Dô hôrt man allenthalben jâmer alsô grôß, 2172
daß palas unde türne von dem wuof erdôß.
dô hôrte eß ouch von Berne ein Dietrîches man:
durch disiu starken mære wie balde er gâhen began!
Dô sprach er zuo dem vürsten: ‚hœrt, mîn hêr Dietrîch. 2173
swaß ich noch her gelebet hân, sô rehte unmügelîch
gehôrte ich klage nie mêre, als ich nu hân vernomen.
ich wæne, der künic selbe ist zuo der hôhgezîte komen.
‚Wie mehtens anders alle haben solhe nôt? 2174
der künic oder Kriemhilt, ir eineß daß ist tôt
von den küenen gesten durch ir nît gelegen.
eß weinet ungevuoge vil manec ûßerwelter degen.‘
Dô sprach der vogt von Berne: ‚mîne vil liebe man, 2175
nu gâhet niht sô sêre. swaß hie hânt getân
die ellenden recken, des gât in michel nôt:
und lât si des genießen, daß ich in mînen vride enbôt.‘
Dô sprach der küene Wolfhart: ‚ich wil dar gân 2176
und wil der mære vrâgen, waß si haben getân,
und wilß iu sagen denne, vil lieber hêrre mîn,
als ich eß dort ervinde, waß diu rede müge sîn.‘
[S. 730]
Dô sprach der hêrre Dieterîch: ‚swa man zornes sich versiht, 2177
ob ungevüegiu vrâge danne dâ geschiht,
daß betrüebet recken lîhte ir muot.
ich enwil niht, Wolfhart, daß ir die vrâge getuot.‘
Dô bat er Helfrîche balde dar gân, 2178
und hieß daß ervinden an Etzelen man
oder an den gesten, waß wære dâ geschehen.
done het er nie von liuten sô grôßen jâmer gesehen.
Der bote begunde vrâgen; ‚waß ist hie getân?‘ 2179
dô sprach dar under einer: ‚dâ ist vil gar zergân,
swaß wir vreuden hêten in der Hiunen lant:
hie ligt erslagen Rüedegêr von der Burgunden hant.
‚Die mit im dar in kômen, derst einer niht genesen.‘ 2180
do enkunde Helfrîche nimmer leider wesen.
jâ sagte er sîniu mære sô rehte ungerne nie.
der bote dô hin widere vil sêre weinende gie.
‚Waß habt ir uns ervunden?‘ sprach dô Dietrîch: 2181
‚wie weinet ir sô sêre, degen Helferîch?‘
dô sprach der edel recke: ‚ich mac wol balde klagen:
den guoten Rüedegêre hânt die Burgunde erslagen.‘
Dô sprach der helt von Berne: ‚desn sol niht wellen Got. 2182
daß wær ein starkiu râche und ouch des tievels spot.
wâ mit hete Rüedegêr an in daß versolt?
jâ ist mir daß wol künde, er ist den ellenden holt.‘
Des antwurte Wolfhart: ‚und heten siß getân, 2183
sô solt eß in allen an daß leben gân.
ob wir inß vertrüegen, des wær wir geschant.
jâ hât uns vil gedienet des guoten Rüedegêres hant.‘
[S. 732]
Der vogt der Amelunge hieß eß ervarn baß. 2184
vil harte senelîche er in ein venster saß:
dô bat er Hilprande zuo den gesten gân,
daß er an in ervüere, waß dâ wære getân.
Der sturmküene recke, meister Hilprant, 2185
weder schilt noch wâfen truoger an der hant:
er wolde in sînen zühten zuo den gesten gân;
von sîner swester kinde wart im ein strâfen getân.
