XXVIII. Die Transpender.

Das Tier war dem Menschen der älteste Fettlieferant, den später mit dem Aufkommen des Hackbaues und dem Anpflanzen gewisser Öl in ihren fettreichen Samen liefernder Pflanzen das vegetabilische Fett wenigstens bei den Kulturvölkern mehr und mehr verdrängte. Gleichwohl nimmt auch der gesittete Kulturmensch gern die Fettquellen des Tierreichs in Anspruch, um seinem gesteigerten Bedarf nach solchen Genüge zu tun. Unter diesen sind die Transpender die wichtigsten. Es sind dies alles dem Leben im Wasser angepaßte Raubtiere, teilweise geistig sehr hochstehende warmblütige Säugetiere, deren Körper zur Aufrechterhaltung der bedeutenden Eigenwärme in dem sehr viel besser als die Luft die Wärme leitenden nassen Element eine dicke Schicht eines schlechten Wärmeleiters umgibt. Diese warmhaltende Fettumhüllung in Form einer massenhaften Ansammlung von im Lebendzustande flüssigem Fett im Zellgewebe vermindert zugleich das bedeutende Gewicht der meist eine gewaltige Größe erreichenden Tiere, läßt sie dementsprechend leichter in der salzigen Flut schwimmen und hilft zugleich den riesigen Wasserdruck bzw. die Schwankungen desselben beim raschen Hinabtauchen in große Tiefen und Wiederauftauchen ohne Schaden ertragen. Und je nördlicher das Wohngebiet der betreffenden Tierart sich erstreckt, je größer also die Wärmeabgabe im eisigen Meerwasser ist, um so mächtigere Fettschichten sammelt das betreffende Tier um sich an.

Die gesuchtesten, weil ausgiebigsten Fettspender sind die heute nur noch im hohen Norden in einiger Zahl vorkommenden Wale, die man nach ihrem Gebiß in Zahn- und Bartenwale einteilt. Beide Arten von Tieren sind Räuber, die ausschließlich von tierischer Beute sich ernähren. Während aber die Zahnwale auch größere Tiere, besonders Tintenfische und Fische in teilweise größerer Meerestiefe erbeuten und fressen, ernähren sich die nur in ihrer Jugend rudimentäre Zähne aufweisenden und später kammartig von den Rändern des Gaumens herabhängende Barten aus Fischbein ausbildenden Bartenwale von winzigen pelagischen Weichtieren, meist Flügelschnecken, die sie zu Tausenden mit jedem Schluck Meerwasser in die Mundhöhle aufnehmen. Beim Schließen und Zusammendrücken der Mundhöhle fließt das Wasser durch das Nachobenpressen der gewaltigen Zunge seitwärts durch die feinen Lücken des Fischbeinsiebes in Gestalt der Barten ab, während die kleinen Weichtiere zurückbleiben und durch den engen Schlund in den Magen und Darmkanal zur Verdauung und Assimilation aufgenommen werden. Diese Fischbeinsiebe sind bei manchen Walen nur wenige Dezimeter, bei vielen aber auch 4–5 m lang und ebensoviele Dezimeter breit. Das Fischbein von Walen der besten Art wiegt zuweilen 1500 kg, ist für die Industrie außerordentlich wertvoll und kann für manche Zwecke kaum durch einen andern Stoff ersetzt werden; von anderen Arten aber ist es so kurz, schlecht und brüchig, daß es nur einen niedrigen Preis erzielt. Diese letzteren, die schon für 1 Mark das Kilogramm zu haben sind, bilden nicht den Gegenstand des eigentlichen Fischbeinhandels, der ausschließlich mit den Barten der rückenfinnenlosen Glattwale sich beschäftigt. Diese nennt man deshalb auch die Rechtwale (engl. right whales), und zwar unterscheidet man als die besten die „Polarbarten“ des Grönlandwals, dann die an Güte nächstfolgenden „Nordwestbarten“ des Japanwals und endlich die „Südseebarten“ des Südpolarwals, deren Verwendung im eigenen Lande der Weltmarkt den Japanern und Australiern um so weniger streitig macht, als sie kleiner und weniger elastisch sind als jene. Für die Damenkonfektion und die Peitschenindustrie, wofür das Fischbein heute noch unersetzlich ist, werden die Fischbeinlamellen in großen Dampfkesseln erhitzt und dann nach Entfernung der minderwertigen Außenteile von Reißern genannten Arbeiten dem Fasernwuchs entsprechend der Länge nach gespalten. Diese Stangen werden von Arbeiterinnen weitergespalten, auf rotierenden Filzscheiben poliert und grosweise zum Versand fertiggemacht. Mit der zunehmenden Abnahme der Wale ist das Fischbein außerordentlich teuer geworden, so daß es schon heute einen kostbaren Artikel darstellt.

Die Wale sind ins Wasser gegangene und dementsprechend umgestaltete Huftiere, wie die Seekühe ins Wasser gegangene Elefantenverwandte und die Robben ins Wasser gegangene Raubtiere sind. Im Gegensatz zu den durch Kiemen atmenden Fischen haben die durch Lungen atmenden Wale als mächtiges Auftriebswerkzeug zum regelmäßigen Emporsteigen an die Oberfläche des Wassers zum Luftatmen eine wagrechtstehende Schwanzflosse ausgebildet und fehlt bei ihnen, weil als Wärmeschutz des Körpers überflüssig, das bis auf wenige Borsten an Kinn und Oberlippe aufgegebene Haarkleid der Säugetiere. Zur raschen Bewegung im Wasser wurde der Hals unterdrückt und wurden die sieben Halswirbel zu schmalen, platten Scheiben zusammengepreßt, die vielfach noch untereinander verwachsen sind. Vom Schultergürtel ist nur noch das Schulterblatt vorhanden, während die vorderen Gliedmaßen mit einer Überzahl von Fingern zu Steuerflossen verändert wurden. Von den hinteren Gliedmaßen sind nur noch im Fleisch verborgene Rudimente vorhanden. Die markhöhlenlosen Knochen sind mit Fett erfüllt. Am Schädel ist der Hirnteil ausnehmend klein, doch ist die Intelligenz der Wale nicht so gering, wie man vermuten könnte. Die Sinnesorgane sind nicht besonders entwickelt, das Gesicht ist schlecht, das Gehör ziemlich gut, der Geruch vollkommen fehlend. Die auf dem höchsten Teile des Kopfes ausmündende Nase ist nur ein Luftkanal, der unten in den fest verschließbaren Kehlkopf mündet und die während des langen Schwimmens unter Wasser in den Lungen zurückgehaltene körperwarme Atmungsluft mit großer Gewalt nach außen schleudert. Diese ist mit Feuchtigkeit gesättigt und verdichtet sich in der kalten Atmosphäre der nordischen Meere zu einer Art Dampfstrahl. Das ist das sogenannte „Spritzen“ der Wale. Der mehrfache Magen deutet auf Huftierverwandtschaft. Das Blutgefäßsystem zeichnet sich durch häufige Auflösung der größeren Blutgefäße in sogenannte Wundernetze aus, die offenbar den chemischen Atmungsprozeß, d. h. die Abgabe von Sauerstoff und Aufnahme von Kohlensäure seitens des Blutes, verlangsamen und so den Tieren langes Anhalten des Atems und damit langes Tauchen ermöglichen. Besonders an Herz- und Lungenschlagader finden sich sackförmige Blutbehälter, in welchen sich sowohl arterielles als venöses Blut ansammeln kann. So können große Wale 10–20 Minuten, bei Verfolgung sogar bis eine Stunde unter Wasser bleiben. Die Brutpflege ist dem Wasserleben angepaßt. Die Milchdrüsen liegen in Vertiefungen zu beiden Seiten der Geschlechtsöffnung und die Milch wird dem Jungen, das meist in einer wenig tiefen Bucht sehr hoch entwickelt geboren wird und sogleich der Mutter folgt, durch den Druck eines besonderen Muskels ins Maul gespritzt, sobald es dieses in die erwähnte Vertiefung hineinstreckt. Wie die Tragzeit bei den größeren Arten bis auf zwei Jahre geht, ist die Säugezeit auf mindestens ein Jahr anzunehmen. Dabei wird das Junge von der um es sehr besorgten Mutter unter Nichtachtung ihres eigenen Lebens verteidigt.

