsches und zum darauf folgenden Treiben desselben in angelegte Schlingen und Netze benutzt wird. Ferner ist er von großem Wert für die hühnerzüchtende Battafrau, da er Tag und Nacht um die Reisfeldhäuser, bei denen die Mehrzahl der Hühner gehalten wird, herumlungernd einen guten Schutz gegen den Hühnerräuber ‚Mussang‘ (eine Art Zibetkatze) und die im Battaland allerdings seltenen Leguane bildet. Doch, last not least, ist seiner auch als Nahrungsmittel zu gedenken, indem er an gewissen Orten geradezu für Speisezwecke gezogen wird. Er bildet nicht nur ein gesundes, wohlschmeckendes Nahrungsmittel, das im fleischarmen Lande nicht zu unterschätzen ist, sondern auch eine gewisse Erwerbsquelle für den Züchter, da junge Hunde im Preise ebenso hoch stehen wie Hühner, bald erwachsen aber bedeutend teurer sind als solche. Auf der Speisekarte der Battas figuriert nach den Angaben eines Raiafürsten der Hund an dritter Stelle. Am wenigsten geschätzt ist Huhn, mehr Hirsch, dann Hund, dann Babi oder Schweinebraten, als allerbestes aber gilt Menschenfleisch, vertraute mir der alte Sünder mit schmunzelndem Gesicht.“

Sieber ließ sich wiederholt Hundebraten in einheimischer Zubereitung servieren und fand es in der Mitte stehend zwischen Hühner- und Kalbfleisch; es sei weiß und saftig, ohne fett zu sein. Auch die Battahunde fressen gerne davon, während europäische Hunde sich mit allen Zeichen des Abscheus von solchem Fraße abwenden. Entsetzt schrecken diese Spitzhunde vor dem Europäer zurück und weichen heulend seiner Fährte aus. „Wo nicht eigentliche Fütterung mit Reis, Mais, Gemüse, Früchten oder Fleischabfällen stattfindet, nährt sich der Battahund von den Abfällen der kargen Mahlzeit der Frau, aber auch von den Käfern, Schnecken, Mäusen und sonstigen kleinen Tieren, die er unterwegs fängt, sowie von den Brocken und Knochen, die ihm bei der Mahlzeit der Männer zugeworfen werden, ja selbst von Exkrementen. Wo viele Hunde sind, da hat er schlechte Zeiten, denn seine Herren haben gewöhnlich auch nicht viel; wo wenige gehalten werden, gedeiht er gut, wird dick und groß, bekommt ein prächtig glänzendes Fell und einen munteren Charakter.“

„Wie bereits gesagt, gehört der Hund zum Departement der Frau. Wenn er nicht dazu bestimmt ist, in deren Abwesenheit das Haus zu hüten, so ist er ihr ständiger Begleiter auf Schritt und Tritt. Morgens früh, vor Tagesanbruch, sitzt er schon neben der armen Frau, die den Männern den Reis stampfen muß, auf dem erhöhten Gestell, auf dem sie dieses Geschäft ausführt, sorgsam jedes Körnchen aufschnappend, das nebenaus fällt, und in der ausgeschütteten Spreu nach solchen Körnern suchend, hier wie überall erbitterte Gefechte mit den frechen Hühnern führend, die ihm den Reis unter der Nase wegzustehlen suchen. Er begleitet die Frau zum Bade, getreulich am Ufer bei den Kleidern bleibend, während die Frau (Herrin kann man nicht sagen, denn solch ein armes Battaweib hat in keiner Beziehung etwas von einer Herrin) sich im Flusse kühlt. Im Kampong des Battafürsten von Bander passierten, während wir eben im sogenannten Rathaus, dessen Veranda nach dem Weiberbadeplatz schaut, mit dem Häuptling unterhandelten, an 30 seiner Nebenweiber, meist Kriegsgefangene oder durch Schulden in Sklaverei geratene Mädchen, vorbei, um nach dem Ablegen aller Kleider im nahen Fluß zu baden. Jede war begleitet von einem oder mehreren ihrer Hunde, die sich am Ufer in langer Reihe neben die Kleider (Sarongs) der Weiber setzten, um diese zu bewachen, bis jene das Bad wieder verließen.

Ebenso begleitet der Hund die Frau zur Arbeit in den Ladang (das Haus, in welchem die Bewohner der kleinen, mitten im Tschungel geöffneten Kulturfläche bis zur Ernte hausen) und ins Reisfeld, durch rechtzeitiges Bellen sie auf die Annäherung jedes Fremden aufmerksam machend.“

Die Battawohnungen sind 2–5 m über dem Boden errichtet; zu ihnen führen sehr steil gestellte Leitern mit 40–60 cm auseinander stehenden Sprossen. Diese lernen die Hunde erklettern, um in die Wohnungen zu gelangen, in denen sie sich mit Vorliebe aufhalten. Die jungen Hunde legen sich mit Vorliebe in die heiße Asche und weisen von dieser ihrer Gewohnheit sehr häufig versengte Haare und größere Brandwunden auf.

Kräftiger als dieser Spitz der Battas auf Sumatra, auf dessen Lebensweise wir näher eingingen, weil er uns wichtige Fingerzeige für diejenige des Spitzhundes der ältesten Pfahlbauern in Mitteleuropa gibt, ist der ostasiatische Tschau — besser Kau ausgesprochen —, der Lieblingshund der Chinesen, der ebenfalls zu Nahrungszwecken gehalten und gemästet wird. Dieses schwarz bis rotbraun gefärbte Tier mit kurzer, dichter Behaarung hat einen langgestreckten Körper auf ziemlich kurzen Beinen, eine plumpe, dicke Schnauze und aufrecht stehende Ohren. Eine Abart desselben von geringer Größe und mit kurzen Beinen ist der als Luxushund in China und Japan gehaltene zierliche Dschin. Seine seidenartige lange Behaarung ist schwarz mit Weiß untermischt. Er ist als eine hochgezüchtete Mopsform des Spitzes aufzufassen, an dessen Schädel die Nasenwurzel eingeknickt und die Kiefer so nach oben verschoben sind, daß die oberen Schneidezähne fast horizontal stehen und die Nasenöffnung nach oben zu liegt. Dieser in seiner Heimat hochgeschätzte Luxushund ist bei uns nicht leicht fortzubringen, da es ihm in Mitteleuropa zu kalt ist.

Dem alten Torfhund oder Pfahlbauspitz stehen auch die nordasiatischen Spitzhunde sehr nahe, der graue mit Schwarz gemischte Tungusenspitz, der weißlichgraue Samojedenspitz und die als einziges, für sie höchst wichtiges, ja geradezu unentbehrliches Haustier gehaltenen spitzartigen Hunde der zirkumpolaren Völker, die man in ihrer Gesamtheit als Eskimohunde bezeichnet. Es sind dies keine reinen Schakalabkömmlinge mehr, sondern vielfach Kreuzungsprodukte derselben mit dem arktischen Wolf. Peary bezeichnet sie als derbe, prächtige Tiere, ohne deren Mithilfe er niemals den Nordpol erreicht hätte. „Es mag größere Hunde geben als sie und hübschere. Andere Hunde mögen auch ebensogut arbeiten oder ebenso schnell und weit laufen, wenn sie gut gefüttert sind, aber es gibt keinen Hund in der Welt, der so lange in niedrigsten Temperaturen ohne Nahrung arbeiten kann. Die männlichen Hunde wiegen durchschnittlich 34 bis 45 kg, die weiblichen sind etwas leichter. Ihre besonderen Merkmale sind: spitze Schnauze, große Breite zwischen den Augen, scharf gespitzte Ohren, sehr dickes, pelziges Fell, kräftige, stark muskulöse Beine und buschiger Schwanz, der Rute des Fuchses sehr ähnlich. Es gibt nur eine Rasse von Eskimohunden, aber sie sind verschieden gezeichnet, schwarz, weiß, grau, gelb, braun und gesprenkelt. Trotzdem sie von den armen Eingeborenen sehr vernachlässigt und außerordentlich schlecht gehalten werden, sind sie ihren Herren gehorsam wie unsere Hunde zu Hause. Ihre Nahrung ist Fleisch und nur Fleisch. Von anderer Nahrung können sie nicht leben. Statt Wasser zu saufen, fressen sie Schnee. Sie bleiben im Freien, gleichgültig welche Jahreszeit es ist. Sommer wie Winter werden sie beim Zelt oder dem Iglu (der Schneehütte) irgendwo angebunden. Frei herumstreifen dürfen sie nicht, damit sie nicht fortlaufen. Manchmal wird ein besonderer Liebling oder eine Hündin, die Junge hat, zeitweise in das Iglu genommen. Sind die Kleinen aber nur einen Monat alt, so sind sie schon so hart, daß sie dem strengen Winterwetter standhalten können.“

Diese Hunde, die eine Schulterhöhe von 50–60 cm aufweisen, sind den nordischen Völkern als Lasttiere und zum Schlittenziehen durchaus unentbehrlich. Mit einer Last von 10–15 kg beladen, begleiten sie ihre Herren, wenn diese zu ihren langdauernden Jagdzügen aufbrechen. Zu 6, 8 oder 10 Stück vermittelst eines an einen höchst einfachen Kumt befestigten und zwischen den Hinterbeinen durchgezogenen Riemens werden sie an leichte, niedere Schlitten gespannt, welche 300–400 kg zu tragen vermögen, und durchlaufen mit ihnen unter günstigen Umständen bis 50, und bei leichter Last bis 80 km im Tag. Spüren sie unterwegs ein Wild auf, so rennen sie ihm, ausgehungert wie sie sind, rasend nach, verwirren dabei oder bei gelegentlichen Beißereien ihre Riemen, so daß auch die mit Macht geschwungene Peitsche des Schlittenführers keine Ordnung mehr in den Haufen zu bringen vermag. Es bleibt nichts anderes übrig, als das zu einem undurchdringlichen Knäuel gewordene Gespann, in welchem alles knurrt, bellt, beißt und durcheinander wütet, nach Möglichkeit zum Halten zu bringen, die Tiere aus der Verschlingung zu lösen und von neuem einzuspannen. Natürlich kann bei solch ungestümer Fahrt von einer Lenkung des Schlittens nach unseren Begriffen von seiten des Menschen keine Rede sein. So gut es eben geht, weist man den Leithunden durch Peitschenhiebe den Weg, den sie nicht gehen sollen.

Diese genügsamen, abgehärteten Schlittenhunde sind nicht nur den grönländischen Eskimos und den kanadischen Pelzjägern, sondern auch allen nordasiatischen Volksstämmen als Zugtiere völlig unentbehrlich. Tungusen, Samojeden, Tschuktschen, Kamdschadalen und wie sie sonst heißen mögen, fallen geradezu in Hungersnot, wenn ihnen ihre Hunde durch eine Seuche hinweggerafft werden, weil sie ohne diese sich weder das nötige Brennholz verschaffen, noch dem sie ausschließlich ernährenden Fischfang und der Jagd, auch der für sie höchst wichtigen Pelzjagd, genügend obliegen können. Über die Hunde, die einzigen Haustiere der Kamtschadalen, schreibt der alte Steller: „Ohne diese Hunde kann jemand hier so wenig leben wie an andern Orten ohne Pferd und Rindvieh. Die kamtschatkischen Hunde sind verschiedenfarbig, hauptsächlich aber dreierlei: weiß, schwarz und wolfsgrau, dabei sehr dicht- und langhaarig. Sie ernähren sich von alten Fischen. Vom Frühjahr bis in den späten Herbst bekümmert man sich nicht im geringsten um sie, sondern sie gehen allenthalben frei herum, lauern den ganzen Tag an den Flüssen auf Fische, welche sie sehr behende und artig zu fangen wissen. Wenn sie Fische genug haben, so fressen sie, wie die Bären, nur allein den Kopf davon; das andere lassen sie liegen. Im Oktober sammelt jeder seine Hunde und bindet sie an den Pfeilern der Wohnung an. Dann läßt man sie weidlich hungern, damit sie sich des Fettes entledigen, zum Laufen geschickt und nicht engbrüstig werden mögen, und alsdann geht mit dem ersten Schnee ihre Not an, so daß man sie Tag und Nacht mit gräßlichem Geheul und Wehklagen ihr Elend bejammern hört. Ihre Kost im Winter ist zweifach. Zur Ergötzung und Stärkung dienen stinkende Fische, welche man in Gruben verwahrt und versäuern läßt. Das andere Futter besteht in trockenen Speisen von verschimmelten und an der Luft getrockneten Fischen. Damit füttert man sie des Morgens, um ihnen unterwegs Mut zu machen.

Man kann sich nicht genug über die Stärke der Hunde verwundern. Gewöhnlich spannt man nur vier an einen Schlitten; diese ziehen drei erwachsene Menschen mit 11⁄2 Pud (24,5 kg) Ladung behende fort. Auf vier Hunde ist die gewöhnliche Ladung 5–6 Pud (82–98 kg). Ungeachtet nun die Reise mit Hunden sehr beschwerlich und gefährlich ist, und man fast mehr entkräftet wird, als wenn man zu Fuß ginge, und man bei dem Hundeführen und Fahren so müd wie ein Hund selber wird, so hat man doch dabei diesen Vorteil, daß man über die unwegsamsten Stellen damit von einem Ort zum andern kommen kann, wohin man weder mit Pferden, noch, wegen des tiefen Schnees, sonst zu Fuß kommen könnte.

