Wie Werbel und Schwemmel die Botschaft brachten.
Als Etzel seine Fiedler hin zum Rheine sandte, 1472
Da flogen diese Mären von Lande zu Lande:
Mit schnellen Abgesandten bat er und entbot
Zu seinem Hofgelage; da holte Mancher sich den Tod.
Die Boten ritten hinnen aus der Heunen Land 1473
Zu den Burgunden, wohin man sie gesandt
Zu dreien edeln Königen und ihrer Mannen Heer:
Daß sie zu Etzeln kämen; da beeilten sie sich sehr.
Zu Bechlaren ritten schon die Boten ein. 1474
Ihnen diente man da gerne und ließ auch das nicht sein:
Ihre Grüße sandten Rüdger und Gotelind
Den Degen an dem Rheine und auch des Markgrafen Kind.
Sie ließen ohne Gaben die Boten nicht hindann, 1475
Daß desto sanfter führen Die Etzeln unterthan.
Uten und ihren Söhnen entbot da Rüdiger,
Ihnen so gewogen hätten sie keinen Markgrafen mehr.
Sie entboten auch Brunhilden Alles, was lieb und gut, 1476
Ihre stäte Treue und dienstbereiten Muth.
Da wollten nach der Rede die Boten weiter ziehn;
Gott bat sie zu bewahren Gotlind die edle Markgräfin.
Eh noch die Boten völlig durchzogen Baierland, 1477
Werbel der Schnelle den guten Bischof fand.
Was der da seinen Freunden hin an den Rhein entbot,
Davon hab ich nicht Kunde; jedoch sein Gold also roth
Gab er den Boten milde. Als sie wollten ziehn, 1478
"Sollt ich sie bei mir schauen," sprach Bischof Pilgerin,
"So wär mir wohl zu Muthe, die Schwestersöhne mein:
Ich mag leider selten zu ihnen kommen an den Rhein."
Was sie für Wege fuhren zum Rhein durch das Land, 1479
Kann ich euch nicht bescheiden. Ihr Gold und ihr Gewand
Blieb ihnen unbenommen; man scheute Etzels Zorn:
So gewaltig herrschte der edle König wohlgeborn.
Binnen zwölf Tagen kamen sie an den Rhein, 1480
Gen Worms in die Veste, Werbel und Schwemmelein.
Da sagte mans dem König und seinen Mannen an,
Es kämen fremde Boten; Gunther zu fragen begann.
Da sprach der Vogt vom Rheine: "Wer macht uns bekannt, 1481
Von wannen diese Gäste ritten in das Land?"
Davon wuste Niemand, bis die Boten sah
Hagen von Tronje: der begann zu Gunthern da:
"Wir hören Neues heute, dafür will ich euch stehn: 1482
Etzels Fiedelspieler die hab ich hier gesehn;
Die hat eure Schwester gesendet an den Rhein:
Ihres Herren Willen sollen sie uns willkommen sein."
Sie ritten ohne Weilen zu dem Saal heran: 1483
So herrlich fuhr wohl nimmer eines Fürsten Fiedelmann.
Des Königs Ingesinde empfieng sie gleich zur Hand;
Herberge gab man ihnen und bewahrte ihr Gewand.
Ihre Reisekleider waren reich und so wohlgethan, 1484
Sie mochten wohl mit Ehren sich so dem König nahn;
Doch wollten sie nicht länger sie dort am Hofe tragen.
"Ob Jemand sie begehre?" ließen da die Boten fragen.
Da waren auch bedürftige Leute bei der Hand, 1485
Die sie gerne nahmen: denen wurden sie gesandt.
Da schmückten mit Gewanden so reich die Gäste sich,
Wie es Königsboten herrlich stand und wonniglich.
Da gieng mit Urlaube hin, wo der König saß 1486
Etzels Ingesinde: gerne sah man das.
Herr Hagen gleich den Boten vom Sitz entgegen sprang,
Sie freundlich zu begrüßen: des sagten ihm die Knappen Dank.
