Neuntes Abenteuer.

Wie Siegfried nach Worms gesandt wird.

Da sie gefahren waren voll neun Tage, 546

Da sprach von Tronje Hagen: "Nun hört, was ich sage.

Wir säumen mit der Kunde nach Worms an den Rhein:

Nun sollten eure Boten schon bei den Burgunden sein."

Da sprach König Gunther: "Ihr redet recht daran; 547

Auch hätt uns wohl Niemand die Fahrt so gern gethan

Als ihr selbst, Freund Hagen: nun reitet in mein Land,

Unsre Hofreise macht Niemand beßer da bekannt."

"Nun wißt, lieber Herre, ich bin kein Bote gut: 548

Laßt mich der Kammer pflegen und bleiben auf der Flut.

Ich will hier bei den Frauen behüten ihr Gewand,

Bis daß wir sie bringen in der Burgunden Land.

"Nein, bittet Siegfrieden um die Botschaft dahin: 549

Der mag sie wohl verrichten mit zuchtreichem Sinn.

Versagt er euch die Reise, ihr sollt mit guten Sitten

Bei eurer Schwester Liebe um die Fahrt ihn freundlich bitten."

Er sandte nach dem Recken: der kam, als man ihn fand. 550

Er sprach zu ihm: "Wir nahen uns schon meinem Land;

Da sollt ich Boten senden der lieben Schwester mein

Und auch meiner Mutter, daß wir kommen an den Rhein.

"So bitt ich euch, Herr Siegfried, daß ihr die Reise thut, 551

Ich wills euch immer danken," so sprach der Degen gut.

Da weigerte sich Siegfried, dieser kühne Mann,

Bis ihn König Gunther sehr zu flehen begann.

Er sprach: "Ihr sollt reiten um den Willen mein, 552

Dazu auch um Kriemhild, das schöne Mägdelein,

Daß es mit mir vergelte die herrliche Maid."

Als Siegfried das hörte, da war der Recke bald bereit.

"Entbietet, was ihr wollet, es soll gemeldet sein: 553

Ich will es gern bestellen um das schöne Mägdelein.

Die ich im Herzen trage, verzichtet' ich auf die?

Leisten will ich Alles, was ihr gebietet, um sie."

"So sagt meiner Mutter, Ute der Königin, 554

Daß ich auf dieser Reise hohes Muthes bin.

Wie wir geworben haben, sagt meinen Brüdern an;

Auch unsern Freunden werde diese Märe kund gethan.

Ihr sollt auch nichts verschweigen der schönen Schwester mein, 555

Ich woll ihr mit Brunhild stäts zu Diensten sein;

So sagt auch dem Gesinde und wer mir unterthan,

Was je mein Herz sich wünschte, daß ich das Alles gewann.

"Und saget Ortweinen, dem lieben Neffen mein, 556

Daß er Gestühl errichten laße bei dem Rhein;

Den Mannen auch und Freunden sei es kund gethan,

Ich stelle mit Brunhilden eine große Hochzeit an.

"Und bittet meine Schwester, werd ihr das bekannt, 557

Daß ich mit meinen Gästen gekommen sei ins Land,

Daß sie dann wohl empfange die liebe Traute mein:

So woll ich Kriemhilden stäts zu Dienst erbötig sein."

Da bat bei Brunhilden und ihrem Ingesind 558

Alsbald um den Urlaub Siegfried, Sigmunds Kind,

Wie es ihm geziemte: da ritt er an den Rhein.

Es könnt in allen Landen ein beßrer Bote nicht sein.

Mit vierundzwanzig Recken zu Worms kam er an; 559

Ohne den König kam er, das wurde kund gethan.

Da mühten all die Degen in Jammer sich und Noth,

Besorgt, daß dort der König gefunden habe den Tod.

Sie stiegen von den Rossen und trugen hohen Muth; 560

Da kam alsbald Herr Geiselher, der junge König gut,

Und Gernot, sein Bruder, wie hurtig sprach er da,

Als er den König Gunther nicht bei Siegfrieden sah:

"Willkommen, Herr Siegfried, ich bitte, sagt mir an: 561

Wo habt ihr meinen Bruder, den König, hingethan?

Brunhildens Stärke hat ihn uns wol benommen;

So wär uns sehr zu Schaden ihre hohe Minne gekommen."

