Vor einer vesperzîte huop sich grôß ungemach, 757
daß von manegem recken ûf dem hove geschach:
si phlâgen rîterschefte durch kurzwîle wân.
dô liefen dar durch schouwen manec wîp unde man.
Ze samne dô gesâßen die küneginne rîch: 758
si gedâhten zweier recken, die wâren lobelîch.
dô sprach diu schœne Kriemhilt: ‚ich hân einen man,
daß elliu disiu rîche zuo sînen handen solden stân.‘
Dô sprach diu vrouwe Prünhilt: ‚wie kunde daß gesîn? 759
ob ander nieman lebete wan dîn unde sîn,
sô möhten im diu rîche wol wesen undertân:
die wîle daß lebet Gunther, sô kundeß nimmer ergân.‘
Dô sprach aber Kriemhilt: ‚sihestu, wie er stât, 760
wie rehte hêrlîche er vor den recken gât,
sam der liehte mâne vor den sternen tuot!
des muoß ich von schulden tragen vrœlîchen muot.‘
Dô sprach diu vrouwe Prünhilt: ‚swie wætlîch sî dîn man, 761
swie biderbe und swie schœne, sô soltu vor im lân
Gunther den recken, den edelen bruoder dîn:
der muoß vor allen künegen, daß wißße, wærlîche sîn.‘
[S. 264]
Dô sprach aber Kriemhilt: ‚sô tiuwer ist mîn man, 762
daß ich in âne schulde niht gelobet hân.
an vil manegen dingen ist sîn êre grôß.
geloubestu daß, Prünhilt, er ist wol Gunthers genôß.‘
‚Jane soltu mirß, Kriemhilt, ze arge niht verstân, 763
wan ich ouch âne schulde niht die rede hân getân:
ich hôrtes jehen beide, dô ichs êrste sach,
und dâ des küneges wille an mîme lîbe geschach,
‚Und dâ er mîne minne sô rîterlîch gewan, 764
dô jach Sîvrit, er wære sküneges man:
des hân ich in vür eigen, sît ich ins hôrte jehen.‘
dô sprach diu schœne Kriemhilt: ‚sô wær mir übele geschehen.
‚Wie heten sô geworben die edelen bruoder mîn, 765
daß ich eigenmannes wine solde sîn?
des wil ich dich, Prünhilt, vil vriuntlîchen biten,
daß du die rede lâßest durch mich mit güetlîchen siten.‘
‚Ich mag ir niht gelâßen,‘ sprach des küneges wîp: 766
‚zwiu sold ich verkiesen sô maneges rîters lîp,
der uns mit dem degene dienstlîch ist undertân?‘
Kriemhilt diu vil schœne daß sêre zürnen began.
‚Du muost in verkiesen, daß er dir immer bî 767
wone deheiner dienste. erst tiurer, danne sî
Gunther mîn bruoder, der vil edel man.
du solt mich des erlâßen, daß ich von dir vernomen hân.
‚Und nimt mich immer wunder, sît er dîn eigen ist 768
und du über uns beidiu sô gewaltec bist,
daß er dir sô lange den zins verseßßen hât.
dîner übermüete solde ich von rehte haben rât.‘
[S. 266]
‚Du ziuhest dich ze hôhe,‘ sprach dô des küneges wîp. 769
‚nu wil ich sehen gerne, ob man dînen lîp
habe ze solhen êren, sô man den mînen tuot.‘
die vrouwen wurden beide vil sêre zornec gemuot.
Dô sprach diu vrouwe Kriemhilt: ‚daß muoß et nu geschehen: 770
sît du mînes mannes vür eigen hâst gejehen,
sô müeßen hiute kiesen der beider künege man,
ob ich vor küneges wîbe ze kirche türre gegân.
‚Du muost daß hiute schouwen, daß ich bin edelvrî, A.771
und daß mîn man ist tiuwerer, danne der dîn sî.
dâ mite wil ich selbe niht bescholden sîn.
du solt noch hiute kiesen, wie diu eigen diu dîn
‚Ze hove gê vor recken in Burgunden lant. A.772
ich wil wesen tiuwerer, danne ieman habe bekant
deheine küneginne, diu krôn her ie getruoc.‘
dô huop sich undern vrouwen grôßes nîdes genuoc.