Die Wale kommen in allen Meeren vor, leben gesellig in sogenannten „Schulen“ und machen, ihrer Lieblingsbeute nachziehend, weite Wanderungen. Während sie früher nicht selten waren, sind sie heute nur noch in geringen Resten vorhanden, was jeder Naturfreund in hohem Maße bedauern muß. Allerdings werden nicht alle Walarten gewerbsmäßig verfolgt, sondern nur alle diejenigen, bei denen der Wert der Ausbeute die Gefahr und Mühe des Fangens und die Kosten der Ausrüstung aufwiegt. Nur beim Küstenfang, der bloß gelegentlich betrieben wird, und zwar wenn eben Wale an den Küsten erscheinen, ist man nicht besonders wählerisch; dann muß die Masse es bringen, wie man zu sagen pflegt. Dabei werden auch kleinere Walarten oft zu Hunderten vermittelst Booten in seichte Buchten getrieben und dort jämmerlich abgeschlachtet. Den Menschen kommt hierbei zustatten, daß die Wale sich leicht durch den Lärm anrückender Boote aufscheuchen und sich in ihrer Verwirrung auf den Strand treiben lassen. Brechen aber erst einige durch die Linie der Boote hindurch, so folgt ihnen unaufhaltsam in geschlossener Masse die ganze Schule und die Menschen haben das Nachsehen. Große Wale dagegen kommen selten der Küste so nahe, daß sie sich auf den Strand treiben lassen; sie müssen kunstgerecht verfolgt und erlegt werden, was früher mit Harpunen geschah, jetzt aber mit aus kleinen Kanonen gefeuerten Granaten mit Widerhaken an etwa 700 m langem, glatt geöltem, ungemein leicht ablaufendem Tau geschieht. Sobald das aus der kleinen, beweglichen Harpunenkanone gefeuerte Stahlgeschoß tief in den Körper des Wales gedrungen ist, explodiert es daselbst, wobei ein zweiter dumpfklingender Schuß ertönt. Dies tötet den Wal meist augenblicklich. Sollte dies nicht der Fall sein und der Wal zu entfliehen versuchen, so spreizen sich beim Anziehen des Harpunentaues die beweglichen Widerhaken der Granate und halten ihn am leicht ablaufenden Taue fest. Vom Blutverlust und vom Ziehen des schweren Schiffes ermattet der Wal bald, stirbt und wird an Bord gezogen, um schon hier oder später am Lande zerlegt zu werden. Im ersteren Falle wird der Körper durch eine starke, vom Vordersteven aus um die Schwanzwurzel geschlungene Kette längsseit mit dem Kopf nach hinten festgelegt und die Speckhülle in Längsstreifen abgelöst, wobei ein Teil der Mannschaft von einem vom Bord herabgelassenen Hängegerüst aus mit scharfen, langgestielten Spaten arbeitet. Ein anderer Teil schneidet die an Bord gehißten Speckstreifen klein und bedient die großen Trankessel, die nur anfangs mit Holz, später mit den Grieben des ausgelassenen Specks geheizt werden. Der so gewonnene Tran wird in Fässer gefüllt und diese werden dann in mehreren Lagen im Schiffsraum verstaut. Ebenso wird das wertvolle Fischbein losgelöst und im Schiff aufgestapelt, um später zu sehr guten Preisen verkauft zu werden.

Die ersten Nachrichten über den Walfang stammen aus dem 9. Jahrhundert von Angelsachsen und Isländern; doch beschränkte man sich damals wesentlich auf den gelegentlichen Küstenfang. Erst seit dem 13. Jahrhundert begannen die Basken als kühne Seefahrer besonders die großen Bartenwale mit eigens zu diesem Zweck ausgerüsteten Schiffen bis nach Grönland hin zu verfolgen. Als mit ihrem politischen Niedergang auch ihre Seeschiffahrt aufhörte, traten besonders holländische, später auch britische Walfänger an ihre Stelle und machten ungeheure Beute. In der letzten Hälfte des 17. Jahrhunderts sandten die Holländer in manchen Jahren etwa 260 Schiffe mit 14000 Seeleuten auf den Walfang aus. Zu Beginn des 18. Jahrhunderts gesellten sich zu ihnen die Engländer in namhaften Kontingenten, so daß die Zahl der Fangschiffe in die Tausende, die der getöteten Wale in die Zehntausende und der Gesamterlös aus diesen in die Hunderte von Millionen ging. Um auch sein Volk an diesem großen Gewinn zu beteiligen, ließ Friedrich der Große gegen das Ende seiner Regierungszeit ebenfalls Walfänger ausrüsten. Doch war damals die goldene Zeit des Walfanges schon vorbei. Im 19. Jahrhundert verringerte sich die Zahl der erbeuteten Wale dermaßen, daß man schon in die entlegensten Gebiete des hohen Nordens und Südens fahren mußte, um überhaupt noch Beute zu machen. Gegenwärtig sind die Nordamerikaner die wichtigsten Waljäger, die auch die Südpolarwelt nach den so geschätzten Tranlieferanten absuchen und noch einigermaßen gute Geschäfte machen, bis auch ihnen einmal durch gänzliche Ausrottung dieser Meeresriesen das Geschäft unmöglich gemacht wird.

Unter allen Walen ist der 18–20 m lang werdende, schwarz gefärbte Grönlandwal (Balaena mysticetus) einer der gesuchtesten, da er 130–200, manchmal sogar 280 Faß Tran und 500–1500 kg dunkles Fischbein in mehr als 380 in der Mitte 3–4 m lang werdenden Platten liefert. Letztere sind sehr geschätzt und kosteten schon 1881 22000 Mark die 1000 kg, heute aber über 56000 Mark. Je nach der Größe repräsentiert dieser Wal einen Wert von 20000 bis 40000 Mark, so daß man begreift, daß er ein sehr gesuchtes Beutetier ist. Er schwimmt in kleinen Gesellschaften den seine Nahrung bildenden Ruderschnecken des Nordens nach, sammelt sich im Herbst in größeren Schulen, um nach Süden zu ziehen, wo er den Winter über verbleibt. Nach der Schätzung Sachkundiger legt er beim gewöhnlichen Schwimmen durchschnittlich 8 km in der Stunde zurück, kann sich aber bei Verwundung mit mehr als doppelter Geschwindigkeit fortbewegen. Verwundet bleibt er bis zu 50 Minuten lang unter Wasser, während er sonst alle 12–15 Minuten zum Atemholen an die Oberfläche kommt. So plump auch sein Leib erscheint, so rasch und geschickt sind seine Bewegungen. Von Natur ist er sehr friedfertig, ja äußerst furchtsam, so daß er die Boote seiner Verfolger nie angreift. Im Frühjahr bringt das Weibchen nach einer Tragzeit von 14 Monaten ein einziges, selten zwei Junge zur Welt, die ein Jahr lang gesäugt werden, wobei sich die Alte etwas zur Seite neigt, um ihnen die Zitze darzubieten. Das Wachstum geht sehr rasch vor sich, so daß das Junge bereits während der Saugzeit eine Länge von 6 m bei einem Umfange von 4 m und ein Gewicht von 6000 kg erreicht.

Im nördlichen Stillen Ozean ist der wichtigste Bartenwal der Grauwal (Rhachianectes glaucus), der im männlichen Geschlecht 11–13, im weiblichen 12–14 m lang wird, oben bläulichgrau, unten fast weiß ist und nur 45 cm lange, spröde gelbe Barten besitzt. Auch er ist infolge der eifrigen Verfolgung sehr selten geworden, so daß er in Gefahr schwebt, ausgerottet zu werden. Der einst auch im Norden sowohl des Stillen als des Atlantischen Ozeans verbreitete Südwal (Balaena australis) kommt im eigentlichen südlichen Eismeer nicht mehr vor. Er war der wichtigste Transpender der baskischen Walfänger, bis er zu Ende des 16. Jahrhunderts bei uns so selten geworden war, daß diese sich dem Fange des wertvolleren Grönlandwales zuwandten.

Weit öfter als diese und besonders der Grönlandwal wird der plumpe Buckelwal (Megaptera longimana) in Schulen angetroffen. Dieser oben schwarze, unten aber dunkelaschfarbene Wal von bis 15 m Länge, mit kurzen, breiten Barten, die grob sind und wenig federn, kommt zu beiden Seiten des Äquators bis zum nördlichen und südlichen Eismeer vor und hat seinen Namen von einer buckelartigen Erhebung auf dem hinteren Teil des Rückens, die eine kleine Rückenflosse trägt. Die bis 4,3 m langen Brustflossen haben ihm den Namen Langflossenwal eingetragen. Er bewegt sich meist sehr lebhaft, wird aber nicht selten an ruhigen, sonnigen Tagen schlafend an der spiegelnden Meeresoberfläche angetroffen. Das Buckelwalweibchen wirft oft zwei Junge und hat, auch wenn es nur eines besitzt, nach der langen Säugezeit kaum mehr Speck. Überhaupt liefert mancher Buckelwal nur 8–10 Faß Tran, während fette deren bis 75 Faß liefern.

Weit größere Kehlhautfurchen als die Buckelwale besitzen die Finnwale, Tiere, die ihren Namen von einer kleinen, sichelförmigen, weit hinten auf dem Rücken stehenden Rückenfinne oder Rückenflosse haben. Diese schlanken Tiere mit flachem, zugespitztem, 1⁄5–1⁄4 der Gesamtlänge einnehmendem Kopf haben nur kleine, schmale, bloß vier Finger in sich bergende Brustflossen und kurze Barten mit grobem Fischbein. Die Mitglieder der in allen Meeren vertretenen Gattung waren früher, solange die echten Wale noch häufiger waren, weniger zahlreichen Verfolgungen durch Walfänger ausgesetzt, da sie sich schneller bewegen und schwerer zu töten sind, zudem weniger Speck und nur ein schlechtes Fischbein liefern. Auf der Nordhalbkugel leben vier Arten, nämlich der selten über 20 m, meist nur 18–19,5 m lange gemeine Finnwal oder Rorqual (Balaenoptera musculus), der oben schiefergrau und unten weiß gefärbt ist und wie der vorige hauptsächlich Fische frißt. Er wird nicht selten in Scharen von 10–20 Stück angetroffen, spielt gern um fahrende Schiffe herum und wird im Schwimmen an Geschwindigkeit und Kraft nur vom Riesenfinnwal (B. sibbaldi) übertroffen, der bis zu 26 m lang wird und bei dieser Länge etwa 90 Fässer Tran liefert. Er besitzt lange Kiefer und große Brustflossen, entwickelt mit seiner mächtigen Schwanzflosse eine unvergleichliche Kraft und treibt beim Ausatmen seinen wasserdampfgesättigten Hauch höher als die anderen Walarten. Schiffen folgt er manchmal auf weite Entfernungen, ist aber weniger kühn als der gemeine Finnwal. Im Frühling zieht er nordwärts und im Herbst südwärts.

