XX. Die Nutzfische.

Noch mehr als für die fluß- und seenbewohnenden Binnenländer ist für die Küstenbewohner der Fischfang eine wichtige Erwerbs- und Nahrungsquelle. Und mit dem immer besser eingerichteten Versand der Fische sind auch die meisten Städte im Innern vorzüglich mit diesem ebenso nahrhaften als billigen Nahrungsmittel versorgt, das in den weitesten Schichten der Bevölkerung eine zunehmende Bedeutung gewinnt. Nach vielen Milliarden Mark belaufen sich die Werte, die von den verschiedenen Völkern dem Meere, der Mutter alles Lebens, in Form von Fischen entnommen werden. So hat auch in Deutschland nicht nur die Küsten-, sondern besonders auch die Hochseefischerei immer größere Bedeutung erlangt, nachdem hierin England vorbildlich vorangegangen war. Vom überreichen Erntesegen, der lange Zeit vorzugsweise den Briten zufloß, kommt nun ein stets wachsender Teil auch den Deutschen zugute. Werden doch jährlich allein für 40 Millionen Mark Heringe nach Deutschland eingeführt.

Unter den zahlreichen Meerfischen haben besonders die Schellfische mit Einschluß der Kabeljaus oder Dorsche, daneben die Heringe durch ihr gehäuftes Auftreten in der Laichzeit in manchen Gegenden eine große Bedeutung erlangt. Diese suchen seichtere Stellen des Meeres zur Ablage ihrer Eier auf und werden dann in großen Netzen in Menge gefangen, teilweise auch mit der Grundschnur erbeutet, die etwa 2000 m Länge hat und gegen 1200 Angelschnüre mit köderbewehrten Haken besitzt. Letztere wird ausgeworfen und alle sechs Stunden emporgeholt, der Fang ausgelöst, die verbrauchten Köder ersetzt und die Schnur neu gelegt. Währenddem beschäftigen sich die Fischer mit Handangeln, von denen sie je eine in die Hand nehmen, rasch emporziehen, wenn sie merken, daß sich etwas gefangen hat, und sofort wieder in die Tiefe versenken. Letzteres geschieht besonders beim Schellfisch, Kabeljau und Merlan (Gadus morrhua, aeglefinus und merlangus), von denen ein Mann täglich 300 bis 400 Stück zu erbeuten vermag. Am besten schmecken alle diese Fische frisch verzehrt. Durch das Trocknen verlieren sie an Geschmack, doch bleibt bei ihrer ungeheuren Menge gleichwohl nichts anderes übrig, als den größten Teil auf diese Weise zu konservieren, außerdem eine beträchtliche Menge davon in Fässern einzusalzen.

Der Kabeljau — jung Dorsch genannt — bewohnt den nördlichen Teil des Atlantischen Ozeans und die angrenzenden Gebiete des Eismeeres, hat seine Hauptverbreitung zwischen dem 50. und 75. Breitegrad, kommt nicht südlicher als im 40. Breitegrad vor, wird 1–1,5 m lang und bis 40 kg schwer. Zur Laichzeit zieht er in gewaltigen Zügen, die über 100 km breit und 30 km lang sein können, dicht gedrängt an die zur Eiablage geeigneten flachen Stellen des Meeres, an den Lofoten, dann an der Doggerbank in der Nordsee (dogg heißt im Altholländischen der Kabeljau), besonders aber an der Neufundlandbank, wo allein alljährlich etwa 1300 Millionen Kilogramm Kabeljaus gefangen werden. Die Neufundlandbank ist heute noch die wichtigste Fangstelle des Kabeljaus und wurde seit Anfang des 16. Jahrhunderts von Engländern, Holländern, Franzosen, Portugiesen und Spaniern aufgesucht und fleißig ausgebeutet. Schon im Jahre 1615 waren 250 englische Schiffe dort beschäftigt. Heute sind es deren 1800 mit 17000 Matrosen, während die Amerikaner noch mehr senden, um den hier gebotenen Reichtum aus dem Meere zu schöpfen. Die meisten Kabeljaus werden mit beköderten Angeln an der Grundschnur oder an Angelschnüren, die von den Booten herabhängen, gefangen und sofort geköpft und ausgenommen. Sie werden dann meist halbiert und die einzelnen Teile auf Stangen getrocknet. So liefern sie den „Stockfisch“, während sie mit Salz bestreut und auf Felsen getrocknet als „Klippfisch“, und in Fässern eingesalzen als „Laberdan“ in den Handel gelangen. Beim Ausweiden der Fische kommt die Leber in ein besonderes Faß, der Rogen in ein anderes, die übrigen Eingeweide werden als Köder verwendet. Die abgeschnittenen Köpfe dienen vielfach als Viehfutter. Die Lebern läßt man in großen Bottichen stehen und in Zersetzung übergehen, wobei sich in ihnen ein Öl an der Oberfläche sammelt. Es ist dies der Lebertran, der von Zeit zu Zeit abgeschöpft, durch Seihen gereinigt und, seiner Güte entsprechend, in verschiedene Fässer gefüllt wird. Am besten ist natürlich der wenige Tage nach Beginn der Fäulnis gewonnene Lebertran, am schlechtesten der Rest, den man durch Auskochen erlangt.

Kein Meerfisch gewöhnt sich rascher an die Gefangenschaft auch in engem Raum, keiner geht leichter ans Futter, keiner frißt mehr und wächst rascher als der Kabeljau. Nur muß das Wasser seines Beckens kühl gehalten werden, da er, wie gesagt, ein nordischer Fisch ist. Geschieht dies und reicht man ihm genügend Nahrung, so gedeiht er nicht nur vortrefflich, sondern dauert auch mehrere Jahre selbst in einem offenbar für ihn zu engen Gewahrsam aus. In neuerer Zeit hat die Fischkommission der Vereinigten Staaten von Nordamerika den Versuch unternommen, mit Hilfe der künstlichen Fischzucht den Kabeljau, der im nordatlantischen Gebiete heimisch ist, auch in südlicheren Gebieten, z. B. in der Chesapeakebai, heimisch zu machen.

Noch mehr als der stattliche Kabeljau und seine Verwandten ist der Hering (Clupea harengus) ein Speisefisch des Volkes, der, auch dem Dürftigsten noch käuflich, in gar vielen Haushaltungen, besonders der nordischen Länder Europas, die Stelle des zu teuer gewordenen Fleisches vertreten muß. Von ihm werden jährlich über 10 Milliarden Stück gefangen, von denen Deutschland etwa 500 Millionen Stück konsumiert, während die nordischen Völker weit mehr verbrauchen. Bei ihnen ist er vielfach mit Brot zusammen die tägliche Nahrung. Dieser nur 30 cm lange, stark zusammengedrückte Fisch lebt weder wie die vorgenannten vorzugsweise im Polarmeere, noch macht er wie diese weite Reisen. Er bewohnt vielmehr die Tiefen der Meere, an deren Küsten er laicht, wird dort zu allen Zeiten vereinzelt gefangen, namentlich mit solchen Gerätschaften, die in größere Tiefen reichen, und steigt nur zur Laichzeit aus diesen Tiefen empor, um der Küste zuzusteuern, an der er seine Eier wie die vorigen zur Winterszeit absetzt.

Betrachtet man eine Tiefenkarte der Nordsee, so überzeugt man sich leicht von der Tatsache, daß Großbritannien auf einer geräumigen Hochebene liegt, die nirgends tiefer als 200 m ist, so daß bei einer Senkung des Meeresspiegels um diesen Betrag ganz Großbritannien in das europäische Festland einbezogen wäre. Diese Untiefe der Nordsee stellt, außer den Westküsten Großbritanniens und Skandinaviens, den Laichplatz des Herings dar, wohin außer den Scharen fortpflanzungslustiger Individuen alljährlich auch große Heere noch nicht völlig erwachsener sogenannter Jungfern- oder, wie die Holländer sagen, Matjesheringe aus der heimatlichen Tiefe emporsteigen. Der von kleinen Spaltfußkrebsen lebende Fisch macht an der Küste Norwegens vom Februar bis April seine Laichzüge. In der dem Laichen vorausgehenden Zeit entwickeln sich bei ihm Rogen und Milch als wasserreiche und deshalb leichtere Stoffe so stark auf Kosten von Fett und Eiweiß der Muskulatur, daß das Gewicht des Fisches geringer wird und er sich getrieben fühlt, um seine Gleichgewichtslage wieder herzustellen, Plätze aufzusuchen, an denen die Temperatur höher und daher das spezifische Gewicht des Wassers geringer ist. Danach richten sie ihre Wanderungen und wählen deshalb nicht immer dieselben Laichplätze.

Die älteren Heringe laichen früher als die jüngeren und beginnen damit teilweise schon im Herbst, und zwar vermutlich an denselben Stellen, an denen sie geboren wurden. Doch können verschiedene Ursachen, wie Witterungseinflüsse und Strömungsänderungen, bewirken, daß sie in manchen Jahren an bestimmten Orten, an denen sie früher in Masse erschienen, gänzlich ausbleiben; ebenso zeigen sie sich gegen Veränderungen ihrer Laichplätze höchst empfindlich, meiden insbesondere solche Plätze oft jahrelang, an denen der Überzug von Tangen zerstört oder ihrer zu viele weggefangen wurden. Doch sind die Ursachen, welche Richtung und Ziele der Heringswanderungen bestimmen und zeitweilig ändern, noch nicht völlig erkannt. Immerhin scheint es heute schon zweifellos, daß innerhalb gewisser großer Zeiträume die Heringszüge sich von den bis dahin regelmäßig besuchten Gebieten ab- und anderen zuwenden.

Erscheinen irgendwo die Heringe zum Laichen, so treiben sie sich zwei bis drei Tage hindurch nahe der Oberfläche des Meeres umher, drängen sich, namentlich bei stürmischem Wetter, zu dichten Haufen, eilen vorwärts und lassen währenddem die Eier ins Wasser fallen, die gleichzeitig von dem von den männlichen Fischen entlassenen Samen befruchtet werden. Dabei werden sie von zahlreichen Feinden verfolgt und dezimiert. Solange sie sich in den oberen Wasserschichten umhertreiben, nähren sich alle hier lebenden Raubfische, alle Meervögel, besonders Möwen, und fast sämtliche Meersäugetiere ausschließlich von ihnen. So erkennen die Norweger ihre Ankunft an den sich um sie sammelnden Zahnwalen. Aber alle Verluste, die die zahlreichen Räuber der See den Heringszügen zufügen, sind verschwindend gegenüber denjenigen, die der Mensch ihnen mit seinen großen Netzen beibringt. Um die Heringe im großen zu fangen, bedient man sich der sogenannten Driftnetze, die 40 m lang und 10 m tief sind. Größere Fischerboote führen bisweilen so viele dieser Netze mit sich, daß sie auf 2,5 qkm das Wasser bestellen können. Gegen Abend werden die Netze eingesenkt, mit Gewichten teilweise in die Tiefe gezogen, teilweise aber durch Korkstücke und leere Fässer oben gehalten, so daß sie je nach der Meerestiefe höher oder niedriger zu stehen kommen. Die Maschen sind genau so weit, daß ein junger Hering durchzuschlüpfen vermag, während der erwachsene beim Bestreben, sich durchzuzwängen, mit den Kiemendeckeln darin hängen bleibt und so gefangen wird. Mit Tagesgrauen beginnt man die Netze auszulösen und schafft dann die gefangenen Fische so eilig als möglich an den Strand und in den Arbeitsraum des Einsalzers, da sie um so besser werden, je eher sie ins Salz kommen. Hier werden sie alsbald ausgenommen und gelangen, mit Salz bestreut und in Tonnen festgepreßt, zum Versand.

Sichere Kunde von der Heringsfischerei reicht bis ins frühe Mittelalter zurück. Altenglische Urkunden erwähnen sie und alte Gesetze regeln sie. Bis zu Ende des 14. Jahrhunderts befand sich die Fischerei, obschon sie damals durchaus nicht unbedeutend war, erst in den Anfängen. Da lernte man den Fisch durch Einsalzen vor dem Verderben zu schützen und so transportfähig zu machen. Dadurch erst gewann der Hering als Volksnahrungsmittel die allergrößte Bedeutung. Zuerst waren es die Holländer, die den Heringsfang in großartiger Weise betrieben; später nahmen auch die Hanseaten und Norweger an ihm teil. Erst seit 200 Jahren begannen die Briten eine größere Anzahl Schiffe auf den Heringsfang auszusenden und überflügelten darin bald alle anderen Völker Europas. Da aber der Wanderzug der Fische sich nicht im voraus feststellen läßt, so spielt der Zufall eine große Rolle dabei, ob man Erfolg hat oder nicht. In der Gefangenschaft geht der erwachsene Hering in wenigen Stunden, der junge in wenigen Tagen ein, so daß von einer künstlichen Aufzucht bei ihnen niemals die Rede sein kann.