Dô sprach der grimme Wolfhart: ‚welt ir dar blôßer gân, 2186
sô mag eß ân ein schelten nimmer wol gestân:
sô müeßt ir lesterlîche tuon die widervart;
komt ir dar gewâfent, daß eteslîcher wol bewart.‘
Dô garte sich der wîse durch des tumben rât. 2187
ê eß ervunde Hildebrant, dô wâren in ir wât
alle Dietrîches recken und truogen swert enhant.
dem helde was eß leide: vil gerne het erß erwant.
Er vrâgte, war si wolden. ‚wir wellen mit iu dar. 2188
waß, ob von Tronje Hagene deste wirs getar
gein iu mit spotte sprechen, des er wol kan gephlegen?‘
dô er die rede gehôrte, dô gestuont ins der degen.
Dô sach der küene Volkêr wol gewâfent gân 2189
die recken von Berne, die Dietrîches man,
begürtet mit den swerten; si truogen schilt enhant:
er sagteß sînen hêrren ûßer Burgunde lant.
Dô sprach der videlære: ‚ich sihe dort here gân 2190
sô rehte vîentlîche die Dietrîches man,
gewâfent under helme: si wellent uns bestân.
ich wæne, eß an daß übele uns ellenden welle gân.‘
[S. 734]
In den selben zîten kom ouch Hildebrant. 2191
dô satzter vür die vüeße sînes schiltes rant.
er begunde vrâgen die Guntheres man:
‚ouwê, ir guote helde, waß hete iu Rüedegêr getân?
‚Mich hât mîn hêrre Dieterîch her zuo iu gesant: 2192
ob erslagen hête iuwer deheines hant
den edelen marcgrâven, als uns daß ist geseit?
wir enkunden überwinden niht diu grœßlîchen leit.‘
Dô sprach von Troneje Hagene: ‚daß mær ist ungelogen, 2193
wie wol ich iu des gunde, het iuch der bote betrogen,
durch Rüedegêres liebe, daß lebte noch sîn lip,
den immer mugen weinen beidiu man unde wîp.‘
Dô si daß rehte erhôrten, daß er wære tôt, 2194
dô klagten in die recken: ir triuwe in daß gebôt.
den Dietrîches mannen sach man trehne gân
über bart und über kinne: in was vil leide getân.
Der herzoge ûßer Berne Sigestap dô sprach: 2195
‚nu hât gar ein ende genomen der gemach,
den uns hie vuogte Rüedegêr nâch unsern leiden tagen:
vreude ellender diete lît von iu helden hie erslagen.‘
Dô sprach von Amelunge der degen Wolfwîn: 2196
‚und ob ich hiute sæhe tôt den vater mîn,
mir enwurde nimmer leider denn umbe sînen lîp.
ouwê, wer sol nu trœsten des guoten marcgrâven wîp?‘
Dô sprach in zornes muote der degen Wolfhart: 2197
‚wer wîset nu die recken sô manege hervart,
alsô der marcgrâve vil dicke hât getân?
ouwê, vil edel Rüedegêr, daß wir dich sus verloren hân!‘
[S. 736]
Wolfbrant und Helferîch und ouch Helmnôt 2198
mit allen ir vriunden weinden sînen tôt.
vor siuften mohte vrâgen niht mêre Hildebrant:
er sprach: ‚nu tuot, ir degene, dar nâch mîn hêrre hât gesant.
Gebt uns Rüedegêren sô tôten ûß dem sal, 2199
an dem gar mit jâmer lît unser vreuden val,
und lât uns an im dienen, daß er ie hât getan
an uns vil grôßer triuwe und an manegem vremden man.