Nicht wie diese von Fischen, sondern ausschließlich von kleinen Krebsen lebt Rudolphi’s Finnwal (B. borealis), der bis 16 m lang wird und auf bläulichschwarzem Grunde längliche weiße Flecken aufweist. Er atmet geräuschloser als seine Artgenossen und macht beim Auftauchen statt 5–6 Atemzügen deren nur 1–2. Auch er wird eifrig verfolgt, obschon er nur halb so viel wert ist als der gemeine Finnwal, nämlich nur etwa 700 Mark, und bloß 15–30 Fässer Tran liefert. Der kleinste Finnwal ist der durch seine zugespitzte Schnauze ausgezeichnete Schnabelwal (B. rostrata), der selten über 10 m lang wird. Er ist oben grauschwarz, unten weiß und hat nahezu weißes Fischbein. Er wird in den nördlichen Meeren beider Erdhälften noch ziemlich häufig gefunden, fühlt sich ganz wohl zwischen Eisschollen und wird meist allein, selten paarweise angetroffen. Er besucht gern die Fjorde und Buchten Norwegens, in denen er mit Netzen gefangen und daraufhin mit Speeren getötet wird.

Zu den Zahnwalen gehört als deren von den Walfängern gesuchtester Vertreter der über alle wärmeren Meere verbreitete, im nördlichen oder südlichen Eismeer fehlende Potwal (Physeter macrocephalus). An Größe steht er nur einigen der längsten Bartenwale nach. Die Männchen erreichen 17–18 m Länge, während die schlankeren Weibchen bedeutend kleiner bleiben. Früher sollen gelegentlich Männchen von 24 m Länge gefangen worden sein, die bis 100–120 Fässer Tran lieferten. Außer diesem gewinnt man von ihm noch das sogenannte Walrat oder Spermaceti, ein wasserhelles Öl, das sich vornehmlich im Kopfe des Tieres, dann in einer bis zum Schwanze verlaufenden Röhre und in vielen kleinen, in Fleisch und Fett zerstreuten Säckchen gefunden wird, in der Kälte gerinnt und dann eine weiße Färbung annimmt. Das grobfaserige Fleisch wird von vielen dicken Sehnen durchflochten. Der große Rachen geht fast bis zum Auge und trägt eine Reihe wurzelloser, kegelförmiger Zähne von wechselnder Zahl, weil manche ausfallen und im höheren Alter nicht mehr ersetzt werden. Die Zunge ist mit ihrer ganzen Unterseite am Grunde des Unterkiefers festgewachsen; der Magen ist vierteilig. Gewöhnlich trifft man den Potwal in Gesellschaften an, die 20–30 Stück verschiedenen Alters und Geschlechts unter Anführung von alten Männchen vereinigen. Gern treibt er sich in der Nähe von Steilküsten umher, meidet aber ängstlich die ihm so gefährlichen Untiefen, obwohl er auch dort gelegentlich angetroffen wird. Beim ruhigen Schwimmen gleitet er leicht unter der Oberfläche dahin, bei schnellerem dagegen schlägt er so heftig mit dem Schwanz auf und nieder, daß sein Kopf bald tief untersinkt, bald hoch emportaucht. Gar nicht selten stellt er sich senkrecht ins Wasser, was andere Wale kaum je tun. Er soll in einer Stunde 20–24 km weit schwimmen können. Seine Hauptnahrung bilden große, in ziemlicher Tiefe lebende Kopffüßler, die wir teilweise nur aus Potfischmägen kennen. Von diesen Tintenfischen bildet sich in seinen Gedärmen eine immer eine Anzahl von Krakenschnäbeln aufweisende wachsartige, leichte Masse von verschiedener Färbung, die einen höchst angenehmen Geruch besitzt, durch Kochen sich in ein Öl umwandeln und bei großer Hitze verflüchtigen läßt. Es ist dies der einst als Arznei sehr gesuchte Amber, der heute nur noch in der Parfümerie eine große Rolle spielt. Viel häufiger als aus dem Leibe des Potwals gewinnt man ihn durch Auffischen im Meere, wo man ihn in oft sehr großen Klumpen von bis 90 kg Gewicht antrifft. Außer Tran, Walrat und Amber finden auch die Zähne des Potwals Verwendung. Sie sind zwar im Innern etwas gelblich, doch sehr fest und dienen zur Herstellung von Knöpfen und Spielmarken. 1 kg derselben wird mit 5–8 Mark bezahlt.

Bei der Vielseitigkeit seiner Nutzstoffe ist es kein Wunder, daß diesem Ungeheuer schon lange eifrig nachgestellt wird, obschon er der wehrhafteste aller Wale ist und verwundet ohne Scheu die größten Schiffe angreift, auch nicht selten kleinere Segler und Kutter zum Kentern bringt und die Menschen durch seinen ungestümen Angriff gefährdet. Im vergangenen Jahrhundert haben ihn besonders Engländer und dann Amerikaner im Stillen Ozean verfolgt und große Reichtümer durch ihn gewonnen, da ein ausgewachsenes Männchen Stoffe im Werte von bis zu 20000 Mark liefert. Seit zwei Menschenaltern aber ist der Ertrag des Potwalfanges bedeutend zurückgegangen, weil er bei der jetzigen Seltenheit des Tieres kaum mehr lohnt. Sein Tran wird teuerer bezahlt als anderer Walfischtran. Von ihm gibt es mehrere Abarten. Alle sind so sehr dem Leben auf hoher See angepaßt, daß sie in der Nähe der Küste häufig hilflos werden und stranden.

Hierin stimmen mit den Potwalen die verschiedenen Entenwale (Hyperoodon) überein, die der Hauptsache nach durch gestrandete Exemplare bekannt wurden. Auch sie leben im offenen Meere und ernähren sich von pelagischen Tintenfischen. Sie haben ihren Namen von der schnabelartigen Form ihrer längeren oder kürzeren Schnauze, besitzen aber im Gegensatz zu den Potwalen im Unterkiefer nur ein bis zwei Paar Zähne, die besonders bei den Männchen sehr groß werden. Der gemeinste von ihnen ist der im männlichen Geschlecht 9 m, im weiblichen 7,3 m lang werdende Dögling oder Entenwal im engeren Sinne (H. rostratus), bei dem die beiden an der Spitze des Unterkiefers stehenden Zähne während des Lebens vollständig im Zahnfleisch versteckt bleiben. Dieser in der Jugend oben schwarze, mit zunehmendem Alter aber hellbraun und zuletzt fast gelb werdende Zahnwal ist auf den Norden des Atlantischen Ozeans beschränkt und gehört zu den wandernden Walen, der aber nicht weit über Großbritannien hinaus nach Süden vorzugehen scheint, da man an der Westküste von Frankreich und Spanien noch niemals Exemplare von ihm gestrandet fand, wie dies im Herbste gewöhnlich an den Küsten des Kanals und der Nordsee der Fall ist. Schon früh im Jahre wandert dieser Entenwal nach Norden, um in größerer Tiefe seine größtenteils aus Tintenfischen bestehende Nahrung zu erbeuten. Dem weiten Weg in die Nährgründe entsprechend bleibt er sehr lange unter Wasser und atmet sehr schwer, wenn er wieder auftaucht. Mit großer Lebendigkeit schwingt er sich gelegentlich hoch in die Luft, um nach Artgenossen Umschau zu halten; denn, wenn er auch meist in einzelnen, übrigens gewöhnlich noch jungen Stücken, ausnahmsweise auch als altes Weibchen mit seinen beiden Jungen auf den Strand gerät, trifft man ihn als geselliges Tier meist in Herden von 4–10 Stück. Sie werden manchmal von einem der allerdings häufig einzeln lebenden erwachsenen Männchen geführt und vom Geselligkeitstrieb so beherrscht, daß die Mitglieder einer Herde bei einem verwundeten Genossen bleiben, bis er tot ist, so daß man bisweilen sämtliche Mitglieder einer Herde nach und nach töten kann. Die Erbeutung des wenig furchtsamen, dagegen, wie es scheint, sehr neugierigen Döglings wird auch durch dessen Gewohnheit, um die Schiffe herum und darunter hinweg zu schwimmen, sehr erleichtert; doch ist er sehr zählebig. Alte Männchen haspeln rasch die ganze Harpunenleine ab und bleiben zuweilen zwei Stunden unter Wasser, um anscheinend völlig munter wieder zu erscheinen. Dennoch ist sein Fang lohnend genug, da erwachsene Männchen in ihren Köpfen wenigstens 100 kg Walrat haben und außerdem mehrere Faß Tran liefern.

