Alsô der küene Dancwart under die tür getrat, 1888
daß Etzeln gesinde er hôher wîchen bat.
mit bluote was berunnen alleß sîn gewant;
ein vil scharfeß wâfen truog er blôß an sîner hant.
Eß was reht in der wîle, do er kom vür die tür, C.
daß man Ortlieben truoc wider unde vür
von tische zuo tischen den vürsten wol geborn:
von disen starken mæren wart daß kindelîn verlorn.
Vil lûte rief dô Dancwart einem degene: 1889
‚ir sitzet alze lange, bruoder Hagene.
iu und Got von himele klage ich unser nôt:
rîter unde knehte sint an den herbergen tôt.‘
Er rief im hin enkegene: ‚wer hât daß getân?‘ 1890
‚daß hât der hêrre Blœdel unde sîne man.
ouch hât ers sêre enkolten, daß wil ich iu sagen:
ich hân mit mînen handen im sîn houbet ab geslagen.‘
‚Daß ist ein schade kleine,‘ sprach dô Hagene, 1891
‚swâ man solhiu mære saget von degene,
ob er von recken henden verliuset sînen lîp:
in suln deste ringer klagen wætlîchiu wîp.
[S. 640]
‚Nu saget mir, lieber bruoder, wie sît ir sô rôt? A.1892
ich wæne, ir von wunden lîdet grôße nôt.
ist er inder inme lande, der eß iu hât getân,
in erner der übel tiuvel, eß muoß im an sîn leben gân.‘
‚Ir sehet mich wol gesunden: mîn wât ist bluotes naß. A.1893
von ander manne wunden ist mir geschehen daß,
der ich alsô manegen hiute hân erslagen,
ob ich des swern solde, ine kundeß nimmer gesagen.‘
Er sprach: ‚bruoder Dancwart, sô hüetet uns der tür, 1894
lât der Hiunen einen komen niht dervür.
ich wil reden mit den recken, als uns des twinget nôt:
unser ingesinde lît von in unverdienet tôt.‘
‚Sol ich sîn kamerære,‘ sprach der küene man, 1895
‚alsô rîchen künegen ich wol gedienen kan:
sô phlige ich der stiegen nâch den êren mîn.‘
den Kriemhilde degenen kunde leider niht gesîn.
‚Mich nimt des michel wunder,‘ sprach aber Hagene, 1896
‚waß nu hie inne rûnen die Hiunen degene.
si wæn des lîhte enbæren, der an der tür dâ stât
und diu hovemære geseit den Burgunden hât.
‚Ich hân vernomen lange von Kriemhilde sagen, 1897
daß si ir herzeleide wolde niht vertragen.
nu trinken wir die minne und gelten sküneges wîn:
der junge voit der Hiunen der muoß der aller êrste sîn.‘
Dô sluoc daß kint Ortlieben Hagne der helt guot, 1898
daß im gein der hende anme swerte vlôß das bluot
und der küneginne eß houbet sprang in die schôß.
dô huop sich under degenen ein mort vil grimme unde grôß.
[S. 642]
Er sluog deme meizogen einen swinden swertes slac 1899
mit beiden sînen henden, der des kindes phlac,
daß im daß houbet schiere vor tische nider lac.
eß was ein jæmerlîcheß lôn, daß er dem meizogen wac.
Er sach vor Etzeln tische einen spilman: 1900
Hagne in sîme zorne gâhen dar began.
er sluoc im ûf der gîgen abe die zeswen hant:
‚daß habe dir der botschefte in der Burgunden lant.‘
‚Sô wê mir mîner hende,‘ sprach Werbel sân. 1901
‚hêr Hagene von Troneje, waß hân ich iu getân?
ich kom ûf grôße triuwe in iuwer hêrren lant.
wie klenk ich nu die dœne, sît ich verlorn hân die hant?‘
Hagne ahte ringe, gevidelter nimmer mêr. A.1902
dô vrumt er inme hûse diu verchgrimmen sêr
an den Etzeln recken, der er sô vil ersluoc.
dô brâhte er in dem gademe ze tôde recken genuoc.
