Die Ueberlieferung.

[Abhandlung]

Der Ackermann aus Böhmen ist uns überliefert in vier Papierhandschriften und zwölf Drucken, von welch letzteren jedoch nur die beiden ältesten Ausgaben kritischen Werth besitzen.

Die Hss., insgesammt der Mitte des 15. Jh. angehörig, sind die folgenden:

A, Hs. der königlichen Handbibliothek zu Stuttgart cod. phil. 23 in Folio. Sie ist geschrieben von zwei Händen. Von erster Hand stammen die Stücke: ›der ackerman aus beheim‹, ›der tewtsch katho‹, ›der facetus moralis zu tewtsche‹ und der ›Belial‹. Am Schlusse des letztgenannten Stückes findet sich die Jahreszahl xlix, so dass auch der Ackermann in dem Jahre 1449 geschrieben sein möchte. Die zweite Hand schrieb den Rest der Hs., eine Anzahl gereimter Fabeln. Auf der Innenseite des rückwärtigen Einbanddeckels findet sich folgende Bemerkung: ›1566 [dann folgt ein Kleeblatt] H. M. Andreas Venatorius, Canzleyschreiber‹. Vorne und rückwärts auf den hölzernen Einbanddeckeln ist ein Kreuz ausgeschnitten. Der Ackermann, das erste Stück, nimmt 16 Blätter von je 2 Spalten auf der Seite und noch eine Spalte ein. Auf jeder Spalte befinden sich 32 Zeilen. Die Ueberschriften der einzelnen Capitel sind mit rother Tinte geschrieben, ebenso auch die Initialen eines jeden Capitels, die die Höhe von 2-3 Zeilen erreichen. Besonders gross und ausgezeichnet unter den Initialen ist das J, so Seite 2b, 11a und 17a.

B, Handschrift aus Heidelberg Cod. Pal. Germ. 76. in Folio, ohne Jahreszahl, 31 Blätter enthaltend, auf jeder Seite stehen 28 Zeilen. In ihr befindet sich nur der Ackermann. Sie ist mit 35 colorierten Bildern geziert. Auf jedem Bilde befinden sich zwei Figuren: ein Landmann mit den Attributen seines Standes versehen, und der Tod, in Gestalt eines Menschen mit eingetrockneter Haut,[72] eine Krone auf dem Kopfe, ein Scepter oder einen Stock in der Hand. Die Scene ändert sich mit jedem Bilde: bald befinden sich die beiden Personen im Freien, bald in einem Zimmer. Die Farben sind sehr gut erhalten. Die Capitelüberschriften mit Ausnahme der ersten fehlen, ebenso die Initialen: letztere sollten wol nachgezeichnet werden. Auf dem ersten freien Blatte befinden sich zwei Wappen: drei schwarze Geweihe auf gelbem Felde und ein weisses Kreuz auf rothem Felde. Es sind das die Wappen von Würtemberg und Savoyen, und Besitzer der Hs. war demnach wol Graf Ulrich, der 1453 sich mit Margaretha, Tochter Amadeus VIII., vermählte: s. Stälin Wirtemberg. Gesch. III, 500. Ulrich starb 1480, Margaretha 1479: a. a. O. III, 597.

Dies ist vielleicht dieselbe Hs, die in einer andern Heidelberger Papierhandschrift auf dem 1. Blatte erwähnt wird: Item zu Hagenow py Dypold läber schreyber lert die kinder sind die bücher tütsch: ... item der ackermann vnd belyal gemalt. s. Gesch. der Bildung, Beraubung und Vernichtung der alten Heidelbergischen Büchersammlungen von Friedrich Wilken, Heidelberg 1817. S. 406. Nr. 314.

C, Hs. der königlichen Handbibliothek zu Stuttgart cod. philos. 22 klein 4o aus dem Jahre 1470. Der Ackermann ist in dieser Hs. das letzte Stück und steht auf 26 Blättern, die Seite zu je 24 Zeilen. Der Schluss ist defect, es fehlen etwa 4 Blätter. Voran gehen in der Hs. der ›Melibeus‹, an dessen Schlusse sich die Jahreszahl lxx findet, dann die Romane von den sieben weisen Meistern und Alexander dem Grossen. Die Capitelüberschriften im Ackermann sind hier ebenfalls roth, in gleicher Weise auch die Initialen, in der Grösse von drei Zeilen.

