36. Schluß, Moral und Epilog.

Fröhlich zwitschernd grüßten die Vögel den Morgen, als Tio Lucas und die Seña Frasquita die Stadt verließen, um sich nach der Mühle zu begeben.

Die Gatten gingen zu Fuß, vor ihnen her trabten die beiden zusammengekoppelten Esel.

»Am Sonntag mußt du zur Beichte gehen,« sagte die Müllerin zu ihrem Mann, »denn du mußt dich von all den schlechten Meinungen und verbrecherischen Absichten dieser Nacht reinigen.«

»Da hast du einen guten Gedanken,« antwortete der Müller. »Aber du mußt mir dafür auch einen Gefallen thun und die Matratzen und das Bettzeug unseres Bettes den Armen geben und alles neu anschaffen. Ich lege mich nicht wieder dahin, wo dies giftige Gewürm geschwitzt hat.«

»Nenne ihn nicht, Lucas!« versetzte die Seña Frasquita. »Aber um von etwas anderem zu sprechen. Ich möchte dich noch um einen anderen Gefallen bitten...«

»Bitte nur.«

»Im künftigen Sommer wirst du mich nach Solan de Cabras bringen, um eine Badekur zu gebrauchen.«

»Warum?«

»Um zu sehen, ob wir Kinder bekommen werden.«

»Das ist eine sehr glückliche Idee. Wenn Gott uns das Leben schenkt, sollst du dorthin gehen.«

Sie langten bei der Mühle an, gerade als die Sonne, ohne noch aufgegangen zu sein, die Gipfel des Gebirges vergoldete. — — —

Zur größten Überraschung der Gatten, die nach einer so ärgerlichen Szene, wie die der vergangenen Nacht, keine Besuche von hohen Herrschaften mehr erwarteten, versammelten sich am Nachmittage mehr Personen denn je. Der ehrwürdige Prälat, viele Domherren, der Lehrer der Rechtswissenschaft, zwei Priore von Mönchsklöstern und verschiedene andere Personen, die, wie man bald erfuhr, Se. Hochwürden zusammenberufen hatte, füllten den ganzen Platz vor dem Hause.

Nur der Corregidor fehlte.

Als alle versammelt waren, ergriff der Herr Bischof das Wort und sagte, daß, gerade weil gewisse Dinge in jenem Hause vorgefallen wären, seine Domherren und er wie früher kommen würden, damit weder die braven Müllersleute, noch die übrigen gegenwärtigen Personen vom öffentlichen Tadel betroffen würden, den nur jener verdiente, welcher durch sein rohes Betragen eine so gesittete, anständige Gesellschaft entweiht hatte. Er ermahnte die Seña Frasquita väterlich, fürderhin weniger herausfordernd und verführerisch in ihren Worten und Bewegungen zu sein, die Arme mehr bedeckt und den Ausschnitt des Kleides etwas höher zu tragen, riet dem Tio Lucas, seinen Vorgesetzten gegenüber mehr Uneigennützigkeit, größere Zurückhaltung und weniger Unbescheidenheit zu zeigen, gab dann schließlich seinen Segen, und da er an jenem Tage nicht fastete, würde er mit vielem Vergnügen ein paar Trauben essen. Dasselbe meinten alle, nämlich das letztere — und der Weinstock erzitterte den ganzen Nachmittag. — Der Müller schätzte den Konsum an Weintrauben auf zwei Arrobas.[10] — —

Ungefähr drei Jahre lang dauerten diese angenehmen Zusammenkünfte, als wider alles Erwarten die Heere Napoleons in Spanien eindrangen und der Freiheitskrieg begann.

Der Herr Bischof, der Magistrat und der Pönitentiar starben im Jahre 1808, und der Advokat und die übrigen Teilnehmer in den Jahren 9, 10, 11 und 12, weil sie den Anblick der Franzosen, Polen und anderer Raubtiere nicht ertragen konnten, welche in das Land einfielen und sogar im Presbyterium der Kirchen, während der Militärmesse, ihre Pfeifen rauchten!

Der Corregidor, der nie wieder nach der Mühle kam, wurde durch einen französischen Marschall ersetzt und starb im Kerker in Madrid, weil er sich auch nicht einen Augenblick, zu seiner Ehre sei's gesagt, mit der Fremdherrschaft einverstanden erklären wollte.

Doña Mercedes hat sich nicht wieder verheiratet und erzog ihre Kinder ganz ausgezeichnet. Im Alter zog sie sich in ein Kloster zurück und starb dort im Geruche der Heiligkeit.

Garduña wurde französiert.

Señor Juan Lopez kämpfte im Guerillakriege als Anführer und starb, gleich seinem Alguacil, in der berühmten Schlacht bei Baza, nachdem er sehr viele Franzosen getötet hatte.

Zum Schluß: Tio Lucas und die Seña Frasquita, obgleich sie keine Kinder bekamen, trotzdem sie nach Solan de Cabras gegangen waren und viele Gelübde abgelegt hatten, liebten sich immer auf ihre Weise und erreichten ein hohes Alter. Sie sahen den Absolutismus in den Jahren 1812 und 1820 dahinsinken und ihn 1814 und 1823 wieder erscheinen, bis endlich nach dem Tode des Absoluten Königs die Konstitution eingeführt wurde; und sie schlummerten zu einem besseren Leben hinüber gerade beim Ausbruch des siebenjährigen Bürgerkrieges, ohne daß die damals schon allgemein getragenen Cylinderhüte jene Zeiten bei ihnen in Vergessenheit geraten ließen, welchen als Symbol diente — der Dreispitz.

Ende.

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