1 From a Sermon of Berthold von Regensburg ‘On the Angels.’1

Wir begehen heute das Fest der grossen Fürsten, der heiligen Engel, die der ganzen Welt ein überaus grosses Wunder sind, und an denen der allmächtige Gott viele Wunder und grosse Wunder geschaffen hat. Und wollte ein Mensch nicht aus anderm Grunde in den Himmel kommen, so könnte er doch gerne darum in den Himmel kommen, nur damit er sähe, was für Wunder und Wunder da sind. Und des Wunders kann niemand zu Ende kommen, das Gott in den heiligen Engeln an den Tag gelegt hat. Und sie sind unseres Herrn Boten, denn Engel heisst auf Griechisch ein Bote. Unser Herr hatte grosse Freude, da er ohne Anfang war, wie er auch auf immer ohne Ende ist. Ich rede von der Gottheit, von der Krone; ehe er etwas erschuf, wie wir jetzt sind, da hatte er gar grosse Freude in sich selbst und mit sich selbst. Da gedachte er zu machen, er wollte zwei Kreaturen machen, zweierlei Kreaturen, damit diese seiner Freude teilhaftig würden, er selbst aber darum nicht weniger Freude hätte. Und wie grosse Freude er auch ihnen gab, hatte er doch selbst darum nicht mindre Freude, recht wie der Sonnenschein. Wie viel die Sonne uns auch alle Tage ihres Lichtes gibt, hat sie selbst um nichts weniger. Und also machte Gott zwei Kreaturen: das waren der Mensch und der Engel. Da machte Gott ein Ding,2 und das war das allerbeste Ding unter allen Dingen, die Gott je gemacht hat. Und nie machte er ein Ding so gut unter allen Dingen, die Gott gemacht hat, [wie dieses, das er machte,] damit 190 Mensch und Engel seiner Freude teilhaftig würden, da es so nütze und so gut war. Und also machte es Gott, dass Menschen und Engel davon immermehr Freude haben sollten. Und wie ausserordentlich nütze das Ding auch war, und wie viel Ehre und Seligkeit auch daran liegt, so waren doch etliche Engel im Himmel, die das Ding nicht behalten wollten, und diese wurden verstossen aus den ewigen Freuden und wurden in die ewige Marter geworfen. Und alle, die das Ding behielten, die blieben bei dem allmächtigen Gott in den ewigen Freuden, weil sie das Ding behielten, das so gut ist, unter allen Dingen das beste . . . .

Und also begeht man heute das Fest der Engel, die bei Gott blieben und aushielten, dass sie nicht fielen. Und also begeht man heute das Fest Sankt Michaels und der heiligen Engel. Und dass man das Fest der heiligen Engel nicht oft im Jahre begeht, daran tat unser Herr gar weislich und wohl; wie billig es auch wäre, dass man ihr Fest dreimal im Jahre beginge, so tat unser Herr gar weislich und wohl daran, und es ist besser, dass man es nicht oft begeht. Warum? Seht, aus diesem Grunde. Wenn man ihr Fest mit Singen und Lesen beginge, müsste man auch von ihnen predigen. Und wenn wir also oft von den Engeln predigen müssten, so käme vielleicht ein Frevler und würde vielleicht so frevelhaft sein, dass er von den heiligen Engeln Ketzerei predigen könnte. Denn unser Herr hat so viel Wunders an den Engeln gemacht, dass wir es nicht alles sicherlich wissen. Er hat etliche Wunder an den Engeln gemacht, wovon wir nicht genau wissen sondern nur vermuten. Und wer ein Ding vermutet, der weiss es nicht sicherlich. So hat auch unser Herr manches Ding an ihnen gemacht, das wir wohl wissen. Wer daher die Dinge predigen wollte, die wir vermuten, der könnte vielleicht Ketzerei predigen. Also soll niemand etwas predigen als das, was man sicherlich weiss.

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