D, Hs. zu Wolfenbüttel signiert 75. 10 Aug. in Folio aus dem Jahre 1468, geschrieben von Konrad von Öttingen. Der Ackermann ist das vierte Stück auf 24 Blättern zu je 33 gebrochenen Zeilen. Ihm voran gehen ›Doctor Gottfrids von Witterben; Apollony strengez leben‹, ›die liepliche hystory von Grysel‹ und ›Gwistardi und Sigismunda‹. Die Ueberschriften im Ackermann sind mit brauner Tinte geschrieben, die Initialen haben verschiedene Grösse und Farbe. Am Schlusse findet sich die Jahreszahl 1468 und der Name des Schreibers. Diese Hs. wird auch von Lessing erwähnt; s. die Ausgabe von Lachmann-Maltzahn XI2 S. 93.

Von den Drucken konnte ich bei der Textherstellung a und b benutzen. Von a hatte ich die Gottschedische Abschrift betitelt: ›Abschrift eines alten Gespräches zwischen einem Wittwer und dem Tode, welches ohngefähr 1400 u. etl. 60 zu Bamberg gedruckt und auf der herzoglichen Wolfenb. Bibl. befindlich ist.‹ Diese Abschrift befindet sich auf der königl. Bibliothek zu Dresden unter der Signatur M. 90. Eine Beschreibung des Originales folgt unten.

Den Druck b habe ich im Originale gebrauchen können. Das wie es scheint einzige Exemplar befindet sich in der herzoglichen Bibliothek zu Wolfenbüttel sign. 19. Z. Eth. Es enthält 18 Blätter; hinter dem dritten, achten und fünfzehnten fehlt je ein Blatt des Druckes, weshalb jedesmal ein weisses Blatt zu etwaigem Nachtrage des Fehlenden eingefügt ist. Ebenso fehlen das drittletzte und letzte Blatt, ohne dass Ersatzblätter eingeheftet wären. Somit entgeht uns vom Texte dieser Quelle das Ende von C. VII und Anfang von C. VIII, E. v. XVII und A. v. XVIII, E. v. XVIII und A. v. XXIX, E. v. XXXI und A. v. XXXII und E. v. XXXIV. Die letzten neun Zeilen des XXIII. C. befinden sich noch auf Blatt 12b, worauf ein freier Raum von einer halben Seite folgt. Die Initialen sind bis C. XVIII incl. vorhanden, von C. XIX an fehlen sie.

Ueber die übrigen Drucke hat Herr Professor Martin mir gütigst Folgendes mitgetheilt.

›Von der ältesten Ausgabe (a) des Ackermannes konnte ich das Berliner Exemplar einsehn, welches aus dem Besitze v. Naglers in das k. Museum gekommen ist, und dort im Kupferstichcabinet unter Nummer D x 12 aufbewahrt wird.

Der Director dieser Abtheilung, Herr Dr. Lippmann, machte mich auf die Beschreibung dieser Ausgabe in der Bibliotheca Spenceriana von Dibdin, Vol. I, London 1814 aufmerksam, worin jedoch meist nach Camus, Mémoires de l’Institut app. vol. II p. 6-8 auf Grund eines in der k. Bibliothek zu Paris vorhandenen Exemplars berichtet wird. Ferner fand ich (Heinecken) Nachrichten von Künstlern und Kunst-Sachen Bd. II (Leipzig 1769) p. 21 angezogen, worin das Wolfenbüttler Exemplar kurz beschrieben ist. Dasselbe ist mit Boners Fabelbuch, welches bei Pfister zu Bamberg 1461 gedruckt ward, zusammengebunden, und stammt nach der Uebereinstimmung der Ausstattung aus derselben Druckerei und derselben Zeit.

Das Berliner Exemplar hat 23 Blätter, indem eins hinter Bl. 2 fehlt, das die Worte des III. Cap. von gethan. Wegt es selber an bis gegen den Schluss des V. wirdenloß und griß (gramig) enthielt.

Bl. 1a ist leer. 1b wird von einem Holzschnitt eingenommen, der wie alle in diesem Exemplar coloriert ist. In einer Halle sitzt der Tod gekrönt auf dem Thron, vor ihm ein Mann in der Kappe, von zwei Knaben begleitet; rechts (vom Beschauer) liegt eine Frau im Leichentuch auf einem Grabstein.