Volkêr der vil snelle von dem tische spranc: 1903
ein videlboge im lûte an sîner hant erklanc.
dô videlte ungevuoge Gunthers spilman.
hei, waß er im ze vînde der küenen Hiunen gewan!
Ouch sprungen von den tischen die drîe künege hêr. 1904
si woldenß gerne scheiden, ê schade geschæhe mêr.
sine mohtenß mit ir sinnen dô niht understân,
dô Volkêr unde Hagene sô sêre wüeten began.
Dô sach der voit von Rîne ungescheiden den strît: 1905
dô sluoc der vürste selbe manege wunden wît
durch die liehten ringe den vîenden sîn.
eß was ein helt zen handen, daß wart dâ grœßlîche schîn.
[S. 644]
Dô kom ouch zuo dem strîte der starke Gêrnôt: 1906
jâ vrumte er der Hiunen vil manegen helt tôt
mit eime scharfen swerte, daß im gap Rüedegêr.
den Etzelen recken tet er diu gremlîchen sêr.
Der junge sun vroun Uoten zuo dem strîte spranc: 1907
sîn wâfen hêrlîchen durch die helme ranc
den Etzelen recken ûßer Hiunen lant;
dâ tet vil michel wunder des küenen Gîselheres hant.
Swie vrum si alle wâren, die künege und ouch ir man, 1908
doch sach man vor in allen Volkêren stân
gein den vîenden; eß was ein helt guot:
er vrumte mit wunden manegen vallen in daß bluot.
Ouch werten sich vil sêre die Etzelen man. 1909
dô sach man die geste houwende gân
mit den vil liehten swerten durch des küneges sal.
man hôrte allenthalben von wuofe grœßlîchen schal.
Dô wolden die dar ûße zir vriunden sîn dar in: 1910
die nâmen an den türen vil kleinen gewin.
dô wæren die dar inne vil gerne vür den sal:
Dancwart ließ ir deheinen die stiegen ûf noch ze tal.
Des huop sich vor den türen vil starker gedranc 1911
und ouch von den swerten grôßer helmklanc.
des kom der küene Dancwart in eine grôße nôt:
daß besorgete sîn bruoder, als im sîn triuwe gebôt.
Vil lûte rief dô Hagene Volkêren an: 1912
‚seht ir dort, geselle, mînen bruoder stân
vor Hiunischen recken under starken slegen?
vriunt, nert mir den bruoder: wir verliesen den degen.‘
[S. 646]
‚Daß tuon ich sicherlîchen,‘ sprach der spilman. 1913
er begunde videlunde durch den palas gân:
ein herteß swert im ofte an sîner hant erklanc.
die recken von Rîne im seiten grœßlîchen danc.
Volkêr der küene zuo Dancwarte sprach: 1914
‚ir habt erliten hiute vil grôßen ungemach.
mich bat iuwer bruoder durch helfe zuo iu gân.
welt ir nu sîn dar ûße, sô wil ich innerthalben stân.‘
Dancwart der snelle stuont ûßerhalb der tür: 1915
dô werte er in ir stiegen, swaß ir kom der vür.
des hôrt man wâfen hellen den helden an der hant.
sam tet ouch innerthalben Volkêr von Burgunden lant.
Der küene videlære rief über menege: 1916
‚daß hûs ist wol besloßßen, vriunt her Hagene,
jâ ist alsô verschrenket diu Etzelen tür
von zweier helde handen: dâ gênt wol tûsent rigel vür.‘
Dô von Troneje Hagene die tür sach sô behuot, A.1917
den schilt warf dô ze rucke der mære helt guot:
dô êrst begund er rechen sîner vriunde leit.
sîns zornes muose engelten vil manec rîter gemeit.
