Dô schieden sich die zwêne recken lobelîch, 1696
Hagene von Troneje und ouch hêr Dietrîch.
dô blikte über ahsel der Guntheres man
nâch eime hergesellen, den er vil schiere gewan.
Dô sach er Volkêren bî Gîselhere stên, 1697
den spæhen videlære: er bat in mit im gên,
wan er vil wol erkande sînen grimmen muot.
er was an allen tugenden ein rîter küene unde guot.
Noch ließen si die hêrren ûf dem hove stân. 1698
niuwan si zwêne aleine sach man dannen gân
über den hof vil verre vür einen palas wît.
die ûß erwelten degene vorhten niemannes nît.
Si gesâßen vor dem hûse gein eime sal, 1699
der was Kriemhilde, ûf eine banc ze tal.
dô lûhte in vor dem lîbe ir hêrlîch gewant.
genuoge, die daß sâhen, hetens gerne bekant.
Alsam tier diu wilden gekaphet wurden an 1700
die übermüeten helde von den Hiunen man.
si ersach durch ein venster daß Etzelen wîp:
des wart aber betrüebet der schœnen Kriemhilde lîp.
[S. 576]
Eß mande si ir leide, weinen si began. 1701
des hete michel wunder die Etzelen man,
waß ir sô rehte swære verrihtet hete ir muot.
si sprach: ‚daß hât Hagene, ir helde küene unde guot.
Si sprâchen zuo der vrouwen: ‚wie ist daß geschehen? 1702
wan wir iuch niulîche haben vrô gesehen.
nie niemen wart sô küene, derß iu hât getân,
heißet irß uns rechen, eß sol im an sîn leben gân.‘
‚Daß wolde ich immer dienen, swer ræche mîniu leit: 1703
alles, deß er gerte, des wær ich im bereit.
ich biut mich iu ze vüeßen,‘ sprach des küneges wîp:
‚rechet mich an Hagenen, daß er verliese den lîp.‘
Dô garten sich vil balde sehzec küener man: 1704
durch Kriemhilde willen si wolden hin gân
und wolden slahen Hagenen, den vil küenen man,
und ouch den videlære. daß wart mit râte getân.
Dô diu küneginne ir schar sô kleine sach, A.1705
in einem grimmen muote si ze den helden sprach:
‚des ir dâ habet gedinge, des sult ir abe gân:
ja endurfet ir sô ringe Hagenen nimmer bestân.
‚Swie stark und swie küene von Troneje Hagne sî, A.1706
noch ist verre sterker, der im dâ sitzet bî,
Volkêr der videlære: der ist ein übel man.
ja ensult ir die helde niht sô lîhte bestân.‘
Dô si daß gehôrten, dô garte sich ir mêr, A.1707
vier hundert recken. diu küneginne hêr
was des vil genœte, daß si in tæte leit.
dâ von wart sît den degenen michel sorge bereit.
[S. 578]
Dô si wol gewâfent ir gesinde sach, 1708
zuo den snellen recken diu küneginne sprach:
‚nu bîtet eine wîle: jâ sult ir stille stân.
ich wil under krône ze mînen vîenden gân.
‚Und hœret itewîße, waß mir hât getân 1709
Hagene von Troneje, Guntheres man:
ich weiß in sô gemuoten, daß er mir lougent niht;
sô ist ouch mir unmære, swaß im dar umbe geschiht.‘
Dô sach der videlære, ein küene spilman, 1710
die edelen küneginne ab einer stiegen gân
nider abeme hûse. dô er daß ersach,
Volkêr der küene zuo sîme hergesellen sprach:
‚Nu schouwet, vriunt Hagene, wâ si dort here gât, 1711
diu uns âne triuwe inß lant geladet hât.
in gesach mit küneges wîbe nie sô manegen man,
die swert enhende trüegen, alsô strîtlîchen gân.
‚Wißßet ir, vriunt Hagene, ob si iu sîn gehaß? 1712
sô wil ich iu daß râten, ir hüetet deste baß
des lîbes und der êren; jâ dunket eß mich guot.
als ich mich versinne, si sint vil zornec gemuot,
‚Und sint ouch sumelîche zen brusten alsô wît, 1713
swer sîn selbes hüeten wil, der tuo daß enzît.
ich wæn, si under sîden die vesten prünne tragen.
waß si dâ mite meinen, daß enhœr ich niemen sagen.‘
Dô sprach in zornes muote Hagne der küene man: 1714
‚ich weiß wol, daß eß alleß ist ûf mich getân,
daß si diu liehten wâfen tragent an der hant;
vor den möht ich gerîten noch in der Burgunden lant.