Da hub er um die Kunde sie zu befragen an, 1487
Wie Etzel sich gehabe und Die ihm unterthan.
Da sprach der Fiedelspieler: "Nie beßer stands im Land,
Das Volk war niemals froher, das sei euch wahrlich bekannt."
Er führte sie dem Wirthe zu; der Königssaal war voll: 1488
Da empfieng man die Gäste, wie man immer soll
Boten freundlich grüßen in andrer Könge Land.
Werbel der Recken viel bei König Gunthern fand.
Der König wohlgezogen zu grüßen sie begann: 1489
"Willkommen, beide Fiedler, die Etzeln unterthan,
Mit euern Heergesellen: wozu hat euch gesandt
Etzel der reiche zu der Burgunden Land?"
Sie neigten sich dem König. Da sprach Werbelein: 1490
"Euch entbietet seine Dienste der liebe Herre mein
Und Kriemhild eure Schwester hieher in dieses Land:
Sie haben uns euch Recken auf gute Treue gesandt."
Da sprach der reiche König: "Der Märe bin ich froh. 1491
Wie gehabt sich Etzel," der Degen fragte so,
"Und Kriemhild meine Schwester in der Heunen Land?"
Da sprach der Fiedelspieler: "Das mach ich gern euch bekannt.
"Beßer wohl gehabten sich Könge nirgend mehr 1492
Und fröhlicher, das wißet, als die Fürsten hehr
Und ihre Degen alle, Freund und Untertan.
Sie freuten sich der Reise, da wir schieden hindann,"
"Nun Dank ihm für die Dienste, die er mir entbeut, 1493
Ihm und meiner Schwester: gern erfahr ich heut,
Daß sie in Freuden leben, der König und sein Lehn;
Meine Frage war nach ihnen in großen Sorgen geschehn."
Die beiden jungen Könige waren auch gekommen, 1494
Die hatten diese Märe eben erst vernommen.
Geiselher der junge die Boten gerne sah
Aus Liebe zu der Schwester; gar minniglich sprach er da:
"Ihr Boten sollt uns beide hochwillkommen sein; 1495
Kämet ihr geritten nur öfter an den Rhein,
Ihr fändet hier der Freunde, die ihr gerne möchtet sehn.
Euch sollte hier zu Lande wenig Leides geschehn."
"Wir versehn uns alles Guten zu euch," sprach Schwemmelein; 1496
"Ich könnt euch nicht bedeuten mit den Worten mein,
Wie minnigliche Grüße euch Etzel hat gesandt
Und eure edle Schwester, die da in hohen Ehren stand.
"An eure Lieb und Treue mahnt euch die Königin 1497
Und daß ihr stäts gewogen war euer Herz und Sinn.
Zuvörderst euch, Herr König, sind wir hieher gesandt,
Daß ihr geruht zu reiten zu ihnen in der Heunen Land.
"Es soll auch mit euch reiten euer Bruder Gernot. 1498
Etzel der reiche euch Allen das entbot,
Wenn ihr nicht kommen wolltet, eure Schwester sehn,
So möcht er doch wohl wißen, was euch von ihm war geschehn,
"Daß ihr ihn also meidet und auch sein Reich und Land. 1499
Wär euch auch die Königin fremd und unbekannt,
So möcht er selbst verdienen, ihr kämet ihn zu sehn:
Wenn ihr das leisten wolltet, so wär ihm Liebes geschehn."
Da sprach der König Gunther: "Nach der siebten Nacht 1500
Will ich euch bescheiden, wes ich mich bedacht
Hab im Rath der Freunde; geht derweilen hin
Zu eurer Herberge und findet gute Ruh darin."
Da sprach wieder Werbel: "Könnt es nicht geschehn, 1501
Daß wir unsre Fraue, die reiche Ute, sehn,
Eh wir müden Degen fragten nach der Ruh?"