Die nächste Verwandte des Herings ist die Sprotte (Clupea sprottus), die nur 15 cm lang wird. Sie lebt wie jener in bedeutender Meerestiefe und erscheint alljährlich im Frühling in unermeßlichen Scharen in der Nähe der Küste, um zu laichen. Zu ihrem Fange wendet man entsprechend feinmaschige Netze an. An der britischen Küste, wie auch an derjenigen der Ostsee wird diese Fischerei stark betrieben. Geräuchert kommen sie von Eckernförde aus als „Kieler Sprotten“, in Salz eingemacht dagegen aus Norwegen unter dem Namen „Anchovis“ (franz. anchois) in den Handel.

Etwas größer, nämlich 20–25 cm lang, ist die Sardine (Clupea sardina), die vom Süden Englands längs der ganzen französischen und nordspanischen Küste bis Portugal bald in tieferem, bald in seichterem Wasser vorkommt, sehr gefräßig ist und vorzugsweise von kleinen Garneelen lebt, die sie am Meeresboden aufnimmt, um damit den Magen prall zu füllen. Sie laicht vorzugsweise in den Herbstmonaten und wird dann in großen Mengen gefangen, doch wird sie zumeist außerhalb der Laichzeit mit dem Grundnetz erbeutet. Viele derselben werden eingesalzen, die große Mehrzahl aber, nachdem sie kürzer oder länger in der Sülze gelegen, in Öl gekocht, mit diesem in kleinen Blechbüchsen eingeschlossen und als Sardinen in den Handel gebracht.

Etwas kleiner, nämlich nur 15 cm lang, d. h. so groß wie die Sprotte, wird die Sardelle oder der echte Anchovis (Engraulis encrasicholus). Dieser an der Oberseite bräunlichblaue Fisch bewohnt besonders das Mittelländische Meer, ist aber durch die Meerenge von Gibraltar längs der europäischen Küste bis in den nördlichen Teil der Nordsee, ja sogar in die Ostsee gedrungen. Für die nördlichen Teile des Verbreitungsgebietes hat der Fang dieses geschätzten Fisches keine besondere Bedeutung, wohl aber in den südlichen Gegenden. Schon in der Bretagne bringt die Sardellenfischerei Millionen ein. Im Mittelländischen Meer zählt das Fischchen zu den geschätztesten Speisefischen. Es lebt in tieferen Schichten und kommt an die Küsten zum Laichen, wobei es in so dichten Scharen auftritt, daß oft mit einem einzigen Zuge mit dem Netz viele Tausend aus dem Wasser gehoben werden. Schon die Alten schätzten es hoch. In Aristophanes „Rittern“ wird uns ein Wursthändler vorgeführt, der durch den billigen Verkauf dieses Speisefisches, zu dem er gratis die Zukost an Zwiebeln gab, besondere Popularität erlangte. Aber nicht nur die Armen, auch die Reichen Griechenlands aßen den Fisch gern, besonders in siedendem Olivenöl zubereitet. Der Grieche Oppianos schreibt in seinem um 200 n. Chr. in Hexametern verfaßten Gedicht über den Fischfang: „Die Sardellen (engraulis) sind furchtsame, schwache Fische, welche von anderen hart verfolgt werden und sich daher, um sicherer zu sein, in so dichte Scharen zusammendrängen, daß sie oft Schiffe in ihrem Laufe, Ruder in ihrem Schlage hemmen. Die Massen sind so dicht, daß man sie nicht mit dem Beile auseinander zu hauen vermag und daß man mit der Hand so viele nehmen kann als man will. Die Fischer ziehen sie mit Netzen heraus und man sieht oft große Haufen derselben, die den Strand bedecken.“ Man schneidet ihnen nach dem Fange die Köpfe ab, nimmt die Eingeweide heraus und salzt sie oder macht sie in Olivenöl ein. In ersterem Falle kommen sie als „Sardellen“, in letzterem dagegen als „Anchovis“ in den Handel.

Ebenfalls im Mittelmeer heimisch und von da der Küste entlang nach Norden vorgedrungen sind die Rotbarben (Mullus), von denen vor allem der Rotbart (Mullus barbatus), ein 30–40 cm langer karminroter Fisch mit gelben Flossen, von den Alten überaus geschätzt war. Nach Plinius, der von ihm bemerkt, daß er in Fischbehältern nicht gedeiht, soll der Konsular Asinius Celer zur Zeit des Kaisers Caligula einen solchen für 8000 Sesterzien (= 1200 Mark) gekauft haben und fügt bei: „Sonst klagte man darüber, daß Köche teurer seien als Pferde; jetzt kostet ein Koch soviel wie ein Triumph, ein Fisch soviel wie ein Koch, und fast kein Mensch wird so hoch geschätzt wie ein Koch, obgleich seine Hauptkunst darin besteht, seinen Herrn durch Kochen um Hab und Gut zu bringen.“ Seneca erzählt in einer seiner Episteln, Kaiser Tiberius habe einen 41⁄2 Pfund schweren Rotbart auf den Markt geschickt und dafür von Publius Octavius 5000 Sesterzien (= 750 Mark) erhalten. Martial sagt, ein reicher Römer habe einen Sklaven für 1300 Sesterzien (= 195 Mark) verkauft und für diese Summe einen 4 Pfund schweren Rotbart eingehandelt. Juvenal berichtet, es habe jemand einen 6 Pfund schweren Rotbart für 6000 Sesterzien (= 900 Mark) gekauft, und Älius Lampridius erzählt, der verschwenderische Kaiser Heliogabalus habe Schmausereien gegeben, bei denen ungeheure Massen von Eingeweiden der Rotbärte aufgetragen wurden, auch habe er ganze Schüsseln und Teller, die nur mit Bartfäden der Rotbärte gefüllt waren, aufgetischt.

In größeren Wassertiefen leben die Makrelen (Scomber), die ebenfalls bei den Alten als Speisefische sehr geschätzt waren. Ihr köstliches Fleisch muß so rasch als möglich gegessen werden. Eine sehr pikante Sauce, garum genannt, gewannen die Römer durch Faulenlassen von deren Fleisch, nebst Blut und Eingeweiden. Riesenmakrelen sind die Thunfische (Thynnus), die für die Bewohner der Mittelmeerküsten von besonderer Bedeutung sind. Sie erreichen 3–4 m Länge und ein Gewicht von 300–400 kg und werden ihres wohlschmeckenden Fleisches wegen eifrig verfolgt. Ihre wahre Heimat ist das Mittelländische Meer, während sie im Atlantischen Ozean spärlicher vorkommen und durch andere Arten ersetzt werden. Zwar behauptete man im Altertum und glauben die Fischer heute noch, daß sie alljährlich in Menge vom Weltmeere aus durch die Meerenge von Gibraltar nach dem Mittelländischen Meere ziehen. So schreibt der vorhin genannte Oppian: „Die Thunfische kommen vom Weltmeer ins Mittelländische, wenn sie im Frühjahr Eier legen wollen. Sie gehen erst an Spanien, dann an Gallien und Sizilien hin. Zu dieser Zeit werden Wächter auf die Felsen am Strande gestellt, welche den Zug und die Zahl der kommenden Fische beobachten. Sehen sie die Scharen herannahen, so werden die Netze gestellt, welche Kammern bilden, die mit Vorhallen und Eingängen versehen sind. In diese dringen dann die Thunfische in Menge ein und gewähren einen überreichen Fang.“ Nur muß diese Anschauung von der Herkunft der Thunfische aus dem Atlantischen Ozean dahin abgeändert werden, daß sie für gewöhnlich in größeren Tiefen des offenen Mittelländischen Meeres leben und sich erst gegen die Laichzeit den Küsten nähern. Statt wagrechte Wanderungen, wie man früher glaubte, vollführen sie vorzugsweise senkrechte, um sich in den flacheren Gewässern der Küste zu tummeln. Hier hält er allerdings — vermutlich durch unterseeische Täler bewogen — bestimmte Straßen ein, in denen er oft in Herden von Tausenden fortzieht, um sich im Frühling im seichten Wasser der Küste fortzupflanzen. Seit dem frühesten Altertum sind gewisse Fangplätze durch ihre Ergiebigkeit berühmt. Dort wird der Fang der Thunfische durch dieselben gekammerten Netze, wie sie vorhin aus dem Jahre 200 nach Chr. beschrieben wurden, bewerkstelligt. Sobald die auf erhabenen Stellen beobachtenden Wächter die Ankunft der Thunfische melden, stechen eine Menge bereit gehaltener Boote in die See, bilden unter Befehl eines Anführers einen weiten Halbmond, werfen ihre tonnare genannten Fangnetze, wahrhaftige Gebäude aus Stricken und Maschen aus und schließen die Fische ein. Indem sie den Kreis mehr und mehr verengern, zwingen sie die Thunfische, gegen das Land hin zu schwimmen. Im seichten Wasser breitet man dann das letzte Netz aus und zieht es mit allen innerhalb desselben befindlichen Thunfischen ans Land, um sie alle abzustechen, so daß sich das Meer weithin mit ihrem Blute rotfärbt. Die Ausbeute wird oft an Ausländer, die sich als Käufer eingefunden haben, frisch verkauft und von diesen in Tonnen eingesalzen. Von den Einheimischen wird der Thunfisch vielfach auch gekocht, in Öl konserviert und so in den Handel gebracht. Jedem Italienfahrer ist solcher tonno in oleo, der ganz gut schmeckt, sehr wohl bekannt.

Für die Nordsee sehr wichtig sind die am liebsten im Sande der Flachsee halb in den Boden eingegraben auf Beute lauernden Flachfische oder Seitenschwimmer, die verschiedenen Arten von Schollen, Flundern, Seezungen, Heil- und Steinbutte. In der Fähigkeit, sich zu verstecken, werden sie in hohem Maße durch die Begabung gefördert, die eine pigmentierte und mit beiden Augen versehene Seite je nach der Farbe des Untergrundes verschieden zu färben. Sie laichen im Frühling und Vorsommer zwischen Tangen, an die sie die Eier mit Vorliebe festkleben. Ihr sehr wohlschmeckendes Fleisch zeichnet sich durch seine große Haltbarkeit aus und wird deshalb weithin verschickt. Außer englischen sind es besonders holländische und dänische Fischer, die sich mit deren Fang abgeben und sie besonders nach London verhandeln. Sie lassen sich wie im Meerwasser, so auch im Süßwasser lange Zeit halten, haben überhaupt eine außerordentliche Lebenszähigkeit.

Besonders geschätzt war bei den alten Römern das Fleisch eines Aalfisches, der Muräne (Muraena helena), die sie in eingedämmten Meeresarmen oder Salzwasserteichen hielten, um stets den nötigen Bedarf für ihre Schwelgereien bei der Hand zu haben. Plinius berichtet über sie in seiner Naturgeschichte: „Bloß für Muränen bestimmte Fischteiche hat zuerst Gajus Hirrius angelegt; aus diesen lieh er dem Diktator Cäsar zu den Triumphschmausereien 6000 Muränen unter der Bedingung, daß er ebensoviel zurückerhalte; denn für Gold und andere Kostbarkeiten waren sie ihm nicht feil. Kurz darauf wurde sein Landgut verkauft, und der Preis desselben betrug wegen der darauf befindlichen Fischteiche 4 Millionen Sesterzien (= 600000 Mark). Von da an begann man mit einzelnen Individuen dieser Fischart Liebhaberei zu treiben. Bei Bauli in der Nähe (des damals sehr beliebten Badeortes) von Bajae hatte der Redner Hortensius einen Fischteich, worin sich eine Muräne befand, die er so liebte, daß er sie nach ihrem Tode beweint haben soll. Auf demselben Landsitze schmückte Antonia, die Tochter des Drusus, eine geliebte Muräne mit Ohrringen, und manche Leute gingen nur nach Bauli, um das berühmte Tier zu sehen.“ Später, um 220 n. Chr., berichtet Älian: „Berühmt ist die Muräne des Crassus, welche Ohrringe und mit Steinen besetzte Halsbänder trug, auf den Ruf des Crassus herbeikam und ihm aus der Hand fraß. Sie wurde nach ihrem Tode von ihm beweint und begraben.“

Bekannt ist, daß diese gierigen Raubfische gelegentlich mit Menschenfleisch gefüttert wurden. So erzählt Plinius: „Die Gefräßigkeit der Muränen hat dem römischen Ritter Vedius Pollio, einem Freunde des Kaisers Augustus, Gelegenheit zur Erfindung einer neuen Grausamkeit gegeben; denn er ließ in die mit diesen Fischen besetzten Teiche verurteilte Sklaven werfen, nicht weil er sie von Löwen, Tigern und dergleichen nicht hätte zerfleischen lassen können, sondern weil er sein Vergnügen daran fand, zuzusehen, wie der ganze Mensch zu gleicher Zeit von allen Seiten her durch Feinde zerfleischt wurde, das andere Raubtiere nicht gewähren konnten.“ In zahlreichen Lesebüchern wird die Geschichte erzählt, wie er in Gegenwart des bei ihm zu Gast weilenden Kaisers Augustus einen Sklaven, der ein kostbares murrhinisches Gefäß zerbrach, als Strafe dafür mit dem Ausdrucke: ad muraenas d. h. zu den Muränen! lebend diesen Tieren vorwerfen ließ. Vorzüglich sollten sie nach Plinius wütend werden, wenn man ihnen Essig zu schmecken gab.

