Eilftes Abenteuer.

Wie Siegfried mit seinem Weibe heimkehrte.

Als die Gäste waren gefahren all davon, 713

Da sprach zu dem Gesinde König Siegmunds Sohn:

"Wir wollen auch uns rüsten zur Fahrt in unser Land."

Lieb ward es seinem Weibe, als ihr die Märe ward bekannt.

Sie sprach zu ihrem Manne: "Wann sollen wir nun fahren? 714

So sehr damit zu eilen will ich mich bewahren:

Erst sollen mit mir theilen meine Brüder dieses Land."

Leid war es Siegfrieden, als ers an Kriemhilden fand.

Die Fürsten giengen zu ihm und sprachen alle drei: 715

"Wißt nun, Herr Siegfried, daß euch immer sei

Unser Dienst mit Treue bereit bis in den Tod."

Er neigte sich den Herren, da mans so wohl ihm erbot.

"Wir wolln auch mit euch theilen," sprach Geiselher das Kind, 716

"Das Land und die Burgen, die unser eigen sind,

Und was der weiten Reiche uns ist unterthan;

Ihr empfangt mit Kriemhild euer volles Theil daran."

Der Sohn König Siegmunds sprach zu den Fürsten da, 717

Als er den guten Willen der Herren hört und sah:

"Gott laß euch euer Erbe gesegnet immer sein

Und auch die Leute drinnen: es mag die liebe Fraue mein

"Des Theils wohl entrathen, den ihr ihr wolltet geben: 718

Wo sie soll Krone tragen, mögen wirs erleben,

Da muß sie reicher werden, als wer ist auf der Welt.

Was ihr sonst gebietet, ich bin euch dienstlich gesellt."

Da sprach aber Kriemhild: "Wenn ihr mein Land verschmäht, 719

Um die Burgundendegen es so gering nicht fleht;

Die mag ein König gerne führen in sein Land:

Wohl soll sie mit mir theilen meiner lieben Brüder Hand."

Da sprach König Gernot: "Nimm, die du willst, mit dir. 720

Die gerne mit dir reiten, du findest Viele hier.

Von dreißighundert Recken nimm dir tausend Mann

Zu deinem Hausgesinde." Kriemhild zu senden begann

Nach Hagen von Tronje und nach Ortwein, 721

Ob sie und ihre Freunde Kriemhildens wollten sein.

Da gewann darüber Hagen ein zorniges Leben:

Er sprach: "Uns kann Gunther in der Welt an Niemand vergeben.

"Ander Ingesinde nehmt zu eurer Fahrt; 722

Ihr werdet ja wohl kennen der Tronejer Art.

Wir müßen bei den Königen bleiben so fortan

Und denen ferner dienen, deren Dienst wir stäts versahn."

Sie ließen es bewenden und machten sich bereit. 723

Ihres edeln Ingesindes nahm Kriemhild zum Geleit

Zweiunddreißig Mägdelein und fünfhundert Mann;

Eckewart der Markgraf zog mit Kriemhild hindann.

Da nahmen alle Urlaub, Ritter so wie Knecht, 724

Mägdelein und Frauen: so war es Fug und Recht.

Unter Küssen scheiden sah man sie unverwandt,

Und jene räumten fröhlich dem König Gunther das Land.

Da geleiteten die Freunde sie fern auf ihren Wegen. 725

Allenthalben ließ man ihnen Nachtherberge legen,

Wo sie die nehmen wollten in der Könge Land.

Da wurden bald auch Boten dem König Siegmund gesandt,

Damit er wißen sollte und auch Frau Siegelind, 726

Sein Sohn solle kommen mit Frau Utens Kind,

Kriemhild der schönen, von Worms über Rhein.

Diese Mären konnten ihnen nimmer lieber sein.

"Wohl mir," sprach da Siegmund, "daß ich den Tag soll sehn, 727

Da hier die schöne Kriemhild soll unter Krone gehn!

Das erhöht im Werthe mir all das Erbe mein:

Mein Sohn Siegfried soll nun selbst hier König sein."

Da gab ihnen Siegelind zu Kleidern Sammet roth 728

Und schweres Gold und Silber: das war ihr Botenbrot.

Sie freute sich der Märe, die sie da vernahm.

All ihr Ingesinde sich mit Fleiß zu kleiden begann.

Man sagt' ihr, wer da käme mit Siegfried in das Land. 729

Da hieß sie Gestühle errichten gleich zur Hand,

Wo er vor den Freunden sollt unter Krone gehn.