Da sprach wohlgezogen der edle Geiselher dazu:
"Das soll euch Niemand wehren; wollt ihr vor sie gehn, 1502
So ist auch meiner Mutter Will und Wunsch geschehn,
Denn sie sieht euch gerne um die Schwester mein,
Frau Kriemhilde: ihr sollt ihr willkommen sein."
Geiselher sie brachte hin, wo er Uten fand. 1503
Die sah die Boten gerne aus der Heunen Land
Und empfieng sie freundlich mit wohlgezognem Muth.
Da sagten ihr die Märe die Boten höfisch und gut.
"Meine Frau läßt euch entbieten," sprach da Schwemmelein, 1504
"Dienst und stäte Treue, und wenn es möchte sein,
Daß sie euch öfter sähe, so glaubet sicherlich,
Wohl keine andre Freude auf Erden wünschte sie sich."
Da sprach die Königin Ute: "Dass kann nun nicht sein. 1505
So gern ich öfter sähe die liebe Tochter mein,
So wohnt zu fern uns leider die edle Königin:
Nun geh ihr immer selig die Zeit mit Etzeln dahin.
"Ihr sollt mich wißen laßen, eh ihr von hinnen müßt, 1506
Wenn ihr reiten wollet; ich sah in langer Frist
Boten nicht so gerne, als ich euch gesehn."
Da gelobten ihr die Knappen, ihr Wille solle geschehn.
Zu den Herbergen giengen Die von Heunenland. 1507
Der reiche König hatte die Freunde nun besandt.
Gunther der edle fragte Mann für Mann,
Was sie darüber dächten? Wohl Manche huben da an,
Er möge wohl reiten in König Etzels Land. 1508
Das riethen ihm die Besten, die er darunter fand.
Hagen nur alleine, dem war es grimmig leid.
Zum König sprach er heimlich: "Mit euch selbst seid ihr im Streit.
Ihr habt doch nicht vergeßen, was ihr von uns geschehn: 1509
Vor Kriemhilden müßen wir stäts in Sorge stehn.
Ich schlug ihr zu Tode den Mann mit meiner Hand:
Wie dürften wir wohl reiten hin in König Etzels Land?"
Da sprach der reiche König: "Meiner Schwester Zürnen schwand. 1510
Mit minniglichem Kusse, eh sie verließ dieß Land,
Hat sie uns verziehen, was wir an ihr gethan,
Es wäre denn, sie stände bei euch, Herr Hagen, noch an."
"Nun laßt euch nicht betrügen," sprach Hagen, "was auch sagen 1511
Diese Heunenboten: wollt ihrs mit Kriemhild wagen,
Da verliert ihr zu der Ehre Leben leicht und Leib:
Sie weiß wohl nachzutragen, dem König Etzel sein Weib!"
Da sprach vor dem Rathe der König Gernot: 1512
"Ihr mögt aus guten Gründen fürchten dort den Tod
In heunischen Reichen; ständen wir drum an
Und mieden unsre Schwester, das wär übel gethan."
Da sprach zu dem Degen der junge Geiselher: 1513
"Da ihr euch, Freund Hagen, schuldig wißt so sehr,
So bleibt hier im Lande, euer Heil zu weisen;
Nur laßt, die sichs getrauen, mit uns zu den Heunen fahren."
Darob begann zu zürnen von Tronje der Held: 1514
"Ich will nicht, daß euch Jemand sei bei der Fahrt gesellt,
Der an den Hof zu reiten sich mehr getraut als ich:
Wollt ihrs nicht bleiben laßen, ich beweis' es euch sicherlich."
Da sprach der Küchenmeister Rumold der Degen: 1515
"Der Heimischen und Fremden mögt ihr zu Hause pflegen
Nach euerm Wohlgefallen: da habt ihr vollen Rath;
Ich glaube nicht, daß Hagen euch noch je vergeiselt hat.
"Wollt ihr nicht Hagen folgen, so räth euch Rumold, 1516
Der ich euch dienstlich gewogen bin und hold,
Daß ihr im Lande bleibet nach dem Willen mein
Und laßt den König Etzel dort bei Kriemhilden sein.