Wie für Muränen hatten die Römer auch für andere von ihnen wegen ihres wohlschmeckenden Fleisches geliebte Meerfische besondere Teiche, die oft mit großem Aufwand hergestellt wurden. So berichtet der vorgenannte Plinius: „Zu derselben Zeit, da Sergius Orata die Austernparks erfand, erfand Licinius Muraena die Fischteiche, und berühmte Männer, wie Philippus und Hortensius, haben ihn darin nachgeahmt. Lucullus ließ sogar bei Neapel einen Berg mit größeren Kosten, als er auf sein Landgut verwendet hatte, abtragen und leitete das Meerwasser ins Land, weshalb ihn Pompejus der Große den römischen Xerxes nannte. Nach seinem Tode wurden die dort befindlichen Fische für 4 Millionen Sesterzien (= 600000 Mark) verkauft.“ Daß es den in solchen Fischteichen installierten Fischen vorzüglich erging und sie gelegentlich ein sehr hohes Alter erreichten, können wir aus einer Notiz desselben Autors entnehmen, worin es heißt: „Wie alt ein Fisch werden kann, das haben wir erst neulich an einem merkwürdigen Beispiel gesehen. Pausilypum ist ein nicht weit von Neapel gelegenes kampanisches Landhaus. Dort wurde von Vedius Pollio ein Fisch in Cäsars Fischteiche gesetzt, der, wie Annäus Seneca schreibt, erst 60 Jahre später starb, während zwei ebenso alte derselben Art noch lebten.“ In solchen Teichen zu fischen war ein besonderes Vergnügen der vornehmen Herrn. Dazu wurden oft auserlesen kostbare Geräte gebraucht. So fischte Kaiser Nero nach den Angaben seines Biographen Suetonius mit Netzen, deren Fäden purpur- und scharlachfarbig und mit Gold verziert waren. Außer mit Netzen fischte man im Altertum nach Oppian auch mit dem an einer Rute an einer Schnur aus Pferdehaar befestigten Angelhaken, dem Dreizack und durch Anbringen von Reusen. Durch letztere wurden besonders auch Aale gefangen. So schreibt Aristoteles: „Um Aale zu fangen, setzt man ein irdenes Gefäß mit Pökelfleisch hin und befestigt an dessen Mündung eine Reuse. Mit dem Geruch von gebratenem Fett kann man alle Fische leicht anlocken.“

Von den Aalen (énchelys der Griechen und anguilla der Römer) blieb die Fortpflanzung bis in unsere Tage unbekannt. Aristoteles ließ sie aus Regenwürmern entstehen, welche sich von selbst aus Schlamm und feuchter Erde erzeugen und fügt zur Bekräftigung seiner Aussage bei: „Man hat auch gesehen, wie sich Aale von Regenwürmern loslösten, teils werden sie auch bei Zerreißung derselben sichtbar.“ Spätere Autoren sahen Eingeweidewürmer der Aale für die junge Brut an. Heute wissen wir, daß alle Süßwasseraale Weibchen sind, die in allen Gewässern Europas vom 64.-65. Grade nördlicher Breite, auch im Mittelländischen Meer, nicht aber in den Zuflüssen des Schwarzen und Kaspischen Meeres, also auch nicht in der Donau, vorkommen. Sie lieben vor allem tiefes Wasser mit schlammigem Grunde und liegen den Winter über im Schlamme verborgen, bis sie wieder mit Beginn der warmen Jahreszeit ihr bewegliches Räuberleben aufnehmen. Sie wachsen sehr rasch, haben in 2–3 Jahren eine Länge von 50–60 cm, in 4–5 dagegen eine solche von 70–80 cm und ein Gewicht von 1,5 kg und darüber erreicht. Ihre Geschlechtsreife erlangen sie aber nur im Meere. Alle Weibchen, die in geschlossenen Gewässern leben und deshalb nicht ins Meer gelangen können, wachsen bis zu 1,5 m Länge bei einem Gewicht von 10 kg heran und sterben schließlich, ohne sich fortgepflanzt zu haben. Die in offenen Gewässern lebenden Weibchen dagegen wandern, sobald sie erwachsen sind, in stürmischen Herbstnächten in Trupps von 20–40 Stück flußabwärts dem Meere zu, wo die bedeutend kleineren, nur etwa 40 cm langen männlichen Aale, die zeitlebens an den Meeresküsten verbleiben, ihrer harren. Gemeinsam ziehen dann beide Geschlechter langsam der Tiefsee zu, wobei ihre bis dahin unentwickelten Geschlechtsdrüsen auswachsen und sie für das Dunkel der Meerestiefe geeignete große Augen von 1 cm Durchmesser erhalten. Hier pflanzen sie sich fort und sterben dann vermutlich ab, wenigstens kehren sie nicht mehr an die Küsten zurück. Die junge Aalbrut steigt im Frühjahr aus der Meerestiefe von 1000 m und mehr allmählich gegen die Küsten, wobei die durchsichtigen, schmalen Larven, die man früher als Leptocephalen, d. h. Schmalköpfe, beschrieb und für eine besondere Tierart hielt, weil sie den eigentlichen Aalen vollkommen unähnlich sind, schließlich Aalgestalt erhalten. Weil diese Aallarven um so kleiner sind, je weiter nach Süden sie im Atlantischen Ozean gefischt werden — die kleinsten fing man südlich von den Azoren — glaubt Hjort annehmen zu dürfen, daß die Laichplätze des Aales im südlichen, zentralen Teil des Mittelländischen Ozeans sich finden und die Aallarven durch Meeresströmungen und schließlich den Golfstrom an unsere Küsten geführt werden. Im April und Mai wandern dann die jungen Weibchen dicht aneinandergeschmiegt in langem Zuge, kein Hindernis achtend, ins Süßwasser ein. Sie überkriechen Wehre und Stromschnellen, überwinden sogar den Rheinfall bei Schaffhausen, was für diese Tierchen in Anbetracht der Höhe des Falles eine erstaunliche Leistung ist, um überall ins Quellgebiet der Flüsse zu gelangen. Im Verlaufe von 4–5 Jahren wachsen sie dann aus und vollziehen dann ihren Abstieg ins Meer und die Tiefsee.

Überall wird auf dem Festlande die Aalfischerei eifrig betrieben, da das Fleisch dieser Tiere äußerst wohlschmeckend ist und frisch, geräuchert oder eingemacht einen nicht unwichtigen Handelsartikel bildet. Von Holland aus wird speziell London mit dieser Ware versehen. In Oberitalien sind in den Lagunen von Comacchio an der Pomündung große Aalfischereien, die jährlich über 1 Million kg dieses fetten Fischfleisches liefern. Zum Zwecke des Aalfanges sind dort ganze Systeme von Schleusen, Kanälen und Rinnen angelegt. Diese letzteren, die mit kleinen Querleisten versehen und innen mit Kies und Sand belegt sind, dienen der Einwanderung der Aale, die dann, wenn sie erwachsen zum Meere zurückwandern, abgefischt werden.

Umgekehrt wie beim Aal, der seine Heimat in der Tiefsee hat und sich wenigstens in den weiblichen Vertretern im Süßwasser großfrißt, verhält es sich mit dem Lachs oder Salm (Salmo salar), der von seiner einstigen Heimat, dem Süßwasser, sich an die Meeresküste begibt, um hier zu erwachsen, wobei er bis 1,5 m lang und 45 kg schwer wird. An dem im Meere reichgedeckten Tisch frißt er sich rasch groß, um zur Fortpflanzung im Herbst in seinen Heimatfluß zurückzuwandern und an sandigen Stellen der Quellzuflüsse zu laichen. Wie die Eier des Aals für ihre Entwicklung die Ruhe der Tiefsee verlangen, so ist umgekehrt bewegtes kaltes Wasser die Vorbedingung für die normale Entwicklung der Lachsbrut. Ihm zuliebe legen deshalb diese Wanderfische mit Aufwand einer Unsumme von Kraft den weiten Weg vom Meer in das Quellgebiet der heimatlichen Ströme zurück, dabei die größten Widerstände, wie Wehren und Wasserfälle, zu überwinden suchend. Die paar Monate, die sie im Süßwasser verweilen, fressen sie überhaupt nicht und benutzen das Fleisch besonders ihrer Seitenmuskeln zur Bildung der Geschlechtsprodukte, die im Oktober und November zur Ablage reif sind. Zum Laichen sucht das stets von mehreren Männchen begleitete Weibchen seichte Stellen mit reinem Sand- und Kiesgrund auf. Oft sind diese Stellen an den Quellbächen so wasserarm, daß darin nicht einmal die Rückenflossen der laichenden Tiere ganz vom Wasser bespült werden. In verschiedene mit dem Schwanz aufgewühlte flache Mulden legt das Weibchen die alsbald von den Männchen besamten und dadurch befruchteten Eier, die dann leicht mit Kies oder Sand bedeckt werden. Nach Beendigung des Laichgeschäftes wandern die Lachse, von der bedeutenden Kraftabgabe stark abgemagert, mit weichem, weißem Fleisch zum Meere zurück. In diesem geringwertigen Zustande bezeichnet man sie im Rhein als Lachs, während sie dort im frischgemästeten Stadium vor der Ausbildung der Geschlechtsprodukte mit festem, rötlichem Fleisch als „Salm“ bezeichnet werden. Abwärts matt und willenlos sich mehr von der Strömung treiben lassend als eigentlich schwimmend, erreichen sie das Meer, um sich darin nach so langem Fasten durch reichliches Fressen wieder festes, rötliches Fleisch anzumästen. Im Laufe des Sommers haben sie sich wieder so weit gekräftigt und Reservematerial für die spätere Ausbildung der Geschlechtsprodukte in ihren Seitenmuskeln aufgespeichert, daß sie abermals zur Fortpflanzung in die Quellflüsse aufzusteigen vermögen. Hier wächst die Brut rasch heran, um im zweiten Jahre, wenn die jungen Lachse bis 0,5 m lang geworden sind, ihren Eltern nach dem Meere zu folgen. Bevor sie sich in die salzige Flut begeben, halten sie sich in großen Scharen wochenlang an den Flußmündungen auf und gehen erst allmählich vom Brackwasser ins Salzwasser des Meeres über. Dieser gewiß für das weichhäutige Tier nicht gleichgültige Übergang vom Süß- ins Salzwasser wurde für diesen einst in den kalten Flüssen des Nordens heimischen Fisch durch die starke Aussüßung der den Flußmündungen zunächstliegenden Meeresabschnitte durch die gewaltigen Schmelzwässer der Eiszeit erleichtert und damit die Änderung seiner Lebensweise angebahnt und überhaupt ermöglicht.

Der Fang der Lachse geschieht in der verschiedensten Weise mit mancherlei Garnen, in großen eisernen Reusen und Lachsfallen und durch Speeren der durch Feuer herbeigezogenen Fische vom Boote aus. Früher war dieser ausgezeichnete Speisefisch so häufig, daß er ein billiges Volksnahrungsmittel bildete. Ja, er war so gemein auf den Tischen der Bürgerhäuser, daß in den Städten am Rhein, z. B. in Basel, sich die Mägde im Mittelalter ausbedangen, nicht mehr als sechsmal in der Woche Salm essen zu müssen. Heute wäre man froh, wenn er billiger zu bekommen wäre. Daß dies in diesen Gebieten nicht mehr geschieht, dafür sorgen die mit Dampf betriebenen Fischereien der Holländer an den Rheinmündungen, die den größten Teil der Salme direkt beim Einwandern in den Fluß im besten Ernährungsstadium abfangen. Was nützt es auch unter diesen Umständen, künstlich ausgebrütete Junglachse in die Oberläufe des Rheins auszusetzen, wenn andere die Früchte all dieser Bemühungen einheimsen! Nichtsdestoweniger hat in vielen Flüssen diese künstliche Versorgung mit Lachsbrut gute Erfolge erzielt, so daß der Fang dieses Edelfisches neuerdings wieder ausgiebiger geworden ist, zumal wenn freundnachbarliche Abkommen sein zu ausgiebiges Wegfangen schon an den Flußmündungen verhindern. In Nordamerika ist der Lachs durch nahe Verwandte, im Gebiete der in den Stillen Ozean mündenden Flüsse durch die schöngefärbte Regenbogenforelle vertreten, die neuerdings auch bei uns mit Erfolg eingeführt wurde. Dort und in den Flüssen Sibiriens spielen die Lachse volkswirtschaftlich eine große Rolle und werden von einigen Orten der Weststaaten der Union in Menge zur Herstellung einer geschätzten Fischkonserve verwendet.

