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Daß Galliens Macht vorzeiten größer war, meldet der beste Gewährsmann, der erlauchte Julius [Cäsar]; und so darf man wohl glauben, daß auch Gallier nach Germanien hinübergedrungen sind. Denn welch geringes Hindernis bot nicht ein Strom, wenn eines der Völker, eben im Gefühl seiner Macht, her- und hinüber zog und da blieb, wo das Land noch frei und zu keinem Bereich abgegrenzt war? So haben denn in dem Land zwischen Herzynischem Wald und Rhein- und Mainstrom die Helvetier, weiter hinaus die Bojer gewohnt, beides gallische Stämme. Noch lebt der Name Boihaemum und gemahnt an die Vorgeschichte des Landes, obschon seine Siedler gewechselt haben.

Ob aber die Aravisker nach Pannonien von den Osen her, aus germanischem Gebiet, oder die Osen aus dem Land der Aravisker nach Germanien eingewandert sind, das ist nicht zu entscheiden (beide haben noch heute gleiche Sprache, gleiche Satzung und Bräuche): denn die nämliche Armut und Freiheit bot einst an beiden Ufern des Grenzstromes genau so viel Vorteil wie Nachteil.

Treverer und Nervier behaupten sogar mit eifersüchtigem Stolz ihre germanische Abkunft, als würde solcher Adel des Blutes eine Ähnlichkeit mit den erschlafften Galliern aufheben. Am Rheinufer selbst wohnen unzweifelhaft germanische Völker, Vangionen, Triboker, Nemeter. Ja selbst die Ubier, die doch für ihre Verdienste das Recht der römischen Kolonien erhielten und sich lieber nach ihrer Stifterin [pg 23]Agrippiner nennen hören, schämen sich ihres germanischen Ursprungs nicht. Sie waren schon vorzeiten herübergekommen und wurden dann zum Lohn bewährter Treue gerade am Rheinufer angesiedelt, aber als Grenzwächter, nicht als Bewachte.

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