Auf der südlichen Erdhalbkugel, wie es scheint, in größerer Anzahl vertreten als auf der nördlichen, sind die in verschiedenen Arten bekannt gewordenen Riemenzahnwale (Mesoplodon), so genannt, weil die beiden, gewöhnlich nicht am Ende, sondern mehr in der Kiefermitte stehenden Zähne des Unterkiefers zwar zugespitzt, aber seitlich stark zusammengedrückt sind, wodurch sie namentlich bei einer Art der Gattung, bei der sie stark verlängert und gebogen sind, eine riemenartige Gestalt annahmen. An den europäischen Küsten ist der etwa 4,5 m lang werdende Sowerby’s Riemenzahnwal (M. bidens) der häufigste. Er ist durch einen fast geraden Schnabel, von welchem an sich der Kopf allmählich wölbt, um vor dem Atemloche eine ziemlich starke Hervorragung zu bilden, und durch seine verhältnismäßig kleinen Zähne gekennzeichnet.

Den Entenwalen näher steht der sehr weit verbreitete, aber seltene und nur von gestrandeten Stücken bekannte Cuvierswal (Ziphius cavirostris). Bei ihm sind die an der Spitze des Unterkiefers stehenden beiden Zähne gut entwickelt. Von allen Walen aber strandet am allerhäufigsten der zu den Rundkopfwalen gehörende Grindwal (Globiocephalus melas), dessen große Geselligkeit ihm bei Gefahr regelmäßig verderblich wird. Kaum ein Jahr vergeht, in welchem nicht hier oder da eine größere oder geringere Zahl dieser Tiere, die zu den wichtigsten Nutztieren der Nordländer gehören, auf den Strand läuft. Im Jahre 1779 verunglückte eine Herde von 200, 1805 eine solche von 300 Stück auf den Shetlandinseln; in den Jahren 1809 und 1810 wurden gar 1110 Stück in einer nach den Grindwalen Walfjord genannten Bucht auf Island durch die eifrigen Bemühungen der Menschen ans Ufer geworfen, und 1845 sollen in einem Zeitraum von sechs Wochen 2080 Stück auf den Faröerinseln in ähnlicher Weise erbeutet worden sein. Überall, wo sich Herden dieses Tieres zeigen, erfolgt eine allgemeine Jagd auf sie. Die ganze Fischerflotte der Nachbarschaft eilt unverzüglich aufs Meer, um den Tieren durch Bildung eines aus Booten bestehenden Halbkreises den Rückzug abzuschneiden und die ganze Grindwalgesellschaft in eine Bucht oder dergleichen hineinzutreiben, wobei man die Tiere durch Werfen von zu diesem Zwecke reichlich mitgenommenen Steinen zu erschrecken sucht, wenn sie durchzubrechen versuchen. Gelingt der auf den Faröerinseln noch durch Seile, mit Strohpuppen von Boot zu Boot gezogen, erschwerte Durchbruch auch nur einem einzigen Wal, so ist die ganze Gesellschaft für die Fischer verloren, weil dann die übrigen Tiere trotz aller Bemühungen der Fischer dem ersten folgen. Gelingt es aber, die Grindwale in seichtes Wasser zu treiben, so drängen sie in ihrer Angst so ungestüm vor, daß sie stranden. Dann eilt die ganze Bevölkerung mit allerlei Waffen, wie Harpunen, Speeren, Beilen, Pickeln, Spaten u. dgl. herbei, um unter heillosem Geschrei den hilflosen Tieren den Todesstreich zu geben. Weithin färbt sich das Meer vom Blut der Gemordeten rot. Solcher Tag bedeutet einen Festtag für die Insulaner; denn bei der meist gewaltigen Beute gibt es Fleisch und Speck die Fülle. Zuerst werden Leber, Herz und Nieren als besondere Leckerbissen gegessen; dann labt man sich an Fleisch und Speck, und was man von diesen nicht essen kann wird eingesalzen oder getrocknet. Auf jeden Grindwal rechnet man eine Tonne Tran. Unter allen Angehörigen der artenreichen Delphinfamilie ist der Grindwal einer der größten. Er wird nämlich etwa 6 m lang und bildet unter allen Walen die größten Scharen, nämlich Gesellschaften, die nicht selten 200–300 Stück zählen und gelegentlich aus 1000, ja selbst aus 2000 Tieren bestehen. Wenn das Leittier dieser sonst das hohe Meer bewohnenden Wale in seichtes Wasser gerät und dort festgerannt ist, folgen ihm die übrigen Mitglieder der Herde blindlings, wodurch eben ganze Scharen stranden und verderben. Er geht ziemlich weit nach Norden, nämlich bis Grönland, und kommt in verschiedenen Abarten in fast allen Meeren vor, scheint aber im Mittelmeer selten zu sein. Er besitzt in jeder Kieferhälfte nur 8–12 auf das vordere Ende der Kiefer beschränkte kleine Zähne, ist einförmig schwarz gefärbt — deshalb wird er auch Schwarzwal genannt — von Natur sehr sanftmütig und ernährt sich vorzugsweise von Tintenfischen, daneben aber auch von Fischen und Weichtieren. Er ist durch seinen schnabellosen, fast kugelförmigen Kopf, durch eine lange, niedrige, dicke Rückenflosse und durch lange, schmale Brustflossen ausgezeichnet. Von den Mundwinkeln bis zu den Brustflossen erstreckt sich ein weißer Fleck.

In allen Meeren rings um den Nordpol lebt ebenfalls meist in großen Gesellschaften der auch Beluga genannte Weißwal (Delphinapterus leucas). Dieses 5–6 m lang werdende Tier ist in der Jugend hell graubraun, erwachsen dagegen gelblichweiß und entbehrt der Rückenflosse. Große Herden der Weißwals treten namentlich an den Küsten von Spitzbergen und Nowaja Semlja auf. Gern besucht der Weißwal die Mündungen von Flüssen, in die er beträchtliche Strecken weit hinaufsteigt. Er ernährt sich von Kopffüßlern, Fischen und Krebsen und gerät gelegentlich bei der Verfolgung von Heilbutten oder Flundern in seichtes, ihm kaum das Schwimmen erlaubendes Wasser. Oft ziehen die Mitglieder einer Herde in einzelnen Reihen, selten mehr als zwei oder drei der Tiere nebeneinander, unregelmäßig auftauchend dahin, wobei sie oft ein schwaches Gebrüll ausstoßen. Wo er nur kann, macht der Nordländer Jagd auf ihn. Wie den Grindwal sucht man ihm durch vor die Eingänge der Fjorde und Buchten aufgestellte Netze den Rückweg zum Meer zu versperren und ihn mit Harpunen und Lanzen zu töten. Im offenen Meere ist ihm dank seiner Geschwindigkeit und Gewandtheit kaum beizukommen, so daß die Walfänger meist auf seine Jagd verzichten, obschon er einen Handelswert von durchschnittlich 60 Mark besitzt. Die Zirkumpolarvölker schätzen ihn außerordentlich hoch und benützen alle Teile von ihm. Auch die Europäer verwenden außer dem Tran, von dem ein ausgewachsenes Tier über 450 Liter gibt, das Fleisch und die Haut, die in England als Tümmlerhaut verkauft und in Rußland zu Pferdegeschirr u. dgl. verarbeitet wird. Wenn auch gefangene Weißwale in der Gefangenschaft bald sterben, so erweisen sie sich als leicht zähmbar und gelehrig. Wiederholt wurden diese Tiere im Westminsteraquarium in London vorübergehend gehalten.

Ebenfalls eine hochnordische Delphinart ist der Narwal oder das See-Einhorn (Monodon monoceros), ein gewöhnlich in kleinen, 15 bis 20 Stück starken Scharen auftretendes Tier von 4–5 m Länge, unten weiß, oben dunkelgrau gefärbt, mit unregelmäßigen, verwaschenen, helleren und dunkleren kleinen Flecken dazwischen. Abgesehen von einigen kleinen, verkümmerten, unregelmäßig auftretenden Zähnen ist der weibliche Narwal zahnlos, was auch für das Männchen gelten würde, wenn dieses nicht durch einen im Oberkiefer stehenden 2–2,5 m langen und an der Wurzel einen Umfang von 20 cm besitzenden Stoßzahn ausgezeichnet wäre. Dieser Zahn gehört in der Regel der linken Oberkieferhälfte an, ist schraubenförmig, und zwar immer von links nach rechts gewunden, auf dem größeren Teil seiner Länge hohl und besteht aus einer sehr dichten, sahnenfarbigen, elfenbeinartigen Masse. Äußerst selten entwickeln sich bei einem Männchen zwei Stoßzähne, wie sie sich z. B. an einem Narwalschädel des Museums von Cambridge finden, an dem auch der rechte Zahn merkwürdigerweise von links nach rechts gedreht ist. Dieser Stoßzahn dient den Männchen bei ihren Kämpfen um die Weibchen. Die Tiere sind sehr lebhaft und spiellustig, ernähren sich ebenfalls vorwiegend von Tintenfischen, daneben von verschiedenen Krebsen und kleinen Fischen. Wie bei allen Walen werfen die Weibchen meist nur ein einziges, nur ausnahmsweise zwei Junge, die von ihnen lange gesäugt und sorgsam behütet werden.

