Vermessentlich die Helden zwei scharfe Schwerter zogen,
Dass spannenlange Scherben von ihren Schilden flogen.
Um die Späne von den Schilden weinte manches Weib:
“Sollen zwei Fürsten milde verlieren Leben und Leib,”
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Sprachen sie, “der Königin zu lieb, das ist zu viel!”
“Lasst sie fechten,” sprach Kriemhild, “es ist mir nur ein Spiel.”
Da fochten mit einander die beiden kühnen Degen
Mit ungefügen Sprüngen, dazu mit grossen Schlägen.
Der Küsse dachte Siegfried, die er bei Kriemhild empfing;
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Da kam zu neuen Kräften der kühne Jüngling,
Man sah ihn mordlich fechten, das will ich euch sagen.
Da begann er im Kreise Dietrichen umzujagen.
Da sprach die schöne Kriemhild: “Nun schaut, ihr Frauen mein,
Das ist der kühne Siegfried, der Held vom Niederrhein.
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Wie treibt er den Berner umher auf grünem Feld!
Noch trägt mein lieber Siegfried das Lob vor aller Welt.”
Siegfried der edle war ein starker Mann,
Jetzt lief er gewaltig Dietrichen an;
Er schlug ihm eine Wunde durch seinen Eisenhut,
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Dass man hernieder rinnen ihm sah das rote Blut.
“Wie hält sich unser Herre?” frug heimlich Hildebrand.
“Er ficht leider übel,” sprach Wolfhart allzuhand;
“Eine tiefe Wunde hat er durch seinen Eisenhelm,
Er ist mit Blut beronnen, er ficht recht wie ein Schelm.”
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“Er ist noch nicht im Zorne,” sprach da Hildebrand.
“Nun ruf’ in den Garten, du kühner Weigand,
Und sag’ ich sei gestorben, er habe mich erschlagen;6
Wenn das ihn nicht erzürnet, dann mögen wir wohl klagen.”
Wolfhart rief in den Garten, dass weit die Luft erscholl:
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“O weh mir meines Leides, das ist so gross und voll!
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Hildbrand ist erstorben, wir müssen ihn begraben.
O weh, du Vogt von Berne, was hast du ihn erschlagen!”
“Ist Hildebrand gestorben,” rief der Held von Bern,
“So findet man an Treue ihm keinen gleich von fern.
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Nun hüte deines Lebens, Siegfried, kühner Mann,
Es ist mein Scherz gewesen, was ich noch stritt bis heran.
Wehr’ dich aus allen Kräften, es tut dir wahrlich not.
Uns beide scheidet niemand als des einen Tod.
Ich hab’ um deinetwillen verloren einen Mann,
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Den ich bis an mein Ende nimmer verwinden kann.”
Wie ein Haus, das dampfet, wenn man es zündet an,
So musste Dietrich rauchen, der zornige Mann.
Eine rote Flamme sah man gehen aus seinem Mund.
Siegfried’s Horn erweichte; da ward ihm Dietrich erst kund.
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Er brannte wie ein Drache, Siegfrieden ward so heiss,
Dass ihm vom Leibe nieder durch die Ringe floss der Schweiss.
Den edeln Vogt von Berne ergriff sein grimmer Zorn:
Er schlug dem kühnen Siegfried durch Harnisch und durch Horn,
Dass ihm das Blut, das rote, herabsprang in den Sand;
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Siegfried musste weichen, wie kühn er eben stand.
Er hatt’ ihn hin getrieben, jetzt trieb ihn Dietrich her;
Das sah die schöne Kriemhild, die begann zu trauern sehr.
Der Berner schnitt die Ringe, als wär’ es faules Stroh;
Zum erstenmal im Leben sah man, dass Siegfried floh.
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Da jagt’ ihn durch die Rosen der Berner unverzagt;
Nun säumte sich nicht länger die kaiserliche Magd.
Sie sprang von ihrem Sitze, ein Kleid sie von sich schwang,
Kriemhild in grosser Eile hin durch die Rosen drang.
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Da rief mit lauter Stimme die Königstochter hehr:
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“Nun lasst von Eurem Streite, Dietrich, ich fleh’ Euch sehr.