Der andere Hauptnutzen der Hunde, weshalb sie auch häufig gehalten werden, ist, daß man sowohl den abgelebten Schlittenhunden als den zur Fahrt untauglichen die Häute abnimmt und zweierlei Kleider daraus macht, welche in dem ganzen Lande von großem Nutzen und von großem Werte sind.“

Eine ähnliche Lebensweise wie diese kamtschadalischen und überhaupt nordasiatischen Hunde führen diejenigen Islands, die dort in übergroßer Zahl (auf fünf Menschen drei Hunde!) untätig herumlungern, zu gewissen Jahreszeiten aber beim Trieb der Schaf- und Pferdeherden doch wesentliche Dienste leisten. Verwandt damit ist auch der Spitz der skandinavischen Lappen und westrussischen Finnen, der sogenannte Elchhund, und der russisch-sibirische Laika, d. h. Beller, die beide, ähnlich wie unsere Bracken, zum Aufstöbern und Treiben des Wildes dienen.

Ein etwas veränderter, vor allem durch bessere Ernährung kräftiger gewordener Abkömmling des alten Torfhundes der neolithischen Mitteleuropäer, der noch zur Römerzeit am Rhein und in Helvetien (so in Vindonissa) lebte, ist unser einheimischer Spitz, dessen etwas grobes Fell weiß, grau, schakalfarbig, gelb oder ganz schwarz ist. Dank seiner außerordentlichen Wachsamkeit, die kein Geräusch und keine fremde Erscheinung unbeachtet läßt, ist er der Haus- und Wachthund in des Wortes eigentlichster Bedeutung. Tag und Nacht hütet er mit derselben Aufmerksamkeit den Hof oder das Fuhrwerk seines Herrn, das er nie verläßt, um sich wie andere Hunde gerne herumzutreiben. Mit wütendem Gekläff und seine scharfen Zähne weisend empfängt er jeden Fremdling, der ihm verdächtig erscheint. Als die beste Rasse gilt der Pommer, weil er bei unwandelbarer Treue und Anhänglichkeit besonders aufmerksam und lebhaft ist, dabei weder Regen, noch Kälte scheut, ja gewöhnlich im Hause oder Hofe dort am liebsten zu liegen pflegt, wo der Wind am stärksten pfeift. Nur als Kettenhunde taugen die Spitze infolge ihres großen Dranges zur Freiheit nicht. Unter ihnen gibt es auch Zwergformen, die besonders in England als Schoßhündchen der Modedamen sehr beliebt sind und bei einem Gewicht von nur 1,26 kg bis 1800 Mark kosten.

Ein noch weitergehend veränderter Abkömmling des Torfhundes ist der dem Spitz an Wachsamkeit und Mut kaum nachgebende Pinscher, ein höchst munteres, kluges und jagdfreudiges Tier, dessen besondere Liebhaberei es ist, Mäusen, Ratten und Erde aufwühlenden Maulwürfen nachzuspüren und sie zu verfolgen. Die Mäuse und Ratten frißt er bis zu seiner Sättigung, die übrigen wirft er weg; die Maulwürfe dagegen frißt er nicht, sondern begräbt sie. Wie der Spitz zum ländlichen Gehöft gehört, pflegt der Pinscher im bürgerlichen Wohnhaus gehalten zu werden, obschon er wegen seiner steten Unruhe dem Herrn oft mehr Verdruß als Freude macht. Aus diesem Grunde eignet er sich mehr für Leute, welche reiten oder mit schnellen Pferden fahren; denn am allerliebsten begleitet der Pinscher seinen Herrn, wenn er tüchtig rennen und laufen muß. Doch selbst bei den schnellsten Ritten hat er immer noch Zeit, bald hier, bald dort ein Mauseloch zu untersuchen oder einen Maulwurf beim Auswerfen seiner Haufen zu stören. Die Nase hoch gegen den Wind getragen, späht er nach allen Seiten hin, und wo etwas raschelt, naht er sich vorsichtig und leise, um Beute zu machen. In England wird er mit Vorliebe zur Abhaltung von Rattenjagden benutzt, wobei es allerdings ohne oft recht hohe Wetten der Teilnehmer nicht abgeht. Auch von ihm gibt es Zwergformen, häßliche, aber muntere und unterhaltende Tiere, die höchst zutraulich und anhänglich an ihre Herrn sind und gleichfalls zur Rattenjagd, außerdem auch zur Kaninchen- oder Wachteljagd verwendet werden.

Der heute beliebteste Abkömmling des Pinscherstammes ist der durch die Engländer überall eingeführte und populär gewordene Foxterrier, der jetzt auch in Deutschland überall angetroffen wird. Übersprudelnd von Temperament, ist er von einer Beiß- und Rauflust ohnegleichen, die sich in Ermangelung von Besserem an Teppichen, Gardinen, Tischdecken und Möbelüberzügen Luft macht. Wie von der deutschen Jägerei der Dachshund, wurde er von der englischen zum Aufsuchen von Fuchs und Dachs in ihren Erdbauen verwendet. Terrier, altenglisch terrar, heißt so viel wie Erdhund. Für die Arbeit in der Erde wurde auch diese kurzhaarige Pinscherart gezüchtet und besaß schon vor einigen Jahrhunderten einen gewissen Ruf. Als dann die Fuchsjagd zum reinen Sport der Vornehmen wurde, sanken diese in der Erde wühlenden Hunde zu nebensächlichen Handlangern für diese herab, die den unterirdisch verschlieften Fuchs wieder hervorzutreiben hatten. Von diesen Terriers wurde zuerst der Name Foxterrier gebraucht und dann in der Folge auf die ganze Sippe übertragen.

Seine Hauptbedeutung hat aber der Foxterrier längst als Luxushund erlangt, ebenso die übrigen Terrierformen Englands, die man bei uns kaum kennt. Einige davon, wie der kleine, langleibige, kurzbeinige Yorkshireterrier mit prächtigem Seidenhaar, sind besonders bei den Damen als Schoßhunde beliebt.

Andere Schakalabkömmlinge, die der hier besprochenen Spitzhundgruppe nahestehen, sind die West- und Südasien, den indomalaiischen Archipel bis zu den Philippinen, dann Neuguinea, Australien und Neuseeland, aber auch Nord- und Mittelafrika und Madagaskar bewohnenden Pariahunde. Sie wurden von den Engländern so genannt, weil sie kaum oder nur schlecht domestizierte Hunde von häßlichem Aussehen sind, die als herrenlose Geschöpfe in der Nähe der menschlichen Wohnungen leben, um sich vom Wegwurfe des Menschen kümmerlich genug zu ernähren. Tagsüber liegen sie faul oder schlafend in der Sonne, um wie ihre Ahnen, die Schakale, gegen Abend lebhaft zu werden und auf Eßbares irgend welcher Art zu fahnden. Wie die Schakale machen sie sich des Nachts in orientalischen Städten durch ihr Geheul sehr unangenehm bemerkbar, indem sie bei den nicht daran Gewöhnten keinen rechten Schlaf aufkommen lassen. Sie haben einen schlanken Leib, ziemlich hohe Beine, einen schmalen Kopf mit zugespitzter Schnauze und aufrecht stehenden Ohren. Das Gesicht verrät nur geringe Intelligenz. Der lange, nicht gedrehte Schwanz wird bald hängend getragen, bald ist er gekrümmt. Die Behaarung ist meist kurz und von rostroter oder fahler Färbung, ähnlich dem Schakal. Auch der Schädelbau zeigt Ähnlichkeit mit diesem, und zwar am meisten mit dem indischen Schakal.

Tafel 1.

Wolf im Tierpark Hellabrunn zu München.
(Nach einer Photographie von M. Obergaßner.)

Pariahund vom weißen Nil.
(Nach Keller, Die Abstammung der ältesten Haustiere.)

Tafel 2.

Eskimohunde in Nordgrönland.
(Nach einer Photographie von Dr. Arnold Heim.)

Schottischer Schäferhund in Deutschsüdwestafrika.
(Nach einer Photographie im Besitz der deutschen Kolonialschule in Witzenhausen.)

Wie heute noch allgemein im Orient besorgte dieser Pariahund hier schon in der Urzeit neben den Hausschweinen die Straßenreinigung. In altbabylonischen Texten wird er als kalbu siguu, d. h. umherschweifender Hund bezeichnet, der manchenorts den Schafherden lästig wurde, weil er sich zur Stillung seines übermächtigen Hungers an die jungen Schafe heranmachte. Da er sich für gewöhnlich von Aas ernährte, mied man ihn so viel als möglich als unheimliches Geistwesen und schützte sich vor seinem, wie man glaubte, krankmachendem Einflusse durch das Tragen von Amuletten, die, wie die Labartu, selbst hundeköpfig, sonst menschenähnlich, an der einen Brust ein Schwein, an der andern einen Hund, oder wie die Daua an beiden Brüsten Hunde säugend dargestellt wurden. Vielfach hing man sich auch Hundenachahmungen um. Alle Krankheitsdämonen wurden hundegestaltig dargestellt. So begreifen wir, wie bei den Semiten und durch sie bei allen Völkern des Morgenlandes der Hund eine verachtete Stellung einnahm, auch dann, als höher gezüchtete Formen desselben eingeführt wurden.

Wie die west- und südasiatischen Pariahunde, deren südlichster Zweig als Dingo schon in frühvorgeschichtlicher Zeit mit den dem altdravidischen Volkselemente Südasiens nahe verwandten Australiern in Australien einwanderte und hier in der Folge wiederum gänzlich verwilderte, vom ebenfalls in rostroter Färbung vorkommenden indischen Schakal abstammen, ist dies auch bei den meisten nord- und mittelafrikanischen Pariahunden der Fall. Dagegen leben im Nilgebiet und weiter westlich in Nordafrika Formen, die im Schädelbau stark von jenen abweichen und offenbar vom nubischen Schakalwolf (Canis anthus) abstammen. Der breite Kopf mit großen, aufrechtstehenden Ohren, der selbst im weiblichen Geschlecht stark entwickelte Scheitelkamm, die aufgetriebene, breite Stirn und der derbe, kräftige Schnauzenteil stimmen vollkommen mit diesem überein. Auch physiologische Gründe sprechen für diese Ableitung, so vor allem die Gewohnheit beider, im Boden Löcher zu graben und Aas hervorzuscharren. Bei den südafrikanischen Pariahunden dagegen scheint der dort einheimische Schabrackenschakal (Canis mesomelas) der eigentliche Stammvater zu sein.

Wie die kleineren, spitzartigen Haushunde vom Schakal, so stammen alle größeren vom Wolf in seinen verschiedenen Abarten ab. Der älteste dieser Wolfsabkömmlinge ist der in spätneolithischer Zeit in Mitteleuropa auftretende Canis familiaris inostranzewi, von Anutschin nach Inostranzew so genannt, der die Überreste desselben zusammen mit denjenigen des Torfhunds in Kulturschichten der jüngeren Steinzeit Rußlands am Ladogasee zuerst entdeckte. Später wurde er dann auch in Pfahlbauten des Neuenburger- (Font) und Bielersees (an der Schüß) mit einigen Kupfergegenständen gefunden. Dieser an Größe einem mittleren Fleischerhunde entsprechende Hund besaß einen durchaus wolfähnlichen Schädel von 17,7 cm Länge und näherte sich sehr dem in Nordrußland und Sibirien verbreiteten, bereits besprochenen Eskimohund, von dem wir konstatierten, daß er eine starke Blutmischung mit dem nordischen Wolfe aufweise. Gegenüber dem Schädel des Torfhundes erscheint der seinige langgestreckt, niedrig, mit stark entwickelter Scheitelleiste und überhaupt ausgeprägten Muskelansätzen. Von der breiten Stirne setzt sich der lang ausgezogene, vorn sich verjüngende Gesichtsteil deutlich ab.

Durch die Kreuzung dieses wolfähnlichen Hundes mit dem Pfahlbauspitz von Schakalabstammung entstand der Aschenhund, so genannt, weil seine Überreste vom Archäologen Grafen von Wurmbrand zuerst in Aschenschichten bei Weikersdorf in Niederösterreich gefunden wurden. Woldrich beschrieb sie im Jahre 1877 und nannte das Tier Canis familiaris intermedius. Weitere Überreste desselben fanden sich in Pulka und Ploscha in Böhmen. Mit einer Basilarlänge von 16,4 cm steht sein Schädel in der Mitte zwischen dem größeren wolfartigen Hund der Bronzezeit und dem kleineren Torfhund und war durch die bedeutende Stirnbreite und die Kürze der Schnauze ausgezeichnet.