Wegen der sehr geschätzten Stoßzähne, seines trefflichen Fleisches und seines gewöhnlichen Waltran an Güte übertreffenden Tranes hat der Narwal heute in allen den Walfängern zugänglichen Meeren bedeutend an Zahl abgenommen. Südlich des Polarkreises kommt er nur ausnahmsweise in verirrten Exemplaren vor. So weiß man nur von drei Narwalen, die zwischen den Jahren 1648 und 1808 an der Küste Englands auftauchten und erlegt wurden. An der deutschen Nordseeküste wurden nur im Jahre 1736, aber zweimal, solche beobachtet und erlegt. Bei der ungeheuren Seltenheit des Tieres an den nördlichen Küsten Europas kann es nicht wundern, daß man seine Stoßzähne, denen man allerlei Wunderkräfte zuschrieb, mit ungeheuren Summen bezahlte. Galten sie doch als vom Einhorn der Bibel abstammend, weshalb dieses fabelhafte Tier im englischen Wappen auch solche Zier trägt. Kaiser und Könige ließen sich oft mit dem zierlichsten Schnitzwerke versehene Stäbe daraus verfertigen und sich nachtragen, auch wurden die kostbarsten Bischofsstäbe daraus geschnitzt. Noch im 16. Jahrhundert bewahrte man im Bayreuther Archiv auf der Plassenburg vier Narwalzähne als außerordentliche Seltenheit auf. Einen derselben hatten zwei Markgrafen von Bayreuth von Kaiser Karl V. für einen großen Schuldenposten angenommen, und für den größten wurde von den Venezianern noch im Jahre 1559 die ungeheure Summe von 30000 Zechinen (= 198000 Mark) angeboten, ohne daß es ihnen gelungen wäre, in den Besitz desselben zu gelangen. Ein Zahn, der in der kurfürstlichen Sammlung zu Dresden an einer goldenen Kette hing, wurde auf 100000 Reichstaler geschätzt.

In den gemäßigten Meeren, auch im Nordatlantischen Ozean, in der Nordsee und im Mittelmeer lebt der fast 4 m lange, hauptsächlich Tintenfische fressende Risso’s Delphin (Grampus griseus). Viel verbreiteter und auch weiter nach Norden gehend ist der 9 m, meist aber 5–6 m lange Schwertwal (Orca gladiator), der nirgends häufig ist und sich nur in kleinen Gesellschaften teils in offenem Meere, teils nahe den Küsten umhertreibt, um Beute zu machen. Er ist nicht nur der größte, sondern auch der raublustigste und gefräßigste aller Delphine, der nicht bloß von Fischen, sondern auch von Seehunden und kleinen Delphinen lebt. Er ist so unersättlich, daß er gelegentlich vier oder mehr Tümmler nacheinander verschlingt. Im Magen eines gegen 5 m langen Schwertwales befanden sich einmal nicht weniger als 14 Seehunde. Ja, er greift gelegentlich sogar die größten Wale, darunter den Grönlandwal, an, um ihnen ganze Stücke Fleisch aus den Seiten und von den Lippen zu reißen. Schon Plinius weiß in seiner Naturgeschichte zu erzählen, daß der orca junge und alte Wale angreift und sie mit seinen großen Zähnen zerfleischt. „Die Wale können weder ausweichen, noch Widerstand leisten und suchen nur zu entfliehen und das hohe Meer zu erreichen; ihre Feinde aber versperren ihnen den Weg, treiben sie in die Enge und jagen sie auf die Sandbänke oder Klippen. Solche Kämpfe bieten ein erhabenes Schauspiel dar und die Wogen brausen und schäumen infolge des Schlachtgetümmels, als ob der ärgste Wirbelwind wütete.“ Obgleich der Schwertwal sehr viel Tran besitzt, wird doch nirgends regelmäßig Jagd auf ihn gemacht.

Der gemeinste Delphin unserer Meere ist der Tümmler oder Braunfisch, auch Meerschwein genannt (Phocaena communis), der 1,5–2, in seltenen Fällen auch wohl 3 m lang wird. Er lebt im ganzen Norden des Atlantischen Weltmeers, wandert gegen den Winter nach Süden, im Frühling wieder nach Norden und verfolgt dann die Heringe mit solchem Eifer, daß er den Fischern die Netze zerreißt. Seine Gefräßigkeit ist sprichwörtlich, er verdaut außerordentlich schnell und bedarf einer ansehnlichen Menge von Nahrung. Gesellig wie alle Delphine, findet man ihn nur in kleinen Scharen mit überraschender Schnelligkeit durch die Wellen dahineilen. Er zieht im Gegensatz zu den anderen Walen die Küstengewässer dem hohen Meere entschieden vor und tummelt sich, wie schon die Alten wußten, besonders lebhaft vor und während eines Sturmes im Wasser umher. Selbst in der schwersten Brandung weiß er der Gefahr des Strandens zu entgehen und schwimmt spielend um die Schiffe, denen er begegnet. Früher wurde er auch seines Fleisches wegen, jetzt wird er hauptsächlich zur Gewinnung seines Tranes und seiner Haut, die gewöhnlich als Haut des Weißwals auf den Markt gelangt, verfolgt.

Viel berühmter als er und mit den merkwürdigsten Fabeln bedacht ist unter den verschiedenen eigentlichen Delphinen der gemeine Delphin (Delphinus delphis). Dieser etwa 2,3 m lange, gewöhnlich oben dunkelbraune und unten weiße Zahnwal besitzt eine schnabelförmig ausgezogene Schnauze und ist durch seine ungewöhnliche Lebendigkeit und Spiellust allen Seefahrern bekannt. Früher wurde er an den meisten Küsten Europas seines Fleisches wegen gejagt; nur die alten Griechen und Römer hielten das Töten dieses dem Meeresgotte heiligen Tieres für eine Sünde und Schande. Plinius sagt von ihm, daß er gegen den Menschen freundlich gesinnt sei, die Musik, besonders den Ton der Wasserorgel sehr liebe und leicht so zahm werde, daß er sich mit Brot füttern lasse. Unter der Regierung des Kaisers Augustus habe ein Delphin im Golf von Puteoli (dem heutigen Pozzuoli) bei Neapel eine solche Zuneigung zu einem Knaben, der ihn mit dem Namen Simon anrief und mit Brot fütterte, gefaßt, daß er jedesmal erschien, wenn er gerufen wurde, dem Knaben aus der Hand fraß, ihn durch seine Stellung zum Aufsitzen einlud und ihn mitten durch das Meer nach Puteoli in die Schule trug und ihn von dort wieder nach Hause brachte. Dies sei mehrere Jahre so gegangen, bis der Knabe an einer Krankheit starb. „Jetzt kam der Delphin noch oft traurig ans Ufer geschwommen und überlebte, ohne Zweifel von Sehnsucht gequält, seinen Geliebten nicht lange.“ Mehrfach weiß Plinius nicht nur von Knaben, sondern sogar von Männern zu berichten, die von Delphinen weithin übers Meer getragen worden seien. „Alles dies,“ fährt er fort, „macht auch die Geschichte des Arion glaublich. Er war zu Schiffe und die Matrosen wollten ihn wegen seiner Schätze ermorden. Da bat er um die Erlaubnis, nochmals seine Kithara erklingen lassen zu dürfen. Beim Klang der Töne versammelten sich die Delphine, und als er sich ins Meer stürzte, ward er von ihnen aufgenommen und ans Ufer von Tänarum (am Peloponnes) getragen.“ Nach ihm sollten in einem See an der Rhonemündung die Delphine, zu Hilfe gerufen, den Menschen die Fische ins Netz treiben und dafür mit einem Teil der Beute und mit in Wein getauchtem Brot gefüttert werden.

Im Mittelalter war man auch in den Mittelmeerländern weniger skrupulös gegen diesen „Liebling Poseidons“ und harpunierte ihn gern, um ihn als geschätzte Fastenspeise wie die eigentlichen Fische zu verzehren. In der Neuzeit wird der Delphinfang besonders an der atlantischen Küste Nordamerikas mit starken Netzen eifrig betrieben und scheint sich reichlich zu lohnen, da 3,5 m lange Stücke des in allen gemäßigten und warmen Meeren verbreiteten großen Delphins (Thursiops tursio) etwa 110 Liter Tran liefern. Auch die in den großen Strömen Indiens und Südamerikas vorkommenden Flußdelphine, die kaum über 2 m Größe hinausgehen, werden vielfach ihres Fleisches und Tranes wegen gejagt.

Als Transpender viel wichtiger als diese Zwergwale sind die mancherlei großen Robben, die heute eine Hauptbeute der Walfänger bilden. Auch diese ins Wasser gegangenen Raubtiere haben sich weitgehend, wenn auch lange nicht so wie die Wale, dem Wasserleben angepaßt. So haben sie die beiden Hinterbeine zu einem kräftigen Ruderschwanze zusammengelegt, der die vorwärtstreibende Kraft beim Schwimmen ist. Beim Geradeausschwimmen werden die Vorderflossen an den Körper angezogen gehalten und nur bei Richtungsänderung werden sie zu Hilfe genommen. Am weitesten in der Umbildung der Hinterfüße zu reinen Flossen ist der Seehund gegangen, der sich am Lande wie eine Spannerraupe bewegt und sich durch rasch aufeinanderfolgende hüpfende Bewegungen des ganzen Körpers vorwärts schnellt. Das geringste Maß der Umbildung der Extremitäten zu Flossen zeigt das Walroß, das sich durch die starke Verkürzung der Schenkelknochen auf dem Lande zwar auch noch unbeholfen, aber doch ganz nach Art der großen Landtiere vorwärtsbewegt, indem es je ein Vorder- und ein Hinterbein gleichzeitig vorsetzt. Zwischen diesen beiden Extremen finden wir bei den Robben alle möglichen Übergänge.