‚Wir sîn ouch ellende als Rüedegêr der degen. 2200
wes lâßet ir uns bîten? lât in uns after wegen
tragen, daß wir nâch tôde lônen noch dem man;
wir hetenß vil billîche bî sînem lebene getân.‘
Dô sprach der künic Gunther: ‚nie dienest wart sô guot, 2201
sô den ein vriunt vriunde nâch dem tôde tuot.
daß heiße ich stæte triuwe, swer die kan begân.
ir lônet im von schulden: er hât iu liebe getân.‘
‚Wie lange sul wir vlêgen?‘ sprach Wolfhart der degen. 2202
‚sît unser trôst der beste von iu ist tôt gelegen,
und wir sîn leider mêre megen niht gehaben,
lât uns in tragen hinnen, dâ wir den recken begraben.‘
Des antwurte im Volkêr: ‚niemen iu in gît. 2203
nu nemt in in dem hûse, dâ der degen lît
mit starken verchwunden gevallen in daß bluot:
so ist eß ein voller dienest, den ir hie Rüedegêre tuot.‘
Dô sprach der küene Wolfhart: ‚Got weiß wol, hêr spilman, 2204
irn durft uns nicht reißen: ir habt uns übele getân.
törst ich vor mînem hêrren, sô kœmet irs in nôt.
des müeße wirß lâßen, wan er uns strîten hie verbôt.‘
[S. 738]
Dô sprach der videlære: ‚der vorht ist al ze vil, 2205
swaß man im verbiutet, derß alleß lâßen wil:
daß kan ich niht geheißen rehten heldes muot.‘
diu rede dûhte Hagenen von sînem hergesellen guot.
‚Welt ir den spot niht lâßen,‘ sprach aber Wolfhart, 2206
‚ich entrihte iu lîht die seiten, swenne ir die widervart
rîtet gegen Rîne, daß irß wol muget gesagen.
iuwer übermüeten mag ich mit êren niht vertragen.‘
Dô sprach der videlære; ‚swenn ir die seiten mîn 2207
verirret guoter dœne, der iuwer helmschîn
muoß vil trüebe werden von der mînen hant,
swie halt ich gerîte in der Burgunde lant.‘
Dô wolt er zuo im springen, wan daß in niht enlie 2208
Hildebrant sîn œheim in vaste zim gevie.
‚ich wæn, du woldest wüeten durch dînen tumben zorn;
mînes hêrren hulde wir heten immer mêr verlorn.‘
‚Lât ab den leuwen, meister, er ist sô grimme gemuot; 2209
kumt abe er mir ze handen,‘ sprach Volkêr der degen guot,
‚het er die werlt alle mit sîner hant erslagen,
ich slahe in, daß erß widerspel nimmer mêre darf gesagen.‘
Des wart vil sêre erzürnet der Bernære muot, 2210
den schilt gezucte Wolfhart, ein sneller helt guot:
alsam ein leuwe wilde lief er vor in dan.
im wart ein gæheß volgen von sînen vriunden getân.
Swie wîter sprünge er phlæge vür des sales want, 2211
doch ergâhte in vor der stiege der alte Hildebrant:
er wolde in vor im lâßen niht komen in den strît.
si vunden, daß si suohten, an den ellenden sît.
[S. 740]
Dô spranc zuo Hagene meister Hilprant: 2212
diu swert man hôrt erklingen an ir beider hant.
si wâren sêre erzürnet, vil wol erkôs manß sint:
von ir zweier wâfen gie der viurrôte wint.
Die wurden dô gescheiden in des strîtes nôt: 2213
daß tâten die von Berne, als in ir kraft gebôt.
zehant dô meister Hildebrant want von Hagene dan,
dô lief der starke Wolfhart den küenen Volkêren an.
Er sluoc den videlære ûf den helmehuot, 2214
daß des swertes ecke unz ûf die spange wuot.
daß vergalt mit ellen der küene spilman:
dô sluog er Wolfharten, daß er stieben began.
Des viurs ûß den ringen hiuwen si genuoc: 2215
haß ir ieslîcher dem anderen truoc.
die schiet dô von Berne der degen Wolfwîn.
ob eß ein helt niht wære, daß kunde nimmer gesîn.
Gunther der vil küene mit williger hant 2216
enphie die helde mære von Amelunge lant.
