Die Schwerter warfen sie von sich
Und rangen nun gewältiglich
Auf freier Stätt’ im Walde.
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Einander taten sie so weh,
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Dass Blut begoss den grünen Klee
Hinab die Bergeshalde.
Gen einen Baum der Berner zwang
Den riesenhaften Ecke;
Das Blut ihm aus den Wunden drang,
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Betäubet ward der Recke.
Der Berner drückte ihn aufs Gras
Mit solcher fürchterlichen Kraft, dass er kaum noch genas.
Der mächt’ge Ecke war gefällt,
Und auf ihm lag der edle Held,
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Herr Dieterich von Berne:
“Dein Leben steht in meiner Hand,
Gib mir sofort dein Schwert zum Pfand,
Du, der du kämpfst so gerne.
Tust du es nicht, musst du den Tod
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Von meiner Hand erdulden.
Drum hilf dir selber aus der Not
Und komme mir zu Hulden.
Du wirst geführt an meiner Hand
Gefangen vor die Frauen drei; so werd ich dort bekannt.”
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Der Riese sprach, ein Recke wert:
“Dir geb’ ich nicht mein gutes Schwert,
Du lobenswerter Degen.
Drei Königinnen wohlgestalt
Schickten mich her in diesen Wald,
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Wo ich dir jetzt erlegen.
Doch eher als gefangen gehn
Mit dir nun nach Jochgrimme
Vor jene Königinnen schön,”
Rief er mit lauter Stimme,
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“Und deren Spott in Angst und Not
Aushalten zu Jochgrimme dort, erkür’ ich hier den Tod.”
Der lobenswerte Held von Bern
Vernahm des Feigen4 Wort nicht gern,
Er sprach: “Es reut mich, Ecke.
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Kann es also nicht anders sein,
Verlierst du bald das Leben dein,
Du ausgewählter Recke.
Also erweiche deinen Sinn
Im Namen aller Frauen;
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Sonst hast du grossen Ungewinn,
Wie du sogleich wirst schauen.
Mit wildem Hass blickst du mich an,
Und stündst du einmal auf, müsst’ ich den Tod empfahn.”
Er riss den Helm ihm zornig ab,
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Doch war der Schwertstich, den er gab,
Ein nutzloses Beginnen,
Denn zähes Gold schirmt’ ihm den Kopf.
Er schlug ihn grimmig mit dem Knopf,
Das Blut begann zu rinnen
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Ihm allenthalben durch das Gold,
Es schwanden ihm die Sinne;
Der rechte Lohn war ihm gezollt.
Er öffnet’ ihm die Brünne,
Die herrliche von Golde rot,
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Und stach ihn mit dem Schwerte durch; dazu zwang ihn die Not.
Als er den Sieg ihm abgewann,
Da stand er ob dem kühnen Mann
Und sprach die Trauerworte:
“Mein Sieg und auch dein junger Tod,
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Sie machen mich nun reuerot;
Ich muss an jedem Orte
Erscheinen als der Ehre bar,
Das klag’ ich dir dem Feigen.
Wohin ich auch im Lande fahr’,
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Wird jeder auf mich zeigen
Mit starker Abscheu im Gesicht
Und sagen: Seht den Berner da, der Könige ersticht.
Da diese Tat einmal getan,
Bleib’ ich nun ohne Lob fortan
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Und ohne Fürstenehre.
Wohlan denn, Tod, nimm du mich hin,
Da ich der Ungetreue bin;
Wer gab mir diese Lehre?
Dass ich dich, junger Held, erstach,
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Es muss mich ewig dauern.
Zu Gott klag’ ich mein Ungemach
Mit wehmutsvollem Trauern.
Ich kann’s verhehlen vor der Welt,
Doch denk’ ich selbst daran, ist all mein Glück vergällt.”