The most gifted verse-writer of the poetically barren 14th century. He was a ‘wandering singer’ who depended for his livelihood upon the patronage of princes and spent the most of his life in Austria. He died about 1400. The selection is a translation of his Red’ von der Minne.
A Discourse of Love. Ich wanderte an einem Tag In einen wonniglichen Hag, Darin die Vögel sungen; Da kam ich unbezwungen 5 Auf einem wonniglichen Raume Zu einem dichtbelaubten Baume, An deren Wurzeln wundervoll Hervor ein kaltes Brünnlein quoll. Da fand ich sitzen hart anbei 10 Drei Frauen alle mangelfrei, Minne, Stæt’ und Gerechtigkeit. Die erste klagt’ ihr Herzensleid, Bezwungen von des Schmerzes Not; Sie sprach: “Ich bin beinahe tot 15 An Ehren und an Sinnen: Die mich sollten minnen, Sie sind ein ehrloses Geschlecht. Da ich nun, Minne, mit Unrecht Auf Erden kam zu solchem Leben, 20 Sollt ihr getreuen Rat mir geben. Gerechtigkeit, in Gottes Namen, Von dem die zehn Gebote kamen, Macht, dass mein Recht mir werd’ erteilt: Wer Minne lasterhaft vergeilt 25 Und reiner Frauen Würdigkeit, Der büss’ es! Das ist nun mein Leid.” Gerechtigkeit sprach zu der Stæte: “Wir hätten nötig gute Räte, Um recht zu richten die Geschicht’.” 30 Frau Stæte sprach mit Worten schlicht: “Nun hört und merkt, was ich will sagen: Wem Minne Hass mag tragen, Den wollen wir in aller Schnelle Sogleich verhören auf der Stelle.” 35 Gerechtigkeit tat auf den Mund: “Macht uns allhier mit Worten kund, 178 Durch wen Ihr leidet solche Pein.” Frau Minne sprach: “Der Jammer mein Ist leider hart und schauderhaft, 40 Weil mancher Prahler lügenhaft Von reinen Frauen faselt. Ach, Dass Gott ihn nicht mit seinem Schlag Getroffen aller Welt zur Lehr’! Das würde mich erfreuen sehr, 45 Wie ich bekenne öffentlich. Die schnöden Dinge liebt er sich Und schwatzt von dem, was er nie sah. Drum sollt’ er in die Höll’ und da Die heisse Loh ihn sengen, 50 Der Teufel hart bedrängen, Zur Ahndung seiner falschen List, Weil er ein loser Schwätzer ist. Darüber sollt ihr richten mir.” Gerechtigkeit erwidert’ ihr: 55 “So sei’s! Ein Urteil soll geschehn: Ihn soll kein lieblich Aug’ ansehn, Von einer reinen Frauen zart; Ihr Mund sei gegen ihn verspart, Dass ihm kein Gruss mag werden kund 60 Von einem rosenroten Mund. Das ist der strenge Wille mein.” Frau Stæte sprach: “Ich leid’ auch Pein In meinem Herzen mannigfalt: Ich habe Diener, jung und alt, 65 Die sagen, dass sie stätig sein Und tun das öffentlich zum Schein Bei reinen Frauen manchmal kund; Doch tief in ihres Herzens Grund Liegt falscher List ein grosser Hort: 70 Das ist der Seele arger Mord Und reiner Frauen Ungewinn. Ich wollt’, wer hätt’ so falschen Sinn, Dass dem doch aus dem Munde sein Die Zähne wüchsen, wie dem Schwein; 75 Daran erkenntlich wären die Leut’, Und reine Frauen leicht befreit Von jener Schälkchen loser Schar Mit Worten sanft und doch nicht wahr, Mit Zungen, die wie Messer schneiden; 80 Ach, was muss man davon leiden! Und noch eins mich mit Schmerz bewegt: Dass mancher Blau am Leibe trägt Und wähnt davon stätig zu sein, Weil er in blauer Farbe Schein 85 Erzeiget sich den Frauen gut. Mich dünkt nun so in meinem Mut: Wäre die Farbe, wie man hört, Die Elle hätte wohl den Wert Von hundert Gulden sicherlich; 179 90 Doch Stæte wiegt im Herzen sich, Sie tut nicht von der Farbe kommen, Drum kann es manchem wenig frommen, Wenn er der Unstæt’ huldigt Und wird von Fraun beschuldigt.” 95 Ich hört’ ihr Plaudern mannigfalt, Und was zu tun, entschied ich bald. Ich ging hinzu und sprach kein Wort. Frau Minn’ erblickte mich sofort, Die war gar wundersam geziert: 100 “Sag’ mir, mein lieber Suchenwirt,” Sprach sie, “was tust du hie?” Geschwinde fiel ich auf ein Knie. “Gnade, Frau,” darauf sprach ich; “Der Mai hat Blumen wonniglich 105 Im ganzen Land herumgestreut, Dass manches Herze wird erfreut, So wie die kleinen Vögelein. Ich kam verlockt vorn Augenschein Auf diesen Anger wunderbar; 110 Da wurde Euer ich gewahr Und hörte Eure Klage gross.” Sie sprach: “Ich bin der Freuden bloss Und weiss, was ich beginnen soll. Die Welt ist schlechter Kniffe voll: 115 Hast du gehört des Jammers Pein, So handle nach dem Willen mein Und tu’ es offenherzig kund Den Edlen hier zu mancher Stund’, Dass sie vor Schande hüten sich.” 120 “Das tu’ ich gerne, Frau,” sprach ich. So schied ich von der Minne dann Beglückt und ohne argen Wahn. |