Gîselher der hêrre diu liehten helmvaß
der vrumte er dâ vil manegeß von bluote rôt unde naß.
Dancwart, Hagenen bruoder, was ein grimmec man: A.2217
swaß er dâ vor hête in strîte getân
den Etzelen recken, daß was gar ein wint:
alrêst vaht tobelîche des küenen Aldrîânes kint.
Ritschart unde Gêrbart, Helfrîch und Wîchart 2218
die heten in manegen stürmen selten sich gespart:
des brâhten si wol inne die Guntheres man.
dô sach man Wolfprande in sturme hêrlîchen gân.
[S. 742]
Dô vaht, alsam er wuote, der alte Hildebrant. 2219
vil der guoten recken vor Wolfhartes hant
mit tôde muose vallen von swerten in daß bluot:
sus râchen Rüedegêren die recken küene unde guot.
Dô vaht der hêrre Sigestap, als im sîn ellen riet. 2220
hei, waß er in dem sturme der herten helme schriet
den sînen vîenden, Dietrîches swester sun.
er kunde in dem sturme nimmer beßßers niht getuon.
Volkêr der starke, dô er daß ersach, 2221
daß Sigestap der küene den bluotegen bach
hiu ûß herten ringen, daß was dem helde zorn:
er spranc im hin engegene. dô hete Sigstap verlorn
Von dem videlære vil schiere daß leben: 2222
er begunde im sîner künste al solhen teil dâ geben,
daß er von sînem swerte muose ligen tôt.
daß rach der alte Hildebrant, als im sîn ellen daß gebôt.
‚Ouwê liebes hêrren,‘ sprach meister Hildebrant, 2223
‚der hie lît erstorben vor Volkêres hant.
nune sol der videlære lenger niht genesen.‘
Hildebrant der küene wie kunder grimmer sîn gewesen.
Dô sluog er Volkêren, daß im diu helmbant 2224
stuben allenthalben zuo des sales want
von helm und ouch von schilte dem küenen spilman;
dâ von der starke Volkêr dô den ende dâ gewan.
Dô drungen zuo dem strîte die Dietrîches man. 2225
si sluogen, daß die ringe vil verre dræten dan
und daß man ort der swerte vil hôhe vliegen sach.
si holten ûß den helmen den heiße vließenden bach.
[S. 744]
Dô sach von Troneje Hagene Volkêren tôt: 2226
daß was zer hôhgezîte sîn aller meistiu nôt,
die er dâ hete gewunnen an mâge und ouch an man.
ouwê, wie harte Hagene den helt dô rechen began!
‚Nu ensol sîn niht genießen der alte Hildebrant: 2227
mîn helfe lît erslagene von des heldes hant,
der beste hergeselle, den ich ie gewan.‘
den schilt den ructer hôher: dô gie er houwende dan.
Helfrîch der starke Dancwarten sluoc. A.2228
Gunther unde Gîselher den was eß leit genuoc,
dô si in sâhen vallen in der starken nôt.
er het mit sînen handen wol vergolten sînen tôt.
Swie vil von manegen landen gesamnet wære dar, C.
vil vürsten krefteclîche gegen ir kleinen schar,
wæren die kristen liute wider si niht gewesen,
si wæren mit ir ellen vor allen heiden wol genesen.
Die wîle gie ouch Wolfhart beidiu wider unde dan, 2229
alleß houwende die Guntheres man.
er was die driten kêre nu komen durch daß wal:
dâ viel von sînen handen vil manec recke ze tal.
Dô rief der starke Gîselher Wolfharten an: 2230
‚ouwê, daß ich sô grimmen vîent ie gewan!
edel rîter küene, nu wendet gegen mîn.
ich wil eß helfen enden, eß enmac niht lenger gesîn.‘
Ze Gîselhere kêrte Wolfhart in den strît. 2231
dô sluoc ir ietwedere vil manege wunden wît.
sô rehte krefteclîche er zuo dem künege dranc,
daß imß bluot undern vüeßen al überß houbet gespranc.