Steht ab um meinetwillen, und lasst das Kämpfen sein;
Euch ist der Sieg geworden zu Worms an dem Rhein.”
Da tat der Vogt von Berne, als hätt’ er’s nicht gehört,
Er schlug mit seinem Schwerte, schier hätt’ er ihn betört.
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Er hörte nichts von allem, was die Königstochter sprach,
Bis er dem kühnen Siegfried vollends den Helm zerbrach.
Wie viel man der Stühle zwischen die Streiter warf,
Die zerhieb der Berner mit seinem Schwert so scharf.
Da warf sie ihren Schleier über den kühnen Degen;
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So dachte sie dem Gatten zu fristen Leib und Leben.
Da sprach die Königstochter: “Bist du ein Biedermann,
So lass ihn des geniessen, dass er meine Huld gewann.”
Da sprach der Held von Berne: “Die Rede lasset sein;
Wessen Ihr mich bittet, zu allem sag’ ich nein.
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Euch Ritter und euch Frauen, ich bring’ euch all’ in Not;
Ihr müsst vor mir ersterben, da Hildebrand ist tot.”
Alles, was im Garten war, wollt’ er erschlagen,
Dietrich in seinem Zorne, wie wir hören sagen.
Hildebrand der alte tat als ein Biedermann,
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Er sprang in den Garten und rief seinen Herren an.
Er sprach: “Lieber Herre, lasst ab von Eurem Zorn;
Ihr habt den Sieg gewonnen, nun bin ich neu geborn.”
Dietrich der kühne sah Hildebranden an,
Da erweicht’ ihm sein Gemüte, da er stehen sah den Mann.
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Der Berner liess sein Toben, er küsst’ ihn auf den Mund;
“Gott will ich heute loben, dass du noch bist gesund;
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Sonst hätte nicht verfangen ihr Flehen insgemein;
Um Siegfried war’s ergangen: das schuf das Sterben dein.
Nun lass’ ich von dem Harme, da Hildbrand ist gesund.”
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Da schlug die Königstochter sich selber auf den Mund.
Da sprach Frau Kriemhild: “Ihr seid ein biedrer Mann,
Dem man seinesgleichen in der Welt nicht finden kann.”
Auf setzte sie dem Berner ein Rosenkränzelein,
Ein Halsen und ein Küssen gab ihm das Mägdelein.
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Sie sprachen einhellig: “Das mag man Euch gestehn,
Es ward in allen Reichen kein Mann wie Ihr gesehn.”
Siegfried dem kühnen man zu Hilfe kam,
Sie führten ins Gestühle den Degen lobesam.
Man zog ihm ab den Harnisch, dem kühnen Weigand;
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Da verbanden ihm die Wunden die Frauen allzuhand.
1. The locus is the mountains of Tirol. Laurin, the diminutive dwarf-king, has a rose-garden the trespasser upon which must lose a hand and foot. The arrogant Witege, Dietrich’s man, wantonly tramples down the roses; whereupon Laurin assails him, in knightly fashion, on horseback.
2. The ‘pommel’ of his sword.
3. Ecke is a redoutable young giant whose conceit leads him to seek an encounter with Dietrich of Bern. Three queens promise him the choice among them if he brings the famous man to them, so that they can see him. At first Dietrich refuses to fight, but Ecke finally goads him to it with insults. After a fierce battle Ecke is killed.
4. In the archaic sense of ‘mortally wounded,’ ‘doomed to death.’
5. Kriemhild has at Worms a rose-garden which is guarded by twelve famous champions. She challenges Dietrich and his Amelungs to invade her garden if they dare, promising to each victor a kiss and a wreath. Eleven duels, in which Kriemhild’s man is either slain or barely holds his own, precede the encounter between the two invincibles.
6. In the preceding adventure we hear that Dietrich was at first unwilling to face Siegfried on account of his horny skin, his magic sword and his impenetrable armor. To provoke his master’s wrath—Dietrich can only fight when enraged—the faithful Hildebrand takes him aside and calls him a coward; whereat Dietrich knocks him down—to the old man’s private satisfaction.