Im Donaugebiet vertritt die Stelle des Lachses ein naher Verwandter, der Huchen (Salmo hucho), der eine Länge von 1,5–2 m bei einem Gewicht von 20–50 kg erreicht. Im Gegensatz zu jenem geht er aber nicht ins Meer, um sich dort großzufüttern, sondern bleibt im Hauptstrom, um von Ende März bis Mai zum Laichen in die Quellflüsse und Bäche hinaufzusteigen. Wie der Lachs sucht er seichte, kiesige Stellen auf, wühlt dort mit dem Schwanz seichte Gruben auf und ist während des Eierlegens so mit sich selbst beschäftigt, daß man mit einem Kahne über ihn hinwegfahren kann, ohne ihn zu verjagen. Sein weißliches Fleisch steht an Wohlgeschmack demjenigen des Lachses merklich nach. Der Fang geschieht mit großen Garnen oder mit der Angel, auch sticht man ihn, wenn er ruhig in der Tiefe steht. Da er weniger kaltes Gebirgswasser als der Lachs zu seinem Gedeihen bedarf und in Teichen, die beständigen Zufluß haben, gut gedeiht, würde er sich im Gegensatz zu jenem Wanderer für die Teichwirtschaft eignen, wäre er nicht ein so gefräßiger Raubfisch und erläge er nicht so leicht einer bei Fischen häufigen Hautkrankheit.

Neben dem Lachs spielen auch die andern zeitlebens im Süßwasser verbleibenden Verwandten, die verschiedenen Forellenarten, eine wichtige Rolle beim Ertrag der einheimischen Gewässer. Noch mehr als der Lachs werden sie, besonders die Bachforelle (Salmo fario), in den verschiedenen Fischzuchtanstalten zu Jungbrut erzogen und dann in die verschiedenen Bäche, die man wieder zu bevölkern sucht, ausgesetzt. Vielfach werden sie auch in besonderen Teichen mit kühlem Quellwasser durch Füttern mit gehackter Leber und Lunge zu verkaufsfähigen „Portionenfischen“ von 250 g Gewicht auferzogen. Dabei ist man bestrebt, durch künstliche Zuchtwahl eine möglichst raschwüchsige Rasse zu erhalten, die schon in zwei statt wie bisher meist erst in drei Jahren die gewünschte Größe erreicht. Ließe man sie länger leben, so würden sie schließlich ein Gewicht von 5–10 kg und darüber erreichen. Solche Riesen sind aber in unsern Gewässern äußerst selten, da sie bei ihrer enormen Freßgier viel früher dem Menschen zur Beute fallen.

Da die Bachforelle klares, sauerstoffreiches fließendes Wasser liebt, findet sie sich in allen Gebirgswässern bis zum Alpengürtel hinauf. Sie laicht von Mitte Oktober bis zu Anfang Dezember in seichtem Wasser auf Kiesgrund oder hinter größeren Steinen, da, wo eine rasche Strömung sich bemerkbar macht, in eine seichte, durch lebhafte Bewegungen mit dem Schwanze erzeugte Vertiefung und bedeckt nachher die gleich nach dem Legen vom Männchen befruchteten Eier durch weitere Bewegungen mit dem Schwanze mit Sand und feinem Kies, um sie dann ihrem Schicksal zu überlassen. Nach ungefähr sechs Wochen entschlüpfen die Jungen der Eihülle, verweilen mehr oder weniger regungslos auf der Brutstätte, bis sie ihren angehängten Dottersack aufgezehrt haben und ein Bedürfnis nach Nahrungszufuhr verspüren, dem sie zunächst durch kleine und später durch immer größere Wassertiere zu genügen suchen.

Viel größer als die Bachforelle wird die Seeforelle (Salmo lacustris), von der gelegentlich gewaltige Riesen gefangen werden. Während Forellen gelegentlich auch sehr groß werden — so hat man nach einem Zeitungsbericht als die größten bisher in europäischen Gewässern beobachteten in der Etsch bei Meran zwei Exemplare gefangen, von denen das größere 99 cm lang war und 32 Pfund wog, das kleinere immer noch 27 Pfund schwer war — ist dies bei der Seeforelle weit häufiger der Fall. So hat Prof. Lunel in Genf solche aus dem Genfer See gesehen, die 15 kg Gewicht und 110 cm Länge besaßen. Im Museum von Genf wird das Skelett einer Seeforelle aufbewahrt, die 131 cm lang ist und im Leben jedenfalls bedeutend über 15 kg gewogen haben muß. Ein anderer Genfer Gelehrter, Jurina, schrieb 1815, daß seit Beginn des 18. Jahrhunderts keine Seeforellen von einem Gewicht über 17,6 kg gefangen worden seien. Er gibt gleichzeitig das Maximalgewicht dieser Tiere zu 19,8 kg an. Gregor von Tours spricht von bis 1 Zentner schweren Forellen, und der Züricher Naturforscher J. J. Wagner meldet in seiner Historia naturalis helvetica curiosa von 1680, daß Anno 1663 eine 62 Pfund schwere Forelle von Genf nach Amsterdam verschickt wurde. Vor wenigen Jahren wurde eine 40pfündige Forelle von Fischern bei St. Gingolph im Genfer See gefangen. Allerdings gehören heute Exemplare von annähernd 30 Pfund auch im Genfer See zu den Seltenheiten. Auch die Seeforelle steigt im Herbst zum Laichen aus den Seen in die betreffenden Quellflüsse hinauf. Ihr Fang ist bedeutend und ihr Fleisch wird sehr geschätzt. Ihr ähnlich ist die Lachsforelle (Salmo trutta), die noch etwas größer, nämlich statt 80 cm bis 1 m Länge und ein Gewicht von 15 kg erreicht. Sie geht wie der Lachs ins Meer, um dort heranzuwachsen und dann im Frühsommer in die Flüsse aufzusteigen, um darin im November und Dezember zu laichen. Da sie nicht so weit flußaufwärts geht wie der Lachs, wird sie im Oberlauf der Ströme nicht mehr angetroffen.

Ein Relikt der Eiszeit ist der Saibling oder die Rotforelle (Salmo salvelinus) der Gebirgsseen, die in der Regel nicht einmal während der Laichzeit in den einmündenden Flüssen emporsteigt und wie die Renken oder Blaufelchen (Coregonus wartmanni) mit nicht minder geschätztem Fleisch sich in den tiefen Gründen der betreffenden Seen aufhält, um sich im November zu seichteren Uferstellen zu erheben und ihren Laich dort abzusetzen, wobei sie dann durch Fischen mit Netzen gefangen wird.

In denselben Seen, die die Blaufelchen beherbergen, lebt die Bodenrenke (Coregonus fera), die größer als jene, nämlich 60 cm lang wird und ein Gewicht von über 3 kg erreicht. Sie gehört zu den besten Süßwasserfischen und ist um so wichtiger, als sie das ganze Jahr hindurch, selbst mitten im Winter, wenn die Blaufelchen nicht zu haben sind, gefischt werden kann. Man fängt sie im Winter mit Garnen, im Sommer aber an der Angel; doch stirbt sie, sobald sie aus dem Wasser gezogen wird. Ein mit ihr fast identischer, die Tiefen der großen Seen Norddeutschlands bewohnender Salmonide ist die Maräne (Coregonus maraena), die zum Laichen Mitte November nach den seichten Stellen unweit der Ufer kommt und hauptsächlich im Winter mit großen Netzen gefangen wird. Auch diese Fische sterben außerhalb des Wassers sofort ab, lassen sich aber doch, in Eis verpackt, ziemlich weit versenden oder werden, wie die Bodenrenke, eingesalzen und geräuchert in den Handel gebracht.

Am tiefsten unter allen Renken, nämlich wenigstens in 70–90 m Tiefe, lebt in unsern Seen der Kilch (Coregonus hiemalis), auch Kropffelchen genannt, weil diesem kleinen, höchstens 40 cm lang werdenden Fisch beim Heraufgezogenwerden im Netz aus so großer Tiefe die von mehr als 7,5 auf 1 Atmosphäre versetzte Schwimmblase so stark ausgedehnt wird, daß er trommelsüchtig wird. Nur gegen Ende September kommt er in höhere Schichten, um hier zu laichen.

Eine für gewöhnlich im Meere lebende Renke, die im Mai aus der Nord- und Ostsee in die Flüsse hinaufsteigt, um darin zu laichen, ist der bis 60 cm lange und 1 kg schwere Schnäpel (Coregonus oxyrhynchus), im Rhein, wo er früher häufig war, aber jetzt sehr selten geworden ist, Maifisch genannt. Er steigt aber lange nicht so weit in die Ströme hinauf als der Lachs und kehrt gleich nach dem erst von September bis Dezember erfolgenden Laichen ins Meer zurück. Dahin folgen ihm auch die Jungen, wenn sie 8 cm Länge erreicht haben, und kehren nach erlangter Reife zur Fortpflanzung wieder in diejenigen Flüsse hinauf, in denen sie ihre Jugend verbrachten. Ihr zartes, schmackhaftes Fleisch wird sehr geschätzt und frisch wie eingesalzen und geräuchert gegessen. Dieser Fisch bildet in ganz Norddeutschland einen wichtigen Gegenstand des Fanges.

In denselben Gewässern wie die Forelle, obschon sie ein weniger großes Sauerstoffbedürfnis als diese hat, findet sich in allen Flüssen des nördlichen Europa und Asiens die schön rot gefärbte, bis 60 cm lange und 1,5 kg schwere Äsche (Thymallus vulgaris). Ähnlich der Forelle schwimmt sie ungemein rasch und springt nach vorüberfliegenden Kerfen über den Wasserspiegel empor, so daß sie gleich jener mit der künstlichen Fliege an der Angel gefangen werden kann. Sie laicht im April und Mai, wobei die Tiere auf sandigem Grunde wie ihre Verwandten mit der Schwanzflosse seichte Gruben auswerfen, die nach der Ablage des Laichs wieder mit Sand zugedeckt werden. Ihr Fleisch wird dem der Forelle an Güte gleichgeschätzt, ist aber weniger haltbar als jenes, weshalb sie weniger auf den Markt gebracht wird, auch bis jetzt nicht zur Zucht in Fischteichen benutzt wurde, obschon sie sich so gut als die Forelle dazu eignen würde.

Gleich dem Lachs und Schnäpel aus der Familie der Salmoniden treibt es der zur überaus altertümlichen Familie der Schmelzschupper gehörende Stör (Accipenser sturio), der 2–6 m lang wird und im Atlantischen Ozean, in der Nord- und Ostsee und im Mittelländischen Meer, wie auch an der Ostküste Nordamerikas, nicht aber im Schwarzen Meer in mittleren Tiefen lebt, um sich von den verschiedensten Kleintieren zu ernähren, die er vermittelst seiner spitzen Schnauze aus dem Schlamme aufwühlt und mit den vorstreckbaren Lippen erfaßt. Erst zur Laichzeit im Frühjahr kommt er in höhere Wasserschichten herauf und zieht von da den Flußmündungen zu, in welche er eindringt und weit aufwärts schwimmt, um im Quellgebiet zu laichen und dann alsbald wieder dem Meere zuzustreben. Im Schwarzen und Kaspischen Meer und deren Zuflüssen wird der Stör durch die beiden nahe verwandten Arten, den Sterlet (Accipenser ruthenus) und den Hausen (Acc. huso) ersetzt. Ersterer wird selten größer als 1 m lang bei einem Gewicht von 12 kg, während letzterer — von den Russen belúga genannt — bis 15 m lang und 1000–1600 kg schwer wird. Weil ihr Fleisch, besonders das des Sterlet, sehr wohlschmeckend ist, wird von jeher eifrig Jagd auf sie gemacht.

Plinius sagt in seiner Naturgeschichte, die Störe seien bei den alten Griechen und Römern überaus geschätzt gewesen, wurden aber zu seiner Zeit wenig geachtet, obwohl sie selten seien. Nach dem Griechen Athenaios, um 200 n. Chr., kostete ein Fisch dieser Art 1000 attische Drachmen (= 7500 Mark), was ein unerhörter Preis ist. Man aß ihn unter Flötenspiel, wobei nicht nur die Gäste, sondern auch die Diener bekränzt waren. In Deutschland hat der Störfang nur noch geringe Bedeutung. An der Elbe und Weser erbeutet man jährlich höchstens einige tausend Störe, auch in der unteren Donau, die früher Ungarn und Österreich mit Störfleisch und Kaviar versorgte, empfindet man schwer die Folgen der bisherigen sinnlosen Fischerei, so daß eine Schonzeit eingeräumt werden sollte, damit sich der Fisch wieder erholen kann. Noch sehr ausgiebig ist der Störfang in Rußland, wo an allen in das Schwarze und Kaspische Meer einmündenden Flüssen Fangplätze liegen, die jährlich über 4 Millionen Rubel eintragen. Außer dem wohlschmeckenden Fleisch gewinnt man aus den Eiern Kaviar und aus der Schwimmblase einen trefflichen Leim. Den besten Kaviar liefern die kleineren Arten. Die Eierstöcke, aus welchen man Kaviar gewinnen will, werden zuerst mit Ruten gepeitscht und dann durch Siebe gedrückt, um die Eier von den sie umgebenden Häuten des Eierstocks zu lösen. Dann werden sie gesalzen, wobei das Salz mit den Händen in die Masse hineingeknetet wird. In Fässern verpackt, kommt dann der Kaviar in den Handel, um wegen seiner Güte überall willige Abnehmer zu finden. Der Name Kaviar kommt übrigens von der italienischen Bezeichnung für den ähnlich eingesalzen genossenen Rogen des Thunfischs caviale und wurde auf den eingesalzenen Rogen der Störarten übertragen, der russisch ikrá genannt wird.