Die Haut der Robben ist äußerst elastisch und liegt dem Körper nur lose auf, damit sie sich bei der Anhäufung des Fettes im Unterhautzellgewebe nach Belieben dehnen kann. Bei ihnen ist das Haarkleid nur spärlich geworden und nicht ganz ausgemerzt wie bei den Walen; es ist so reichlich mit Talg eingefettet, daß es durchaus kein Wasser annimmt. Äußere Ohren, wenn auch sehr kleine, haben noch die danach auch Ohrenrobben genannten Seelöwen. Die Ohröffnungen können durch willkürliche Muskeln verschlossen werden. In der Ruhe sind die schlitzförmigen Nasenlöcher durch elastische Knorpel verschlossen, können aber willkürlich durch strahlig angeordnete Muskelbündel geöffnet werden. Der Geruch ist außerordentlich scharf, wie überhaupt das Gehirn ein verhältnismäßig hochentwickeltes Raubtiergehirn darstellt, das von guter Intelligenz zeugt. Die Hornhaut der großen, klug dreinblickenden Augen ist dem Brechungswinkel der Lichtstrahlen im Wasser entsprechend flach gewölbt, während dafür die Linse als Anpassung an das Wasserleben fast kugelig ist. Entsprechend der weichen Fischnahrung sind die Zähne verhältnismäßig schwach, besonders die Schneidezähne sehr klein und hinfällig. Das Milchgebiß verschwindet schon vor oder unmittelbar nach der Geburt. Das Nahrungsbedürfnis ist groß und der Stoffwechsel ein rascher. So frißt der gemeine Seehund täglich etwa 7,5 kg Fische, der viel größere kalifornische Seelöwe dagegen 20 kg. Am Herzen und an den großen Gefäßen sind durch Erweiterungen und Auflösungen in sog. Wundernetze Vorrichtungen getroffen, die es den Flossenfüßlern ermöglichen, verhältnismäßig lange unter Wasser zu bleiben, ohne atmen zu müssen. Die Tiere leben gesellig; die meisten derselben haben sog. „Brutplätze“, an denen sie sich stets wieder zur Fortpflanzung einfinden. Zuerst erscheinen auf denselben die Männchen, und zwar vorzugsweise alte, die höchst eifersüchtig aufeinander sind und als Polygamisten möglichst viel Weibchen für sich in Anspruch zu nehmen suchen. Bei ihren Kämpfen um die Weibchen brüllen die größeren Robben, besonders die Walrosse, furchtbar, während bei den kleineren die Lautäußerungen mehr dem Bellen eines heisern Hundes gleichen, woher auch der Name „Seehund“ herrührt. Bald nach der Ankunft der kleineren und schlankeren Weibchen an den „Brutplätzen“ werfen sie ihr meist einziges Junges. Sehr selten werden deren zwei geboren, die für junge Raubsäugetiere merkwürdig entwickelt sind, so daß die gefährliche Zeit der Säugung je nach der Größe der Art nur 4–8 Wochen dauert. Wie die eifersüchtigen Männchen während des Bewachens der von ihnen erkämpften Weibchen ausschließlich vom angesammelten Speck zehren, fressen auch die Weibchen auf dem Lande nichts während der Säugungszeit, da sie von den Männchen gewaltsam vom Besuche des Meeres abgehalten werden. Diese Robbenansammlungen bei Gelegenheit der Fortpflanzung werden vom Menschen zum Robbenschlag benutzt. Erst nach Verlust des sehr weichen Jugendkleides begeben sich die jungen Flossenfüßler ins Meer, wo die Mütter sie schwimmen, tauchen und Fische fangen lehren. Dabei werden sie von jenen aufs sorgsamste beschützt. Die Weibchen haben 2–4 Paar weit nach hinten liegender Zitzen und behalten die Jungen bis zur Geburt des folgenden Sprößlings bei sich. Die Seehunde sind sehr liebenswürdige und gelehrige Geschöpfe, die, abgerichtet, ihrem Herrn die Fische ins Netz treiben und unschwer allerlei Kunststücke lernen.

Überall auf ihren „Brutplätzen“ werden die verschiedenen Robbenarten mühelos erbeutet. So sind sie an vielen Orten beinahe ausgerottet worden. Früher pflegte man in Grönland etwa 33000, bei Neufundland über 500000 und bei Jan Mayen mindestens 30000 Stück des bis 2 m lang werdenden grönländischen Seehundes oder der Sattelrobbe — so genannt von einem eigentümlichen an einen Sattel erinnernden schwarzen Fleck auf dem Rücken (Phoca groenlandica) — jährlich zu erbeuten, da dieses Tier in großen Scharen auftritt und deshalb einen Hauptgegenstand der Robbenjagd im nördlichen Atlantischen Ozean bildet. Die Sattelrobben waren einst so massenhaft auf ihren „Brutplätzen“ vorhanden, daß eine Schiffsbesatzung an einem einzigen Tage 500–800 erwachsene und 2000 junge Tiere tötete. Im Jahre 1866 erbeutete ein einziger Dampfer in neun Tagen deren 22000 Stück. So wurde denn, um der Ausrottung des Tieres zu wehren, im Jahre 1876 den britischen Untertanen eine Schonzeit für Sattelrobben auferlegt, ein Beispiel, das bald darauf auch in anderen Ländern nachgeahmt wurde.

Von den andern hochnordischen Robbenarten, die mehr einzeln auftreten, sich von der Küste stets fernhalten und im März auf Treibeis ihre Jungen gebären, werden jährlich nur etwa je 1000–3000 Stück erbeutet. Einer der mutigsten dieser Seehunde ist die von den Robbenschlägern Klappmütze genannte Blasenrobbe (Cystophora cristata), deren bis 3 m lang werdende Männchen einen mit der Nase in Verbindung stehenden blasenartigen Sack willkürlich mit Luft aufblähen können. Das nicht bloß von Fischen, sondern zum größten Teil auch von Tintenfischen lebende Tier gehört zu den wandernden Robbenarten und verteidigt sich nicht selten auch gegen den Menschen so mutig, daß deren Jagd für die Eskimos in ihren leichten, aus Robbenhaut verfertigten Booten nicht ungefährlich ist. Der größte nordische Seehund ist die im männlichen Geschlecht eine Länge von 3 m erreichende Bartrobbe (Phoca barbata), die mehr einsiedlerisch lebt, aber von den Eskimos gern gejagt wird, da ihre dicke Haut zur Anfertigung von Harpunenleinen sehr geschätzt ist und ihr Fleisch und Tran schmackhafter als die anderer Robben sein sollen.

Die größte Robbe ist die in den Männchen bis 6 m Länge und ein Gewicht von über 3000 kg erreichende Elefantenrobbe (Macrorhinus leoninus), die ihren Namen davon hat, daß die Männchen nicht den gewöhnlichen Robbenkopf der Weibchen und Jungen haben, sondern einen kurzen, gewöhnlich schlaff herunterhängenden, aber willkürlich aufblähbaren, an der Spitze schief abgeschnittenen Rüssel haben, der den Tieren ein höchst sonderbares Aussehen verleiht. Die Elefantenrobbe bewohnt das Südpolarmeer bis in die gemäßigteren Regionen und geht in einer Abart an der Westküste Amerikas bis über Kalifornien hinauf. Vor 20–30 Jahren war sie noch ziemlich häufig, ist aber überall infolge der unsinnigen Verfolgung recht selten geworden. Dies läßt sich sehr wohl begreifen, da die Tranausbeute bei alten, gut genährten Männchen gegen 1000 Liter beträgt. Vor 60 und 70 Jahren wurden allein an der patagonischen Küste jährlich durchschnittlich 40000 Elefantenrobben erschlagen. Auf den Kerguelen, die bei ihrer Entdeckung von ihnen wimmelten, hatten einmal nordamerikanische Robbenschläger, die rohesten und rücksichtslosesten dieser Mordgesellen, so ungeheure Mengen Tran von diesen Tieren eingeheimst, daß der Markt damit überfüllt war und sie keinen Absatz dafür fanden. Kurz entschlossen verbrannten sie die zahllosen mitgebrachten mit Tran gefüllten Fässer, um nicht die Preise zu drücken. Welche Niedertracht liegt nicht in solch unsinniger Handlung!