2a (G, roth nachträglich eingemalt, wie alle Initialen) rymmiger abtilger aller leut usw. Auf der Seite stehn 28 Zeilen.

3a ist leer, 3b Holzschnitt: In einer Halle sitzt hinten der Tod auf dem Thron, vor ihm steht der Ackermann; vorn kniet der Pabst und legt die dreifache Krone nieder, neben ihm ebenso ein weltlicher Herrscher, ein Mann mit einem Säckel, und noch ein vierter wird sichtbar.

8b schliesst auf der fünften Zeile von unten.

9a Holzschnitt: Oben jagt der Tod zu Pferd mit Pfeil und Bogen zwei Rittern in ein Burgthor nach; unten mäht der Tod mit der Sense junge Leute nieder; hinter ihm stehen Krüppel und Alte.

9b Des todes widerred das xiii. capitel.

(W)asz poß ist das nenne gut. was gut ist das heiße usf.

16b schliesst auf der fünften Zeile v. u.

17a Holzschnitt: Oben thront der Tod im Freien, vor ihm steht der Ackermann. Unten links treten Mönche aus einer Klosterpforte, rechts in einem Garten bekränzt eine Frau einen Jüngling, eine zweite spricht mit einem andern.

17b Des clagers widerred das xxvii. capitel usf.

21a stehn nur die letzten 10 Zeilen aus dem XXXII. Capitel.

21b Fünfter Holzschnitt: Oben erscheint Gott von Wolken getragen, von zwei Engeln und von Sternen umgeben; er erhebt die Hände, auf denen Wundenmale sichtbar sind. Unten stehn, durch einen Baum getrennt, der Tod und der Ackermann (letzterer fehlt auf dem defecten Blatt des Berl. Exemplars).

22b Zeile 5 ff.

Do pitt der clager fur seiner frauen sele. Die grossen rotē puchstabē die nennē den clager. Vnd dies capitel stet eins gepetes weiß das xxxiiij. capitel.

(I)mmer wachēder wachter ...

Z. 17 mich (O) licht ...

Z. 24 (H)eile und selde ...

Bl. 23a, 8 ... (E)wige lucern ...

Z. 17 ... (S)chaz ...

Z. 21 ... (A)ller ...

Z. 26 ... (N)othelffer ...

23b, 6.. (N)ahender ...

26b, Z. 3. v. u. Schluss: mit innkieit (so!) sprechen amen.

Druckort und Jahr sind also nicht angegeben, ebenso fehlen Signaturen und Custoden.

Dieselben Lettern, dasselbe Format zu 28 Zeilen hat ein Druck ohne Holzschnitte (b), welcher bereits oben beschrieben worden ist.

Alle späteren Drucke stammen wol aus einer andern handschriftlichen Recension, welche D sehr nahe stand: das beweist für die mir näher bekannten schon die Uebereinstimmung des Titels, sowie dass überall der Text beginnt Grimmer (nicht Grimmiger), dass hinter freisamer das Wort morder fehlt, und anstatt unsælden merunge es nun heisst unselige m.

Nur aus Beschreibungen kenne ich

c: s. M. Jos. v. Rieder in (Jäck und Heller) Beiträge zur Kunst- und Literaturgeschichte, I. und II. Heft. Nürnberg 1822 S. CXXI-CXXVIII. Das Exemplar, damals im Besitze Jos. Hellers, hatte 24 Bl. 4o in 3 Lagen, die beiden ersten zu 10, die 3. zu 4 Bl. Auf voller Seite standen 28 Zeilen Text. Auf der ersten Seite stand der Titel:

HIe nach volgend ettliche zů mole kluoger und subtiler rede wissend Wie einer was genant der ackerman von böhem dem gar ein schœne liebe frowe sin gemahel gestorben was Beschiltet den dot vnd wie der dot im wider antwurt und setzet also ie ein cappittel vmb das ander der cappittel sind xxxij. vnd vahet der ackerman an also zů clagen.

Neben diesem Titel links und oben läuft eine Zierleiste hin; unter dem Titel steht ein Holzschnitt, einen Bauern mit Dreschflegel und den Tod mit einer Leichenbinde und von drei Schlangen umwunden darstellend. Derselbe Holzschnitt, nur dass oben noch Gott Vater mit erhobenen Händen erscheint, steht auch unter der Capitelüberschrift: Der entscheit so got der herre dut zwuschen dem tod und dem ackerman. Ein drittes Bild folgt S. 46: Auf einem Kirchhofe kniet der Bauer betend auf einem Grabstein, rechts vor ihm die Frau im offenen Grabe in Leintücher gehüllt, oben Gott Vater mit segnenden Händen.