"Wo könntet ihr auf Erden so gut als hier gedeihn? 1517
Ihr mögt vor euern Feinden daheim geborgen sein,
Ihr sollt mit guten Kleidern zieren euern Leib,
Des besten Weines trinken und minnen manches schöne Weib.
"Dazu giebt man euch Speise, so gut sie in der Welt 1518
Ein König mag gewinnen. Euer Land ist wohl bestellt:
Der Hochzeit Etzels mögt ihr euch mit Ehren wohl begeben
Und hier mit euern Freunden in guter Kurzweile leben.
"Und hättet ihr nichts Anderes davon zu zehren hier, 1519
Ich gab euch Eine Speise die Fülle für und für,
In Oel gesottne Schnitten. Das ist, was Rumold räth,
Da es gar so ängstlich, ihr Herrn, dort bei den Heunen steht.
"Hold wird euch Frau Kriemhild doch nimmer, glaubet mir; 1520
Auch habt ihr und Hagen es nicht verdient an ihr.
Und wollt ihr nicht verbleiben, wer weiß, wie ihrs beklagt:
Ihr werdets noch erkennen, ich hab euch Wahrheit gesagt.
"Drum rath ich euch zu bleiben. Reich ist euer Land: 1521
Ihr könnt hier beßer lösen, was ihr gabt zu Pfand,
Als dort bei den Heunen: wer weiß, wie es da steht?
Verbleibt hier, ihr Herren: das ist, was Rumold euch rath."
"Wir wollen nun nicht bleiben," sprach da Gernot. 1522
"Da es meine Schwester so freundlich uns entbot
Und Etzel der reiche, was führen wir nicht hin?
Die nicht mit uns wollen, mögen bleiben immerhin."
"In Treuen," sprach da Rumold, "ich will der Eine sein, 1523
Der um Etzels Hofgelag kommt nimmer überrhein.
Wie setzt' ich wohl das Beßre aufs Spiel, das ich gewann?
Ich will mich selbst so lange am Leben laßen, als ich kann."
"So denk ichs auch zu reiten," sprach Ortwein der Degen: 1524
"Ich will der Geschäfte zu Hause mit euch pflegen."
Da sprachen ihrer Viele, sie wollten auch nicht fahren:
"Gott woll euch, liebe Herren, bei den Heunen wohl bewahren."
Der König Gunther zürnte, als er ward gewahr, 1525
Sie wollten dort verbleiben, der Ruhe willen zwar:
"Wir wollens drum nicht laßen, wir müßen an die Fahrt;
Der waltet guter Sinne, der sich allezeit bewahrt."
Zur Antwort gab da Hagen: "Laßt euch zum Verdruß 1526
Meine Rede nicht gereichen: was auch geschehen muß,
Das rath ich euch in Treuen, wenn ihr euch gern bewahrt,
Daß ihr nur wohlgerüstet zu dem Heunenlande fahrt.
"Wenn ihrs euch unterwindet, so entbietet euer Heer, 1527
Die Besten, die ihr findet und irgend wißt umher,
Aus ihnen Allen wähl ich dann tausend Ritter gut:
So mag euch nicht gefährden der argen Kriemhilde Muth."
"Dem Rathe will ich folgen," sprach der König gleich. 1528
Da sandt er seine Boten umher in seinem Reich.
Bald brachte man der Helden dreitausend oder mehr.
Sie dachten nicht zu finden so großes Leid und Beschwer.
Sie ritten hohes Muthes durch König Gunthers Land. 1529
Sie verhießen Allen Ross' und Gewand,
Die ihnen geben wollten zum Heunenland Geleit.
Da fand viel gute Ritter der König zu der Fahrt bereit.
Da ließ von Tronje Hagen Dankwart den Bruder sein 1530
Achtzig ihrer Recken führen an den Rhein.