Dô sprach aber Prünhilt: ‚wiltu niht eigen sîn, 773
sô muostu dich scheiden mit den vrouwen dîn
von mînem ingesinde, dâ wir ze münster gân.‘
des antwurte Kriemhilt: ‚triuwen, daß sol sîn getân.‘
‚Nu kleidet iuch, mîn meide,‘ sprach Sîvrides wîp. 774
‚eß muoß âne schande belîben hie mîn lîp.
ir sult daß lâßen schouwen, habt ir iht rîche wât.
si mac sîn gerne lougen, des si hie verjehen hât.‘
Man mohte in lîhte râten, si suochten rîchiu kleit. 775
dâ wart vil wol gezieret manec vrouwe unde meit.
dô gie mit ir gesinde des edelen wirtes wîp;
ze wunsche wart gekleidet der schœnen Kriemhilde lîp
[S. 268]
Mit drin und vierzec meiden: die brâhtes an den Rîn; A.776
die truogen liehte phelle, geworht in Arâbîn.
sus kômen zuo dem münster die meide wol getân.
ir warten vor dem hûse alle Sîvrides man.
Die liute nam des wunder, wâ von daß geschach, 777
daß man die küneginne alsô gescheiden sach,
daß si bî ein ander niht giengen alsam ê.
dâ von wart manegem degene sît vil sorclîchen wê.
Nu stuont vor dem münster Guntheres wîp. 778
dô hete kurzwîle vil maneges rîters lîp
mit den schœnen vrouwen, der si dâ nâmen war.
dô kom diu edel Kriemhilt mit maneger hêrlîchen schar.
Swaß kleider ie getruogen edeler rîter kint, 779
wider ir gesinde daß was gar ein wint.
si was sô rîch des guotes, daß drîßec küneges wîp
eß möhten niht erziugen, daß eine erziuget ir lîp.
Ob ieman wünschen solde, der kunde niht gesagen, 780
daß man sô rîcher kleider gesæhe ie mê getragen,
sô dâ ze stunde truogen ir meide wol getân.
wan Prünhilde ze leide, eß hete Kriemhilt verlân.
Ze samene si dô kômen vor dem münster wît. 781
eß tet diu hûsvrouwe durch einen grôßen nît,
si hieß vil übellîche Kriemhilde stân:
‚jâ sol vor küneges wîbe nimmer eigen diu gegân.‘
Dô sprach diu schœne Kriemhilt, zornec was ir muot: 782
‚kundestu noch swîgen, daß wær dir lîhte guot.
duo hâst geschendet dînen schœnen lîp.
wie mohte mannes kebse immer werden küneges wîp?‘
[S. 270]
‚Wen hâstu hie verkebeset?‘ sprach des küneges wîp. 783
‚daß tuon ich dich,‘ sprach Kriemhilt: ‚dînen schœnen lîp
minnete êrste Sîvrit, mîn vil lieber man.
jâ was eß niht mîn bruoder, der dînen meituom gewan.
‚War kômen dîne sinne? eß was ein arger list, 784
daß du in ließe minnen, sît er dîn eigen ist.
ich hœre dich,‘ sprach Kriemhilt, ‚âne schulde klagen.‘
‚triuwen,‘ sprach dô Prünhilt, ‚daß wil ich Gunthere sagen.‘
‚Waß mac mir daß gewerren? dîn übermuot dich hât betrogen: 785
du hâst mich ze dienste mit rede dich an gezogen.
daß wißße an rehten triuwen, eß ist mir immer leit:
getriuwer heinlîche sol ich dir wesen unbereit.‘
Prünhilt dô weinde: Kriemhilt niht lenger lie, 786
vor des küneges wîbe inß münster si dô gie
mit ir ingesinde. dâ huop sich grôßer haß:
des wurden liehtiu ougen starke trüebe unde naß.
Swie vil man Gote diende oder ieman dâ sanc, 787
des dûhte Prünhilde diu wîle gar ze lanc,
wand ir was vil trüebe der lîp und ouch der muot.
des muoste sît enkelten manec helt küene unde guot.