Unter den Edelfischen nehmen die verschiedenen Karpfenarten eine wichtige Stellung im Haushalte des Menschen ein. Der Teichkarpfen (Cyprinus carpio), der bei uns dank den Fastengeboten der katholischen Kirche ganz wesentlich durch die Bemühungen der Klostergeistlichen geradezu zu einem Haustier erhoben wurde und in allerlei Farben- und Schuppenvarietäten in besonderen Teichen gezüchtet wird, war ursprünglich dem Kaspischen und Schwarzen Meer und deren Zuflüssen eigentümlich. Er findet sich dort und weiter gegen Mittelasien hinein noch in beträchtlicher Menge wild, während er in den Gewässern Europas westlich und nördlich davon offenkundig eingeführt ist und in ihnen teilweise verwilderte. In seiner Heimat hält er ebensogut wie im Süßwasser auch in den salzreichsten Sümpfen aus. Im Sommer trifft man ihn vorzugsweise in den seichten Küstengewässern; im Herbst steigt er dann vom Meere aus die Flüsse hinauf, um hier zu überwintern. Seine hauptsächlichste Nahrung besteht vorwiegend aus allerlei kleinem Getier, besonders Würmern, daneben auch aus vermodernden Pflanzenstoffen. Er laicht am liebsten in stehendem oder ruhigfließendem Wasser mit schlammigem Grund und gedeiht nur dann, wenn das von ihm bewohnte Wasser viel den Strahlen der Sonne ausgesetzt ist und Zuflüsse weichen Wassers hat. Bei genügender Nahrung wird er schon im dritten Lebensjahre fortpflanzungsfähig. Sobald er sein Hochzeitskleid anlegt, wird er wanderlustig und versucht, soweit es ihm möglich ist, flußaufwärts zu steigen und überwindet dabei bedeutende Schwierigkeiten. Zum Laichen sucht er mit Wasserpflanzen dicht bewachsene Stellen aus, und zwar legt das Weibchen im fünften Jahre bereits gegen 300000 Eier; später kann sich diese Anzahl noch verdoppeln. Er erreicht die Länge von 1 bis 1,5 m und ein Gewicht von 15–20 kg.

Die erste sichere Erwähnung des Karpfens finden wir bei Kassiodor, dem Geheimschreiber des großen Ostgotenkönigs Theodorich (475 bis 526), der in einem scharfen Rundschreiben an die verschiedenen Provinzialstatthalter ihnen vorwirft, sie sorgten durchaus nicht angemessen dafür, daß des Königs Tisch auch königlich beschickt werde. Die Stelle lautet wörtlich: „Der Privatmann mag essen, was ihm die Gelegenheit bietet; auf fürstliche Tafeln aber gehören seltene Delikatessen, wie z. B. der in der Donau lebende Fisch carpa.“ Vermutlich wird dieser Fisch auch in den im mittelalterlichen Latein vivaria genannten Süßwasserteichen mit Fischen der Landgüter Karls des Großen in erster Linie gehalten worden sein. Jedenfalls ist in einem Glossar des 10. Jahrhunderts mehrfach von ihm als karpho die Rede. Im 13. Jahrhundert spricht der Geistliche Vincentius von Beauvais im Speculum naturale vom Fisch corpera, womit nur der Karpfen gemeint sein kann, und der Mönch Cäsarius von Heisterbach sagt in seinen Dialogi miraculorum, „Bruder Simon habe den Teufel gesehen und dieser habe Helm und Panzer getragen, beide mit Schuppen, wie die des Fisches carpo.“ Olaus Magnus sagt um 1530 ausdrücklich, es gebe im Norden keine Karpfen außer vom Menschen eingeführte und in künstlichen Teichen gehaltene. In Schweden würden sie wie die Karauschen auch mit eingeweichten Erbsen und dergleichen gefüttert.

Überall bei Neugründungen von Klöstern sorgte man dafür, daß die Patres für die Fastentage einen wohlgefüllten Karpfenteich zur Verfügung hatten. So ist dieser Fisch durch menschliche Hilfe überall durch Europa gewandert und in der Folge an vielen Orten verwildert. Besondere Wichtigkeit hatte die Karpfenzucht schon im 15. Jahrhundert in Böhmen, Polen und Holstein erlangt. Nach dem Zeugnis des Johannes Dubravius, Bischofs von Olmütz, trieb man in Polen den Luxus so weit, daß man in der Nähe der Karpfenteiche besondere Eishäuser besaß, um das Wasser derselben bei zu großer Erhitzung kühlen zu können. Daß solches geschah, beweist, daß neben den Karpfen wohl auch Forellen, die nur in kaltem Wasser gedeihen, darin gehalten wurden. Wenn Bock in seiner 1782 in Dessau erschienenen Naturgeschichte Ost- und Westpreußens berichtet, daß erst Kurt von Nostiz 1589 den Fisch nach Ostpreußen gebracht habe, so kann es sich wohl nur um eine lokale Neueinführung handeln; denn Voigt spricht schon um 1440 von Karpfenteichen in jenem Lande. Eher will Ed. Hahn die Möglichkeit zugeben, daß der dänische Staatsmann und große Ökonom Peter Oxe den Karpfen von Deutschland aus in Dänemark einführte. Der Fisch geht auch jetzt kaum über Südschweden hinaus, wird auch nur im Süden Norwegens angetroffen, wo er infolge der ungünstigen Lebensbedingungen überhaupt kleiner bleibt. Jedenfalls ist auch die vielfach zitierte Angabe falsch, daß der Karpfen erst 1514 durch Leonard Mascall von Plumstead nach England gekommen sei. Während allerdings der Dichter Chaucer in seinen um 1375 geschriebenen Canterbury tales nur breme and luce in stew, also Brassen und Hechte im Vorratsteiche kennt, so kommt der Karpfen schon 1504 bei Bischof Washam unter Heinrich VII. vor. Nach Irland sollen die Karpfen durch Jakob I., den despotischen, dabei schwachen und eitlen Sohn Maria Stuarts und Darnleys (geboren 1566, nach der erzwungenen Abdankung seiner Mutter 1567 zum König von Schottland gekrönt, von 1603–1625 König von England) gekommen sein. In Schottland gedeihen sie nicht recht und bleiben oft unfruchtbar, jedenfalls infolge des zu kalten Wassers. Deshalb werden sie in jenem Lande noch heute nur selten gehalten. Erst in der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts kam der Karpfen nach Frankreich und Spanien, wo er als willkommene, leicht zu haltende Fastenspeise in dem klerikalen Lande bald größere Bedeutung erlangte.

Am Schwarzen und Kaspischen Meer findet sich der Karpfen, wie gesagt, immer noch zahlreich; er ist aber dort, trotz den Bemühungen Peters des Großen (geb. 1672, reg. 1676–1725), wild geblieben und wird vom Menschen nicht gezüchtet. Auch nach dem Innern Rußlands hat er sich nicht als Zuchtfisch verbreitet. Hingegen wird er in Ungarn und Galizien vielfach gezogen. In den 1840er Jahren wurde er von Frankreich her nach den Neu-Englandstaaten Nordamerikas gebracht, als der dort ursprünglich vorhandene Fischreichtum durch die den Amerikanern leider bisher eigentümliche Raubwirtschaft arg gelitten hatte und man sich nach leicht zu haltenden Ersatzfischen umsah. Nach Kalifornien kam er erst 1872 und wird dort mit Vorliebe verwendet, um die riesigen Staubecken für die Bewässerungs- und Bergwerksanlagen mit Nutzfischen zu bevölkern. Nach dem katholischen Südamerika kam er viel früher, hat sich aber infolge der Indolenz der Bevölkerung nur an wenigen Orten eingebürgert. Neuerdings ist er wieder mehrfach eingeführt worden, so auch in Chile und Argentinien. Allerdings sollen die sogenannten Karpfen der Musterfarm der argentinischen Republik nach Philippi in die braune Urform zurückgeschlagene Goldfische, also Karauschen und nicht echte Karpfen sein.

Tafel 55.

Der Lachs (Trutta salar). Oben das Weibchen, unten das Männchen.
(Nach Prof. B. Hofer, Die Süßwasserfische Mitteleuropas.)


GRÖSSERES BILD

Tafel 56.

Der Hecht (Esox lucius).

Der Flußbarsch (Perca fluviatilis).
(Unretuschierte Naturaufnahmen von W. B. Johnson.)

Tafel 57.

Der Aal (Anguilla vulgaris).
(Unretuschierte Naturaufnahme von W. B. und S. C. Johnson.)

Der Schmetterlingsfisch (Pantodon buchholzi), ein beliebter Zierfisch unserer Aquarien.
(Aus den Blättern für Aquarien- und Terrarienkunde.)

Tafel 58.

Der Stör (Accipenser sturio).

Der Spiegelkarpfen (Cyprinus carpio).

Abfischen eines künstlich angelegten Karpfenteiches in Böhmen.
Im Herbst werden die seichten Gewässer abgelassen, so daß die Karpfen gezwungen sind, sich an der tiefsten Stelle zu sammeln. Dort können sie leicht gefangen werden. Die großen werden als Speisefische verkauft, die kleinen in sogenannten Hälterteichen überwintert.

Bei uns und in den Gewässern Nordamerikas, wie auch anderer Kulturländer, in denen sich Europäer in größerer Zahl niederließen, wird der Karpfen heute als einer der beliebtesten Speisefische in großer Menge gezüchtet. Da man erkannt hat, daß er um so wohlschmeckender ist, je rascher er wächst, so haben die Fischzüchter, nach dem Vorgange des Schlesiers Dubisch, ein Verfahren gefunden, nach welchem die Karpfen in kürzester Zeit den höchsten Nutzungswert erreichen. Dabei wird die Karpfenbrut schon eine Woche nach dem Ausschlüpfen aus den Eiern mit feinen Gazenetzen aus dem sogenannten Streichteich herausgefischt und in besondere Teiche gebracht, die Streckteiche heißen. In ihnen gibt man etwa 25000 der winzigen Fischchen auf einen Hektar Wasserfläche. Schon nach vier Wochen werden die Fische aus diesem Wasser herausgenommen und in geringerer Zahl — etwa 1000 Stück pro Hektar — in andere Teiche übertragen, in denen sie bis zum folgenden Frühjahr bleiben, um dann wieder umgesetzt zu werden, und zwar 500 Stück pro Hektar. Nachdem sie hier ein ganzes Jahr verblieben sind, kommen sie in den letzten Teich, den Abwachsteich, in welchem man nur 200 Stück auf den Hektar rechnet. Aus diesem Teiche werden sie im Herbst als marktfähige Ware herausgefischt, und zwar wiegen sie dann durchschnittlich 1 kg und darüber. Sie bringen also einen ziemlichen Ertrag, da der Preis für sie etwa 2 Mark pro kg beträgt. Durch die fortgesetzte Züchtung sind verschiedene Spielarten des Fisches entstanden, so der Lederkarpfen, der gar keine Schuppen mehr trägt, der Spiegelkarpfen, der an jeder Körperseite nur eine Reihe sehr großer Schuppen besitzt, dann der durch einen rötlichen Schimmer und lachsfarbenes Fleisch ausgezeichnete Goldkarpfen, der Blaukarpfen u. a. In den Gewässern von Schwaben, Bayern und Böhmen wird mit Vorliebe die als Karpfenkönigin bezeichnete Abart, im Donaugebiet und den ungarischen Seen dagegen der Spitzkarpfen gezogen.

In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts wurde der Karpfen auch in Australien angesiedelt. Schon längst ist er dagegen ist in Ostasien heimisch, und zwar als uraltes einheimisches Zuchtprodukt der Chinesen, von dem, wie von der Karausche, mehrere buntfarbige Kulturrassen existieren. Die Fischzucht in Teichen ist in China uralt und wird schon im Schi-king, d. h. dem Buch der Lieder, einer von Konfutse (550–478 v. Chr.) veranstalteten Sammlung von Liedern, die teilweise in das 18. Jahrhundert v. Chr. zurückreichen, erwähnt. Genauere Aufzeichnungen über die Art der Fischzucht sind allerdings auch in den Annalen dieses uralten Kulturvolkes erst späteren Datums. So wird uns als der älteste Fischzüchter Tao-tsu-kung genannt. Dieser lebte im 5. Jahrhundert v. Chr. und verfuhr dabei folgendermaßen. Er grub einen Teich, der die Größe eines Morgens (gegen 30 Ar) besaß und neun kleine Eilande umfaßte. Darein setzte er 20 Karpfenweibchen von 3 Fuß Länge und 4 Karpfenmännchen gleicher Größe aus, und zwar im März. Ein Jahr darauf waren schon 5000 Fische von einem, 10000 von zwei und 15000 von drei Fuß Länge im Teiche. Im dritten Jahre hatte sich ihre Zahl bereits verzehn- und verzwanzigfacht. Die neun Inselchen, die der Fischzüchter Tao-tsu-kung im Teiche gebaut hatte, sollten den Fischen vortäuschen, sie befänden sich in einem großen Meere und schwämmen an Festländern vorbei. Noch heute werden Karpfen und andere Süßwasserfische in Menge in China gezüchtet. Man füttert die Brut mit Eidotter, feingestoßener Kleie und pulverisierten Bohnen. Wenn die Fische eine bestimmte Größe erreicht haben, werden sie in flache Teiche gesetzt, deren Ufer von ganz bestimmten Bäumen und Sträuchern bepflanzt werden. So glaubt man beispielsweise, daß der am Morgen nach kühler Nacht von den Blättern der Platane in den Teich tropfende Tau von heilsamer Wirkung für das Fischvolk sei. Mancher Europäer, der im Innern und besonders im Süden Chinas einen idyllisch gelegenen und von prächtigen Bäumen und Sträuchern eingefaßten Fischteich bewundert, spendet dem Schönheitssinn der naturfrohen Chinesen unwillkürlich Lob, ohne zu wissen, daß die reizvolle Umgebung des Teiches nur abergläubischen Gründen ihre Entstehung verdankt.

