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Auf Vorzeichen und Losdeutungen achten sie wie nur irgendein Volk. Das Verfahren beim Losen ist einfach. Sie schneiden den Zweig von einem wilden Fruchtbaum zu Stäbchen, ritzen auf jedes ein bestimmtes Zeichen und streuen sie aufs Geratewohl über ein weißes Tuch hin. Dann hebt, wenn in gemeiner Sache Rat gesucht wird, der Priester, wenn in Sachen einzelner, das Familienhaupt, mit einem Gebet zu den Göttern gegen Himmel aufblickend, nacheinander drei Stäbchen auf und deutet sie gemäß dem zuvor eingeschnittenen Mal. Sind sie nicht günstig, so wird in derselben Sache am gleichen Tage nicht mehr befragt, wenn aber günstig, noch die Bestätigung durch Vorzeichen gefordert. Und zwar ist auch hier geläufig, Vogelstimmen und Vogelflug zu erkunden: eigentümlich aber ist diesem Volke, auch auf die Ahnungen und Warnungen von Pferden zu achten. In den gleichen Hainen und Wäldern, [pg 10]deren ich schon gedachte, werden auf Kosten der Gemeinschaft weiße Rosse gehalten, von keiner irdischen Arbeit berührt. Nun spannt man sie vor den heiligen Wagen, und der Priester mit dem König oder Fürsten geht nebenher und merkt auf ihr Wiehern und Schnauben. Und kein anderes Vorzeichen findet größeren Glauben, nicht nur im niederen Volk, sondern auch bei den Vornehmen und Priestern. Diese halten sich wohl für die Mittler der Gottheit, die Rosse aber für ihre Vertrauten.

Dann gibt es noch eine Art Schicksalserforschung, durch die sie den Ausgang schwerer Kriege erfahren wollen. Aus dem Volk ihrer Gegner stellen sie einen Gefangenen, den sie irgendwie aufgegriffen haben, einem auserlesenen Kämpfer des eigenen Volkes gegenüber, jeden mit seinen heimischen Waffen: der Sieg des einen wie des anderen gilt als Vorbedeutung.

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