Prünhilt mit ir vrouwen gie vür daß münster stân. 788
si dâhte: ‚mich muoß Kriemhilt mêre hœren lân,
des mich sô lûte zîhet daß wortræße wîp.
hât er sichs gerüemet, eß gêt im wærlîch an den lîp.‘
Nu kom diu edel Kriemhilt mit manegem küenen man. 789
dô sprach diu vrouwe Prünhilt: ‚ir sult noch stille stân.
ir jâhet mîn ze kebesen: daß sult ir lâßen sehen:
mir ist von iuwern sprüchen, daß wißßet, leide geschehen.‘
[S. 272]
Dô sprach diu schœne Kriemhilt: ‚ir möht mich lâßen gân. 790
ich erziugeß mit dem golde, deich an der hende hân:
daß brâhte mir Sîvrit, dô er bî iu lac.‘
nie gelebte Prünhilt deheinen leideren tac.
Si sprach: diz golt vil edele daß wart mir verstoln 791
und ist mich harte lange übele verholn:
ich kum es an ein ende, wer mirß hât genomen.‘
die vrouwen wâren beide in grôß ungemüete komen.
Dô sprach aber Kriemhilt: ‚ine wils niht wesen diep. 792
du möhtest gedaget hân, wær dir êre liep.
ich erziugeß mit dem gürtel, den ich umbe hân,
daß ich niht enliuge: jâ wart Sîvrit dîn man.‘
Von Ninnivê der sîden si den borten truoc 793
mit edelem gesteine; jâ was er guot genuoc.
dô den gesach Prünhilt, weinen si began:
daß muoste vreischen Gunther, dar zuo alle sîne man.
Dô sprach diu küneginne: ‚heißet here gân 794
den vürsten von Rîne: ich wil in hœren lân,
wie mich hât gehœnet sîner swester lîp.
si seit hie offenlîche, ich sî Sîvrides wîp.‘
Der künic kom mit recken: weinen er dô sach 795
sîne triutinne: güetlîch er dô sprach:
‚saget mir, liebiu vrouwe, wer hât iu iht getân?‘
si sprach zuo dem künege: ‚ich muoß unvrœlîchen stân.
‚Von allen mînen êren mich diu swester dîn 796
gerne wolde scheiden: dir sol geklaget sîn,
si giht, mich habe gekebeset Sîvrit ir man.‘
dô sprach der künic Gunther: ‚sô hetes übele getân.‘
[S. 274]
‚Si treit hie mînen gürtel, den ich hân verlorn, 797
und mîn golt daß rôte. daß ich ie wart geborn,
daß riuwet mich vil sêre. dun entredest, künic, mich
der vil grôßen schanden, ich minne nie mêre dich.‘
Dô sprach künic Gunther: ‚er sol her vüre gân: 798
hât er sichs gerüemet, daß sol er hœren lân,
oder sîn muoß lougenen der helt ûß Niderlant.‘
dô wart der küene Sîvrit harte balde dar besant.
Dô der hêrre Sîvrit die ungemuoten sach, 799
ern weste niht der mære, balde er dô sprach:
‚waß weinent dise vrouwen? daß hete ich gerne erkant,
oder von welhen schulden ich dâ her sî besant.‘
Dô sprach künic Gunther: mir ist harte leit. 800
mir hât mîn vrouwe Prünhilt ein mære hie geseit:
du hâst dich gerüemet, du wærst ir êrster man.
sô seit dîn wîp Kriemhilt: hâstu, degen, daß getân?
‚Nein ich,‘ sprach dô Sîvrit. ‚und hât si daß geseit, 801
end ich erwinde, daß muoß ir werden leit,
und wil dirß gerihten vor allen dînen man
mit mînen hôhen eiden, daß ich irß niht gesaget hân.‘
Dô sprach der künec von Rîne: ‚daß soltu lâßen sehen: A.802
den eit, den du biutest, mac der hie geschehen,
aller valschen dinge wil ich dich ledec lân.‘
man sach zuo dem ringe dô die von Burgunden stân.