Von diesem eigentlichen Jagdhund der Bronzezeit, der uns in einer bereits hängeohrigen, also hochgezüchteten Form auf einer Platte mit Tierdarstellungen von Hierokanopolis in Ägypten aus vorpharaonischer Zeit Antilopen und Steinböcke jagend entgegentritt, stammen die Laufhunde sowie die Vorstehhunde mit ihren verschiedenen Unterrassen ab. Und zwar schließt sich nach den eingehenden Untersuchungen von Prof. Theodor Studer in Bern der Schädel des schweizerischen Laufhundes in seiner Gestalt direkt an denjenigen des Aschenhundes an, dessen wesentliche Merkmale er bis in alle Details wiederholt, nur ist die Schädelhöhle bei ihm bedeutend geräumiger geworden, als Zeichen, daß er inzwischen bedeutend an Intelligenz zugenommen hat. Die Schädellängen schwanken zwischen 16,2 und 18,4 cm. Die größte Ähnlichkeit mit demjenigen des Canis intermedius zeigt der Schädel eines Laufhundes aus der helvetischen Station La Tène am Neuenburger See aus vorrömischer Zeit. Er stammt aus Kulturschichten, die neben zahlreichen eisernen Waffen und Geräten nebst bronzenen Schmuckgegenständen und Utensilien zahlreiche Knochen von Haustieren, wie Pferden, Rindern und Schweinen, lieferten. Schon bei ihm ist die Schädelkapsel etwas geräumiger, die Schläfenenge weniger eingeschnürt und die Stirne breiter und seitlich mehr gewölbt als beim Aschenhund, ein Prozeß, der sich im Laufe der Zeit noch steigerte bis zu den heutigen Laufhunden.

Schon in der Ilias ist vom Laufhund die Rede, der den Hirsch oder die Hirschkuh und deren Junges durch Täler und Schluchten verfolgt. Ein solcher Laufhund war der treue Argos, der einst zur Jagd auf wilde Ziegen, Rehe und Hasen gedient und das Aufspüren des Wildes trefflich verstanden hatte; kein Wild sei ihm je entkommen, wird in der Ilias von ihm gesagt. In der Folge hielten ihn die Griechen und Römer, aber auch die Völker nördlich der Alpen. So waren zur Zeit des Julius Cäsar die Gallier durch ihre Laufhunde berühmt, die sich vortrefflich zum Aufspüren und Verfolgen der Beute bei der Jagd bewährten. Bei ihnen waren besonders die nach dem gallischen Stamme der Segusier zwischen Saône, Rhone und Allier von den Römern als segusii bezeichneten Hunde hoch geschätzt. Nach den Schilderungen der alten Schriftsteller Ovid, Plinius und Gratius waren es rauhhaarige Tiere, die nicht nur bei den Römern, sondern nach dem Berichte von Flavius Arrianus im Jahre 130 n. Chr. auch in Griechenland Aufnahme fanden. Noch bis in das 6. und 7. Jahrhundert werden sie als segusii angeführt, später aber erhielten sie nach ihrer hauptsächlichen Züchtung in der französischen Landschaft Bresse die Bezeichnung chiens de Bresse. Doch waren neben ihnen schon in römischer Zeit glatthaarige Laufhunde sehr verbreitet, wie uns verschiedene antike Darstellungen zeigen. Daß bei den Galliern verschiedene Rassen von Laufhunden vorkamen, beweist ein im Jahre 1735 in den Ruinen des alten Aventicum (Avenches), der Hauptstadt des römischen Helvetien, aufgefundenes Mosaik, das leider in den Stürmen der Revolutionszeit 1798 zugrunde ging; doch besitzt das historische Museum in Bern die 1794 in Farben ausgeführte Originalkopie von Ingenieur Ritter, der im Auftrage der Berner Regierung damals die in Avenches zutage geförderten Altertümer untersuchte und kopierte. Wir sehen darauf, wie der wahrscheinlich helvetische Besitzer seine geliebten Jagdhunde und sein bevorzugtes Wild neben einer durchaus nicht dazu passenden Darstellung des auf dem Pegasus reitenden Perseus, Tubabläsern, Bären und Delphinen wiedergeben ließ. Zu oberst springt ein glatthaariger, langgestreckter Hund von graugelblicher Färbung, in dem wir unschwer einen Hirschhund erkennen, einer Hirschkuh nach. Darunter verfolgt ein großer Laufhund, weiß mit braunen Platten mit hoher, stumpfer Schnauze — M. Siber vergleicht ihn mit dem dreifarbigen Berner Laufhund —, ein nicht mehr erhaltenes Wild. Im dritten Feld verfolgt ein schwerer, breitköpfiger und untersetzter Jagdhund einen Eber, im vierten läuft ein kleiner, gefleckter Jagdhund, in welchem M. Siber den Hasenhund par excellence, den gewöhnlichen weiß und gelben Schweizer Laufhund sieht, einem Hasen nach. Also muß schon im 1. Jahrhundert n. Chr. der von uns als Laufhund bezeichnete eigentliche Jagdhund bei den Helvetiern in einer ganzen Anzahl dem verschiedenen Wilde, das er verfolgen sollte, angepaßte Rassen zerfallen gewesen sein.

Auch bei den Germanen scheinen Laufhunde unter dem Namen segusu, seusii, seuces — wohl von Gallien importiert —, ferner Bracken (braccones) in kleineren und größeren Formen vorgekommen zu sein. Sie alle werden in den alamannischen und bajuvarischen Volksgesetzen, die etwa um 700 n. Chr. verfaßt wurden, erwähnt. Eine besonders wichtige Rolle spielte bei den alten Deutschen der Leitihund (Leithund), dessen Verletzung mit den schwersten Strafen bedroht wurde. Nach der Abbildung Ridingers war dies ein stämmiger, mittelgroßer Hund mit untersetztem Körperbau, breiter Brust, starkem, breitstirnigem Kopf und hoher Schnauze, mit langem, breitem Behang, glatthaarig, vom Aussehen eines plumpen Laufhundes. Derselbe wurde bei der Jagd an der Leine geführt und erhielt seinen Namen davon, daß er den Jäger, den Spuren des Wildes folgend, zum Jagdobjekt leitete. Diese Rasse, die anscheinend zu Anfang des 19. Jahrhunderts ausstarb, war schon zu Anfang des Mittelalters bei den germanischen Völkern aus den gewöhnlichen, laut jagenden Treibhunden als bestimmte, selbständige Rasse hervorgegangen. Später diente er dazu, einen ganz bestimmten jagdbaren Hirsch auf der Vorsuche vor der eigentlichen Jagd auszumachen und auf einem bestimmten Standorte zu bestätigen.

Wie die Laufhunde auf primitiver Stufe verbliebene Jagdhunde sind, die dem aufgespürten Wilde laut bellend nachsetzen, so sind die Vorstehhunde eine weit höher gezüchtete Form des alten Jagdhundes. Dieser darf nicht mehr seine alte Raubtiernatur zum Vorschein kommen lassen, sondern muß allen seinen angeborenen Instinkten entgegen das von ihm durch sein feines Geruchsorgan aufgestöberte Wild durch unbewegliches Stillsitzen vor ihm, den Kopf nach ihm hingewendet, das Hinterteil etwas gesenkt und einen Vorderlauf erhoben, dem Jäger anzeigen. Dieses „Vorstehen“ ist tatsächlich auch die einzige Arbeit des modernen Setters und Pointers, die, wie der Name schon andeutet, in England aus dem altspanischen Vorstehhund in teils kurzhaarigen, teils langhaarigen Formen hochgezüchtet wurden.

Das deutsche Gegenstück zu diesen glänzenden englischen Virtuosen, dem besten Gehilfen des sportmäßigen shooting, ist der kurzhaarige deutsche Vorstehhund, der beste Freund und Genosse des deutschen Weidmannes. Schon im 15. und 16. Jahrhundert besaß man in Deutschland kurzhaarige Vorstehhunde zur Habicht- und Falkenbeize auf Feldhühner und Hasen. Die ältesten Feuergewehrjäger des 17. Jahrhunderts, die mit ihren schwerfälligen „Schroth-Büxen“ nur auf ruhende oder langsam sich bewegende Ziele zu schießen vermochten, verwendeten diese Jagdhunde wesentlich nur zum Apportieren. Erst nachdem durch die französische Erfindung des Feuersteinschlosses und selbsttätigen Pulverpfannendeckels das Gewehr genügend verbessert war und damit die Periode der Schießjagd ihren Anfang nahm, kam im 18. Jahrhundert der Vorstehhund bei den fürstlichen Jägern wieder zu Ehren und verdrängte bei diesen den bis dahin üblichen „englischen“ Hatzhund. Bei den regen Verbindungen des Fürstenhauses von Hannover mit England kann es nicht verwundern, daß dann der deutsche Vorstehhund mit dem hochgezüchteten englischen Typus verbessert wurde, bis schließlich unsere unübertrefflichen vielseitigen Gebrauchshunde hervorgingen, die zu den verschiedensten jagdlichen Verrichtungen verwendet werden können.

Einem glatthaarigen Vorstehhund ähnelt an Größe und Gestalt der Schweißhund der deutschen Weidmänner. Die kräftig gebauten, lohbraun bis fahlgelb gefärbten Tiere mit schwärzlichem Anflug an Schnauze und Ohren besitzen einen breiten, wenig gewölbten Kopf. Die Lippen der stumpfen Schnauze fallen breit über und bilden im Mundwinkel eine starke Falte; die breitlappigen Ohren sind mittellang und unten abgerundet. Er ist ein kaum zu entbehrender Gehilfe bei Ausübung der Jagd auf Hochwild, indem er die Fährte angeschossener Tiere zu verfolgen hat. An der Leine gehalten, führt er bei der Nachsuche den Jäger still durch Busch und Wald zu der Stelle, wo das weidwunde Tier sich niedergelegt hat. Ist er freigelassen und hat er das Wild verendet gefunden, so „verbellt er es tot“, ist dieses aber noch flüchtig geworden, so hetzt er es laut und stellt es, bis der Herr herankommt und die Jagd mit einem Fangschuß beendet.

Nicht zu verwechseln mit diesem wichtigen Jagdgehilfen ist der Hirschhund, der sich durch sein scharfes Spürvermögen und seine außerordentliche Schnelligkeit auszeichnet. Gegenwärtig befinden sich nur noch wenige im Besitz des englischen Königs. Früher war dieses Tier ein wichtiges Inventarstück am britischen Hofe, das bei den großen Hirschhetzen, an denen besonders Georg III. als leidenschaftlicher Liebhaber dieses Sportes oft persönlich teilnahm, eine sehr wichtige Rolle als Parforcehund spielte. Nicht selten hetzte man mit solchem Eifer, daß von den 100 berittenen Jägern, die anfangs hinter dem Hirsche dreinritten, zuletzt nur noch 10 oder 20 übrig waren, wenn das flüchtige Wild von der Meute der Hirschhunde gepackt wurde. Man durchritt dabei in Windeseile unglaubliche Entfernungen und setzte die Jagd oft so lange fort, bis ein großer Teil der Pferde und selbst viele Hunde dabei zugrunde gingen.

Diese Hirschhunde waren namentlich bei den alten keltischen Völkerschaften als Jagdhunde sehr verbreitet und wurden noch im Mittelalter auf dem mitteleuropäischen Festlande viel gehalten. Nach dem bereits erwähnten Berner Professor Th. Studer sind sie die wenig veränderten Nachkommen des als Canis familiaris leineri bezeichneten Wolfabkömmlings, dessen Überreste bisher in einem einzigen Exemplar im neolithischen Pfahlbau von Bodmann am Überlinger See gefunden und nach dem nunmehr verstorbenen Direktor des Rosgartenmuseums in Konstanz, Dr. Leiner, von Studer so genannt wurden. Die Eigentümlichkeit dieser Rasse besteht in einer langgestreckten, gewölbten Hirnkapsel mit mäßig entwickelter, gerader Scheitelleiste an dem an der Basis gemessen 20 cm langen Schädel. Die stumpf abgerundete Schnauze ist vor den Eckzähnen noch 3,5 cm breit. In seiner schlanken Form erinnert der Schädel an den des Windhundes und in seiner geraden Profillinie an den gleich zu besprechenden Bronzehund. Das unvermittelte Auftreten dieses Tieres weist auf den zunehmenden Handelsverkehr jener Gegenden mit dem Süden, von wo es zweifelsohne eingeführt wurde. Sein Entdecker wies nämlich nach, daß es jedenfalls auf den indischen Wolf (Canis pallipes) zurückgeht, der viel kleiner ist als der europäische Wolf, nämlich bei einer Schulterhöhe von 65 cm nur eine Gesamtlänge von 130 cm erreicht, wovon übrigens 40 cm auf den Schwanz entfallen. Von Indien aus erstreckt sich sein Verbreitungsgebiet bis nach Ostpersien. Sein gewöhnlicher Aufenthaltsort scheint das offene Gelände zu sein, während er das Waldgebiet möglichst meidet. Nach den Angaben der Eingeborenen haben die indischen Wölfe die Gewohnheit, weidende Antilopen oder Schafe nach einer günstigen Fangstelle zu treiben, was einen Fingerzeig dafür gibt, wie bei seinen gezähmten Nachkommen dieser Instinkt zum Bewachen und Zusammentreiben von Herdetieren durch zielbewußte Erziehung weiter ausgebildet wurde. Jeitteles nimmt Persien als den Ort der ersten Domestikation des indischen Wolfes an. Von dort kam dann dieses Tier nach seiner Zähmung als Haustier über Kleinasien und der Donau entlang ins Herz von Europa, um hier bald neben dem Torfhund recht beliebt zu werden.