[S. 580]
‚Nu saget mir, vriunt Volkêr, welt ir mir gestân, 1715
ob mit mir wellent strîten Kriemhilde man?
daß lâßet ir mich hœren, als liep als ich iu sî.
ich won iu immer mêre mit triuwen dienstlîchen bî.‘
‚Ich hilfe iu sicherlîchen,‘ sô sprach der spilman. 1716
‚ob ich uns hie engegene sæhe den künic gân
mit allen sînen recken, die wîle ich leben muoß,
so entwîche ich iu durch vorhte ûß helfe nimmer einen vuoß.‘
‚Nu lôn iu Got von himele, vil edel Volkêr. 1717
ob si mit mir strîten, wes bedarf ich danne mêr?
sît ir mir helfen wellet, als ich hân vernomen,
sô suln dise recken vil gewerlîchen komen.‘
‚Nu stê wir von dem sedele,‘ sprach der spilman: 1718
‚si ist ein küneginne: und lât si vür gân.
bieten ir die êre: si ist ein edel wîp.
dâ mite ist ouch getiuwert unser ietweders lîp.‘
‚Nein, durch mîne liebe,‘ sprach dô Hagene. 1719
‚sô wolden sich versinnen dise degene,
daß ichß durch vorhte tæte, und solde ich hin gên.
ine wil durch ir deheinen nimmer von dem sedel stên.
‚Jâ zimet eß uns beiden zwâre lâßen baß. 1720
zwiu sold ich den êren, der mir ist gehaß?
daß getuon ich nimmer, die wîl ich hân den lîp:
jane ruoche ich, waß mich nîdet des künic Etzelen wîp.‘
Der übermüete Hagene leit über sîniu bein 1721
ein vil liehteß wâfen, ûß des knophe schein
ein vil liehter jaspis grüener denne ein gras.
wol erkande eß Kriemhilt, daß eß Sîvrides was.
[S. 582]
Dô si daß swert erkande, dô gie ir trûrens nôt. 1722
daß gehilz was guldîn, diu scheide ein borte rôt,
eß mande si ir leide: weinen si began;
ich wæne, eß hete dar umbe der küene Hagne getân.
Volkêr der snelle zôch nâher ûf der banc 1723
einen videlbogen starken, michel unde lanc,
gelîch eime swerte, scharph unde breit.
dô sâßen unervorhten die zwêne recken gemeit.
Nu dûhten sich sô hêre die zwêne küene man, 1724
daß si niht enwolden von dem sedel stân
durch niemannes vorhte. des gieng in an den vuoß
diu edele küneginne und bôt in vîntlîchen gruoß.
Si sprach: ‚nu saget, hêr Hagene, wer hât nâch iu gesant, 1725
daß ir getorstet rîten her in ditze lant,
und ir daß wol erkandet, waß ir mir habet getân?
hetet ir guote sinne, ir soldetß billîchen lân.‘
‚Nâch mir ensande niemen,‘ sprach dô Hagene. 1726
‚man ladete her ze lande drîe degene,
die heißent mîne hêrren: sô bin ich ir man;
deheiner hovereise bin ich hinder in gestân.‘
Si sprach: ‚nu saget mir mêre, zwiu tâtet ir daß, 1727
daß ir daß habt verdienet, daß ich iu bin gehaß?
ir sluoget Sîvriden, mînen lieben man,
des ich unz an mîn ende immer mêr ze weinne hân.‘
Er sprach: ‚waß sol des mêre? der rede ist nu genuoc. 1728
ich binß et aber Hagene, der Sîvriden sluoc,
den helt ze sînen handen: wie sêre er des enkalt,
daß diu vrouwe Kriemhilt die schœnen Prünhilde schalt!
[S. 584]
‚Eß ist et âne lougen, küneginne rîch, 1729
ich hân des alles schulde, des schaden schedelîch.
nu reche eß, swer sô welle, eß sî wîp oder man.
ich enwolde iu danne liegen, ich hân iu leides vil getân.‘
Si sprach: ‚daß hœret, recken, wâ er mir lougent niht 1730
aller mîner leide. swaß im dâ von geschiht,
daß ist mir vil unmære, ir Etzelen man.‘
die übermüeten degene sâhen alle ein ander an.
Swer den strît dâ hüebe, sô wære dâ geschehen, 1731
daß man den zwein gesellen der êren müeße jehen,
wan siß in stürmen hêten vil dicke wol getân.
des sich jene vermâßen, durch vorhte muosen si daß lân.
