13.

Drei Verwandlungen muß der menschliche Geist durchmachen, bis er sich selbst gefunden hat. Dies lehrt Zarathustra. Ehrfürchtig ist der Geist zuerst. Er nennt Tugend, was auf ihm lastet. Er erniedrigt sich, um seine Tugend zu erhöhen. Er sagt: alle Weisheit ist bei Gott, und Gottes Wegen muß ich folgen. Gott legt mir das Schwerste auf, um meine Kraft zu prüfen, ob sie auch stark sei und geduldig ausharre. Nur der Geduldige ist stark. Gehorchen will ich, sagt der Geist auf dieser Stufe, und ausführen die Gebote des Weltengeistes, ohne zu fragen, was der Sinn dieser Gebote ist. Der Geist fühlt den Druck, den eine höhere Macht auf ihn ausübt. Nicht seine Wege geht der Geist, sondern die Wege dessen, dem er dient.

Es kommt die Zeit, wo der Geist inne wird, daß kein Gott zu ihm redet. Dann will er frei sein und Herr in seiner eigenen Welt. Er sucht nach einer Richtschnur für seine Geschicke. Er frägt nicht mehr den Weltengeist, wie er sein Leben einrichten solle. Aber nach einem festen Gesetz, nach einem heiligen „du sollst“ strebt er. Er sucht nach einem Maßstab, um den Wert der Dinge zu messen; er sucht nach einem Unterscheidungszeichen von Gut und Böse. Es muß eine Regel für mein Leben geben, die nicht von mir, von meinem Willen abhängt, so spricht der Geist auf dieser Stufe. Dieser Regel will ich mich fügen. Frei bin ich, meint der Geist, aber nur frei, um einer solchen Regel zu gehorchen.

Auch diese Stufe überwindet der Geist. Er wird wie das Kind, das bei seinem Spielen nicht fragt: wie soll ich dies oder jenes machen, sondern das nur seinen Willen ausführt, das nur sich selbst folgt. „Seinen Willen will nun der Geist, seine Welt gewinnt sich der Weltverlorne.“

„Drei Verwandlungen nannte ich euch des Geistes: wie der Geist zum Kamele ward, und zum Löwen das Kamel, und der Löwe zuletzt zum Kinde. — — Also sprach Zarathustra.“

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