Von dieser südlichen Haushundrasse leitet sich zweifellos der Bronzehund ab, den Jeitteles 1872 in einer vorgeschichtlichen Ablagerung der Stadt Olmütz entdeckte und unter dem Namen Canis familiaris matris optimae — seiner Mutter zu Ehren so genannt — beschrieb. In der Folge entdeckte man diesen an neun verschiedenen Orten Mitteleuropas in Kulturresten der Bronzezeit, so daß man annehmen darf, daß er zur Bronzezeit neben dem kleineren Torfspitz von Schakalabstammung ziemlich verbreitet war. Sein Schädel von durchschnittlich 18 cm Basislänge hat eine weniger gewölbte Hirnkapsel und eine längere und spitzere Schnauze als derjenige des Torfhundes. Diesen Canis familiaris matris optimae möchte neuerdings M. Hilzheimer in Stuttgart von einem kleinen Wolf ableiten, der nach seinen Untersuchungen Südschweden und die gegenüberliegenden Küstenländer Rußlands bewohnte. Damit stimmt überein, daß Th. Studer in Bern diesen von einem Hund ableiten will, der in einer jungsteinzeitlichen Ablagerung Nordwestrußlands gefunden und von ihm Canis putiatini genannt wurde. Was nun die Funktion der beiden Haushunde Mitteleuropas zur Bronzezeit betrifft, so nimmt Naumann an, daß der Torfspitz damals wie früher mehr zum Bewachen des Hauses, der Bronzehund dagegen mehr zum Bewachen und Hüten der Herden, besonders von Schafen, benutzt wurde. Letzteres ist sehr wohl möglich, um so mehr die Großviehhaltung zur Zeit der Bronzekultur gegenüber der Kleinviehzucht entschieden zurücktrat und besonders die Aufzucht des Schafes zur Gewinnung der damals zuerst in größerer Menge beliebt werdenden Wollkleidung einen großen Umfang annahm.

Jedenfalls sind unsere Schäferhunde die direkten Abkömmlinge des Bronzehundes. In allen Formen des Schädelbaues stimmen sie mit denjenigen des Bronzehundes vollkommen überein. Allerdings ist der Schäferhund, wie wir ihn heute kennen, kaum 200 Jahre alt. Seine Ausbildung begann erst mit der Ausrottung des Wolfes. Bis dahin war seine Stelle vom hatzhundähnlichen, mit Stachelhalsband bewehrten „Schafrüden“ eingenommen worden, der nur das Raubzeug, also vor allem den Wolf, abzuhalten hatte, gewöhnlich aber vom Hirten am Stricke geführt wurde, während dieser seine Herde selbst hütete und, die Schalmei oder den Dudelsack blasend, vor ihr herging. Als dann in England zuerst der Wolf ausgerottet wurde, entwickelte sich dort aus den klugen und wetterharten wolfähnlichen Landhundschlägen ein Schäferhund in unserem Sinne, dessen sich dann die Liebhaber bemächtigten, um aus ihm schließlich den hochedlen Rassenhund zu züchten, der uns heute im Collie oder schottischen Schäferhund entgegentritt. Wie der englische ist dann später auch der deutsche Schäferhund aus wolfähnlichen Landhunden herausgezüchtet worden; nur wurde er nicht so verfeinert, um nicht zu sagen überfeinert, sondern blieb ein derber, wetterharter und genügsamer Gesell.

Aus kleinen Schäferhundformen ging schließlich im Mittelalter der Pudel hervor, der Artist unter den Hunden. Er erscheint nach Studer zuerst in den Abbildungen der geduldigen Griselda von Pinturicchio als solcher. Seine Ursprungsform ist der Hirtenhund früherer Zeiten, der alte „Schafbudel“, der früher auch als Jagdhund verwendet wurde. Vermutlich hat er im Laufe der Zeit eine ziemliche Beimischung von Blut des vom Canis familiaris intermedius der Bronzezeit abstammenden Jagdhundes erhalten, da er früher viel für die Jagd, besonders die Wasserjagd, verwendet wurde. Später wurde er dann dank seiner Intelligenz und Gelehrigkeit zum persönlichen Gesellschafter, Begleit- und Stubenhund erhoben und durch zielbewußte Zucht zu einer Kulturrasse von besonderer Ausprägung erhoben. Wo dies zuerst geschah, wird schwer zu entscheiden sein. Die ersten Darstellungen desselben beziehen sich auf Burgund. In jener Zeit des Mittelalters war der Jagdsport so allgemein und der Austausch der tierischen Jagdgehilfen so international — man denke nur an den massenhaften Bezug von nordischen Jagdfalken aus Island und Grönland, die für ganz Europa den Bedarf deckten —, daß es fast unmöglich sein wird, festzustellen, wo eine bestimmte Rasse zuerst erzeugt wurde. In Deutschland sollen größere Pudelformen erst im 16. Jahrhundert aufgetreten sein.

Sowohl mit Rücksicht auf ihren Körperbau als ihre geistige Eigenart bilden unter allen Hunden die Windhunde die am schärfsten umschriebene Rassengruppe. Der schlanke, zierliche Körper mit schmalen, hoch hinaufgezogenen Lenden und geräumiger Brust ruht auf hohen, sehnigen Gliedmaßen und trägt einen fein gebauten Kopf mit lang vorgezogener Schnauze, indem der Gesichtsschädel stark verlängert, dabei schmal und hoch ist, so daß die Lückenzähne auseinandergerückt sind. Die aufrecht gestellten Ohren sind an der Spitze gewöhnlich umgebogen. Der lange, dünne Schwanz wird hängend getragen und ist bisweilen am Ende nach oben gekrümmt. Die Behaarung ist in der Regel sehr kurz und dicht anliegend. Nur in den mehr nach dem kalten Norden gelegenen Wohngebieten entwickelt sich als Wärmeschutz ein längeres Grannenhaar.

Diese kurze Behaarung, die in unserem kühlen Klima leicht Veranlassung zum Frieren gibt, deutet auf die Herkunft der Windhunde aus dem Süden, und zwar weist das unruhige, ungemein bewegliche Wesen und das leichte Orientierungsvermögen, das ihnen eigentümlich ist, wie auch der schlanke Bau mit der stark entwickelten Brust mit geräumigen Lungen auf die tropische Steppe als ursprünglichem Wohngebiet dieser Tiere. Dort sind ja auch die ähnlich gebauten Antilopen zu Hause.

Bild 2. Darstellungen verschiedener Hunderassen auf altägyptischen Denkmälern.
(Nach den Wandmalereien zusammengestellt von Wilkinson.)

2 u. 6 Jagdhunde mit Hängeohren als Beweis einer weitgehenden Einwirkung der Domestikation, 3 Weibchen einer dachshundartigen Rasse, 1, 4, 5 u. 7 Windhunde.

In Europa erscheinen die dieser Rasse angehörenden zahmen Hunde spät. Noch zur Bronzezeit fehlten sie hier gänzlich. Auch in Asien vermissen wir sie in den ältesten für uns nachweisbaren Kulturperioden, so auch in der altbabylonischen Zeit. Im alten Ägypten dagegen finden wir schon zur Zeit der 4. Dynastie (2930–2750 v. Chr.) neben dem auch hier die ursprünglich verbreitete Hunderasse darstellenden Torfhund, dem Spitz von Schakalabstammung, einen hochbeinigen, glatthaarigen, stehohrigen Windhund auf den alten Grabdenkmälern abgebildet. Die aufrechtstehenden Ohren weisen darauf hin, daß die Domestikation noch nicht allzusehr auf ihn eingewirkt hatte. Zuerst vermutete der Pariser Zoologe Geoffroy St. Hilaire und nach ihm der Züricher Konrad Keller, daß der langbeinige, spitzschnauzige abessinische Wolf (Canis simensis) der Stammvater des altägyptischen Windhundes sei. Er sei schon zu Ende des 4. vorchristlichen Jahrtausends irgendwo in Nubien gezähmt und zum Haustier erhoben worden. Dem entgegen machen die meisten Autoren geltend, daß die Windhunde, die uns allerdings in Ägypten zuerst entgegentreten, nicht einheitlichen Stammes sein können, daß die größeren und kleineren Formen verschiedenen Ursprungs seien. Letztere stammen zweifellos aus dem Niltal; doch meint neuerdings M. Hilzheimer, daß nicht der abessinische Wolf, sondern eine auffallend schlanke Schakalart, Canis lupaster, der Ausgangspunkt dieser Rasse sei. Dieser Schakal sei dem schakalköpfig dargestellten altägyptischen Gotte Anubis, dem Geleiter und Schützer der Toten, heilig gewesen, und man habe in Assiut Schädel bei Hundemumien gefunden, die denjenigen dieses schlanken Schakals außerordentlich ähneln. Diese aus Nubien stammenden kleineren Windhunde der Ägypter werden auf den Grabdenkmälern mit dünnem, teilweise geringeltem Schwanze abgebildet. Sie wurden dann durch die Phönikier nach Syrien gebracht und gelangten von da wohl über Kleinasien zu den Griechen, dann auch nach Mittelitalien zu den Etruskern und später durch die Römer in die Länder nördlich der Alpen.

Die größeren Windhunde dagegen führt M. Hilzheimer auf einen im Nordwesten des Schwarzen Meeres heimischen hochgestellten Steppenwolf zurück, der vom Menschen gezähmt und zu seinem Jagdgehilfen erhoben wurde. Noch heute ist er als solcher für die Jagd in der Steppe unentbehrlich. Auf diesen Wolf sei der als Barsoi bezeichnete langhaarige russische Windhund, wie auch die gleichfalls für die Jagd benutzten großen Windhunde, der persische Tasi und der durch ganz Nordafrika verbreitete Slughi, zurückzuführen. Der westlichste Vertreter derselben ist der englische Greyhound, der in ganz ähnlicher Gestalt schon auf etruskischen Grabdenkmälern erscheint. Also muß diese Windhundart schon frühe aus Westasien nach Südeuropa gelangt sein.

Der älteste stehohrige Windhund Altägyptens ist aus ganz Nordafrika verschwunden. Nach Keller hat er sich nur noch auf den Balearen östlich von Spanien im Ibizahund erhalten, so genannt, weil er nach den Kennern von der Insel Ibiza stammt, wohin er wohl von Nordafrika her durch die Karthager gebracht wurde. Auf die Frage, weshalb sich der Pharaonenwindhund ganz abseits vom Niltal auf den spanischen Inseln des Mittelmeeres bis heute erhalten konnte, während er sonst überall verschwand, antwortet Keller: „Es ist das Kaninchen, das uns diesen alten Windhund gerettet hat. Die Balearen waren schon im Altertum ihres Kaninchenreichtums wegen berühmt. Die dort angesiedelten römischen Kolonisten wandten sich, wie Plinius berichtet, an ihr Mutterland, damit dieses Soldaten schicke, um die Kaninchenplage zu beseitigen. Aber viel wirksamer erwiesen sich die von den Pityusen eingeführten Ibizahunde, die dem schädlichen Nager mit großem Geschick zu Leibe gehen. Dieser ausgesprochene Jagdinstinkt hat sich vererbt, und wir erfahren ja durch das bekannte Gemälde, das Prisse d’Avennes unter dem Titel ‚Rückkehr von der Jagd‘ aus der Nekropole von Theben veröffentlicht hat, daß die altägyptischen Windhunde zur Jagd auf Hasen verwendet wurden.“

Derselbe Autor hat, wie 1906 den Ibizahund auf den Balearen, so später auf der Insel Mallorka auch einen stehohrigen dachsartigen Hund, wie er im alten Ägypten gezüchtet wurde, gefunden. Diesen führt er, wie alle Dachshunde überhaupt, auf den altägyptischen Windhund zurück, der durch vererbte Rachitis die ihm eigentümlichen kurzen, gekrümmten Beine erhielt. Nun sind allerdings schon im 3. vorchristlichen Jahrtausend niedrige, langgestreckte, stehohrige Hunde unter dem Namen trqu, was etwa Feuriger, Heißer bedeutet, zur Jagd gebraucht worden. Doch ist es durchaus nicht sicher, wie Keller annimmt, daß unser deutscher Teckel auf diesen zurückgeführt werden darf. Leider ist die Geschichte dieses letzteren durchaus noch im dunkeln. Heute haben die Dachshunde, die den feinen Spürsinn der Jagdhunde besitzen, daneben sehr intelligent und bei der Jagd äußerst ausdauernd sind, als Zeichen einer uralten Kultur typische Hängeohren.

Weit besser geklärt als die Geschichte der Wind- und Dachshunde ist diejenige der Doggen. Kann man erstere ihrem geistigen Wesen nach als Sanguiniker bezeichnen, so sind letztere mehr die Choleriker unter den Hunden. Ihr vehementer Angriff ist zu fürchten und zeugt von bissigem Wesen, das dem Feinde gefährlich wird; aber dem eigenen Herrn gegenüber sind sie fügsam und treu. Auch im Körperbau sind sie in ihrer massigen Erscheinung das reine Gegenstück zu den zierlichen, schlanken Windhunden. Ihre gedrungene Gestalt mit ungemein kräftiger Muskulatur trägt einen schwergebauten Schädel mit relativ langem Gehirn- und kurzem, breitem Schnauzenteil. Am Kopf erscheinen die Ohren hoch angesetzt und am verkürzten Gesichtsteil legt sich die Haut gern in Falten, welche in den Lippen schlaff herabhängen. Auch die Augenlider sind vielfach schlaff und kehren unten die rote, nackte Bindehaut heraus, was dem Gesicht einen eigentümlichen Ausdruck verleiht. An den kurzen Hals schließt sich eine breite Brust an, die Weichen sind wenig hoch aufgezogen, die Beine mittelhoch und mit kräftiger Muskulatur versehen. Ursprünglich war die Körperbehaarung lang, fast zottig, als Beweis, daß diese Hunderasse von einer in einem kalten Klima lebenden Wolfsart abstammt. Auch der Schwanz war buschig. Doch sind später aus diesen langhaarigen auch kurzhaarige Doggen entstanden, deren Schwanz auch nur kurz behaart ist.