Am Schluss steht die Zahl LXXIIII; also ist diese Ausgabe 1474 und wie a. a. O. vermutet wird, von Conrad Finer von Gerhausen zu Esslingen gedruckt.

Mit c scheint sehr nahe zu stimmen d eine von Merzdorf im Serapeum 1850 S. 19 beschriebene Incunabel der Oldenburger Bibliothek, allerdings ein defectes Exemplar. 33 Bl. 4o zu 24 Zeilen ohne Signaturen. Merzdorf vermutet als Drucker: Sorg in Augsburg.

Selber vergleichen konnte ich auf der königl. Bibliothek zu Berlin (ebenso wie f k l m) den Druck e. o. O. u. J. und ohne Signaturen. 36 Bl. klein 4o. Unter dem Titel, der von dem in c nur in der Schreibung abweicht (ze male ... tod) steht ein Holzschnitt: die Frau todt auf einem Bette, vor ihr der Tod mit einem Bogen, hinter ihr der Ackermann mit einem Dreschflegel. Aus derselben Offizin stammen auch ein Streit der Seele und des Leibes u. a. Incunabeln der Berliner Bibliothek.

f: 18 Bl. 4o gleichfalls ohne Ort und Jahr, aber mit Signaturen und einem eigentümlichen Titel: Der Ackerman auss behme beclaget den tod seyner frawen; darunter ein Holzschnitt: der Tod mit einer Sense hinter einem Sarg, vorn der Bauer mit seinem Dreschflegel. Blatt A II beginnt (H)ienach u. s. f.

Die übrigen Ausgaben geben das Druckjahr an. Ueber die beiden zunächst folgenden entnehme ich meine Angaben aus Hain, Repertorium, wo auch a b c verzeichnet sind.

g: 32 Bl. 4o zu 22 Z. Am Schluss: Hie endet sich der ackerman. Getruckt vn̄ vollendt durch Anthoni Sorgen zu Augspurg Am Freytage nach Martini In dem LXXXIII. Jar.

h: 20 Bl. 4o zu 32 Z. Bl. 1 vorn leer, auf der Rückseite ein Holzschnitt. Am Schluss: Gedruckt und volendet durch Heinrich Knobloczer zu Heydelberg am dunerstag vor sant Margarethe tag in dem LXXXX. Jar.

i fand ich in einem Katalog der Berliner Bibliothek verzeichnet: Strassburg, Joh. Schott 1500.

k und die folgenden Drucke haben wieder einen neuen Titel: Schone red un widerred eins ackermans und des todes mit scharpffer entscheydung jrs kriegs das eim iegklichen vast nutzliche vnd kurtzweillig zů lesen ist. Pax legentibus. Darunter ein Holzschnitt: Ein Sämann spricht mit dem Tod, dahinter eine Egge von zwei Pferden gezogen, auf dem einen ein Reiter mit Peitsche. Hinten Bauernhof. 18 Bl. 4o; Rückseite des ersten und des letzten leer. Am Schluss: Getruckt zů Strassburg von Mathis hüpfuff als man zalt von Christus geburt m.ccccc. vn zwey Jar.

l ist ganz ähnlich. Der Titel ist erweitert lesen, vnd auch gůt zu hœren ist. Am Schluss: Getruckt zů Strasburg durch den erbaren Martinum Flach. Als man zalt nach der gebůrt Christi. M. D. vnd. XX. Jare.

m trägt einen ganz ähnlichen Titel wie k. Der Holzschnitt stellt den Tod mit Stundenglas und einen Mann im Pelzrock vor. Darunter Zů Basel by Rudolff Deck 1547. 20 Bl. 4o; der Ackermann endet auf Bl. 17 (E) Rückseite; dann folgt Der Seelen clag, wider den abgestorbnen Lyb.

(H)Ie vor in eyner winther zyt
Bschach ein jæmerlicher strit u. ff.

Eine Umarbeitung des von Th. G. v. Karajan, Der Schatzgräber, Leipzig 1842 S. 128 mitgetheilten Gedichts‹.

[Abhandlung]

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