Weniger der Gefahr der Ausrottung ausgesetzt als die Elefantenrobbe ist das das nördliche Eismeer und die nördlichen Teile des Atlantischen und Stillen Ozeans in zwei Unterarten bewohnende wehrhafte Walroß (Trichechus rosmarus), die ungeheuerlichste aller Robben, von der im Mittelalter die wunderlichsten Sagen in Europa kursierten. Einen eingezalzenen Kopf desselben sandte ein Bischof von Drontheim 1520 an den Papst Leo X. nach Rom; dieser wurde in Straßburg abgezeichnet und der Züricher Naturforscher Konrad Geßner gab eine ziemlich richtige Beschreibung von ihm. Einen guten, ausführlichen Bericht von ihm gab erst Martens von Hamburg, der zu Ende des 17. Jahrhunderts das Walroß im Eismeere selbst zu sehen bekam. Das Tier erreicht bei einem Umfang von 2,5–3 m und einem Gewicht bis 1500 kg eine Länge von 4,5 m. Das Gebiß des jungen Walrosses ist demjenigen der Ohrenrobben ähnlich zusammengesetzt. Von den ursprünglich 30 Zähnen behalten ausgewachsene Walrosse nur 18, von denen die zwei oberen wurzellosen Eckzähne zu gewaltigen Hauern werden, die nahezu 80 cm lang und gut 4 kg schwer werden können. Infolge der rücksichtslosen Verfolgung sind aber Hauer von solcher Größe selbst bei ausgewachsenen Männchen jetzt schon sehr selten. Eckzähne von 60 cm Gesamtlänge und 2 kg Gewicht können schon als stark entwickelt gelten und ragen etwa 45 cm weit aus dem Kiefer hervor. Die Eckzähne der weiblichen Walrosse werden selten mehr als 50 cm lang. Beim pazifischen Walrosse mit breiterer und höherer Schnauze sind sie länger und stärker, dazu mehr gegeneinander geneigt. Sie dienen dem Tiere dazu, seinen unförmlichen Körper aus dem Wasser aufs Eis hinaufzuziehen und unterstützen es auch bei seinem unbeholfenen Forthumpeln über Land. Der Hauptdienst aber, den sie seinem Träger leisten, besteht darin, daß das Walroß mit ihnen Schlamm und Sand gewissermaßen durchpflügt, um darin nach Schaltieren zu suchen. Außer Tintenfischen, Fischen und Krebsen sind nämlich Muscheln die Hauptnahrung dieser Tiere, die deren Schalen mit ihren Mahlzähnen zertrümmern und dann wieder ausspucken. Mit der Beschaffenheit ihrer Nahrung hängt es zusammen, daß die Walrosse sich selten auf hohem Meere, sondern meist in der Nachbarschaft des Ufers aufhalten, und zwar in mehr oder weniger großen Herden, deren Gebrüll man schon aus weiter Entfernung vernimmt. Ihrer Herdentiernatur entsprechend tun sie sich zur Verteidigung eines verwundeten Genossen zusammen und greifen dann ungescheut feindliche Boote an, die sie mit ihren mächtigen Hauern leicht zum Kentern bringen. Außer auf dem Lande werden sie auch vom Wasser aus in besonders dafür gebauten starken Booten verfolgt, wobei man ihnen den Rückzug ins Wasser zu verlegen sucht; denn die das Meer erreichenden Stücke entkommen dem Jäger gewöhnlich. Man sucht sie mit Harpunen zu spießen, um sie dann ans Land zu ziehen und dort mit langen Lanzen oder durch Büchsenschüsse zu töten. Fett liefern die Walrosse zwar verhältnismäßig weniger als die eigentlichen Robben, denn die größten Stücke geben selten mehr als 250 kg. Auch ist das Walroßfett weniger fein als das Robbenfett. Die 2,5–4 cm dicke Haut wird zu Sattelzeug, besonders zu starken Schuhsohlen und Ruderriemen verarbeitet. Wertvoller als sie sind die allerdings den Elefantenstoßzähnen weit an Güte nachstehenden Hauer, die in Amerika 1879 nur 40 Cents, 1883 aber schon 41⁄2 Dollar das Pfund kosteten.

Während die Walrosse früher an den Küsten Nordeuropas in größerer Zahl vorkamen und südwärts bis Schottland wanderten, sind sie heute selbst auf Grönland und Spitzbergen so selten geworden, daß sich ihre Erbeutung nur noch als Nebenbetrieb des Walfanges lohnt. Auf der Bäreninsel beim Nordkap wurden bei einer Gelegenheit deren innerhalb sechs Stunden nicht weniger als 600–700 getötet und ein anderes Mal in kaum sieben Stunden 900–1000 abgeschlachtet. In weniger als acht Jahren waren sie dort ganz ausgerottet. Auf einer Insel bei Spitzbergen stach man an einem einzigen Tage über 900 Walrosse tot, die man unbenutzt liegen ließ, da man auf das Wegschaffen einer solchen Beute nicht eingerichtet war. Ähnlich sinnlos wurde auch anderwärts gegen diese auf dem Lande wehrlosen Tiere vorgegangen. Bei Labrador tötete die Besatzung des französischen Schiffs Bonaventura im Jahre 1589 1500 große und kleine Walrosse auf einer kleinen Insel, und 1593 tötete die Besatzung eines französischen Schiffes so viele derselben, daß deren Knochen noch jahrelang künstliche Strandstrecken bildeten. Zu jener Zeit scheinen Walroßhauer sehr geschätzt gewesen zu sein und wurden fast ausschließlich an den Tieren benutzt; sie kosteten doppelt so viel als das beste Elfenbein und wurden zu Kämmen und Messerschalen verarbeitet. Das pazifische Walroß war niemals so verbreitet als das atlantische. Sein Vorhandensein im nördlichen Stillen Ozean wurde um die Zeit von 1640–1645 bekannt; aber eine regelrechte Jagd auf es begann erst 1680, da der Walfang bis dahin viel vorteilhafter war. Mit der zunehmenden Verminderung der Wale wandten sich die Walfänger mehr und mehr dem Walroß zu, und zwischen 1870 und 1880 wurden rund 2 Millionen Gallonen Walroßtran und 400000 Pfund Walroßzähne auf den Markt gebracht, was einer Beute von etwa 100000 Walrossen entsprach.

Ebenso mitleidlos schlachtete der Mensch einen andern Riesen der Schöpfung ab, so daß dieses Wunder der Natur bald nach seinem Bekanntwerden überhaupt ausgerottet war. Es ist dies das gewaltige Borkentier, eine 7,5–9 m Länge mit einem Bauchumfang von 5,5 bis 6 m und einem Gewicht von 4000 kg aufweisende Seekuh, mit der am 12. Juni 1742 die schiffbrüchigen Leute des im Jahre zuvor auf der nach ihm benannten Insel verstorbenen jütischen Schiffskapitän in russischen Diensten Vitus Bering bekannt geworden waren. Nach dem Arzte der Expedition, G. W. Steller, einem eifrigen Naturforscher, der die erste Beschreibung dieses merkwürdigen Tieres gab, wird es auch Stellersche Seekuh (Manatus gigas) genannt. Die 4 cm dicke, dunkelgefärbte Lederhaut war so rauh und runzelig, daß sie von Steller der Rinde oder Borke eines Baumes verglichen wurde. Dieses stumpfsinnige Tier lebte gesellig in Herden in der Nachbarschaft von Flußmündungen und fraß Tang, namentlich die dort in reichlicher Menge vorkommenden Laminarien. Ihr Unvermögen zu Tauchen zwang diese unbeholfenen Geschöpfe ihre Nahrung in seichtem Wasser zu suchen, und da Stürme und Eis die Küsten ihres nordpazifischen Wohngebiets oft schwer zugänglich machten, waren die Tiere im Frühling gewöhnlich stark abgemagert. Auf diesen leicht zu erbeutenden Fleischlieferanten aufmerksam geworden, lebten in der Folge alle Pelzjägerexpeditionen von ihm und nahmen große Vorräte von dessen Fleisch eingesalzen mit sich fort. Die Pelzjäger pflegten sich dem unbeholfenen Tier, während es in seichtem Wasser lag, vorsichtig zu nähern und zu versuchen, ihm einen tödlichen Lanzenstich beizubringen. Natürlich wurden so nur wenig Seekühe auf der Stelle getötet; die Mehrzahl entfloh ins tiefere Wasser, unterlag dort der Verwundung, um dann später ans Ufer gespült zu werden und nutzlos zu verfaulen, zumal das Borkentier so schnell in Verwesung überging, daß sein Fleisch schon 24 Stunden nach dem Tode wertlos war. Von den 1500–2000 Borkentieren auf den 15 für sie geeigneten Weideplätzen der Beringinsel wurde das letzte 1767 oder 1768 getötet. Im Jahre 1754, nur neun Jahre nach der Entdeckung der Insel, war das Borkentier auch auf der kleinen Kupferinsel ausgerottet. Bis zum Jahre 1883 waren zwei Skelette in den Museen von St. Petersburg und Helsingfors und zwei im Britischen Museum in London aufbewahrte Rippen alles, was der Wissenschaft von Überbleibseln dieses Wunders der Schöpfung übrig geblieben war. Da brachte der im Auftrag des Nationalmuseums der Vereinigten Staaten zur Forschung nach Borkentierskeletten ausgesandte Stejneger im Laufe von zwei Jahren noch ansehnliche Reste von Schädeln und Knochen zusammen, die sich in verschiedenen Tiefen des Sandes fanden und dadurch aufgefunden wurden, daß man eiserne Stäbe in den Sand hineinstieß. Viele Knochen fanden sich so weit vom Ufer entfernt, daß die Annahme naheliegt, die Insel habe sich seither gehoben.