Im vorgeschichtlichen Europa und im alten Ägypten fehlen diese gewaltigen Hunde vollständig, dagegen treffen wir sie schon in kurzhaarigen Formen in Vorderasien bei den alten Assyriern in der ersten Hälfte des letzten Jahrtausends v. Chr. an. Und zwar scheinen die Assyrier diese Hunde aus Indien erhalten zu haben, das sie seinerseits aus dem Hochlande von Tibet bezog. Nach Prof. Konrad Keller ist zweiffellos der auffallend große, schwarze Tibetwolf (Canis niger) der Stammvater dieser mächtigen, ebenfalls zottig schwarz behaarten Hunde, die im warmen Indien und Vorderasien ihre lange Behaarung bald verloren und kurzhaarig wurden. Der große, schwarze Wolf — den Sclater 1874 zuerst als reichlich 1 m langen Wildhund beschrieb —, der im durchschnittlich Mont Blanc-Höhe aufweisenden Hochlande von Tibet neben dem gemeinen grauen Wolfe vorkommt, ist in den kräftig bemuskelten Beinen auffallend tief gestellt, hat an Hals und Brust eine auffallend lange Behaarung von schwarzer Farbe, alles Merkmale die auch die Tibetdoggen aufweisen, nur daß diese neben dem schwarzen Haarkleid häufig einen weißen Bruststern und weiße Pfoten aufweisen. Von den Abkömmlingen dieser Hunderassen waren nach den vorliegenden literarischen Quellen auch die altassyrischen Doggen und die von diesen abzuleitenden Molosserhunde der Griechen und später der Römer vorwiegend schwarz, teils einfarbig, teils auch mit weißen Flecken. Die späteren davon abweichenden Färbungen sind offenbar erst sekundär erworben worden.

Die großen Tibetdoggen sind heute noch in Europa wenig bekannt. Die ältesten Angaben über dieselben findet man in der chinesischen Literatur, nämlich im Schu-king, demzufolge 1121 v. Chr. ein Tibethund, der auf die Menschenjagd dressiert war, als Geschenk an den Kaiser von China gelangte. Heute bringen tibetische Händler solche häufig nach dem chinesischen Reich. Nach Europa gelangte die erste Kunde von diesen gewaltigen Tibethunden zu Ende des 13. Jahrhunderts durch den Venezianer Marco Polo, der erzählte, daß er die Größe eines Esels erreiche und zur Jagd auf wilde Ochsen (Yaks) verwendet werde. Fünf Jahrhunderte hindurch hörte man nichts mehr von ihm, bis der Engländer Samuel Turner um 1800 auf einer Gesandschaftsreise im Auftrage der Ostindischen Kompanie nach Tibet diese starken Hunde von 70–80 cm Schulterhöhe antraf, die er als bösartig bezeichnet. Nach ihm gab Bryan Hodgson eine genauere Beschreibung von ihnen. Er bezeichnet die Hunde von Tibets Hauptstadt Lhassa als die schönsten; sie seien von schwarzer Farbe mit braunen Beinen. Nach Hooker wird diese Dogge bei den Karawanen der Tibeter vielfach zum Lasttragen benützt. Diese Rasse, die nur vereinzelt über Tibet hinausgeht und z. B. in den Vorbergen des Himalajas vereinzelt angetroffen wird, steht schon durch die ziemlich wenig verkürzte Schnauze der Stammform am nächsten.

Die Geschichte der Doggen ist kurz folgende: Der Bildungsherd, in welchem durch Zähmung des großen, schwarzen Tibetwolfes die ältesten Doggen hervorgingen, ist Tibet. Von hier drangen diese durch ihre Stärke geschätzten Nutztiere nach Nepal und Indien, vereinzelt auch nach China vor. Von Indien aus gelangten sie frühe nach Persien und von da bereits in einer kurzhaarigen Form in der ersten Hälfte des letzten vorchristlichen Jahrtausends nach Assyrien und Babylonien, wo wir sie mehrfach als Jagdhunde, teils an einem Riemen geführt, teils frei dahinstürmend, abgebildet finden. So finden wir eine höchst charakteristische Darstellung der assyrischen Dogge auf einer Topfscherbe aus Birs Nimrud. Noch viel wahrheitsgetreuer sind die auch künstlerisch viel höher stehenden Basreliefs von dem aus dem Jahre 668 v. Chr. stammenden Palast Asurbanipals in Kujundschik, die nun ebenfalls im Britischen Museum sind. Auf der einen Darstellung sehen wir den Auszug zur Jagd. Einige Jäger schreiten mit den Fangnetzen voran; ihnen folgen andere, eine kampfbegierig vorwärtsstürmende Dogge an der Leine führend. Auf der andern erblicken wir, wie vier bissige Doggen mit kräftigen Halsbändern ein Wildpferd anfallen und es niederzureißen versuchen.

Später erwähnt Herodot um die Mitte des 5. vorchristlichen Jahrhunderts, ein Satrap von Babylon habe die Einkünfte von vier Städten auf den Unterhalt solcher Hunde verwendet, was auf eine größere Zahl derselben schließen läßt. Zu seiner Zeit gab es ähnlich große Hunde auch in Epirus, wohin sie nach Keller aus den Euphratländern durch den Zug des Xerxes gekommen sein sollen. Nachschübe dieser Doggen erfolgten durch den Eroberungszug Alexanders des Großen nach Indien, indem dieser makedonische König ihm vom Könige Porus und andern indischen Fürsten geschenkte gewaltige Hunde nach seiner Heimat Makedonien sandte. Über die Leistungsfähigkeit dieser indischen Hunde, die nur Tibeter gewesen sein können, erzählt der römische Geschichtschreiber Curtius Rufus auf griechische Quellen gestützt folgendes: Nach Überschreitung des Hydaspes und nach Besiegung des Porus kam Alexander ins Gebiet des Königs Sopites. „In diesem Lande gibt es sehr vortreffliche Jagdhunde, die, wie man sagt, beim Anblick eines Wildes sogleich zu bellen aufhören und besonders für die Löwenhatz sehr gut sind. Um Alexander davon zum Augenzeugen zu machen, ließ Sopites einen außerordentlich großen Löwen bringen und ihn bloß von vier Hunden hetzen, die sogleich den Löwen anpackten. Ein Hatzknecht nahm hierauf einen dieser Hunde, die am Löwen hingen, bei einem Bein und suchte ihn loszureißen. Als er nicht loslassen wollte, hieb er ihm dieses ab. Da er aber auch dies nicht beachtete, hieb er ihm ein zweites Bein ab, und, weil er noch immer den Löwen festhielt, schnitt er ihm ein Glied nach dem andern vom Rumpfe, und trotzdem hielt der Hund, obschon inzwischen tot, noch den Löwen mit den Zähnen fest. So hitzig sind diese Tiere von Natur auf die Jagd!“

Etwas abweichend von diesem Berichte erzählt der griechische Geschichtschreiber Diodorus Siculus zur Zeit Cäsars und Augustus: „Der indische König Sopites kam aus seiner Residenz dem Alexander entgegen, bewirtete dessen Soldaten einige Tage hindurch aufs glänzendste und schenkte ihm außer vielen andern wertvollen Dingen 150 Hunde von außerordentlicher Größe und Stärke. Um nun eine Probe von ihren Heldentaten zu geben, ließ er vor Alexander einen großen Löwen in ein Gehege bringen, und ließ dann auch zwei der schwächlichsten der geschenkten Hunde hinein. Diesen war der Löwe überlegen. Jetzt wurden noch zwei andere Hunde hineingelassen, und bald hatten die vier Hunde den Löwen so gepackt, daß sie ihn überwältigten. Darauf schickte Sopites einen Mann ins Gehege, der ein großes Messer trug, um einem der Hunde das rechte Bein abzuschneiden. Als Alexander das sah, schrie er voll Entsetzen auf, und Leute seiner Leibwache eilten hin, dem Inder Einhalt zu gebieten. Sopites aber versprach dem Alexander, er wolle ihm drei andere Hunde für den einen geben; und so schnitt denn der Inder dem Hunde ganz langsam das Bein ab, ohne daß dieser sich muckste. Er hielt im Gegenteil den Löwen mit seinen Zähnen so lange fest, bis er sich verblutet hatte und starb.“ Nebenbei bemerkt kommt es auch heute nicht selten bei Sauhatzen vor, daß sich Hunde so fest in das Beutetier verbeißen, daß sie von selbst nicht wieder loskommen können. Für diesen Fall muß der Hatzmeister dem Hunde einen stets bei sich geführten fußlangen Holzknebel von der Seite in den Mund schieben, indem er diesen behutsam öffnet.

Einen weiteren Bericht über die außerordentliche Leistungsfähigkeit dieser indischen Doggen hat uns der ältere Plinius in seiner Naturgeschichte überliefert. Er schreibt nämlich: „Als Alexander (der Große) nach Indien zog, hatte ihm der König von Albanien einen Hund von ungeheurer Größe geschenkt. Das gewaltige Tier gefiel ihm, und er ließ erst Bären, dann Eber und endlich Antilopen zu ihm; aber der Hund blieb ruhig liegen und blickte sie mit Verachtung an. Erbittert über dessen Faulheit ließ ihn der Eroberer töten. Dies erfuhr der König von Albanien und sandte ihm einen anderen, mit der Aufforderung, ihn nicht an schwachen Tieren, sondern an Löwen und Elefanten zu versuchen; er habe nur zwei solcher Hunde gehabt und dieses sei der letzte. Ohne sich lange zu besinnen, ließ Alexander einen Löwen los; diesen machte der Hund augenblicklich nieder. Darauf befahl er, einen Elefanten vorzuführen, und nie sah er ein Schauspiel mit größerem Vergnügen an als das, das sich ihm jetzt darbot: Der Hund sträubte alle seine Haare, bellte furchtbar donnernd, erhob sich, sprang bald links, bald rechts gegen den Feind, bedrängte ihn und wich wieder zurück, benutzte jede Blöße, die er sich gab, sicherte sich selbst vor dessen Stößen und brachte es so weit, daß der Elefant vom immerwährenden Umdrehen schwindelig niederstürzte, so daß bei seinem Falle die Erde erdröhnte.“ Jedenfalls waren diese indischen Hunde von einer den Griechen bis dahin für unmöglich gehaltenen Tapferkeit und Stärke.

In Griechenland erfreuten sich die großen epirotischen Hunde neben den lakonischen von ägyptischer Windhundabstammung, die zur Jagd dienten, und den vom westasiatischen Schakal stammenden Spitzhunden, die als getreue Wächter des Hauses gehalten wurden, in der klassischen Zeit der größten Wertschätzung. Der 389 v. Chr. verstorbene attische Dichter Aristophanes berichtet, daß die starken epirotischen Hunde von fürsorglichen Ehemännern zur Hut der Frauengemächer benutzt wurden. Wie grimmig diese dreingeschaut haben müssen, beweist die Tatsache, daß der finsterblickende Höllenhund Kerberos von den Dichtern zum Stammvater der epirotischen Zuchten erklärt wurde.

Von den Griechen erhielten dann die Römer die hochgeschätzte epirotische Dogge, die sie Molosser (canis molossus) nannten. Eine eingehende Beschreibung des Tieres gibt der römische Ackerbauschriftsteller Columella um die Mitte des 1. Jahrhunderts n. Chr., und hebt den mächtigen Kopf des Tieres hervor. Diesen gewaltigen Hund, den sie mit Vorliebe bei den blutigen Tierhetzen im Amphitheater verwendeten und mit dem sie gewiß bei den Helvetiern und Germanen Aufsehen erregten, brachten die Römer zu Beginn der christlichen Zeitrechnung auch in ihre Kolonien nördlich der Alpen. So fand man vor einem Jahrzehnt im römischen Standlager von Vindonissa (dem heutigen Windisch am Zusammenfluß von Aare und Reuß) auf mehreren offenbar an Ort und Stelle hergestellten Tonlämpchen ein vollständiges Hundebild, das gut auf den antiken Molosser paßt. Es stellt einen sehr kräftig gebauten, hängeohrigen Hund dar, dessen Kopf eine dicke Schnauze aufweist. Der Körper erscheint langhaarig und der starkbehaarte Schwanz erinnert lebhaft an denjenigen unserer Bernhardinerhunde. Bemerkenswert und ebenfalls für den Doggencharakter sprechend ist der Umstand, daß an der Hinterpfote eine deutliche Wolfsklaue gezeichnet ist. Später kam eben dort auch ein wohlerhaltener Molosserschädel zum Vorschein, der nun in der Landwirtschaftlichen Sammlung in Zürich aufbewahrt wird.

Tafel 3.

„Vor dem Hunde wird gewarnt.“
Mosaik aus einem Hausflur in Pompeji.

Tonlampe mit Molosserhund aus Vindonissa.
(Nach Keller, Die Abstammung der ältesten Haustiere.)

Tafel 4.

Jäger des Assyrerkönigs Assurbanipal (668–626 v. Chr.) mit Jagdhunden und Fangnetzen.
(Nach einer Photographie von Mansell & Cie. in London.)


