Âventiure wie Gunther unde Hagene unde Kriemhilt wurden erslagen.

Dô nam der hêrre Dietrîch   selbe sîn gewant; 2261

im half, daß er sich wâfente,   der alte Hildebrant.

dô klagte alsô sêre   der kreftige man,

daß daß hûs erdießen   von sîner stimme began.

Do gewan er aber widere   rehten heldes muot. 2262

in grimme wart gewâfenet   dô der degen guot.

einen schilt vil vesten   den nam er an die hant:

si giengen balde danne,   er unde meister Hildebrant.

Dô sprach von Tronje Hagene:   ‚ich sihe dort her gân 2263

den hêrren Dietrîche:   der wil uns bestân

nâch sînem starken leide,   daß im ist hie geschehen.

man sol daß hiute kiesen,   wem man des besten müge jehen.

‚Jane dunket sich von Berne   der hêrre Dietrîch 2264

nie sô stark des lîbes   und sô gremlîch,

und wil erß an uns rechen,   daß im ist getân,‘

alsô redete Hagene,   ‚ich getar in harte wol bestân.‘

Dise rede hôrte   Dietrîch und Hildebrant. 2265

er kom, dâ er die recken   beide stênde vant

ûßen vor dem hûse   geleinet an den sal.

sînen schilt den guoten   satzt hêr Dietrîch ze tal.

[S. 758]

In leitlîchen sorgen   sprach hêr Dietrîch: 2266

‚wie habt ir sô geworben,   Gunther, künic rîch,

wider mich ellenden?   waß het ich iu getân?

alles mînes trôstes   des bin ich eine bestân.

‚Iuch endûhte niht der volle   an der grôßen nôt, 2267

dô ir uns Rüedegêre   den helet sluoget tôt:

nu habt ir mir erbunnen   aller mîner man.

jane het ich iu helden   solher leide niht getân.

‚Gedenket an iuch selben   und an iuwer leit, 2268

tôt der iuwer vriunde   und ouch diu arbeit,

ob eß iu guoten recken   beswârt iht den muot.

ouwê, wie rehte unsanfte   mir tôt der Rüedegêres tuot!

‚Eß geschach ze dirre werlde   nie manne leider mêr. 2269

ir gedâhtet übele   an mîn und iuwer sêr.

swaß ich vreuden hête,   diu liget von iu erslagen:

ja enkan ich nimmer mêre   die mîne mâge verklagen.‘

‚Jane sî wir niht sô schuldec,‘   sprach dô Hagene. 2270

‚eß giengen ze dem hûse   die iuwer degene

gewâfent wol ze vlîße   mit einer schar sô breit.

mich dunket, daß diu mære   iu niht rehte sint geseit.‘

‚Waß sol ich mêr gelouben?   mir sagt Hildebrant: 2271

dô mîne recken gerten   von Amelunge lant,

daß ir in Rüedegêre   gæbet ûß dem sal,

dô bütet ir niuwan spotten   den mînen recken her ze tal.‘

Dô sprach der vogt von Rîne:   ‚si jâhen, wolden tragen 2272

Rüedegêr von hinne:   den hieß ich in versagen

Etzeln ze leide   und niht den dînen man,

unz daß dô Wolfhart   dar umbe schelten began.‘

[S. 760]

Dô sprach der helt von Berne:   ‚eß muose et alsô sîn. 2273

Gunther, künic edele,   durch die zühte dîn

ergetze mich der leide,   die mir sint getân,

und süene eß, rîter küene,   sô wil ich gar die schulde lân.

‚Ergip dich mir ze gîsel,   du und dîn man: 2274

sô wil ich iuch behüeten,   so ich aller beste kan,

daß dir hie zen Hiunen   niemen niht entuot.

du solt an mir niht vinden   niuwan triuwe und alleß guot.‘

‚Daß enwelle Got von himele,‘   sprach dô Hagene, 2275

‚daß sich dir ergæben   zwêne degene,

die du sô werlîche   noch sihest gewâfent stân.

daß hieße ein michel schande   und wær ouch übele getân.‘

‚Irn sult eß niht versprechen,‘   sprach aber Dietrich. 2276

‚Gunther unde Hagene,   jâ habt ir beide mich

sô sêre beswæret,   daß herze und ouch den muot,

und welt ir michs ergetzen,   daß irß vil billîchen tuot.