Entgegen ritten ihnen Die in König Siegmunds Lehn.

Wer beßer wäre empfangen, mir ist es unbekannt, 730

Als die Helden wurden in Siegmundens Land.

Kriemhilden seine Mutter Sieglind entgegenritt

Mit viel der schönen Frauen; kühne Ritter zogen mit

Wohl eine Tagereise, bis man die Gäste sah. 731

Die Heimischen und Fremden litten Beschwerde da,

Bis sie endlich kamen zu einer Veste weit,

Die Santen war geheißen, wo sie Krone trugen nach der Zeit.

Mit lachendem Munde Siegmund und Siegelind 732

Manche liebe Weile küssten sie Utens Kind

Und Siegfried den Degen; ihnen war ihr Leid benommen.

All ihr Ingesinde hieß man fröhlich willkommen.

Da brachten sie die Gäste vor König Siegmunds Saal. 733

Die schönen Jungfrauen hub man allzumal

Von den Mähren nieder; da war mancher Mann,

Der den schönen Frauen mit Fleiß zu dienen begann.

So prächtig ihre Hochzeit am Rhein war bekannt, 734

Doch gab man hier den Helden köstlicher Gewand,

Als sie all ihr Leben je zuvor getragen.

Man mochte große Wunder von ihrem Reichthume sagen.

So saßen sie in Ehren und hatten genug. 735

Was goldrothe Kleider ihr Ingesinde trug!

Edel Gestein und Borten sah man gewirkt darin.

So verpflag sie fleißig Sieglind die edle Königin.

Da sprach vor seinen Freunden der König Siegmund: 736

"Allen meinen Freunden thu ichs heute kund,

Daß Siegfried meine Krone hier hinfort soll tragen."

Die Märe hörten gerne Die von Niederlanden sagen.

Er befahl ihm seine Krone mit Gericht und Land: 737

Da war er Herr und König. Wem er den Rechtsspruch fand

Und wen er strafen sollte, das wurde so gethan,

Daß man wohl fürchten durfte der schönen Kriemhilde Mann.

In diesen hohen Ehren lebt' er, das ist wahr, 738

Und richtet' unter Krone bis an das zehnte Jahr,

Da die schöne Königin einen Sohn gewann,

An dem des Königs Freunde ihren Wunsch und Willen sahn.

Alsbald ließ man ihn taufen und einen Namen nehmen: 739

Gunther, nach seinem Oheim, des dürft er sich nicht schämen.

Gerieth' er nach den Freunden, er würd ein kühner Mann.

Man erzog ihn sorgsam: sie thaten auch recht daran.

In denselben Zeiten starb Frau Siegelind: 740

Da nahm die volle Herrschaft der edeln Ute Kind,

Wie so reicher Frauen geziemte wohl im Land.

Es ward genug betrauert, daß der Tod sie hatt entwandt.

Nun hatt auch dort am Rheine, wie wir hören sagen, 741

Gunther dem reichen einen Sohn getragen

Brunhild die schöne in Burgundenland.

Dem Helden zu Liebe ward er Siegfried genannt.

Mit welchen Sorgen immer man sein hüten hieß! 742

Von Hofmeistern Gunther ihn Alles lehren ließ,

Was er bedürfen möchte, erwüchs' er einst zum Mann.

Hei, was ihm bald das Unglück der Verwandten abgewann!

Zu allen Zeiten Märe war so viel gesagt, 743

Wie doch so herrlich die Degen unverzagt

Zu allen Stunden lebten in Siegmundens Land:

So lebt' auch König Gunther mit seinen Freunden auserkannt.

Das Land der Nibelungen war Siegfried unterthan 744

(Keiner seiner Freunde je größern Schatz gewann)

Mit Schilbungens Recken und der Beiden Gut.

Darüber trug der Kühne desto höher den Muth.

Hort den allermeisten, den je ein Held gewann, 745

Nach den ersten Herren, besaß der kühne Mann,

Den vor einem Berge seine Hand erwarb im Streit:

Er schlug darum zu Tode manchen Ritter allbereit.

Vollauf besaß er Ehre, und hätt ers halb entbehrt, 746

Doch müste man gestehen dem edeln Recken werth,

Daß er der Beste wäre, der je auf Rossen saß.

Man scheute seine Stärke, mit allem Grunde that man das.

* * * * *

Share on Twitter Share on Facebook