[S. 746]
Mit swinden slegen grimme der schœnen Uoten kint 2232
enphie Wolfharten den küenen recken sint.
swie stark der degen wære, er kunde niht genesen.
eßn dorfte künec sô junger nimmer küener sîn gewesen.
Dô sluoger Wolfharten durch eine brünne guot, 2233
daß im von der wunde nider schôß daß bluot:
er wunte zuo dem tôde den Dietrîches man.
eßn hete âne einen recken zwâre niemen getân.
Alsô der küene Wolfhart der wunden enphant, 2234
den schilt ließ er vallen: hôher an der hant
huob er ein starkeß wâfen, daß was scharf genuoc:
durch helm und durch ringe der helt dô Gîselheren sluoc.
Si heten bêde ein ander den grimmen tôt getân. 2235
do enlebte ouch nu niht mêre der Dietrîches man.
Hildebrant der alte Wolfharten vallen sach:
im wæn vor sînem tôde sô rehte leide nie geschach.
Dô wâren gar erstorben die Guntheres man 2236
und ouch die Dietrîches. Hilprant was gegân,
dâ Wolfhart was gevallen nider in daß bluot.
er umbeslôß mit armen den recken küene unde guot.
Er wolde in ûß dem hûse mit im tragen dan; 2237
er was ein teil ze swære: er muose in ligen lân.
dâ blicte ûß dem bluote der rêwunde man:
er sach wol, daß im gerne sîn neve het geholfen dan.
Dô sprach der tôtwunde: ‚vil lieber œheim mîn, 2238
irn mugt an disen zîten mir niht vrum gesîn.
nu hüetet iuch vor Hagene: jâ dunket eß mich guot:
er treit in sînem herzen einen grimmigen muot.
[S. 748]
‚Und ob mich mîne mâge nâch tôde wellen klagen, 2239
den næhsten und den besten den sult ir von mir sagen,
daß si nâch mir iht weinen, daß sî âne nôt:
von eines küneges handen lig ich hie hêrlîchen tôt.
‚Ich hân ouch hier inne sô vergolten mînen lîp, 2240
daß eß wol mugen beweinen der guoten rîter wîp.
ob iuch des iemen vrâge, sô mugt ir balde sagen:
vor mîn eines handen lît wol hundert erslagen.‘
Dô gedâht ouch Hagene an den spilman, 2241
dem der alte Hildebrant sîn leben an gewan:
dô sprach er zuo dem degene: ‚ir geltet mîniu leit.
ir habt uns hinne erbunnen vil maneges recken gemeit.‘
Er sluog ûf Hildebrande, daß man wol vernam 2242
Palmunge dießen, den Sîvride nam
Hagene der vil küene, dâ er den helt sluoc.
dô werte sich der alte: er was ouch küene genuoc.
Der Wolfhartes œheim sluog ein wâfen breit 2243
ûf Hagenen von Troneje, daß ouch vil sêre sneit.
done kunder niht verwunden den Guntheres man.
dô sluog aber in Hagene durch eine brünne wol getân.
Alsô meister Hildebrant der wunden reht enphant, 2244
dô vorhte er schaden mêre von der Hagenen hant.
den schilt warf über rucke der Dietrîches man:
mit der starken wunden der helt dô Hagenen entran.
Dâ was nu nieman lebender al der degene, 2245
niuwan die zwêne aleine, Gunther und Hagene.
mit bluote gie berunnen der alte Hildebrant:
er brâhte leidiu mære, dâ er Dietrîchen vant.
[S. 750]
Dô sach er trûreclîchen sitzen hie den man: 2246
der leide michels mêre der vürste dô gewan.
er sach ouch Hilprande in sîner brünne rôt:
dô vrâgter in der mære, als im diu sorge gebôt.