‚Ich gibs iu mîne triuwe   und sicherlîche hant, 2277

daß ich mit iu wider heim   rîte in iuwer lant.

ich geleite iuch nâch den êren   oder ich gelige tôt

und wil durch iuch vergeßßen   der mînen grœßlîchen nôt.‘

‚Nu enmuotet sîn niht mêre,‘   sprach aber Hagene. 2278

‚von uns enzimt daß mære   niht wol ze sagene,

daß sich iu ergæben   zwên alsô küene man.

nu siht man bî iu niemen   wan eine Hildebrande stân.‘

Des antwurte Hildebrant:   ‚iuch möhte wol gezemen 2279

den vride mînes hêrren   ob ir den ruochtet nemen:

eß kumt noch an die stunde   vil lîhte in kurzer zît,

daß ir in gerne næmet   und in iu danne niemen gît.‘

[S. 762]

‚Jâ næme ich ê die suone,‘   sprach ab Hagene, 2280

‚ê ich sô lesterlîche   von eime degene

vlühe, meister Hildebrant,   als ir hie habt getân:

ich wânde ûf mîne triuwe,   ir kundet baß gein vînden stân.‘

Dô sprach meister Hildebrant:   ‚zwiu verwîßet ir mir daß? 2281

nu wer was, der ûfme schilde   vor dem Wasgensteine saß,

dô im von Spâne Walther   sô vil der mâge sluoc?

ouch habt ir noch ze zeigen   an iu selben genuoc.‘

Dô sprach der hêrre Dieterîch:   ‚daß enzimt niht helde lîp, 2282

daß si suln schelden   sam diu alten wîp.

ich verbiute iu, meister Hildebrant,   daß ir iht sprechet mêr.

mich ellenden recken   twinget grœßlîchiu sêr.

‚Lât hœren, vriunt Hagene,‘   sprach dô Dietrîch, 2283

‚waß ir ê redetet,   ir recken lobelîch,

dô ir mich gewâfent   zuo iu sâhet gân?

ir jâhet, daß ir eine   mit strîte woldet mich bestân.‘

‚Jane lougent iu des niemen,‘   sprach Hagene der degen, 2284

‚ich enwelleß hie versuochen   mit den starken slegen,

eß ensî, daß mir zebreste   daß Niblunges swert.

mir ist zorn, daß unser beider   hie ze gîsel ist gegert.‘

Dô Dietrîch gehôrte   den grimmen Hagnen muot, 2285

den schilt vil balde zucte   der snelle degen guot.

wie balde gein im Hagene   von der stiegen spranc!

Niblunges swert daß guote   vil lûte ûf Dietrîch erklanc.

Dô wesse wol hêr Dieterîch,   daß der küene man 2286

vil grimmes muotes wære:   schirmen im began

der hêrre von Berne   vor angestlîchen slegen.

vil wol erkander Hagenen:   er was ein ûßerwelter degen.

[S. 764]

Ouch vorht er Balmunge,   ein wâfen starc genuoc. 2287

under wîlen Dietrîch   mit listen wider sluoc,

unz daß er Hagenen   mit strîte doch betwanc.

er sluog im eine wunden,   diu was tief unde lanc.

Do gedâht der hêrre Dieterîch:   ‚du bist in nôt erwigen; 2288

ich hâns lützel êre,   soltu nu tôt geligen.

ich wil eß sus versuochen,   ob ich entwingen kan

dich mir zeinem gîsel.‘   daß wart mit sorgen getân.

Den schilt ließ er vallen:   sîn sterke diu was grôß; 2289

Hagnen von Troneje   mit armen er beslôß.

des wart dô betwungen   von im der küene man.

Gunther der edele   dar umbe trûren began.

Hagene bant dô Dieterîch   und vuorte in, dâ er vant 2290

die edelen küneginne,   und gab ir bî der hant

den küenisten recken,   der ie swert getruoc.

nâch ir vil starkem leide   dô wart si vrœlîch genuoc.