Dô der voit von Berne daß wunder rehte ersach, A.1918
daß Hagene der starke sô manegen helm brach,
der künec von Amelunge spranc ûf eine banc.
er sprach: ‚hie schenket Hagene daß aller wirseste tranc.‘
Der wirt het grôße sorge, sîn wîp diu het alsam: A.1919
waß man im lieber vriunde vor sînen ougen nam!
wan er vor sînen vînden vil kûme dâ genas.
er saß vil angestlîche: waß half im, daß er künic was?
[S. 648]
Kriemhilt diu rîche rief Dietrîchen an: A.1920
‚hilf mir, rîter edele, mit dem lîbe dan,
durch aller vürsten tugende ûß Amelunge lant:
wan erreicht mich Hagene, ich hân den tôt an der hant.‘
‚Wie sol ich iu gehelfen,‘ sprach hêr Dieterîch, A.1921
‚edel küneginne? nu sorge ich umbe mich.
eß sint sô sêr erzürnet Guntheres man,
daß ich an disen zîten gevriden nieman enkan.‘
‚Neinâ, hêrre Dietrîch, vil edel rîter guot, A.1922
lâßâ hiute schînen dînen tugentlîchen muot,
daß du mir helfest hinnen, oder ich belîbe tôt.
nu hilf mir und dem künege ûß dirre angeslîcher nôt.‘
‚Daß wil ich versuochen, ob ich iu helfen kan, A.1923
wand ich in langen zîten niht gesehen hân
sô bitterlîch erzürnet manegen rîter guot.
jâ sich ich durch die helme von swerten springen daß bluot.‘
Mit kraft begunde rüefen der rîter ûß erkorn, A.1924
daß sîn stimme erhlûte sam ein wisntes horn,
und daß diu burc vil wîte von sîner kraft erdôß.
diu sterke Dietrîches was unmæßlîchen grôß.
Dô gehôrte rüefen Gunther disen man A.1925
in dem vil herten sturme: hlosen er began.
er sprach: ‚Dietrîches stimme ist in mîn ôre komen.
ich wæne, im unser degene haben etwen benomen.
‚Ich sich in ûf dem tische winken mit der hant. A.1926
vriunt unde mâge von Burgunden lant,
habet ûf des strîtes, lât hœren unde sehen,
waß hie Dietrîche von uns ze schaden sî geschehen.‘
[S. 650]
Dô der künic Gunther bat und ouch gebôt, A.1927
si habten ûf mit swerten in des strîtes nôt.
daß was gewalt vil grôßer, daß dâ niemen sluoc.
er vrâgte den von Berne der mære schiere genuoc.
Er sprach: ‚vil edel Dietrîch: waß ist iu hie getân A.1928
vone mînen vriunden? willen ich des hân,
buoße und suone der bin ich iu bereit.
swaß iu iemen tæte, daß wær mir inneclîchen leit.‘
Dô sprach der hêrre Dietrîch: ‚mir ist niht getân. A.1929
lât mich ûß dem hûse mit iurme vride gân
von disem herten strîte mit dem gesinde mîn.
daß wil ich umbe iuch degene immer dienende sîn.‘
‚Waß vlêhet ir sô sêre?‘ sprach hêr Wolfhart, A.1930
‚jane hât der videlære die tür nie sô verspart,
wir entsließen si sô wîte, daß wir dar vür gân.‘
‚nu swîc,‘ sprach hêr Dietrîch, ‚du hast den tievel getân.‘
Dô sprach der künic Gunther: ‚erlouben ich iu wil: A.1931
vüert ûß dem hûse wênec oder vil
âne mîne vînde: die suln hie bestân.
si hânt mir zen Hiunen sô rehte leide getân.‘
Dô er daß erhôrte, under arm er beslôß A.1932
die edelen küneginne; ir sorge was vil grôß:
dô vuorte er anderthalben Etzeln mit im dan.
ouch gie mit Dietrîche sechs hundert wætlîcher man.