GRÖSSERES BILD

Tafel 5.

Darstellung eines altägyptischen Hundes der Windhundrasse.
Im Museum des Louvre.


GRÖSSERES BILD

Tafel 6.

Altägyptische Windhunde.
Aus dem Ti-Grab in Sakkarah. 5. Dynastie, 2750–2625 v. Chr.
(Nach Konrad Keller.)

Die Hündin von Gabii. Römische Marmorfigur im Louvre zu Paris.

Daß nun bei dem wiederholten Import einzelne Exemplare des Molossers in verschiedene entlegene Alpentäler Helvetiens gelangten und hier vor Kreuzung mit anderen Rassen und damit vor Vernichtung bewahrt blieben, ist weiter nicht wunderbar. Ebenso begreiflich ist es, daß sie hier vortrefflich gediehen. Boten doch die Alpenländer Verhältnisse, die klimatisch denen ihrer Urheimat in Tibet sehr ähnlich sind. So wurde in den abgeschiedenen Hochtälern der Alpen die alte Rasse weitergezüchtet und lieferte die in den Alpen und Voralpen gehaltenen Sennenhunde von ziemlich primitivem Charakter. Durch sorgfältige Reinzucht aber ging aus diesem Material der nach dem Hospiz des großen St. Bernhard benannte edle Bernhardinerhund hervor, der seiner vortrefflichen Eigenschaften wegen unter allen Doggen am höchsten geschätzt wird. Dort, auf dem Simplon- und Gotthardhospiz, auf der Grimsel usw., wurde der durch guten Spürsinn ausgezeichnete Hund, dessen Gutmütigkeit und Treue fast sprichwörtlich geworden ist, zum Aufsuchen verirrter Wanderer benutzt. Der berühmteste aller Hospizhunde war Barry vom Hospiz auf dem Großen St. Bernhard, der im ganzen 44 Personen das Leben gerettet hat und nunmehr ausgestopft im Naturhistorischen Museum zu Bern zu sehen ist.

Gegenüber dem von den Römern in das Alpenland importierten Molosser ist der Schädel wie der ganze Körper des Bernhardinerhundes größer, was wohl als Folge der besseren Haltung und Pflege durch den Menschen, unterstützt von dem ihm sehr zusagenden Hochgebirgsklima, erklärt werden kann. Von diesem prächtigen Hunde sind aus den früheren Jahrhunderten in der Schweiz keine schriftlichen Mitteilungen auf uns gekommen, weil er offenbar dort so bekannt war, daß man ihn nicht zu erwähnen brauchte; nur als Helmzier und als Wappen schweizerischer Edelleute tritt uns sein prächtiger Kopf entgegen. Im schweizerischen Landesmuseum in Zürich befindet sich eine Wappenrolle aus dem 14. Jahrhundert mit zahlreichen Bernhardinern, die uns den Beweis liefern, daß die schönen Hunde besonders beim Adel gehalten wurden. Noch heute lassen sich manche seiner Zuchten von den Hunden der Grafen de Rougemont, de Pourtalès, von Graffenried, von Judd usw. ableiten. Später kamen sie dann im schweizerischen Tiefland in Vergessenheit, wurden aber nicht nur auf dem Hospiz des Großen St. Bernhard in von den Mönchen für ihre menschenfreundlichen Zwecke geschenkten und rasserein gehaltenen Exemplaren, sondern auch auf anderen Alpenpässen und in vielen Alpentälern gezüchtet.

Die ersten, die in der Neuzeit die Bedeutung dieses Hundes erkannten, waren die Engländer. Sie lernten ihn, wie wir zuerst aus dem Jahre 1778 erfahren, auf dem Hospiz des St. Bernhard kennen und exportierten ihn schon in der ersten Hälfte des vorigen Jahrhunderts nach England. Hier tauften sie ihn holy breed, d. h. heilige Zucht. Da ihn ein allerdings verdienter Nimbus umgab, wurde aus verständlichen Gründen der von einem Heiligenschein umschwebte Name Bernhardiner der am schärfsten ausgeprägten und berühmtesten Familie der gesamten Rasse beigelegt. Im Jahre 1863 wurde zum erstenmal in England ein Bernhardiner prämiiert. Offenbar wurde er zunächst in der Absicht, die einheimischen Mastiffs zu verbessern, nach England eingeführt. Später wurde er auch direkt gezüchtet, so daß er dort heute einen besonderen, von dem schweizerischen abweichenden Rassentypus darstellt.

Durch die Erfolge der Engländer, dann auch Franzosen und Deutschen aufmerksam geworden, begannen einige Schweizer Züchter, an ihrer Spitze Schuhmacher in Holligen bei Bern, in letzter Stunde bestes Zuchtmaterial vor der Auswanderung nach dem Auslande zu retten und treffliche einheimische Rassen hochzuzüchten, die die früheren weit übertreffen. Und zwar wird eine kurz- und langhaarige Bernhardinerrasse gezüchtet, deren getrennter Bestand sich bis zum Anfang des vorigen Jahrhunderts zurückverfolgen läßt. In der Ebene wird dem langhaarigen Typus der Vorzug gegeben, während die Hospizmönche den kurzhaarigen ziehen, dessen Behaarung sehr dicht ist. Der letztere besitzt bei einer Schulterhöhe von 70 cm beim Rüden und von 65 cm bei der Hündin einen in richtigem Verhältnis zum kräftigen Körper stehenden Kopf mit verhältnismäßig schwachem Gebiß. Der Hals wird steil getragen, ist im übrigen kurz und breit, der Rücken gerade, der Bauch weit aufgezogen. Die weiblichen Tiere sind feiner als die männlichen gebaut. Bei den langhaarigen Bernhardinern ist der Körper gestreckter, die Brust etwas tiefer, der Schwanz lang und etwas buschig behaart. Die Behaarung ist schlicht oder leicht gewellt und stimmt in der Färbung (weiß mit rotgelb) mit dem vorigen Typus überein. Gekräuseltes oder stark gelocktes Haar gilt als fehlerhaft. Erst in neuerer Zeit sind die großen Formen des Bernhardiners gezüchtet worden.

In bezug auf äußere Erscheinung schließen sich auch die Neufundländer eng an die Tibethunde an. Sie erreichen eine Schulterhöhe von 63–69 cm, sind kräftig gebaut, mit breitem, langem Kopfe, etwas verdickter Schnauze, ziemlich hohen, starken Beinen und sehr dichter Behaarung von äußerst feinen, weichen, tiefschwarz bis rotbraun gefärbten Haaren. Die Behaarung des Kopfes ist kurz, am übrigen Körper, auch am Schwanz buschig. Die Zehen der breiten Pfoten sind durch Bindehäute verbunden, so daß das Tier gewandt und ausdauernd zu schwimmen vermag. Es schwimmt leidenschaftlich gern und mit der größten Leichtigkeit, taucht wie ein Wassertier und kann stundenlang im Wasser aushalten. Schon oft wurden durch den Neufundländer Menschen vor dem Tode durch Ertrinken gerettet. Mit größter Treue und Anhänglichkeit verbindet er bedeutenden Verstand und außerordentliche Gelehrigkeit, ist sehr gutmütig, sanft und dankbar für empfangene Wohltaten. Die Stammrasse ist in England gezüchtet worden und scheint mit der Insel Neufundland, die ihr den Namen gab, gar nichts zu tun zu haben. So wenig wie im Jahre 1622, als die Engländer nach jener Insel gelangten, ist später dieser Hundetypus dort einheimisch gewesen. Wie er aber in England gezüchtet wurde, das konnte bis jetzt nicht in Erfahrung gebracht werden.

Schlanker gebaut, mit höheren Beinen und weniger plumpem Kopf als die echten Doggen sind die deutschen und dänischen Doggen, die vermutlich Kreuzungsprodukte von großen Windhunden mit echten Doggen darstellen; denn in Gestalt und Eigenschaften halten sie die Mitte zwischen beiden inne. Namentlich die deutschen Doggen bieten in edlen Vertretern eine wahrhaft wunderbare Vereinigung an sich widerstreitender Eigenschaften dar, nämlich Größe und Flüchtigkeit mit Kraft und Eleganz. Wie schon der selbstverständlich vom englischen dog sich ableitende deutsche Name Dogge beweist, so führt auch die Geschichte der deutschen Dogge wie diejenige der edlen Jagdhunde auf die „englischen Hunde“ zurück, die seit dem Anfang des 16. Jahrhunderts von den jagdliebenden deutschen Fürsten und Adligen besonders für die Sauhatz von England importiert wurden. Im 17. Jahrhundert wurden sie auch in Deutschland gezüchtet, hießen aber noch zu Beginn des vorigen Jahrhunderts bei uns „englische Hunde“ zum Unterschied von den leichteren, spitzschnauzigen „Rüden“ einheimischen Schlages, die, unter die Bevölkerung verteilt, von dieser auf höheren Befehl unterhalten und während der Jagdzeit den Herren zur Verfügung gestellt werden mußten. Zu großen Meuten vereinigt, hatten diese ungefügigen, bissigen Köter die Wildschweine rege zu machen und zu treiben, während die größeren und schwereren englischen Hunde, die Doggen, durch gepolsterte, mit Fischbein gesteifte „Jacken“ geschützt, bei den Herrenjägern blieben und, auf ein bestimmtes Stück losgelassen, dieses an den Ohren fingen und festhielten, bis es mit der „Saufeder“ gestochen und so getötet war. Dafür waren sie auch die Lieblinge ihrer hohen Herren, mit denen besonders auserwählte Exemplare der Gattung als „Leib- und Kammerhunde“ immer zusammen sein und sogar das Schlafgemach teilen durften. Als sie dann später durch Umgestaltung der Jagd bei dieser überflüssig wurden, wandte sich die Liebhaberei ihnen zu und züchtete aus ihnen herrliche Tiere, die mit Recht den Stolz ihres Besitzers darstellen. Die lichtgelbe Färbung mancher deutscher Doggen ist jedenfalls auf den Einfluß des Windhundblutes zurückzuführen.

Den Übergang zu ausgesprochen schweren und breitköpfigen Doggenformen bildet die echte dänische Dogge, so genannt, weil sie seit etwa 50 Jahren mit einer gewissen Vorliebe in Dänemark gezüchtet wird, zumal in Gestalt des gelben, schwarz maskierten Broholmers. Auch dieser ist von englischer Abstammung und wurde in seiner ursprünglichen Heimat im englischen Mastiff zu einem wahren Klotz von Hund gezüchtet, der dank seiner Größe und Stärke einen geradezu unüberwindlichen Schutzbegleiter darstellt. Solche Schutz- und Kampfhunde hat es ja bereits im Altertum, wenn auch nicht in solchen gewaltigen Ausmaßen, gegeben. Man denke nur an die Hunde der Zimbern und Teutonen, die mit den Weibern die Wagenburg der Auswanderer aufs getreuste bewachten und mit denen die Römer nach Besiegung der Männer in offener Schlacht noch einen harten Strauß zu bestehen hatten.

Ebenfalls Produkte englischer Zucht sind die dem Mastiff nahe stehenden Bullenbeißer, deren ausgezeichnetste Rassen heute noch in Irland hervorgebracht werden. Zu ihrer Stärke und Entschlossenheit besitzen sie einen geradezu unglaublichen Mut, so daß sie sich zu schwerer und gefährlicher Jagd, wie auch zu Kämpfen mit wilden Tieren besonders eignen. Ihre geistigen Fähigkeiten sind nicht so ausgezeichnet wie die der übrigen gescheiten Hunde, keineswegs aber so tiefstehend, als man gemeinhin glaubt; denn jeder Bullenbeißer gewöhnt sich leicht an den Menschen und opfert ohne Bedenken sein Leben für ihn. Er eignet sich vortrefflich zum Bewachen des Hauses und verteidigt das ihm Anvertraute mit wirklich beispiellosem Mute. Als Reisebegleiter in gefährlichen, einsamen Gegenden ist er gar nicht zu ersetzen. Man erzählt, daß er seinen Herrn gegen fünf bis sechs Räuber mit dem besten Erfolge verteidigte, und kennt Geschichten, in denen er als Sieger aus solchen ungleichen Kämpfen hervorging, trotz unzähliger Wunden, welche er dabei erhielt. Auch als Wächter bei Rinderherden wird er verwendet und versteht es, selbst den wildesten Stier zu bändigen, indem er sich alsbald in die Oberlippe seines großen Gegners einbeißt und so lange dort fest hängt, bis der Riese sich der Übermacht des Hundes gefügt hat. Auch zum Kampfe gegen große Raubtiere, wie Bären, Wölfe usw., läßt er sich abrichten. Früher waren Tierhetzen sehr beliebt, indem solche Hunde gegen gefangene Bären oder wilde Stiere in Bären- oder Hetzgärten genannten geschlossenen Räumen gehetzt wurden und das Volk sich an dem beispiellosen Mute dieser verhältnismäßig kleinen Hunde ergötzte. In England spitzten sich diese öffentlichen, gegen Eintrittsgeld zugänglichen Schaustellungen später so zu, daß gegen einen angeseilten Stier nur ein einziger, kleiner Hund losgelassen wurde, der ihn an der Nase zu fassen hatte.