Sîvrit der vil küene zem eide bôt die hant. A.803
dô sprach der künic rîche: ‚mir ist sô wol bekant
iuwer grôß unschulde: ich wil iuch ledec lân,
des iuch mîn swester zîhet, daß ir des niht habet getân.‘
[S. 276]
Dô sprach aber Sîvrit: ‚und genießet des ir lîp, 804
daß si hât ertrüebet dîn vil schœne wîp,
daß ist mir sicherlîchen âne mâße leit.‘
dô sâhen zuo ein ander die küenen rîter gemeit.
‚Man sol sô vrouwen ziehen,‘ sprach Sîvrit der degen, 805
‚daß si üppege sprüche lâßen under wegen.
verbiut eß dînem wîbe, der mînen tuon ich sam.
solher übermüete ich mich wærlîchen scham.‘
Mit rede wart gescheiden manec schœne wîp. VII.806
dô trûrte alsô sêre Prünhilde ir lîp,
daß eß erbarmen muose die Guntheres man.
dô kom von Troneje Hagene zuo sîner vrouwen gegân.
Er vrâgte, waß ir wære: weinende er si vant. A.807
dô seite si im diu mære. er lobte ir sâ zehant,
daß eß erarnen müese Kriemhilde man,
oder er wolde nimmer dar umbe vrœlîch gestân.
Zuo der rede kômen Ortwîn und Gêrnôt, 808
dâ die helde rieten den Sîvrides tôt.
dar zuo kom ouch Gîselher, der schœnen Uoten kint;
dô er ir rede gehôrte, er sprach getriulîchen sint:
‚Ouwê, ir guoten knehte, war umbe tuot ir daß? 809
jane gediende Sîvrit nie alsolhen haß,
daß er dar umbe solde verliesen sînen lîp:
jâ ist des harte lîhte, dar umbe zürnent diu wîp.‘
‚Suln wir gouche ziehen?‘ sprach aber Hagene: 810
‚des habent lützel êre sô guote degene.
daß er sich hât gerüemet der lieben vrouwen mîn,
dar umbe wil ich sterben, eß engê im an daß leben sîn.‘
[S. 278]
Dô sprach der künic selbe: ‚ern hât uns niht getân A.811
niuwan guot und êre: man sol in leben lân.
waß touc, ob ich dem recken wære nu gehaß?
er was ie getriuwe und tet vil willeclîchen daß.‘
Dô sprach ûßer Metzen der degen Ortwîn: 812
‚jane kan in niht gehelfen diu grôße sterke sîn.
erloubet mirß mîn hêrre, ich tuon im alleß leit.‘
dô heten im die helde âne schulde widerseit.
Sîn gevolgte niemen, niuwan daß Hagene 813
riet in allen zîten Gunther dem degene,
ob Sîvrit niht enlebte, sô wurde im undertân
vil der künege lande. der helt des trûren began.
Dô ließen siß belîben: spiln man dô sach. A.814
hei, waß man starker schefte vor dem münster brach
vor Sîvrides wîbe al zuo dem sale dan!
dô wâren in unmuote genuoge Guntheres man.
Der künic sprach: ‚lât belîben den mortlîchen zorn. 815
er ist uns ze sælden unt ze êren geborn;
ouch ist sô stark grimme der wundernküene man,
wurde er sîn innen, sô torst in nieman bestân.‘
‚Nein er,‘ sprach dô Hagene. ‚lât iu eß wol behagen: 816
ich trouwe eß heinlîche alsô an getragen,
daß Prünhilde weinen sol im werden leit.
jâ sol im von Hagenen immer wesen widerseit.‘
Dô sprach der künic Gunther: ‚wie möhte daß ergân?‘ 817
des antwurte Hagene: ‚ich wil iuchß hœren lân:
heißen boten rîten zuo uns in daß lant
widersagen offenlîche, die hie niemen sîn bekant.
[S. 280]
Sô jehet ir vor den gesten, daß ir und iuwer man 818
wellent herverten. alsô daß ist getân,
sô lobet er iu dar dienen: des vliuset er den lîp,
ervare ich uns diu mære an des küenen recken wîp.‘
Der künic übel volgte Hagnen sînem man. 819
die starken untriuwe begunden tragen an,
ê ieman daß ervunde, die rîter ûß erkorn.
von zweier vrouwen bâgen wart vil manec helt verlorn.
[S. 282]