Ebenso alt oder vielleicht noch älter als der Teichkarpfen ist in China die Teichkarausche, die man als hochgezüchteten Zierfisch auch bei uns unter dem Namen Gold- oder Silberfisch (Carassius auratus) eingeführt hat. Für die Deutschen gab zuerst Kämpfer in seiner 1777 herausgegebenen Beschreibung Japans eine Schilderung dieses von den Japanern King-jo genannten, meist roten, am Schwanze aber leuchtend goldgelben Zierfisches, der in Japan und China viel in Teichen gehalten und gewissermaßen als Haustier betrachtet wird. Er ist aber nicht in Japan, sondern in dem viel früher zu hoher Kulturblüte emporgestiegenen China zum Kulturfisch erhoben und nicht nur in bunten Farben, sondern auch in den bizarrsten Formen mit gedrängtem Körper, dickem Kopf, weit hervorquellenden großen Glotzaugen und stark verlängerten und verbreiterten Flossen gezüchtet worden. Meist wird die Provinz Tsche-Kiang am östlichsten Zipfel Chinas, südlich vom Jang-tse-kiang und der Stadt Schang-hai, als Ursprungsgebiet der chinesischen Karauschenzucht angesehen, seitdem der Holländer Nieuhof in seiner 1665 in Amsterdam publizierten beschryving von Sina bei Gelegenheit der Gesandtschaft an den Kaiser von China, an der er teilnahm, solche Behauptung aufgestellt hat. Doch ist dies keineswegs sicher. Wir wissen nur, daß sie am frühesten im eigentlichen Herzen Chinas gezüchtet wurden; und zwar finden wir sie nach chinesischen Quellen zuerst im Jahre 540 n. Chr. erwähnt. Ums Jahr 960 war ihre Zucht im ganzen Reiche der Mitte verbreitet und gelangte dank den regen Kulturbeziehungen frühe auch nach dem Sonnenaufgangslande Nippon, d. h. Japan, wo sie bald ebenso populär als in ihrer ursprünglichen Heimat wurde. Die schätzenswerte Eigenschaft der Karauschen, in sehr kleinen Wasserbecken gut zu gedeihen und darin sogar zur Fortpflanzung zu schreiten, begünstigte ganz wesentlich ihre rasche Ausbreitung und ihre Haltung in den von den Japanern so geliebten Miniaturgärtchen in vielfach geradezu winzigen Wasserbehältern.

Nach Brehm gelangte der Goldfisch aus China wahrscheinlich zuerst nach Portugal und verbreitete sich, nachdem er hier eingebürgert war, allmählich weiter über Europa. Das Jahr der Einführung desselben wird von den Schriftstellern verschieden angegeben. Einzelne nennen 1611, andere 1691, wieder andere 1728. Diese Zahlen wären sehr wohl möglich, da sich die Portugiesen schon um 1522 um Makao festsetzten und in regen Tauschverkehr mit den Chinesen traten. Da lag es ja sehr nahe, diesen leicht in kleinen Behältern in wenig durchlüftetem Wasser zu haltenden Zierfisch auf ihren Schiffen weithin zu befördern. Eduard Hahn aber ist in seinem Haustierbuche anderer Meinung. Er hält die von Markus Bloch in seiner 1782 erschienenen Naturgeschichte der Fische Deutschlands angegebene Jahreszahl 1611 als Termin der Einführung nach Europa für einen Druckfehler, statt des richtigeren 1691. Die Zahl 1611 sei auch viel zu früh für die Ankunft des Goldfisches in Europa; denn bei der langsamen und mühseligen Schiffahrt, wie sie damals bestand, sei wohl an einen Transport von China bis Europa ohne Zwischenstation nicht zu denken. Als eine solche Zwischenstation ergebe sich naturgemäß Batavia, dessen reiche chinesische Kaufleute es ebenso wie die Holländer, die sich 1594 nach Verdrängung der seit 1579 dort ansässig gewordenen Portugiesen auf Java festsetzten, allerdings erst 1677 bedeutende Gebiete des Landes eroberten und schließlich die ganze Insel unter ihre Botmäßigkeit brachten, liebten, sich mit dem Glanze und Luxus ihrer einheimischen Kultur zu umgeben. In seinem 1726 in Dordrecht erschienenen Buche über Niederländisch Indien erwähnt Valentijn den Fisch als in Batavia gezogen. Die nächsten Stationen von dort her auf dem Wege nach Europa seien wohl Mauritius und dann St. Helena gewesen. Von hier seien dann nach Pennant die ersten Goldfische 1691 nach England gekommen; doch scheinen sie sich hier nicht fortgepflanzt zu haben. Nachher kamen sie von dorther öfter nach England, so nach Petiverius mehrfach zwischen 1711 und 1718. Die ersten Goldfische, die zur Fortpflanzung zu bringen waren, gelangten 1728 nach London, wohin sie eines der Schiffe des damaligen Lordmajors, Sir Decker, brachte. Auch von diesen Fischen wird ausdrücklich bezeugt, sie seien von St. Helena gekommen. Diese Goldfische scheinen dann den ersten Grundstock des englischen und später auch des allgemein europäischen Bestandes abgegeben zu haben.

Die Goldfische, die in der Folge durch Decker in England verteilt wurden, dann durch seine Vermittlung auch nach seiner Heimat Holland, z. B. in den berühmten Cliffordschen Garten in der Universitätsstadt Leiden, an dem einst Karl von Linné seine ersten botanischen Studien gemacht hatte, gelangten, schritten an ihrem neuen Wohnorte ganz ausnahmsweise zur Fortpflanzung. Nur diejenigen, die ein naturkundiger Arzt in Harlem bekommen hatte, pflanzten sich anfangs spärlich, dann aber reichlicher fort. Von ihm erhielt Baster in Harlem 1758 junge Goldfische, die er mit großer Sorgfalt großzog. Als er 1775 starb, verkaufte die Witwe den Bestand um einen hohen Preis; denn diese Tiere waren damals noch sehr selten und kaum bei Privatleuten zu finden. Deshalb glaubte auch die französisch-ostindische Handelsgesellschaft ein wertvolles Geschenk zu machen, als sie der allmächtigen Maitresse Ludwigs XV. von Frankreich, der Marquise de Pompadour, um 1760 einige Goldfische überreichen ließ. Diese Fische scheinen aus dem botanischen Garten gekommen zu sein, den die Compagnie in ihrem Hafenplatz Lorient im Departement Morbihan in der Bretagne besaß. Allmählich verbreiteten sich ihre Nachkommen über Frankreich und die angrenzenden Länder des europäischen Kontinents.

Nach der wissenschaftlichen Beschreibung, die Linné von ihnen gab, scheinen die ersten Goldfische, die nach Leiden gelangten, sogenannte Straußschwänze gewesen zu sein. Auch die Fische Basters gehörten zu dieser Rasse, die in der Folge bald in ganz Holland Mode wurde. Um 1750 sagt der Engländer Edwards in seiner Geschichte der Vögel, daß alle aus St. Helena nach Europa fahrenden Schiffe Goldfische mit sich führen. 1749 bezog die schwedisch-ostindische Compagnie eine Sendung lebender Goldfische aus Kanton. Damals waren sie nicht nur in Schweden, sondern selbst in England noch eine solche Neuigkeit, daß Naturforscher, wie Gilbert White, der Verfasser einer sehr guten Naturgeschichte, stundenlang vor sie hinsitzen konnten, um sie zu beobachten. Noch John Bell of Antermony hatte sie, als er 1763 seinen Reisebericht in Glasgow publizierte, nur in China gesehen, wo er 1720 gewesen war. 1808 sah sie der französische Naturforscher Bory de St. Vincent bei Gelegenheit der Besetzung Spaniens durch die Franzosen in einem Teiche des Schlosses Alcazar bei Sevilla. Sonst sind keine Nachrichten über diesen Zierfisch aus früherer Zeit aus jenem Lande auf uns gekommen.

Gegenwärtig hat sich der Goldfisch über die ganze Erde verbreitet, soweit sie von gebildeten Menschen bewohnt wird. Überall ist er in den warmen Teilen der gemäßigten Zone wirklich heimisch geworden und an vielen Orten verwildert, besonders auf Inseln, auf denen ihm nur eine schwache Konkurrenz an Süßwasserfischen gegenüberstand. So bildet er heute den wichtigsten Süßwasserfisch auf den Azoren und belebt in großer Zahl die Gewässer von Madeira, Réunion und Mauritius; dann ist er auch in Algerien, Portugal, auf Java, den Philippinen und Hawaii verwildert. Hier ist er überall mehr oder weniger goldig gefärbt geblieben; nur in Chile, wo er ebenfalls verwilderte, ist er in die braune Urform zurückgeschlagen.

In ihrer Heimat China ist der Goldfisch durchaus nicht bloß Zierfisch, sondern vor allem auch Nutzfisch, der eine respektable Größe erreicht und sehr wohlschmeckendes Fleisch aufweist. So berichtet der Franzose Courcy in seinem 1867 in Paris erschienenen Buche: „Das Reich der Mitte“ von bis 10 Pfund schweren Goldfischen. Bei uns werden sie in größeren Teichen nur 25–30, höchstens 40 cm lang, während sie in kleinen Behältern ganz winzig bleiben. Sie werden in letzteren mit Semmelkrumen oder Oblatenstücken und zerriebenen Ameisenpuppen gefüttert, doch darf die Menge derselben nur ganz gering sein, da ein Übermaß von Futter einen selbst diesen genügsamen Fischen unerträglichen Schleim erzeugt. Bei sorgfältiger Pflege gewöhnen sie sich bald an den Menschen und sind schließlich so weit zu bringen wie in ihrer Heimat China, wo sie gelegentlich das vorgehaltene Futter aus der Hand nehmen.

Der Stammvater des Goldfisches ist die chinesische Karausche, ein dem nahe verwandten Karpfen ähnelnder Fisch von dunkelbrauner Farbe. Diese ihre Abstammung bekunden sämtliche Varietäten des Goldfisches, indem sie stets als Reminiscenz an die Färbung der Ahnen in der Jugend dunkelbraun gefärbt sind und erst später die durch Zucht erzielte definitive Färbung erlangen, die bald goldgelb und metallisch glänzend, bald schön rot, bald schwarz und gelb oder schwarz und rot, auch rot und silberweiß gescheckt, manchmal auch ganz silberweiß oder schwarz ist. Die Goldfarbe entspricht einer der Stufen zwischen dem Leucismus und Melanismus und kommt durch Zuchtauslese außer beim Goldfisch auch bei andern Fischen vor, so bei Schleie und Orfe, die dann als Goldschleie und Goldorfe unterschieden werden. Letztere sind nun allerdings als erst kürzlich in Zucht genommene Varietäten lange nicht so schön gefärbt wie der Goldfisch; doch wird letzterer einst, als die Chinesen begannen ihn in Zucht zu nehmen, auch nicht schöner gefärbt gewesen sein.

Auch der bedeutendste Fischkenner unserer Zeit, Dr. Günther in London, ist der Ansicht, daß der Goldfisch eine durch Zucht fixierte Farbenvarietät der chinesischen Karausche ist, die von unserer europäischen Karausche (Carassius carassius) kaum verschieden ist. Solche goldfarbige Varietäten kommen auch bei unserer Karausche vor, die von Europa über ganz Mittel- und Nordasien verbreitet ist. Der deutsch-russische Reisende Pallas erwähnt eine solche goldfarbige Varietät aus der Steppe am Ural. Wahrscheinlich würde also auch aus unserer Karausche, deren Farbe oft wechselt und häufig sehr bunt ist, sich mit der Zeit eine ganze Reihe hübscher Abarten ziehen lassen, wenn man sich darauf verlegen wollte. Bei uns begnügt man sich eben mit ihrer Zucht als Speisefisch, da sie außerordentlich genügsam ist und auch noch in moderigem Wasser gedeiht, wo die Karpfenzucht ganz unmöglich ist, weil das Fleisch des Karpfens dadurch fast ungenießbar wird. Solches Wasser schadet dem Geschmack des Fleisches der Karausche durchaus nicht.