Vor liebe neic dem degene   daß Etzelen wîp: 2291

‚immer sî dir sælec   dîn herze und ouch dîn lîp.

du hâst mich wol ergetzet   aller mîner nôt:

daß sol ich immer dienen,   mich ensûme der tôt.‘

Dô sprach der hêrre Dieterîch:   ‚ir sult in lân genesen, 2292

vil edeliu küneginne.   eß mac vil wol noch wesen,

daß iuch sîn dienst ergetzet,   daß er iu hât getân:

er sol des niht enkelten,   daß irn gebunden sehet stân.‘

Dô hieß si vüeren Hagenen   an sînen ungemach, 2293

dâ er lac besloßßen   und dâ in niemen sach.

Gunther der künic edele   rüefen dô began.

‚war kom der helt von Berne?   der hât mir leide getân.‘

[S. 766]

Dô gie im hin engegene   der hêrre Dietrîch. 2294

Guntheres ellen   daß was vil lobelîch;

do enbeit ouch er niht mere,   er lief her vür den sal.

von ir beiden swerten   huob sich ein grœßlîcher schal.

Swie vil der hêrre Dieterîch   lange was gelobt, 2295

Gunther was sô sêre   erzürnet und ertobt:

wan er nâch starkem leide   dô sîn vîent was.

man sagt eß noch ze wunder,   daß dô hêr Dietrîch genas.

Ir ellen und ir sterke   beide wâren grôß. 2296

palas und türne   von ir slegen dôß,

dô si mit swerten hiuwen   ûf die helme guot.

eß hete der künic Gunther   einen hêrlîchen muot.

Sît twanc in der von Berne,   als Hagnen ê geschach. 2297

daß bluot man durch die ringe   dem helde vließen sach

von einem starken swerte,   daß truoc hêr Dietrîch.

doch het gewert hêr Gunther   nâch müede loblîchen sich.

Der hêrre wart gebunden   von Dietrîches hant, 2298

swie künege niene solden   lîden solhiu bant.

er dâht, ob er si ließe,   den künec und sînen man,

alle, die si vünden,   die müesen tôt vor in bestân.

Dietrîch von Berne   der nam in bî der hant: 2299

dô vuorte er in gebunden,   da er Kriemhilde vant.

dô was mit sîme leide   ir sorge ein teil benomen.

si sprach: ‚künic Gunther,   sît mir grôße willekomen.‘

Er sprach: ‚ich sold iu nîgen,   vil edel swester mîn, 2300

ob iuwer grüeßen mehte   genædeclîcher sîn.

ich weiß iuch, küneginne,   sô zornec gemuot,

daß ir mich und Hagenen   vil swacheß grüeßen getuot.‘

[S. 768]

Dô sprach der helt von Berne:   ‚vil edel küneges wîp, 2301

eß enwart nie gîsel mêre   sô guoter rîter lîp,

als ich iu, vrouwe hêre,   an in gegeben hân.

nu solt ir die ellenden   mîn vil wol genießen lân.‘

Si jach, si tæte eß gerne.   dô gie hêr Dietrîch 2302

mit weinenden ougen   von den helden lobelîch.

sît rach sich grimmeclîche   daß Etzelen wîp:

den ûß erwelten degenen   nam si beiden den lîp.

Si lie si ligen sunder   durch ir ungemach, 2303

daß ir sît dewedere   den andern nie gesach.

unz si ir bruder houbet   hin vür Hagenen truoc.

der Kriemhilde râche   wart an in beiden genuoc.

Dô gie diu küneginne,   dâ si Hagnen sach; 2304

wie rehte vîntlîche   si zuo dem recken sprach:

‚welt ir mir geben widere,   daß ir mir habt genomen,

sô megt ir noch wol lebende   heim zuo den Burgunden komen.‘

Dô sprach der grimme Hagene:   ‚diu rede ist gar verlorn, 2305

vil edeliu küneginne.   jâ hân ich des gesworn,

daß ich den hort iht zeige:   die wîle daß si leben,

deheiner mîner hêrren,   so enwirt er nieman gegeben.‘

‚Ich bringeß an ein ende,‘   sô sprach daß edel wîp. 2306

dô hieß si ir bruoder   nemen dâ den lîp.

man sluoc im ab daß houbet:   bî hâre si eß truoc

vür den helt von Troneje:   dô wart im leide genuoc.

Alsô der ungemuote   sîns hêrren houbet sach, 2307

widre Kriemhilde   dô der recke sprach:

‚du hâst eß zeinem ende   nâch dîme willen brâht,

und ist ouch rehte ergangen,   als ich mir hête gedâht.