Auf dem plumpen, kräftigen Körper des Bullenbeißers sitzt auf kurzem, dickem Hals der dicke, runde, hinten sehr breite, zwischen den Augen eingesenkte Kopf mit stumpfer, aufgeworfener Schnauze. Infolge der starken Verkürzung des mittleren Teiles der Oberlippe und Nase hat sich die Gesichtshaut in Falten gelegt und sind die vorderen Zähne unbedeckt, während die Lippen seitlich davon überhängen und von Geifer triefen. In den extremsten Fällen ist der Hund zu einer wahren Karikatur gezüchtet worden, die in ihrer Vierschrötigkeit und grinsenden Mine mehr Mitleid als Freude erweckt.

Eine große Bullenbeißerrasse richtete man früher dazu ab, Menschen einzufangen, niederzuwerfen und sogar umzubringen. Schon bei der Eroberung Mexikos wandten die Spanier derartige Hunde als Mitkämpfer und Aufspürer gegen die Indianer an. Unter ihnen war besonders Beçerillo berühmt, dessen Kühnheit und Klugheit außerordentlich waren. Er wurde unter allen seinen Genossen ausgezeichnet und erhielt doppelt so viel Futter als die übrigen. Beim Angriff pflegte er sich in die dichtesten Haufen der Indianer zu stürzen, diese beim Arme zu fassen und sie so gefangen wegzuführen. Gehorchten sie, so tat ihnen der Hund weiter nichts, weigerten sie sich aber, mit ihm zu gehen, so riß er sie augenblicklich zu Boden und würgte sie. Indianer, welche sich unterworfen hatten, wußte er genau von Feinden zu unterscheiden und berührte sie nie. Noch im Jahre 1798 benutzte man solche „Bluthunde“ zum Fangen von Menschen, und zwar waren es nicht Spanier, sondern Engländer, welche mit ihnen die Menschenjagd betrieben.

Die deutsche Bulldogge ist der Boxer, der noch nicht zu solchem Zerrbild wie the old english bulldog überzüchtet wurde. Auch er hat eine breite Brust und einen muskulösen Körper, aber sein Kopf ist nicht so extrem verkürzt, so daß er seine Kiefer vortrefflich zum Beißen verwenden kann. Ungemein bissig und herrschsüchtig, ordnet er sich seinem Herrn gegenüber unter und zeigt ihm Treue und Anhänglichkeit; doch muß er diesen vollkommen kennen gelernt und erfahren haben, daß dessen geistige Energie seine leibliche Kraft unter allen Umständen unterjochen kann und sich unbedingten Gehorsam zu erzwingen versteht. Was der Boxer einmal gefaßt hat, läßt er so leicht nicht wieder los. Hat man ihn in einen Stock oder in ein Tuch beißen lassen, so kann man ihn an diesem Gegenstande in die Höhe heben, auf den Rücken werfen oder andere Dinge mit ihm vornehmen, ohne daß er sein Gebiß öffnet. Es gibt von ihm auch Zwergformen, die uns zum Mopse hinleiten. Dieser ist ein Bullenbeißer im kleinen, mit ganz eigentümlich abgestumpfter Schnauze und schraubenförmig gerolltem Schwanz. Auch zeigt er das mißtrauische, mürrische Wesen der Bulldoggen, wurde aber dennoch früher gerne von alten Jungfern mit großer Zärtlichkeit gehätschelt und als Schoßhund gehalten, wobei er eine oft sprichwörtliche Fettleibigkeit entwickelte. Diese einst sehr verbreitete Form ist jetzt fast ausgestorben; dagegen sind neuerdings edlere Rassen dieses Luxushundes aufgekommen, die sich wiederum großer Beliebtheit erfreuen, obschon auch sie launenhaft und im ganzen wenig angenehme Gesellschafter des Menschen sind.

Wie in den Alpen kommen auch in den Abruzzen, bei den Basken in den Pyrenäen und bei den Albanesen in Nordgriechenland große Hunde vor, die zweifellos in verwandtschaftlicher Beziehung zum alten Molosser stehen, aber Kreuzungsprodukte mit anderen Hunden sind. Überhaupt sind im Laufe der Jahrhunderte so viele Kreuzungen bei den Gebrauchshunden vorgekommen, daß sich ihre Abstammung im einzelnen nie mehr feststellen läßt.

Neuerdings will Hilzheimer die Doggen von einem im mittleren Schweden heimischen mächtigen, dickköpfigen und kurzköpfigen Wolf mit starkem Stirnabsatz ableiten. Diese Annahme ist jedoch nicht genügend begründet, um die ältere, viel wahrscheinlichere zu verdrängen. Immerhin darf zugegeben werden, daß ein solcher starker nordischer Wolf den Ausgangspunkt der von den eigentlichen Doggen zu trennenden Hirtenhunde bildet, denen im Gegensatz zu den Schäferhunden, die die Herde hüten, nur die Bewachung der Herde gegen den Angriff starker Raubtiere oder böswilliger Menschen obliegt. Sie zeichnen sich gegenüber den Doggen durch kaum verkürzte Schnauze und geringen Stirnabsatz aus. Sie sind langhaarig, weiß, grau oder braun gefärbt, vielfach auch gescheckt, und kommen in verschiedenen Ländern Europas in typischen Vertretern vor. Früher aber waren sie, solange es reißende Tiere von den Herden abzuhalten gab, weit verbreiteter als heute, da sie sich nur noch in zerstreuten Inseln vorfinden. Nach Hilzheimer soll Blut von diesem nordischen Wolfe auch in den Pudel übergegangen sein, dem früher besprochenen Abkömmlinge des Schäferhundes, der wahrscheinlich auch Blut vom Laufhunde in sich aufgenommen hat.

Wie in der Alten Welt so sind auch in der Neuen durch Zähmung verschiedener Wildhunde Haushunde von den Indianern gewonnen worden, soweit sie sich über die primitive Stufe der Sammler und Jäger erhoben hatten und zu einiger Ansässigkeit als Hackbauern gelangt waren. So fanden die Europäer bei ihrer Ankunft bei verschiedenen Volksstämmen zahme Hunde. Alle Indianersprachen an der Westküste von Südamerika hatten eigene Bezeichnungen für den Hund, und der spanische Geschichtschreiber Garcilasso de la Vega berichtet, daß in der ältesten Zeit das Volk der Huanca, bevor es noch von den Inkas unterjocht wurde, ein Hundebild anbetete und leidenschaftlich gerne Hundefleisch aß. Der St. Galler J. J. von Tschudi fand als Beweis der Urexistenz des Hundes in Peru in alten, vorkolumbischen Gräbern Skelette und Mumien von Hunden, welche meist quer vor den Füßen der mitbestatteten sitzenden Menschenkadaver lagen. Identisch mit diesen Mumienhunden ist der heute noch in den Ansiedelungen des Gebirges der Anden bei den Hirten und in den Indianerhütten verbreitete Inkahund, der als ein bissiges, einen besonderen Widerwillen gegen die Europäer zeigendes Tier von ziemlich kleiner Gestalt mit rauhem Pelz von dunkelockergelber Farbe, am Bauch und auf der Innenseite der Beine heller, geschildert wird. Der zierliche Kopf ist scharf zugespitzt, die Ohren sind aufrecht, spitz und klein, der Schwanz ist stark behaart und gerollt. Auf Grund der Gräberfunde besonders von Ancon vermochte Alfred Nehring nachzuweisen, daß schon bei den alten Inkas drei verschiedene Rassen des Inkahundes gezüchtet wurden, die als Wacht-, Hirten- und Jagdhunde Verwendung fanden, und daß der Stammvater dieser südamerikanischen Hundeart der nordamerikanische Wolf (Canis occidentalis) war. Es ist also dieser Hund mit dem Volk von Norden her nach Süden eingewandert und kam auch in den Tropen in den kühlen Höhenlagen recht gut fort. Interessant ist, daß das recht hoch kultivierte Volk der alten Peruaner bereits Rassenzucht trieb und aus dem ursprünglichen Wolfshunde, den verschiedenen Zwecken, zu denen er verwendet wurde, entsprechend, eine schäferhundartige, eine dachshundartig durch erblich gewordene Rachitis verkümmerte und eine bulldoggähnliche mit verkürztem Oberkiefer züchtete.

Von demselben nordamerikanischen Wolfe stammt der ihm sehr ähnelnde Hund der Indianer Nordamerikas ab. Diese verbessern ihre Zuchten von Zeit zu Zeit durch Kreuzung mit Wölfen, wobei die Halbzuchtwölfe im allgemeinen leicht zähmbar sind. Der eigentümliche Hasenindianerhund mit kurzem Gesicht und kurzen Läufen ist dem Präriewolf (Canis latrans) nahe verwandt und wurde zweifellos durch Zähmung aus diesem gewonnen.

In Südamerika gibt es Hunde, die dem Maikong (Canis cancrivorus) gleichen und jedenfalls auch von ihm abstammen. Die Kreuzung derselben mit der wilden Stammart kommt häufig vor.

Auf den westindischen Inseln, in Mexiko und an den Küsten des nördlichen Südamerika lebt ein kleiner, fuchsartiger Hund, dessen schwärzlicher bis dunkelgrauer Körper fast haarlos ist. Es ist dies der Karaibenhund, den schon Kolumbus bei seiner Ankunft antraf und der von den Altmexikanern Xoloitzcuintli genannt wurde. Sein Stammvater ist eine kleine Schakalart der Antillen, die durch spezielle Zucht ihr Haarkleid im warmen Klima mehr und mehr reduzierte. Wichtig sind den Feuerländern ihre Hunde, da sie ihnen beim Fang der Seeotter helfen. Darwin sagt daher von ihnen, „sie wollten in der Not lieber ihre alten Weiber als ihre Hunde töten und essen“. Übrigens wußten auch diese niedrig stehenden Wilden die Vorzüge der europäischen Hunde zu schätzen und trachteten danach, sie mit den größten Opfern anzuschaffen.

Mit dem Vordringen der Europäer nach der Neuen Welt gelangten selbstverständlich auch die verschiedensten altweltlichen Hunde dahin und fühlten sich dort sehr bald heimisch. Dabei mischten sie sich vielfach mit den vorgefundenen zahmen Hunden und gaben zu den buntesten Mischrassen Veranlassung. Solche unentwirrbare Kreuzungsprodukte gibt es ja auch in der Alten Welt genug. Sie gehen immer wieder, meist ungewollt, hervor und machen sich überall, oft unliebsam genug, bemerkbar; doch wird von den Kennern stets das reine Blut diesen Mischlingen vorgezogen werden.

Schon bei den Schriftstellern des Altertums finden wir gelegentlich Geschichten, die uns die hohe Wertschätzung des Hundes als Haustier und Gefährten des Menschen beweisen, die auch zeigen, wie sich dieses Tier oft für seinen Herrn opferte und ihm Treue über den Tod hinaus hielt. So berichtet u. a. der ältere Plinius in seiner Naturgeschichte: „Man erzählt von einem Hunde, der für seinen Herrn gegen Räuber kämpfte und, obgleich selbst schwer verwundet, dessen Leichnam doch nicht verließ, sondern gegen Vögel und Raubtiere verteidigte. Einen König der Garamanten holten 200 Hunde aus der Verbannung zurück und schlugen dessen Widersacher in die Flucht. Die Kolophonier und Kastabalenser hielten ganze Meuten von Hunden, die im Kriege die erste Schlachtreihe bildeten und sich nie feig erwiesen; sie waren die treusten Hilfstruppen und dienten ohne Sold. Als die Zimbern erschlagen waren, verteidigten noch Hunde ihre auf Wagen stehenden Zelte. Als der Lycier Jason getötet war, wollte sein Hund nicht mehr fressen und hungerte sich zu Tode. Ein Hund, den Duris (ein griechischer Schriftsteller aus Samos zur Zeit des Ptolemäos II. Philadelphos, 285–247 vor Chr.) Hyrkanus nennt, stürzte sich in die Flammen, als König Lysimachus verbrannt wurde. Dasselbe tat der Hund des Königs Hiero. Bei uns wurde Volcatius, ein Edelmann, der zu Pferd von seinem Landhaus zurückkehrte, als er abends von einem Räuber angefallen wurde, durch seinen Hund verteidigt; ebenso der Senator Coelius, als er zu Placentia (dem heutigen Piacenza) krank lag und von Bewaffneten überfallen wurde. Erst als der Hund erschlagen war, erhielt er eine Wunde. Über alles erhaben ist aber folgender Zug, der zu unserer Zeit in den Jahrbüchern des römischen Volkes, als Appius Junius und Publius Silius Konsuln waren, aufgezeichnet wurde: Als Titius Sabinus samt seinen Sklaven wegen des an Nero, dem Sohn des Germanicus, begangenen Mordes zum Tode verurteilt war, konnte der Hund eines dieser Unglücklichen nicht vom Gefängnis weggetrieben werden, verließ auch dessen Leiche nicht, als sie auf die Straße geworfen wurde, heulte kläglich und trug, als einer aus der versammelten Volksmenge ihm ein Stück Fleisch hinwarf, dieses zum Munde seines toten Herrn. Als dann die Leiche in den Tiber geworfen wurde, schwamm er mit ihr und suchte sie über Wasser zu erhalten, während das Volk am Ufer seine Treue bewunderte.