Die Karausche liebt schon im Wildzustand stehendes Wasser, namentlich Seen mit versumpften Ufern und Altwässer, wie man die vom aktiven Strom abgetrennten Flußarme nennt. Sie kommt aber auch in Teichen, Sümpfen und Mooren vor, ist überhaupt befähigt, in dem verschiedenartigsten und unreinsten Wasser auszuhalten und bei der schmutzigsten, schlammigsten Nahrung zu gedeihen. Sie nährt sich wie der Karpfen hauptsächlich von Würmern, Larven, faulenden Pflanzenstoffen und Schlamm, hält sich dementsprechend fast stets am Grunde auf, verweilt hier auch während der kalten Jahreszeit in Erstarrung, kann sogar in Eis einfrieren und wieder aufleben. Sie hat überhaupt ein sehr zähes Leben, kann stundenlang außer Wasser leben und läßt sich, in Schnee oder feuchtes Laub verpackt, in jeder Jahreszeit weithin versenden. Nur während der Laichzeit, die in Südeuropa in den Juni, in Nordeuropa dagegen in den Juli fällt, erscheint sie öfter an der Oberfläche des Wassers, insbesondere an seichten, mit Pflanzen bewachsenen Stellen, tummelt sich hier in Scharen umher und spielt, mit den Lippen schmatzend, an der Oberfläche, bis das Eierlegen beginnt. Obschon das Weibchen nur gegen 100000 Eier legt, vermehrt sich die Karausche stark und wird mit Erfolg nicht nur in moderigen Teichen, sondern auch in Forellenteichen gezüchtet, in denen sie als Futter für diese Raubfische dient. Sehr geschätzt ist die Karausche besonders in Rußland, wo sie alle Steppengewässer in großer Menge bevölkert und von den Umwohnern als willkommene Speise genossen wird. Sie läßt sich mit dem Karpfen kreuzen und liefert dann die Karpfkarausche (Cyprinus kollari), die aber keine besonderen Vorzüge vor den Stammeltern hat und deshalb nur selten gezogen wird.

Wie der Karpfen ist auch die ihm verwandte kleinschuppige Schleie (Tinca tinca), die eine Länge von 70 cm und ein Gewicht von 3–4, in seltenen Fällen wohl auch 5–6 kg erreicht, ihres zarten, wohlschmeckenden Fleisches wegen als Speisefisch sehr geschätzt. Sie gehört unter den europäischen Karpfenarten zu den verbreitetsten und bewohnt den größten Teil Europas, überall zu den gemeinsten Teichfischen gehörend. Auch sie ist mehr ein Fisch der Ebenen, obschon sie bis zu 1000 m Höhe emporsteigt. Sie liebt Flüsse weniger als stehende Gewässer und unter diesen Seen, Teiche und Sümpfe mit schlammigem oder lehmigem Grund mit spärlichem Röhricht. In den Flüssen zieht sie sich stets nach solchen Stellen zurück, in denen das Wasser langsam fließt und ziemlich viel Schlamm abgesetzt hat; denn aus ihm bezieht sie ihre Nahrung. Ganz besonders soll sie in abgebauten und mit Wasser angefüllten Lehmgruben gedeihen. Träge hält sie sich fast beständig nahe dem Boden auf und steigt bloß bei sehr gutem Wetter und während der Fortpflanzungszeit an die Oberfläche herauf. Wie der Schlammbeißer findet sie sich noch in Gewässern wohl, in denen andere Fische und selbst Karpfen absterben, weil ihr Sauerstoffbedarf außerordentlich gering ist. Sie liebt wie alle andern Karpfenarten warmes Wasser und frißt wie diese allerlei Gewürm und vermodernde Pflanzenstoffe mit der darin lebenden Kleintierwelt. Ihre Laichzeit fällt von Mai bis Juli, wobei ein etwa 2 kg schweres Weibchen 300000 Eier legt. Die Vermehrung ist also eine sehr starke. Die Jungen wachsen ziemlich schnell heran, doch vergehen immerhin meist 4 Jahre, bevor sie fortpflanzungsfähig werden. Ihr Fleisch erzielt kaum einen höheren Preis als dasjenige der Karausche, übertrifft aber das der letzteren unzweifelhaft an Güte. Weil nun die Schleie, die sich während des Winters nach Art anderer Familienverwandten in den Schlamm einwühlt, um die kalte Jahreszeit in einem halb bewußtlosen Zustande zu verbringen zu den anspruchslosesten Fischen des Erdballs zählt, eignet sie sich — abgesehen vom Aal — wie kein anderer Fisch zur Besetzung sumpfiger, sonst höchstens der geringwertigen Karausche preisgegebener Gewässer. Schon aus diesem Grunde verdient ihre Zucht die wärmste Empfehlung. Von ihr züchtet man in einzelnen Gegenden, besonders in Böhmen und Oberschlesien, eine prachtvolle Spielart, die unbedingt zu den schönsten aller europäischen Fische gezählt werden muß. Es ist dies die vorhin erwähnte Goldschleie.

Außer der Schleie eignet sich unter den Karpfenarten vor allem auch die Barbe (Barbus vulgaris), die das Gebiet aller deutschen Ströme bevölkert, insofern zur Teichwirtschaft, als sie den Hecht im Karpfenteich ersetzt, d. h. die trägen Karpfen aufrüttelt und durch den dadurch bei ihnen angeregten Stoffwechsel günstig auf deren Entwicklung wirkt. Sie erreicht eine Länge von 60–70 cm und ein Gewicht von 4–5 kg, ist gestreckt gebaut und durch die vier als Tastorgane dienenden Bartfäden an der oberen Kinnlade des unterständigen Maules ausgezeichnet. Sie meidet stehendes Wasser, sucht dagegen strömendes Wasser mit sandigem oder kiesigem Untergrund auf. Während des Sommers hält sie sich gern zwischen Wasserpflanzen auf, am Tage mehr ruhend, nachts dagegen Futter suchend, das aus Würmern, kleinen Fischen, Schlamm und winzigen Tieren aller Art besteht. Sobald die Wasserpflanzen im Herbste absterben, an denen sie ihr Futter sucht, begibt sie sich an tiefere Stellen im Flusse und sucht sich hier Zufluchtsorte unter und an Steinen, in Höhlungen und dergleichen, wühlt sich auch wohl am Uferrande ein. Hier hält sie, oft haufenweise angesammelt, eine Art Winterschlaf. Zur Zeit der Fortpflanzung, die in die Monate Mai und Juni fällt, bilden die Barben Züge von hundert und mehr Stück, die in langer Reihe hintereinander herschwimmen, so daß die alten Weibchen den Zug eröffnen, die alten Männchen ihnen folgen, minder alte sich ihnen anreihen und die Jungen den Schluß bilden.

Durch ihre Massenversammlungen zur Laichzeit gibt auch die Nase (Chondrostoma nasus) Veranlassung zu reichem Fang. Sie bevölkert im Donau- und Rheingebiet fast alle Seen, lebt meist gesellig und hält sich fast stets am Grunde auf, sich von Pflanzen, namentlich Wasseralgen aller Art, ernährend, die sie mit den harten Kieferrändern leicht von der Unterlage abzulösen vermag. Um sich fortzupflanzen, zieht sie im April und Mai in Scharen vom Hauptstrom in die Nebenflüsse und von diesen in die Bäche. Hier legt sie die Eier an kiesigen Stellen ab, über die das Wasser rasch hinwegströmt. Ihr Fleisch ist seines Grätenreichtums wegen nicht sonderlich geschätzt.

Einer unserer häufigsten Flußfische ist der Barsch (Perca fluviatilis), dessen gedrungener, seitlich zusammengedrückter, gelber bis grünlicher Leib mit 5–9 vom Rücken gegen den Bauch verlaufenden dunkeln Querbinden versehen ist. Seine Länge übersteigt bei uns selten 25 cm, das Gewicht 1 kg; doch kommen in manchen Seen Stücke von 1,5 bis 2 kg Gewicht vor. Er ist überall im Norden der Alten Welt verbreitet und gedeiht am besten in Seen mit klarem Wasser; doch fehlt er auch Flüssen und tiefen Bächen nicht, geht auch ins Brackwasser und selbst in schwach salzige Meeresteile, wie beispielsweise die Ostsee. In den Flüssen zieht er die Uferseiten und die Stellen mit geringerem Strome der Mitte und dem lebhaften Strome vor, ist auch fähig, in den Seen in größere Tiefen, von etwa 80–100 m, hinabzusteigen und dort zu leben, so daß ihm, mit dem Netz von dort heraufgezogen, infolge des verminderten Luftdrucks durch Ausdehnung der Schwimmblase der umgestülpte Magen blasenförmig zum Munde hervorquillt. Mit Vorliebe jagt er zu kleinen Trupps vereinigt, lauert auch gern in Höhlungen des Ufers auf seine Beute. Seine Freßgier ist so groß, daß er nach jedem Köder schnappt und, auch gefangen, bald das Futter aus der Hand seines Pflegers nimmt. Er läßt sich sehr leicht fangen, dauert auch außerhalb des Wassers längere Zeit aus, läßt sich daher weit versenden, wenn er nur unterwegs von Zeit zu Zeit zur Erfrischung in Wasser getaucht wird. Auch hält er sich Tage und Wochen im engen Fischkasten, was ein weiterer Vorzug ist. Aus der Haut der zum Essen nicht geschätzten jüngeren Fische wird ein der Hausenblase ähnlicher, sehr haltbarer Leim bereitet; die älteren Fische dagegen dienen als wohlschmeckende Speise. Seine Laichzeit fällt von März bis Mai. Im dritten Lebensjahre, wenn er eine Länge von etwa 15 cm erreicht hat, ist er bereits fortpflanzungsfähig und legt bis zu 300000 Eier. Doch vermehrt er sich gleichwohl nicht in größerer Zahl, da Fische und Wasservögel zahlreiche Eier fressen, auch die jungen Fische zahlreichen Feinden ausgesetzt sind.

Den Barsch übertrifft an Wohlgeschmack bedeutend sein Verwandter, der durch ein köstliches schneeweißes Fleisch ausgezeichnete Zander (Lucioperca sandra), der die Ströme und größeren Flüsse Nordost- und Mitteleuropas, in Norddeutschland die Elbe-, Oder- und Weichselgebiete und benachbarten Seen, in Mitteleuropa das Donaugebiet bewohnt, dagegen dem Rhein- und Wesergebiet, ebenso ganz Westeuropa fehlt, auch innerhalb seines Verbreitungsgebietes alle schnellfließenden Flüßchen meidet. Er liebt langsamfließende Gewässer, in deren Tiefe er sich für gewöhnlich aufhält, und erscheint nur während der zwischen die Monate April und Juni fallenden Laichzeit an seichteren, mit Wasserpflanzen bewachsenen Uferstellen, um hier seine Eier zu legen. Als ein außerordentlich raubgieriger Fisch, der alle kleineren Fische auffrißt und seine eigene Brut nicht verschont, wächst er ungemein schnell und erreicht im ersten Jahre bereits ein Gewicht von 0,75, im zweiten ein solches von 1 kg. Auch seine Vermehrung ist eine bedeutende. Sein Fleisch ist wie bei allen Fischen am besten und fettesten vor der Laichzeit, also im Herbst und Winter, muß aber frisch zubereitet werden, da es geräuchert oder gesalzen sehr an Schmackhaftigkeit verliert. An der unteren Elbe wird es demjenigen des Lachses gleichgeschätzt und ist fast eben so teuer. Im Rhein- und Wesergebiet, wo er, wie gesagt, ursprünglich nicht heimisch war, ist er in den letzten Jahren mit so gutem Erfolge eingesetzt worden, daß der Zanderfang für die dortigen Fischer heute schon ein bedeutender Faktor geworden ist. In größeren, an schlecht schmeckenden Weißfischen, Plötzen, Rotaugen, Stinten, Gründlingen und anderen minderwertigen Fischen, die ihm zur Nahrung dienen könnten, reichen Gewässern, kleineren Seen oder Teichen würde sich die auf die Zucht gerade dieses Fisches verwandte Mühe reichlich lohnen.

Ebenfalls sehr empfehlenswert für die Teichwirtschaft ist der den beiden vorigen verwandte, nur 25 cm lang und 250 g schwer werdende Kaulbarsch (Acerina cernua), der überall in Deutschland gefunden wird, nur im Oberrheingebiet fehlt, weil er den Rheinfall von Schaffhausen nicht zu überwinden vermag. Seine Lebensweise ähnelt derjenigen des Flußbarsches. Er zieht klare, tiefe Seen seichteren Gewässern vor, besucht aber letztere während der Laichzeit im April und Mai und wandert dann gewöhnlich truppweise, während er sich sonst mehr einzeln hält. In den Flüssen und Bächen verweilt er bis gegen den Herbst hin; zum Aufenthalt im Winter aber wählt er sich tiefere Gewässer und kehrt deshalb wieder zu den Seen zurück. Seine Nahrung besteht aus kleinen Fischen, Würmern und Kerfen. Der Laich wird auf Steinen abgesetzt. Seinen Fang betreibt man mit der durch einen Regenwurm geköderten Angel oder mit feinmaschigen Netzen. Sein Fleisch wird als sehr schmackhaft geschätzt.