"Die Sorge laßt fahren: euch und den Freunden sein 562

Entbietet seine Dienste der Heergeselle mein.

Ich verließ ihn wohlgeborgen: er hat mich euch gesandt,

Daß ich sein Bote würde, mit Mären her in euer Land.

"Nun helft mir es fügen, wie es auch gescheh, 563

Daß ich die Königin Ute und eure Schwester seh;

Die soll ich hören laßen, was ihr zu wißen thut

Gunther und Frau Brunhild; um sie beide steht es gut."

Da sprach der junge Geiselher: "So sprecht bei ihnen an; 564

Da habt ihr meiner Schwester einen Liebesdienst gethan.

Sie trägt noch große Sorge um den Bruder mein:

Die Maid sieht euch gerne: dafür will ich euch Bürge sein."

Da sprach der Degen Siegfried: "Wo ich ihr dienen kann, 565

Das soll immer treulich und willig sein gethan.

Wer sagt nun, daß ich komme, den beiden Frauen an?"

Da warb die Botschaft Geiselher, dieser waidliche Mann.

Geiselher der junge sprach zu der Mutter da 566

Und auch zu seiner Schwester, als er die beiden sah:

"Uns ist gekommen Siegfried, der Held aus Niederland;

Ihn hat mein Bruder Gunther her zum Rheine gesandt.

"Er bringt uns die Kunde, wie's um den König steht; 567

Nun sollt ihr ihm erlauben, daß er zu Hofe geht:

Er bringt die rechten Mären uns her von Isenland."

Noch war den edeln Frauen große Sorge nicht gewandt.

Sie sprangen nach dem Staate und kleideten sich drein 568

Und luden Siegfrieden nach Hof zu kommen ein.

Das that der Degen williglich, weil er sie gerne sah.

Kriemhild die edle sprach zu ihm in Güte da:

"Willkommen, Herr Siegfried, ein Ritter ohne Gleich. 569

Wo blieb mein Bruder Gunther, der edle König reich?

Durch Brunhilds Stärke, fürcht' ich, gieng er uns verloren:

O weh mir armen Mägdelein, daß ich je ward geboren!"

Da sprach der kühne Ritter: "Nun gebt mir Botenbrot, 570

Ihr zwei schönen Frauen weinet ohne Noth.

Ich verließ ihn wohlgeborgen, das thu ich euch bekannt:

Sie haben mich euch beiden mit der Märe hergesandt.

"Mit freundlicher Liebe, viel edle Herrin mein, 571

Entbeut euch seine Dienste er und die Traute sein.

Nun laßt euer Weinen: sie wollen balde kommen."

Sie hatte lange Tage so liebe Märe nicht vernommen.

Mit schneeweißem Kleide aus Augen wohlgethan 572

Wischte sie die Thränen; zu danken hub sie an

Dem Boten dieser Märe, die ihr war gekommen.

Ihr war die große Trauer und auch ihr Weinen benommen.

Sie hieß den Boten sitzen: des war er gern bereit. 573

Da sprach die Minnigliche: "Es wäre mir nicht leid,

Wenn ich euch geben dürfte zum Botenlohn mein Gold.

Dazu seid ihr zu vornehm: so bleib ich sonst denn euch hold.

"Und würden dreißig Lande," sprach er, "mein genannt, 574

So empfieng' ich Gabe doch gern aus eurer Hand."

Da sprach die Wohlgezogne: "Wohlan, es soll geschehn."

Da hieß sie ihren Kämmerer nach dem Botenlohne gehn.

Vierundzwanzig Spangen mit Edelsteinen gut 575

Gab sie ihm zum Lohne. So stund des Helden Muth:

Er wollt es nicht behalten: er gab es unverwandt

Ihren schönen Maiden, die er in der Kammer fand.

Ihre Dienste bot ihm die Mutter gütlich an. 576

"Ich soll euch ferner sagen," sprach der kühne Mann,

"Um was der König bittet, gelangt er an den Rhein:

Wenn ihr das, Fraue, leistet, er will euch stäts gewogen sein.

"Seine reichen Gäste, das ist sein Begehr, 577

Sollt ihr wohl empfangen; auch bittet er euch sehr,

Entgegen ihm zu reiten vor Worms ans Gestad.

Das ists, warum der König euch in Treun gebeten hat."

"Das will ich gern vollbringen," sprach die schöne Magd: 578

"Worin ich ihm kann dienen, das ist ihm unversagt.