‚Nu sagt mir, meister Hildebrant, wie sît ir sô naß 2247
von dem verchbluote? oder wer tet iu daß?
ich wæne, ir mit den gesten zem hûse habt gestriten:
ich verbôt eß iu sô sêre: dô het irß billîch vermiten.‘
Dô sagte er sînem hêrren: ‚eß tet Hagene: 2248
der sluoc mir dise wunden in dem gademe,
dô ich von dem recken wolde wenden dan.
mit mînem lebene dem tiuvel kûme ich entran.‘
Dô sprach der Bernære: ‚vil reht ist iu geschehen, 2249
dô ir mich vriuntschefte den recken hôrtet jehen,
daß ir den vride dâ brâchent, den ich in hete gegeben:
het ichs niht immer schande, ir soldet vliesen daß leben.‘
‚Nu erzürnet niht sô sêre, mîn hêr Dietrîch: 2250
an mir und mînen vriunden der schade ist alze rîch.
wir wolden Rüedegêren hân getragen dan:
des enwolden uns niht gunnen des künic Guntheres man.‘
‚Sô wê mir dirre leide! ist Rüedegêr doch tôt? 2251
daß muoß mir sîn ein jâmer vor aller mîner nôt.
Gotelint diu edele ist mîner basen kint:
ach wê der armen weisen, die dâ ze Bechlâren sint!‘
Riuwen unde leides mant in dô sîn tôt. 2252
er begunde weinen: des gie dem helde nôt.
‚ouwê getriuwer helfe, die ich verlorn hân:
jane überwinde ich nimmer mê des künic Etzelen man.
[S. 752]
‚Megt ir mir, meister Hildebrant, diu rehten mære sagen, 2253
wer der recke wære, der in dâ hât erslagen?‘
er sprach: ‚daß tet mit kreften der starke Gêrnôt:
von Rüedegêres handen ist ouch der helt gelegen tôt.‘
Er sprach zuo Hildebrande: ‚nu sagt mînen man, 2254
daß si sich balde wâfenen, wan ich wil dar gân,
und heißet mir gewinnen mîn liehteß wîcgewant:
ich wil selbe vrâgen die helde ûß Burgunde lant.‘
Dô sprach meister Hildeprant: ‚wer sol zuo iu gên? 2255
swaß ir habt der lebenden, die seht ir bî iu stên:
daß bin ich alters eine: die andern die sint tôt.‘
do erschricte er dirre mære: des gie im wærlîchen nôt,
Wan er leit sô grôßeß zer werlde nie gewan. 2256
er sprach: ‚und sint erstorben alle mîne man,
sô hât mîn Got vergeßßen, ich armer Dietrîch!
ich was ein künec gewaltec, vile hêr unde rîch.‘
‚Wie kunde eß sich gevüegen,‘ sprach aber hêr Dietrîch, 2257
‚daß si alle sint erstorben, die helde lobelîch,
von den strîtmüeden, die doch heten nôt?
wan durch mîn ungelücke, in wær noch vremde der tôt!
‚Sît daß es mîn unsælde niht langer wolde entwesen, 2258
sô sagt mir, ist der geste noch iemen dâ genesen?‘
dô sprach meister Hildebrant: ‚daß weiß Got, nieman mêr
niuwan Hagene aleine und Gunther der künic hêr.‘
‚Ouwê, lieber Wolfhart, sol ich dich hân verlorn, 2259
sô mac mich balde riuwen, daß ich ie wart geborn;
Sigstab unde Wolfwîn und ouch Wolfbrant:
wer sol mir denne helfen in der Amelunge lant?
[S. 754]
‚Helfrîch der vil küene, und ist mir der erslagen, 2260
Gêrbart unde Wîchart, wie solde ich die verklagen?
daß ist an mînen vreuden mir der leste tac.
ouwê, daß vor leide nieman wol sterben mac.‘
[S. 756]