[S. 770]

‚Nu ist von Burgunde   der edel künic tôt, 2308

Gîselher der junge   und ouch Gêrnôt.

den schatz weiß nu nieman   wan Got unde mîn:

der sol dich vâlentinne   immer gar verholn sîn.‘

Si sprach: ‚sô habt ir übele   geltes mich gewert; 2309

sô wil ich doch behalten   daß Sîvrides swert.

daß truoc mîn holder vriedel,   dô ich in jungist sach,

an dem mir herzen leide   vor allem leide geschach.‘

Si zôch eß von der scheide:   daß kunder niht erwern. 2310

dô dâhte si den recken   des lebenes behern.

si huob eß mit ir handen,   daß houbet si im abe sluoc.

daß sach der künic Etzele:   dô was im leide genuoc.

‚Wâfen,‘ sprach der vürste,   ‚wie ist nu tôt gelegen 2311

von eines wîbes handen   der aller beste degen,

der ie kom ze sturme   oder ie schilt getruoc!

swie vîent ich im wære,   eß ist mir leide genuoc.‘

Dô sprach meister Hildebrant:   ‚ja geniußet si es niht, 2312

daß si in slahen torste;   swaß halt mir geschiht,

swie er mich selben brâhte   in angestlîche nôt,

iedoch sô wil ich rechen   des küenen Tronjæres tôt.‘

Hildebrand mit zorne   ze Kriemhilde spranc: 2313

er sluoc der küneginne   eines swertes swanc.

jâ tet ir diu sorge   von dem degene wê;

waß maht si gehelfen,   daß si vil grœßlîchen schrê?

Dô was gelegen über al   dâ der veigen lîp: 2314

ze stucken lac gehouwen   dô daß edel wîp.

Etzel unde Dietrîch   weinen dô began:

si klageten jæmerlîche   beide mâge unde man.

[S. 772]

Diu vil mîchel êre   was dâ gelegen tôt: 2315

die liute heten alle   jâmer unde nôt.

mit leide was verendet   des küneges hôhgezît,

als ie diu liebe leide   an dem ende gerne gît.

Ine kan iu niht bescheiden,   waß sider dâ geschach, 2316

C. wan kristen unde heiden   weinen man dâ sach,

wîb unde knehte   und manege schœne meit:

die heten nâch ir vriunden   diu allergrœßisten leit.

Ine sage iu nu niht mêre   von der grôßen nôt; C.

die dâ erslagen wâren,   die lâßen ligen tot —

wie ir dinc aneviengen   sît der Hiunen diet,

hie hât daß mære ein ende:   daß ist der Nibelunge liet.

Statt der letzten fünf Strophen hat b folgende sechs, die beiden letzten übereinstimmend mit A.

Hilprant mit zorne   ze Kriemhilden spranc.

er sluoc der küneginne   einen swæren swertes swanc,

enmitten dâ der borte   ir den lîp het umbegeben.

dô muose diu küneginne   verliesen dâ ir werdeß leben.

Daß swert daß sneit sô drâte,   daß si sîn niht enphant,

daß si het gerüeret   unsanft; si sprach zehant:

‚dîn wâfen ist verplawen:   du solteß von dir legen;

eß zimt niht wol ze tragene   eim als zierlîchen degen.‘

Dô zôch er von dem vinger   einen rinc rôt guldîn;

er warf in ir vor die vüeße:   ‚hebt ir daß vingerlîn

ûf von der erden,   sô habt ir wâr, edel wîp.‘

si neic sich nâch dem golde:   dô viel entzwei ir werder lîp.

[S. 774]

Nu ist ouch gelegen Kriemhilt,   ouwê der nôt:

wie rehte gar unmüeßec   was dâ der tôt!

Dietrîch und Etzel   sêre weinen dô began:

si klagten inneclîche   beide wîp unde man.

Diu vil michel êre   was dâ gelegen tôt.

die liute heten alle   jâmer unde nôt.

mit leide was verendet   des küneges hôchzît,

als ie diu liebe leide   ze aller jungiste gît.

Ich enkan iu niht bescheiden,   waß sider dâ geschach,

wan rîter unde knehte   weinen man dâ sach,

dar zuo die edeln knehte,   ir lieben vriunde tôt.

hie hât daß mær ein ende:   ditze ist der Nibelunge nôt.

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