Dieselbe geistige Beschränktheit haben die anderen noch existierenden, gesellig als Pflanzenfresser an seichten, tangbewachsenen Küsten oder im Süßwasser lebenden Seekühe. Wie den Walen fehlen ihnen die hinteren Gliedmaßen und ist infolgedessen das Becken verkümmert, so daß dessen Reste teilweise gar nicht mehr mit dem übrigen Skelett verbunden sind. Die Knochen, besonders des Kopfes und der Rippen, entbehren einer Markhöhle, sind massig und schwer, um das Sinken dieser Tiere an ihren Weideplätzen zum Abgrasen des Seetangs zu erleichtern. Sie haben einen deutlich abgesetzten Hals mit nicht verwachsenen Wirbeln, im Gegensatz zu den äußerlich ganz zu Fischen gewordenen Walen. Die äußere Gehöröffnung erinnert durch ihre auffallende Kleinheit noch an die Wale, aber Augen und Nase liegen oben am Kopf an ihrer gewöhnlichen Stelle, die äußeren Nasenlöcher sind mit einer Klappe versehen. Das Zwerchfell steigt von vorn unten auffallend schräg nach hinten oben, so daß sich die Brusthöhle nach rückwärts fast über die ganze Bauchhöhle hinweg erstreckt. Mit den sehr geräumigen Lungen können die Tiere ohne einzuatmen bis 8 Minuten aushalten. Die Mundhöhle ist mit hornigen Kauplatten versehen und die Backenzähne wachsen zeitlebens nach, indem sie entsprechend der Ausnutzung nach und nach erscheinen. Die Hände haben bloß vier Finger, jeder aus drei schlanken Gliedern bestehend und durch eine gemeinsame Haut vereinigt. Zu Beginn des Frühjahrs kämpfen die Männchen um den Besitz der Weibchen, die nach längerer Tragzeit stets nur ein Junges werfen, das sie mit größter Mutterliebe umgeben und beim Säugen mit einer der Flossen an eine der beiden brustständigen Zitzen halten. Ihre Stimme besteht in einem schwachen, dumpfen Stöhnen, während des Atmens vernimmt man auch ein heftiges Schnauben. Von ihnen finden Fleisch und Speck, Haut und Zähne Verwendung.

An den Küsten des Indischen Ozeans lebt der nach der malaiischen Bezeichnung für Meerkuh genannte Dujong (Halicore dujong). Halicore heißt Seemaid, so auch deutsch geheißen nach der schon von Plinius und Älian erzählten Fabel, daß an den Küsten Indiens Seetiere in Gestalt von Satyrn mit Weibergesichtern leben, deren Körper nach hinten in lange, gewundene Schwänze auslaufen und die statt der Füße Flügel haben. Nachts kämen sie aus dem Wasser ans Land, um Gras und Palmenfrüchte zu fressen, und in der Morgendämmerung kehrten sie ins Meer zurück. Dieser 3–5 m lange Dujong bevorzugt die Nähe der Küste, die reich mit ihnen Nahrung bietenden Meeresalgen bewachsen ist, und lebt dort paarweise oder in kleinen Familien, alle paar Minuten zum Atmen an die Wasseroberfläche kommend und dann langsam wieder in die Tiefe versinkend. So lange es noch Nahrung an einer Stelle gibt, verändert das faule Tier kaum seinen Aufenthaltsort. Erst wenn eine Meerwiese abgeweidet ist, siedelt es langsam nach anderen tangbewachsenen Stellen über, welche ihm wieder eine Zeitlang Nahrung liefern. Besonders die Jungen haben äußerst zartes, weniger fettes, süßliches Fleisch, das vom Menschen sehr begehrt ist, weshalb die Tiere von den Anwohnern gern gejagt werden. Das an der Luft getrocknete harte Leder gibt vortreffliche Sandalen.

Während der Dujong höchstens Flußmündungen aufsucht, geht der die Ostküste Mittel- und Südamerikas und die Westküste Afrikas bewohnende ebenso große und bis 400 kg schwere Lamantin — eine französische Verballhornung des spanischen Manati, d. h. mit Händen versehen — (Manatus latirostris und andere Arten) von den Küsten weit die Flüsse aufwärts und bei Überschwemmungen auch in Seen und Sümpfe, wo er die an ruhigen Stellen reichlich wachsenden Wasserpflanzen abweidet. Da auch sein Fleisch vorzüglich, wenn auch ziemlich fett ist, wird ihm überall mit Eifer nachgestellt. Eingesalzen und getrocknet bleibt es sehr lange gut und soll nach einem Schriftsteller des 16. Jahrhunderts sogar Gnade vor den Feinschmeckern am spanischen Hof gefunden haben. Unter den fortwährenden Verfolgungen ist er an den meisten Stellen, wo er einst sehr häufig war, verschwunden und allgemein sehr selten geworden. Die weit ins Innere hineingehende westafrikanische Art ist schwarzgrau und wird nur etwas über 2 m lang. Die bleigraue gewöhnliche südamerikanische Art wird selten über 3 m lang und bildete einst ein beliebtes Jagdobjekt für die Eingeborenen, denen sein schmackhaftes Fleisch als besonders lecker gilt.

Endlich wäre noch als einst für die Seefahrer wichtiger Fett- und Fleischlieferant die Dronte oder der Dodo (Didus ineptus) zu nennen. Dodo kommt vom portugiesischen doudo, d. h. Tölpel. Dieser Name wurde dem reichlich truthahngroßen Girrvogel der Insel Mauritius gegeben, weil er äußerst wenig scheu, wozu seine geringe geistige Begabung beigetragen haben mag, mit ungemein plumpem, schwerfälligem Körper auf kurzen, watschelnden Beinen dem Menschen entgegentrat. Der große Kopf trug einen starken, hakenförmigen Schnabel; der Körper war spärlich mit lockerem, grauem, auf der Brust braunem Gefieder bedeckt und trug an Flügel und Schwanz gelbliche oder schmutzigweiße steife Federn. Infolge Fehlens von Feinden hatten diese Vögel ihre Flugfähigkeit eingebüßt und sich durch reichliche Ernährung zu den reinsten Fettkugeln entwickelt, die den ersten Schiffen, die dort landeten, willkommenen lebenden Proviant lieferten. Als erster schreibt der holländische Admiral Jakob Cornelius van Neck von ihm als Walckvogel, rühmt aber sein Fleisch nicht besonders. Besser mundete es der Mannschaft des 1601 auf Mauritius landenden holländischen Schiffes eines gewissen Wilhelm van West-Zannen, den die reiche Beute sogar zu einem Gedicht begeisterte. An einem Tage erbeutete seine Mannschaft 24, am folgenden 20 der großen, überaus schweren Vögel, von denen sie insgesamt nicht einmal zwei bei einer Mittagsmahlzeit verzehren konnten. Bei der Abfahrt nahm sie einen großen Vorrat an eingesalzenen Dronten mit. Andere holländische Schiffe folgten dem Beispiele Zannens, schwelgten in Dodo- und Landschildkrötenfleisch, nahmen Mengen von eingesalzenen Vögeln mit und ließen die Reihen der Dronten stark gelichtet zurück. Deshalb ist es nicht zu verwundern, daß sich der letzte Bericht über lebende Dronten im Schiffstagebuche des englischen Steuermanns Benjamin Harry findet, der Mauritius im Jahre 1681 besuchte. Schon 1693, also noch nicht ein Jahrhundert nach seiner Entdeckung, war die Dronte ausgerottet; denn Leguat, der sorgfältige Beschreiber eines damit verwandten, etwas weniger schwerfällig gebauten, ebenfalls längst ausgerotteten Vogels, des Einsiedlers (Pezophaps solitaria) der Insel Rodriguez, erwähnte sie nicht mehr und bemerkt überdies, daß Wasserhühner und Schildkröten dort selten geworden seien. Kurz nach der Ausrottung der Dronte verließen die Holländer, die bis dahin Mauritius besetzt hielten, die Insel, von der die Franzosen 1715 Besitz ergriffen, um sie 1811 an die Engländer abzutreten. Dieser wiederholte Besitzwechsel hatte zur Folge, daß alles Wissen über den sonderbaren Vogel verloren ging und nicht einmal in der mündlichen Überlieferung weiterlebte. Auch waren die wenigen, übrigens längst verloren gegangenen, in Museen aufbewahrten Stücke des Dodo so wenig bekannt, daß selbst einige Naturforscher am früheren Vorkommen eines solchen Vogels zu zweifeln begannen. Diese Zweifel wurden jedoch durch verschiedene Veröffentlichungen wieder zerstreut, und im Jahre 1866 gelang es, beträchtliche Mengen von Dronteknochen zu sammeln. Sie fanden sich ausschließlich im Bodenschlamm des unter dem Namen mare aux songes, d. h. Traumpfütze, bekannten großen Moores, das mit dem Land herum noch zu Beginn des 19. Jahrhunderts dicht mit großen Bäumen bedeckt war, deren Früchte einst den Dronten zweifellos als Nahrung dienten. Die hier gefundenen Überreste scheinen von einst friedlich hier verstorbenen Dronten zu stammen; denn keiner unter den im Moore aufgefundenen Knochen zeigt Spuren einer Benagung. Als einzige Darstellung der Dronte sind solche auf zwei Gemälden von Roland Savary und seinem Neffen Johann, holländischen Malern aus der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts, auf uns gekommen. Diese malten den Vogel nach lebend nach Holland gebrachten Exemplaren. So räumt der Mensch unbarmherzig und gedankenlos mit allem auf, was sich ihm in der Schöpfung an wehrlosen, aber ihm irgendwie nützlichen Geschöpfen entgegenstellt.

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