Der Hund ist das einzige Tier, das seinen Herrn kennt, Bekannte von Unbekannten unterscheidet, auf seinen Namen hört und seine Hausgenossen schon an der Stimme kennt. Die längsten Wege finden sie wieder, wenn sie sie einmal gemacht haben, und überhaupt ist ihr Gedächtnis nach dem des Menschen das beste. Wenn sie auch noch so wütend sind, kann man ihnen doch Einhalt tun, wenn man sich auf die Erde niedersetzt (was nach Schatter tatsächlich von Erfolg begleitet ist). Der Mensch hat an ihnen schon viele nützliche Eigenschaften aufgefunden; am nützlichsten werden sie aber durch ihren Eifer und ihren Spürsinn auf der Jagd. Sie suchen und verfolgen die Fährte des Wildes, ziehen den Jäger an der Leine hinter sich her, zeigen das Wild heimlich und schweigend, indem sie zuerst mit dem Schwanze, dann mit der Schnauze ein Zeichen geben. Selbst alt, blind und schwach leisten sie noch Dienste, indem man sie auf dem Arm trägt und durch den Geruch das Lager des Wildes aufsuchen läßt.

Die Hündin bekommt zweimal jährlich Junge. Dieselben werden blind geboren und werden um so später sehend, je reichlicher sie gesäugt werden, doch nie vor dem 7. oder 21. Tage. Die Weibchen von der ersten Hecke sollen die Eigenschaft haben, Faune (Waldgeister) sehen zu können. Unter den Jungen ist dasjenige das beste, das zuletzt zu sehen beginnt oder das die Mutter zuerst ins Lager trägt. (Noch heute gilt dieser Glaube bei manchen Hundeliebhabern. Diese nehmen der Hündin die Jungen, legen sie in einiger Entfernung nieder und halten das für das beste, das von ihr zuerst ins Lager zurückgetragen wird.) Die Alten hielten saugende junge Hunde für eine so reine Speise, daß sie dieselben sogar den Göttern als Sühnopfer darbrachten. Noch jetzt opfert man der Göttin Genita Mana ein Hündchen und trägt, wenn die Götter bewirtet werden sollen, Hundefleisch auf. Man glaubt auch, daß Hundeblut das beste Mittel gegen Pfeilgift ist.“

Der um die Mitte des ersten christlichen Jahrhunderts von Spanien nach Rom gekommene Ackerbauschriftsteller Columella schreibt in seinem Buch über den Landbau: „Der Hund liebt seinen Herrn mehr als irgend ein anderer Diener, ist ein treuer Begleiter, unbestechlicher und unermüdlicher Wächter und beharrlicher Rächer.

Der Wachthund für ein Landhaus muß sehr groß sein, gewaltig und laut bellen, so daß er nicht bloß durch seinen Anblick, sondern auch durch seine Donnerstimme den Dieb erschreckt. Man wähle dafür einen solchen mit einfacher Farbe, am besten schwarzer. Bei Tage fürchtet sich der Dieb mehr vor dem schwarzen Hund, bei Nacht sieht er ihn nicht und wird leichter von ihm gepackt. Der Hund des Hirten soll dagegen weiß sein, damit er bei Tag und Nacht leicht vom wilden Tiere unterschieden werden könne, also beim Kampf von seinem Herrn nicht so leicht verwundet werde. Der Wachthund des Landhauses soll ferner weder zu sanft sein, denn sonst schmeichelt er selbst den Spitzbuben, noch allzuscharf, sonst ist er selbst den Hausbewohnern gefährlich. Die Hauptsache bleibt immer, daß er wachsam ist, sich nicht herumtreibt, keinen falschen Lärm macht, sondern nur dann anschlägt, wenn er sicher etwas Fremdes merkt. Der Hirtenhund soll so stark sein, daß er den angreifenden Wolf bekämpfen, und so schnell sein, daß er den fliehenden einholen und ihm die Beute abjagen kann. — Die Hauptnahrung der Hunde ist Brot, am besten aus Gerste gebackenes. Den Wacht- und Hirtenhunden gebe man zweisilbige Namen. Für Männchen paßt z. B. Skylax, Ferox, Laco, Celer, für Weibchen Spude, Alke, Rome, Lupa, Cerva, Tigris.“

Der Grieche Arrian im 2. Jahrhundert n. Chr. rühmt in einem längeren Passus seine kluge, anhängliche und schnelle Hündin Horme, die er geradezu als göttlich bezeichnet; sie nehme es bisweilen mit vier Hasen auf. Sie sei immer guter Laune, verlasse ihn und seinen Jagdgefährten Megillos nie und gebe ihnen alle ihre Wünsche zu verstehen. Seitdem sie einmal die Peitsche zu kosten bekommen habe, ducke sie sich gleich, wenn man die Peitsche nur nenne, komme schmeichelnd herbei, springe an einem in die Höhe und höre nicht eher mit ihren Liebkosungen auf, als bis man wieder freundlich mit ihr tue.

Schon im Altertum wurden die Hunde auf verschiedene Weise dressiert und zu Kunststücken abgerichtet. So erzählt der griechische Geschichtschreiber Plutarch: „Folgendes habe ich mit eigenen Augen gesehen. In Rom war ein Tausendkünstler, der im Theater des Marcellus einen merkwürdig dressierten Hund zeigte. Dieser führte erst allerlei Kunststückchen aus und sollte zuletzt zum Schein Gift bekommen, davon betäubt werden und sterben. Er nahm also das Brot, worin das Gift verborgen sein sollte, an, fraß es auf, begann dann zu zittern, zu wanken, senkte den Kopf, als ob er ihm zu schwer würde, legte sich endlich, streckte sich, schien tot zu sein, ließ sich hin und her schleppen und tragen, ohne sich zu regen. Endlich rührte er sich wieder ein wenig, dann allmählich mehr, tat wie wenn er aus tiefem Schlafe erwache, hob den Kopf, sah er sich um und ging endlich freundlich wedelnd zu dem, der ihn rief. Alle Zuschauer waren gerührt; unter ihnen befand sich auch der alte Kaiser Vespasian.“

Älius Spartianus schreibt, daß der römische Kaiser Hadrian Pferde und Hunde so lieb hatte, daß er ihnen Grabdenkmäler setzen ließ, was ja auch heute von den Reichen vielfach geübt wird, so daß um die Städte London und Paris geradezu Hundefriedhöfe entstanden sind. Der Geschichtschreiber Lampridius berichtet, daß der römische Kaiser Heliogabal seine Hunde mit Gänselebern fütterte, auch vier große Hunde vor seinen Wagen spannte und mit ihnen in seiner königlichen Wohnung und auf seinen Landgütern herumkutschierte. Wie im Leben, so spielte der Hund auch in den Sprichwörtern der Alten eine wichtige Rolle; doch würde es uns zu weit führen, darauf einzutreten. Die schon damals bei diesem Tiere auftretende Tollwut wurde nach dem Arzte Celsus am besten so behandelt, daß man das Gift mit Schröpfköpfen herauszog, die Wunde dann brannte oder, wenn die Stelle dazu nicht passend schien, mit Ätzmitteln behandelte. Nachher ließ man die Gebissenen schwitzen und gab ihm drei Tage hindurch tüchtig starken Wein zu trinken. Lauter törichte Sympathiemittel gibt dagegen Plinius an.

Heute ist die Tollwut dank der scharfen staatlichen Kontrolle auf ein Minimum eingeschränkt und kann zudem nach Übertragung durch Biß eines tollen Hundes auf den Menschen dank der wertvollen Entdeckung von Louis Pasteur in fast allen Fällen leicht geheilt werden, ohne daß sie zum Ausbruch gelangt. Jedenfalls ist sie für den Menschen weit weniger gefährlich und verhängnisvoll als der winzige, nur 4 mm lang werdende Hundebandwurm (Taenia echinococcus), dessen Finne eine ganz bedeutende Größe aufweisen kann. Aus seinen Eiern entwickelt sich nämlich der von stecknadelkopf- bis kindskopfgroße Hülsenwurm (Echinococcus), der sich in den verschiedensten Organen des Menschen, am häufigsten aber in der Leber festsetzen und die schwersten Erkrankungen, ja selbst den Tod herbeiführen kann. Überhaupt gilt für alle Hundefreunde wegen ihres großen Parasitenreichtums, der unter Umständen für den Menschen sehr verhängnisvoll sein kann, der alte vielfach in Mosaik an der Türschwelle angebrachte römische Zuruf: cave canem, d. h. hüte dich vor dem Hund! allerdings in anderem Sinne als einst. Man sei freundlich, aber nicht zu intim mit ihm, da man solches vielleicht mit langem Siechtum und Tod zu büßen hat. Lieber als einen rasselosen Köter mit allen möglichen Untugenden halte man sich einen gut gezogenen wertvollen Rassehund, der geistige und körperliche Vorzüge besitzt, die dem Bastard versagt sind. Es gibt ja deren, die allen möglichen Ansprüchen, sei es solchen der Jagd, des Schutzes, sei es denen des Land- oder beengteren Stadtlebens sehr gut angepaßt sind und sich darin seit vielen Generationen bewährt haben.

Andere Wildhunde als die hier aufgezählten sind nicht dauernde Gesellschafter des Menschen geworden. Es hätte dies aber sehr wohl der Fall sein können, da auch solche, jung eingefangen und vom Menschen gut behandelt und gezähmt, sich an den Umgang mit diesem leicht gewöhnen. Wie heute noch in Syrien, Ägypten und Nordafrika wurden schon bei den alten Ägyptern jung eingefangene wilde Schakale wie Haushunde erzogen und so direkt in die Haustierschaft übergeführt. In den Grabgemälden des alten Reiches in der ersten Hälfte des 3. Jahrtausends v. Chr. ist mehrfach dargestellt, wie gezähmte Schakale die Stelle von Haushunden bei dem noch als lebend dargestellten Grabinhaber einnehmen oder sich als gute Freunde unter dessen Hunde mischen. In einer Darstellung eines Grabes zu Beni Hassan aus der 12. Dynastie (2000–1788 v. Chr.) sieht man einen solchen gezähmten Schakal sogar an der Jagd teilnehmen. Solche direkte Überführungen aus dem wilden in den gezähmten Zustand sind aber schon damals eben solche Ausnahmen gewesen, wie in unserer Zeit die Zähmung eines jung eingefangenen Wolfes zum Freunde und Begleiter seines Herrn.

Selbst der Hyänenhund (Canis pictus), jener heute noch vom südlichen Nubien an in großen Teilen Afrikas vorkommende Wildhund mit buschigem Schwanz und weißen bis ockerfarbigen, stets schwarz umsäumten Flecken auf kurz- und glatthaarigem Fell, wurde von den alten Ägyptern in den Haustierstand übergeführt, ohne sich allerdings längere Zeit darin zu erhalten. Dieser in hohem Grade anziehende Steppenhund, der in Meuten bis zu 60 Stück mit ungeheurer Ausdauer allerlei Wild, besonders Antilopen jagt, so daß selbst die größten Tiere ermatten und von ihm überwältigt werden, wird von Brehm als für die Zähmung vielversprechendes Raubtier bezeichnet, das einen vortrefflichen Spürhund abgeben würde. Georg Schweinfurth sah in einer Seriba im Bongolande ein in hohem Grade gezähmtes Stück, das seinem Herrn gegenüber die Folgsamkeit eines Hundes an den Tag legte. Brehm, der einige derselben gefangen hielt, bezeichnet sie als ungestüm mutwillig mit einem unbezähmbaren Drang zum Beißen. Er ist ungemein regsam und lebhaft und frißt vom erwürgten Wild fast nur die Eingeweide. Seine Vorzüge für die Antilopen- und Gazellenjagd veranlaßte schon die Ägypter des alten Reiches (2980 bis 2475 v. Chr.) ihn vielfach unter ihrer Meute von Jagdhunden zu halten. An den Wänden zahlreicher Gräber finden wir ihn als gezähmtes Tier nebst andern Jagdhunden abgebildet, so in denjenigen des Nub hotep und des Ran ken der 4. Dynastie (2930–2750 v. Chr.), dann des Aseskef ank und des Pta hotep der 5. Dynastie (2750 bis 2625 v. Chr.). In des letzteren Grabe in Sakkara sehen wir die Jagddiener des Verstorbenen mit der gemachten Beute von der Jagd zurückkehren. An ihrer Seite sehen wir als Chef derselben einen als Num hotep bezeichneten Mann mit zwei Windhunden und zwei Hyänenhunden an der Leine schreiten, bereit, sie auf allfällig angetroffenes Wild loszulassen. In demselben Grab des Pta hotep, das uns den Hyänenhund gezähmt und im Dienste des Menschen zeigt, sehen wir an der gegenüberliegenden Wand den wilden Hyänenhund mitten unter Antilopen in der Steppe lebend und von Windhunden angegriffen. Man sieht, daß der Künstler die Szene nach eigener Anschauung wiedergegeben hat. Später wurde weder im mittleren noch im neuen Reiche je wieder der Hyänenhund, sei es wild oder gezähmt, abgebildet, so daß wir annehmen dürfen, daß er damals weder als Haustier gehalten wurde, noch auch in den Gegenden, in denen die Großen des Reichs zu jagen pflegten, wild vorkam. Er muß sich damals schon mit der Abnahme der Antilopenherden weiter südlich gehalten haben; denn auch der Römer Pomponius Mela, der dieses Tier unter der Bezeichnung lycaon genau beschreibt, kennt ihn nur aus Äthiopien. Heute trifft man ihn erst in den obersten Nilländern und von da an südwärts bis zum Kap der Guten Hoffnung.

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