Dô sprach der marcgrâve, der edel Rüedegêr: A.1933
‚sol aber ûß dem hûse iemen komen mêr,
die iu doch gerne dienent, daß lât uns vernemen:
sô sol vride stæte guoten vriunden gezemen.‘
[S. 652]
Des antwurte Gîselher sîme sweher zehant: A.1934
‚vride unde suone sî iu von uns bekant,
sît ir sît triuwen stæte, ir und iuwer man.
ir sult unangestlîchen mit iuren vriunden hinnen gân.‘
Dô der hêrre Rüedegêr gerûmte den sal, 1935
vünf hundert oder mêre im volgten über al.
daß was von den hêrren durch triuwe getân,
von den der künic Gunther grôßen schaden sît gewan.
Dô sach ein Hiunen recke Etzelen gân A.1936
bî Dietrîche nâhen: genoßßen wolde ers hân.
dem gap der videlære einen sölhen slac,
daß im daß houbet schiere vor Etzeln vüeßen gelac.
Dô der wirt des landes kom vür daß hûs gegân, A.1937
dô kêrt er sich hin widere und sach Volkêren an.
‚ouwê mir dirre geste: ditz ist ein grimmiu nôt,
daß alle mîne recken vor in sulen ligen tôt!‘
‚Ach wê der hôhzîte!‘ sprach der künic hêr. 1938
‚dâ vihtet einer inne, der heißet Volkêr,
alsam ein eber wilde und ist ein spilman.
ich dankes mîme heile, daß ich dem tievel entran.
‚Sîn leiche lûtent übele, sîn züge sint rôt. A.1939
jâ vellent sîne dœne manegen helt tôt.
ine weiß niht, waß uns wîße der selbe spilman,
wan ich gast nie einen sô rehte leiden gewan.‘
Zir herbergen giengen die recken alsô hêr, C.
der hêrre von Berne und ouch Rüedegêr.
sine wolden mit dem strîte niht ze schaffen hân
und gebuten ouch ir degenen, daß sis mit vride solden lân.
[S. 654]
Und heten si getrouwet alsolher swære, C.
daß in diu von in beiden sô künftec wære,
sine wæren von dem hûse niht sô sanfte komen,
si heten eine stroufe an den vil küenen ê genomen.
Si heten, die si wolden, lâßen vür den sal: A.1940
dô huob sich innerhalben grœßlîcher schal.
die geste sêre râchen, daß in ê geschach.
Volkêr der vil küene, hei, waß er helme zebrach!
Sich kêrte gein dem schalle Gunther der künic hêr: A.1941
‚hœrt ir die dœne, Hagene, die dort Volkêr
videlt mit den Hiunen, swer zuo den türen gât?
eß ist ein rôter anstrich, den er zem videlbogen hât.‘
‚Mich riuwet âne mâße,‘ sô sprach Hagene, A.1942
‚daß ich mich hân gescheiden von dem degene.
ich was sîn geselle und ouch er der mîn:
kome wir immer wider heim, daß sul wir noch mit triuwen sîn.
‚Nu schouwe, künic hêre, Volkêr ist dir holt: A.1943
er dient willeclîchen dîn silber und dîn golt!
sîn videlboge snîdet durch den herten stâl,
er brichet ûß den helmen diu liehte schînenden mâl.
‚In gesach nie videlære sô hêrlîche stân, A.1944
alsô der degen Volkêr hiute hât getân.
sîne leiche hellent durch helm und durch rant:
jâ sol er rîten guotiu ros und tragen hêrlîch gewant.‘
Swaß der Hiunen mâge in dem sale was gewesen, A.1945
der enwas nu deheiner dar inne mê genesen.
des was der schal geswiftet, daß niemen mit in streit:
diu swert von handen leiten die küenen recken gemeit.
[S. 656]