Sie kamen stolz gezogen; Harnisch und Gewand
Brachten viel die schnellen König Gunthern in das Land.
Da kam der kühne Volker, ein edler Spielmann, 1531
Mit dreißig seiner Degen zu der Fahrt heran.
Ihr Gewand war herrlich, ein König mocht es tragen.
Er wollte zu den Heunen, ließ er dem Könige sagen.
Wer Volker sei gewesen, das sei euch kund gethan. 1532
Es war ein edler Herre; ihm waren unterthan
Viel der guten Recken in Burgundenland;
Weil er fiedeln konnte, war er der Spielmann genannt.
Hagen wählte tausend, die waren ihm bekannt; 1533
Was sie in starken Stürmen gefrommt mit ihrer Hand
Und sonst begangen hatten, das hatt er oft gesehn:
Auch alle Andern musten ihnen Ehre zugestehn.
Die Boten Kriemhildens der Aufenthalt verdroß; 1534
Die Furcht vor ihrem Herren war gewaltig groß:
Sie hielten alle Tage um den Urlaub an.
Den gönnt' ihnen Hagen nicht: das ward aus Vorsicht gethan.
Er sprach zu seinem Herren: "Wir wollen uns bewahren, 1535
Daß wir sie reiten laßen, bevor wir selber fahren
Sieben Tage später in König Etzels Land:
Trägt man uns argen Willen, das wird so beßer gewandt.
"So mag sich auch Frau Kriemhild bereiten nicht dazu, 1536
Daß uns nach ihrem Rathe Jemand Schaden thu.
Will sie es doch versuchen, so fährt sie übel an:
Wir führen zu den Herren manchen auserwählten Mann."
Die Sättel und die Schilde und all ihr Gewand, 1537
Das sie führen wollten in König Etzels Land,
War nun bereit und fertig für manchen kühnen Mann.
Etzels Spielleute rief man zu Gunthern heran.
Da die Boten kamen, begann Herr Gernot: 1538
"Der König will leisten, was Etzel uns entbot.
Wir wollen gerne kommen zu seiner Lustbarkeit
Und unsre Schwester sehen; daß ihr des außer Zweifel seid."
Da sprach der König Gunther: "Wißt ihr uns zu sagen, 1539
Wann das Fest beginnt, oder zu welchen Tagen
Wir erwartet werden?" Da sprach Schwemmelein:
"Zur nächsten Sonnenwende da soll es in Wahrheit sein."
Der König erlaubte das, war noch nicht geschehn, 1540
Wenn sie Frau Brunhilden wünschten noch zu sehn,
Daß sie mit seinem Willen sprächen bei ihr an.
Dem widerstrebte Volker: da war ihr Liebes gethan.
"Es ist ja Frau Brunhild nun nicht so wohlgemuth, 1541
Daß ihr sie schauen möchtet," sprach der Ritter gut.
"Wartet bis morgen, so läßt man sie euch sehn."
Sie wähnten sie zu schauen, da konnt es doch nicht geschehn.
Da ließ der reiche König, er war den Boten hold, 1542
Aus eigner hoher Milde daher von seinem Gold
Auf breiten Schilden bringen; wohl war er reich daran.
Ihnen ward auch reiche Schenkung von seinen Freunden gethan.
Geiselher und Gernot, Gere und Ortewein, 1543
Wie sie auch milde waren, das leuchtete wohl ein:
So reiche Gaben boten sie den Boten an,
Daß sie's vor ihrem Herren nicht getrauten zu empfahn.
Da sprach zu dem König der Bote Werbelein: 1544
"Herr König, laßt die Gaben nur hier im Lande sein.
Wir könnens nicht verführen, weil uns der Herr verbot,
Daß wir Geschenke nähmen: auch thut es uns wenig Noth."
Da ward der Vogt vom Rheine darüber ungemuth, 1545
Daß sie verschmähen wollten so reichen Königs Gut.
Da musten sie empfahen sein Gold und sein Gewand,
Daß sie es mit sich führten heim in König Etzels Land.