Mit freundlicher Treue wird all sein Wunsch gethan."

Da mehrte sich die Farbe, die sie vor Freude gewann.

Nie sah man Fürstenboten beßer wohl empfahn: 579

Wenn sie ihn küssen durfte, sie hätt es gern gethan;

Minniglich er anders doch von der Frauen schied.

Da thaten die Burgunden, wie da Siegfried ihnen rieth.

Sindold und Hunold und Rumold der Degen 580

Großer Unmuße musten sie da pflegen,

Als sie die Sitze richteten vor Worms an dem Strand:

Die Schaffner des Königs man sehr beflißen da fand.

Ortwein und Gere säumten auch nicht mehr, 581

Sie sandten nach den Freunden allwärts umher,

Die Hochzeit anzusagen, die da sollte sein;

Der zierten sich entgegen viel der schönen Mägdelein.

Der Pallas und die Wände waren allzumal 582

Verziert der Gäste wegen; König Gunthers Saal

Ward herrlich ausgerüstet für manchen fremden Mann;

Das große Hofgelage mit hohen Freuden begann.

Da ritten allenthalben die Wege durch das Land 583

Der drei Könge Freunde; die hatte man besandt,

Die Gäste zu empfangen, die da sollten kommen.

Da wurden aus dem Einschlag viel reicher Kleider genommen.

Bald brachte man die Kunde, daß man schon reiten sah 584

Brunhilds Gefolge: Gedränge gab es da

Von des Volkes Menge in Burgundenland.

Hei! was man kühner Degen da zu beiden Seiten fand!

Da sprach die schöne Kriemhild: "Ihr, meine Mägdelein, 585

Die bei dem Empfange mit mir wollen sein,

Die suchen aus den Kisten ihr allerbest Gewand:

So wird uns Lob und Ehre von den Gästen zuerkannt."

Da kamen auch die Recken und ließen vor sich her 586

Schöne Sättel tragen von rothem Golde schwer,

Daß drauf die Frauen ritten von Worms an den Rhein.

Beßer Pferdgeräthe konnte wohl nimmer sein.

Wie warf da von den Mähren den Schein das lichte Gold! 587

Viel Edelsteine glänzten von den Zäumen hold;

Die goldenen Schemel auf lichtem Teppich gut

Brachte man den Frauen: sie hatten fröhlichen Muth.

Die Frauenpferde standen auf dem Hof bereit, 588

Wie gemeldet wurde, für manche edle Maid.

Die schmalen Brustriemen sah man die Mähren tragen

Von der besten Seide, davon man je hörte sagen.

Sechsundachtzig Frauen traten da heraus, 589

Die Kopfgebinde trugen; zu Kriemhild vor das Haus

Zogen die Schönen jetzt in reichem Kleid;

Da kam in vollem Schmucke auch manche waidliche Maid,

Fünfzig und viere aus Burgundenland: 590

Es waren auch die besten, die man irgend fand.

Man sah sie gelblockig unter lichten Borten gehn.

Was sich bedingt der König, das sah er fleißig geschehn.

Von kostbaren Zeugen, den besten, die man fand, 591

Trugen sie vor den Gästen manch herrlich Gewand.

Zu ihrer schönen Farbe stand es ihnen gut:

Wer Einer abhold wäre, litte wohl an schwachem Muth.

Von Hermelin und Zobel viel Kleider man da fand. 592

Da schmückte sich gar Manche den Arm und auch die Hand

Mit Spangen auf der Seide, die sie sollten tragen.

Es könnt euch dieß Befleißen Niemand wohl zu Ende sagen.

Viel Gürtel kunstgeschaffen, kostbar und lang, 593

Ueber lichte Kleider die Hand der Frauen schwang

Um edle Ferransröcke von Zeug aus Arabia,

Wie man sie besser in aller Welt nicht ersah.

Man sah in Brustgeschmeide manch schöne Maid 594

Minniglich sich schnüren. Die mochte tragen Leid,

Deren lichte Farbe das Kleid nicht überschien.

So schönes Ingesinde hat nun keine Königin.

Als die Minniglichen nun trugen ihr Gewand, 595

Die sie da führen sollten, die kamen unverwandt,

Die hochgemuthen Recken in großer Zahl daher;

Man bracht auch hin viel Schilde und manchen eschenen Sper.

* * * * *

Share on Twitter Share on Facebook