Ihres köstlichen Fleisches wegen wird, wie die verschiedenen Karpfenarten, auch die Schmerle oder Bartgrundel (Nemachilus barbatulus) in manchen Gegenden, so besonders in Böhmen, in kleinen, reichlich mit Schafmist zur Entwicklung von ihr zur Nahrung dienenden Kerbtierlarven beschickten Teichen gezüchtet. Sie lebt darin lange Zeit und zeichnet sich durch ungeheure Gefräßigkeit aus. Ihr Wohngebiet ist Mitteleuropa nördlich der Alpen und reicht im Osten bis zum Ural. In Schweden wurde sie durch Friedrich I., der von 1751 bis 1771 regierte, aus Deutschland eingeführt. Sie hält sich besonders in Flüssen und Bächen mit raschfließendem Wasser auf und verbirgt sich tagsüber unter hohlliegenden Steinen. Erst gegen Sonnenuntergang beginnt ihre die ganze Nacht hindurch währende Jagdzeit. Ihre Laichzeit fällt in die ersten Frühlingsmonate. Das Männchen gräbt mit dem Schwanz ein Loch in den Sand, in welches das Weibchen die Eier legt; dann hält es bis zum Ausschlüpfen der Jungen Wacht am Neste.

Häufiger als die Schmerle findet man in Fischteichen den Hecht (Esox lucius) angesiedelt, der nicht mit Unrecht der „Hai der Binnengewässer“ genannt wird, da er der gefürchtetste Räuber der europäischen Seen und Flüsse ist. Er scheint sich in seichtem, sumpfigem Gewässer ebenso wohl zu fühlen wie in einem tiefen, klaren See und erreicht gelegentlich eine Länge von 2 m und ein Gewicht bis zu 35 kg. Wie ein Pfeil schießt er durch das Wasser auf seine Beute zu, sobald er sie mit seinen scharfen Augen erspäht hat. Seine Gefräßigkeit übertrifft die aller anderen Süßwasserfische. Dabei ist ihm alles recht, von dem er glaubt, daß er es bewältigen könne, bis hinauf zu größeren Vögeln und Säugetieren. Bei solcher Unersättlichkeit ist es kein Wunder, daß das Wachstum dieser Tiere ungemein rasch ist und sie im ersten Jahr 1 kg, im folgenden 2 kg, bei genügender Nahrung sogar 4 und 5 kg an Gewicht erreichen. Ihre Laichzeit fällt in den März und April. Die Eier werden auf seichten, mit allerlei Wasserpflanzen bewachsenen Stellen abgelegt und sind schon nach wenigen Tagen gezeitigt. Von den Jungen findet ein großer Teil im Magen älterer Hechte sein Grab, ein anderer, kaum geringerer, fällt den Geschwistern zum Opfer, die um so rascher heranwachsen, je mehr sie Nahrung finden.

Im Altertum stand das Fleisch der Hechte bei Römern und Griechen nur in geringem Ansehen. Nördlich der Alpen jedoch wurde es von jeher vom Menschen sehr geschätzt und galt besonders in England für teilweise noch besser als dasjenige des Lachses. Auch heute noch ist er als Braten geschätzt und wird schon aus diesem Grunde, nicht nur des Schadens wegen, den er anrichtet, eifrig verfolgt. Außer Netz und Reuse wird besonders die Schmeißangel zu seinem Fange benutzt. Zur Teichwirtschaft eignet er sich vorzüglich, vorausgesetzt, daß man ihn da unterbringt, wo er nicht schaden kann, oder ihm genügenden Vorrat an Fischen gewährt. Er verträgt hartes wie weiches Wasser, darf aber nicht während der Laichzeit eingesetzt werden, weil er zu dieser Zeit leicht absteht. Um die trägen Karpfen in Bewegung zu erhalten, wird er in kleinen Exemplaren, die weiter nicht schaden, auch in Karpfenteichen gehalten.

Bild 51. Ägypter mit dem Landungsnetz fischend.
Auf einem Grabgemälde in Theben. (Nach Wilkinson.)

Nicht in der Teichwirtschaft verwendet, aber gleichwohl meist gern gegessen wird die Brachse (Abramis brama), die 50–70 cm Länge und ein Gewicht von 4–6 kg erreicht. Nördlich der Alpen wird sie überall in den tieferen Süßwasseransammlungen, meist in starken Gesellschaften, gefunden, wo sie den Sommer über im Schlamme nach Nahrung wühlt. Um zu laichen, was stets zur Nachtzeit an seichten, grasreichen Stellen in der Nähe des Ufers geschieht, vereinigt sie sich im Frühjahr zu großen Zügen und wird dann in Menge gefangen. Wenige Tage nach dem Abzuge der Fische wimmeln die seichten Uferstellen von Millionen ausgeschlüpfter Jungen, die sich noch eine Zeitlang auf der Stätte ihrer Geburt umhertreiben und dann ihren Eltern in die Tiefe der Gewässer folgen.

Von den ihres minderwertigen Fleisches wegen nicht besonders geschätzten Süßwasserfischen soll hier nicht die Rede sein. Nur die Lauben- oder Weißfische (Alburnus) mögen noch genannt werden, da man sie regelmäßig fängt, um sie als Köder für andere Fische zu benutzen, und aus ihren feinzerstoßenen Schuppen eine Masse gewinnt, die Glasperlen täuschend das Aussehen echter Perlen zu geben vermag. Die letztere Erfindung wurde in der Mitte des 18. Jahrhunderts von einem französischen Rosenkranzverfertiger gemacht und lange geheimgehalten. Der ölartig dicke Saft kam als Essence d’Orient in den Handel und wurde zum Bestreichen des Innern von Glaskügelchen benutzt, die dann vollkommenen Perlglanz aufweisen. Zur Gewinnung von 500 g Silberglanz sollen gegen 20000 Weißfische nötig sein. Wegen ihrer unermüdlichen Regsamkeit und unterhaltenden Spiellust eignen sich diese Fischchen vorzüglich, wie die Goldfische in engerem Gewahrsam gehalten zu werden.

Bild 52. Fischer im alten Ägypten 1. mit der Grundangel, 2. mit der Angelrute fischend. (Nach Wilkinson.) Der hier gefangene Fisch heißt shilbeh oder arabrab.

Hierzu verwendet man neuerdings bei uns mit Vorliebe die von den Chinesen zur Kulturrasse erhobenen Großflosser (Polyacanthus viridi-auratus), die von europäischen Liebhabern auch als Paradiesfische bezeichnet werden. Es ist dies eine Art Vieldorner mit gestrecktem und seitlich zusammengedrücktem Leib mit sehr großer, halbmondförmiger, zweilappiger Schwanzflosse. Besonders die Männchen sind bunt mit farbigen Querbinden geziert. Die Länge beträgt bloß 8–9 cm. Über das Freileben dieses Zierfischchens fehlt jede Kunde. Wir wissen nur, daß es in China schon recht lange gezähmt worden sein muß und die Chinesen durch sein munteres Wesen erfreute. Deshalb wird es in China allgemein gefangengehalten und wie der Goldfisch behandelt, nur pflanzt es sich auch in engem Raume viel leichter als letzterer fort und ist zudem durch seine Brutpflege interessant. Das Männchen errichtet nämlich mit dem Mund aus von Schleim überzogenen Luftblasen ein Nest, in das es die vom Weibchen gelegten Eier trägt und sorgsam bewacht. Auch nach dem Ausschlüpfen der Jungen hütet es dieselben mit derselben aufopfernden Fürsorge wie das Stichlingsmännchen, das eine analoge Brutpflege in einem Nest aus Pflanzenfasern ausübt. Erst wenn die Jungen seiner Hülfe nicht mehr bedürfen, überläßt es dieselben ihrem Schicksal und frißt sie auch gelegentlich, wie es das Weibchen zu tun pflegt, auf. Die Jungen ernähren sich anfänglich vom Schleim des Schaumnestes, später von kleinen Aufgußtierchen, dann von allerlei winzigem und zuletzt größerem Gewürm wie die Eltern. Ein einziges Paar dieser Fische soll in einem Sommer nicht weniger als sechsmal gelaicht und dabei jedesmal 400 bis 600 Junge erzielt, also zusammen 3000 Nachkommen ins Leben gesetzt haben. Ihr überaus zierliches Wesen, ihre große Fruchtbarkeit und ihre leichte Fortpflanzung in noch so kleinen Behältern empfehlen sie allen Aquarienfreunden aufs wärmste, so daß sie berufen sind, zum großen Teile, wenn nicht ganz, die viel langweiligeren Goldfische zu verdrängen.

Von China kamen die Großflosser schon zu Ende des 18. Jahrhunderts in Spiritus nach Europa. Erst 1867 werden die ersten lebenden Exemplare in Berlin erwähnt, doch wird nicht mitgeteilt, ob sie sich dort auch schon fortpflanzten. Im Jahre 1869 erhielt Dumeril eine Sendung dieser Zierfische, die der französische Konsul Simon in Ningpo mit Sorgfalt ausgesucht und gesandt hatte. Diese pflanzten sich anstandslos fort und auf sie dürfte wohl die größte Zahl unserer europäischen Großflosser zurückzuführen sein.

Zum Schlusse seien noch einige Bemerkungen über die Fischerei der alten Deutschen beigefügt. Zunächst konnte jedermann da fischen, wo es ihm beliebte, bis mit der Ausbildung des Privateigentums an Grund und Boden auch das Recht der Fischerei, wie der Jagd, immer mehr unter Bann getan wurde. Wer in solchen Banngewässern fischen wollte, mußte eine Erlaubnis dazu vom betreffenden Besitzer haben. Der Fischfang geschah vorzugsweise mit Reusen und Netzen verschiedener Art, von welch letzteren die größte sagina, kleinere barsa und tegum hießen, daneben auch mit Angeln, die im Mittelalter bei uns Hamen genannt wurden. Man errichtete mit Pfählen und Rutengeflecht dazwischen sogenannte Vennen (lat. venna), in denen sich die Fische beim Stromaufwärtsschwimmen verfingen und keinen Ausweg mehr fanden. Da die Errichtung und Unterhaltung solcher Vennen viel Holzwerk erheischte, wurde bei Verleihung derselben durch Könige meist auch ein Wäldchen geschenkt, so vom Frankenkönig Arnulf, dem Sohne Karlmanns (regierte 887–899) an ein Kloster. Vor ihm erlaubte Karl der Große 777 dem Kloster Lorch zu ihrer Venne auf dem Rhein aus einem Walde, der keine Fruchtbäume hatte, das nötige Holz zur Unterhaltung und Ausbesserung derselben zu holen.

Außer der Fischerei wurde schon bei den alten Franken auch eine Teichwirtschaft getrieben, indem vor allem die Klöster in Nachahmung der römischen Vivarien ebenso genannte Fischteiche errichteten. Karl der Große befahl seinen Verwaltern auf allen Höfen (villa) Fischteiche zu halten und Fische für den Bedarf des Hofhaltes in Holzkästen bereit zu halten. Nur was nicht gebraucht wurde, durfte verkauft werden.

Bild 53. Fischer mit Netz und Reusen.
(Nach einem Holzschnitt von Jost Ammann 1539–1591).

Als mit der Zunahme der geistlichen Stiftungen die Zahl der zu den kirchlichen Fasten eine Menge von Fischen gebrauchenden Mönche wuchs, wurden von den Hörigen, die Fischfang trieben, die Abgaben in Gestalt von Fischen gefordert; diese wurden meist frisch, seltener eingesalzen oder geräuchert gegessen. Erst später wurden die Abgaben an Fischen teilweise in Geld verwandelt. Mit der fortschreitenden Einschränkung der natürlichen Freiheit gehörte der Fischfang im Mittelalter den jeweiligen Grundbesitzern, die das Recht dazu gegen Entschädigung verleihen oder verbieten konnten. Mit Vorliebe wurde von den Königen und Fürsten das Recht des Fischens an Laien und Klöster verliehen; solche Fischenzen oder Fischereien kommen in den Urkunden häufig vor. Den Stadtbürgern wurde erlaubt, in dem zur Stadt gehörenden Wasser zu ihrer eigenen Speise, aber nicht zum Verkaufe, mit einem Hamen, ausnahmsweise auch mit Netzen, zu fischen. Unbefugte Fischerei wurde sehr streng bestraft. Fische aus einem Teiche stehlen, war ein größeres Verbrechen, als wenn solches aus gemeinem Wasser geschah; denn solche Fische gehörten nach altem Rechte zum Besitzstand, weil Arbeit darangewendet worden war. Nach dem berühmtesten Rechtsbuch des Mittelalters, dem ums Jahr 1230 aufgezeichneten Sachsenrecht, dem „Sachsenspiegel“, gab derjenige, der in gegrabenen Teichen fischte, 30 Solidi oder Goldschillinge im Goldwerte von etwa 10 Mark (tatsächlich aber viel mehr) Strafe, d. h. zehnmal mehr als in gemeinem Wasser, und ward zudem gepfändet, wenn man ihn in „handhafter Tat ergriff“.

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