Sie wollten Ute schauen vor ihrer Wiederkehr. 1546
Die Spielleute brachte der junge Geiselher
Zu Hof vor seine Mutter; sie entbot der Königin,
Wenn man ihr Ehre biete, so bedünk es sie Gewinn.
Da ließ die Königswitwe ihre Borten und ihr Gold 1547
Vertheilen um Kriemhildens, denn der war sie hold,
Und König Etzels Willen an das Botenpaar.
Sie mochtens wohl empfahen: getreulich bot sie es dar.
Urlaub genommen hatten nun von Weib und Mann 1548
Die Boten Kriemhildens; sie fuhren froh hindann
Bis zum Schwabenlande: dahin ließ Gernot
Seine Helden sie begleiten, daß sie nirgend litten Noth.
Als die von ihnen schieden, die sie sollten pflegen, 1549
Gab ihnen Etzels Herschaft Frieden auf den Wegen,
Daß ihnen Niemand raubte ihr Ross noch ihr Gewand.
Sie ritten sehr in Eile wieder in der Heunen Land.
Wo sie Freunde wusten, da machten sie es kund, 1550
In wenig Tagen kämen die Helden von Burgund
Vom Rhein hergezogen in der Heunen Land.
Pilgerin, dem Bischof, ward auch die Märe bekannt.
Als sie vor Bechlaren die Straße niederzogen, 1551
Da ward um die Märe Rüdger nicht betrogen,
Noch Frau Gotelinde, die Markgräfin hehr.
Daß sie sie schauen sollten, des freuten beide sich sehr.
Die Spielleute spornten die Rosse mächtig an. 1552
Sie sanden König Etzeln in seiner Stadt zu Gran,
Gruß über Grüße, die man ihm her entbot,
Brachten sie dem Könige: vor Liebe ward er freudenroth.
Als Kriemhild der Königin die Märe ward bekannt, 1553
Ihre Brüder wollten kommen in ihr Land,
Da ward ihr wohl zu Muthe: sie gab den Boten Lohn
Mit reichlichen Geschenken; sie hatte Ehre davon.
Sie sprach: "Nun sagt mir beide, Werbel und Schwemmelein, 1554
Wer will von meinen Freunden beim Hofgelage sein,
Von den höchsten, die wir luden hieher in dieses Land?
Sagt an, was sprach wohl Hagen, als ihm die Mähre ward bekannt?"
"Er kam zu ihrem Rathe an einem Morgen fruh; 1555
Wenig gute Sprüche redet' er dazu,
Als sie die Fahrt gelobten nach dem Heunenland:
Die hat der grimme Hagen die Todesreise genannt.
"Es kommen eure Brüder, die Könge alle drei, 1556
In herrlichem Muthe. Wer mehr mit ihnen sei,
Darüber ich des Weitern euch nicht bescheiden kann.
Es will mit ihnen reiten Volker der kühne Fiedelmann."
"Des mag ich leicht entbehren," sprach die Königin, 1557
"Daß ich auch Volkern sähe her zu Hofe ziehn;
Hagen bin ich gewogen, der ist ein Degen gut:
Daß wir ihn schauen sollen, des hab ich fröhlichen Muth."
Hin gieng die Königstochter, wo sie den König sah. 1558
Wie ininnigliche Worte sprach Frau Kriemhild da:
"Wie gefallen euch die Mären, viel lieber Herre mein?
Wes mich je verlangte, das soll nun bald vollendet sein."
"Dein Will ist meine Freude," der König sprach da so: 1559
"Ich wär der eignen Freunde nicht so von Herzen froh,
Wenn sie kommen sollten hieher in unser Land.
Durch deiner Freunde Liebe viel meiner Sorge verschwand."
Des Königs Amtleute befahlen überall 1560
Mit Gestühl zu schmücken Pallas und Saal
Für die lieben Gäste, die da sollten kommen.
Durch die ward bald dem König viel hoher Freude benommen.
* * * * *