Dô sprach ein der recken: ‚wes seht ir mich an? 1732
daß ich ê dâ lobete, des wil ich abe gân,
durch niemannes gâbe verliesen mînen lîp.
jâ wil uns verleiten des künic Etzelen wîp.‘
Dô sprach dâ bî ein ander: ‚des selben hân ich muot. 1733
der mir gæbe türne von rôtem golde guot,
disen videlære wolde ich niht bestân
durch sîne swinde blicke, die ich an im gesehen hân.
‚Ouch erkenne ich Hagenen von sînen jungen tagen: 1734
des mac man von dem recken lîhte mir gesagen.
in zwein und zweinzec stürmen hân ich in gesehen,
dâ vil maneger vrouwen ist herzeleit von im geschehen.
‚Er und der von Spâne trâten manegen stîc, 1735
dô si hie bî Etzel vâhten manegen wîc
ze êren dem künege: des ist vil geschehen:
dar umbe sol man Hagenen der êren billîchen jehen.
[S. 586]
‚Dannoch was der recke sîner jâre ein kint, 1736
daß dô die tumben wâren, wie grîse die nu sint.
nu ist er komen ze witzen und ist ein grimmec man;
ouch treit er Balmungen, daß er übele gewan.‘
Dâ mite was gescheiden, daß niemen dâ enstreit. 1737
dô wart der küneginne vil herzenlîchen leit.
die helden kêrten dannen; jâ vorhten si den tôt
von dem videlære: des gie in sicherlîchen nôt.
Wie dicke man durch vorhte manegiu dinc verlât, 1738
swâ sô vriunt bî vriunde güetlîchen stât!
und hât er guote sinne, daß er sîn niht entuot,
schade vil maneges mannes wirt von sinnen wol behuot.
Dô sprach der küene Volkêr: ‚wir hân daß wol ersehen, 1739
daß wir hie vinden vînde, als wir ê hôrten jehen.
wir suln zuo den künegen hin ze hove gân,
so entar unser hêrren mit strîte niemen bestân.‘
‚Nu wil ich iu volgen,‘ sprach dô Hagene. 1740
si giengen, dâ si vunden vil der degene
in grôßem antphange noch an dem hove stân.
Volkêr der küene vil lûte sprechen began.
Er sprach zuo sînen hêrren: ‚wie lange welt ir stên, 1741
daß ir iuch lâßet dringen? ir sult ze hove gên
und hœret an dem künege, wie der sî gemuot.‘
dô sach man sich gesellen die helde küene unde guot.
Der vürste von Berne der nam an die hant 1742
Gunthern den vil rîchen von Burgunden lant;
Irnvrit nam Gêrnôten, den vil küenen man;
dô sach man Gîselheren ze hove mit sînem sweher gân.
[S. 588]
Swie iemen sich gesellete und ouch ze hove gie, 1743
Volkêr und Hagene geschieden sich nie
niuwan in eime sturme unz an ir endes zît.
daß muosen edele vrouwen beweinen grœßlîchen sît.
Dô sach man mit den künegen hin ze hove gân 1744
ir edelen ingesindes tûsent küener man,
dar über sehzec recken: die wâren mit in komen,
die hete in sîme lande der küene Hagene genomen.
Hâwart und Îrinc, zwêne ûß erwelte man, A.1745
sach man geselleclîchen bî den künegen gân.
Dancwart und Wolfhart, ein tiuwerlîcher degen,
die sach man grôßer tugende vor den anderen phlegen.
Dô der vogt von Rîne in den palas gie, 1746
Etzel der rîche daß langer niht enlie,
er spranc von sîme sedele, als er in komen sach.
ein gruoß sô rehte schœne von künege nie mêr geschach.
‚Sît willekomen, hêr Gunther und ouch hêr Gêrnôt 1747
und iuwer bruoder Gîselher, mîn dienst ich iu enbôt
mit triuwen willeclîchen ze Wormeß über Rîn,
und alleß daß gedigene daß sol mir willekomen sîn.
‚Nu sît uns grôße willekomen, ir zwêne degene, 1748
Volkêr der vil küene und ouch Hagene,
mir und mîner vrouwen her in ditze lant:
si hât iu boten manegen hin ze Rîne gesant.‘
Dô sprach von Troneje Hagene: ‚des hân ich vil vernomen. 1749
wær ich durch mîne hêrren zen Hiunen niht enkomen,
sô wær ich iu zen êren geriten in daß lant.‘
dô nam der wirt edele die lieben geste bî der hant.
[S. 590]
Er brâhte si zem sedele, dâ er ê selbe saß. 1750
dô schancte man den gesten, mit vlîße tet man daß,
in wîten goldes schâlen met, môraß unde wîn
und bat die ellenden grôße willekomen sîn.
Dô sprach der künic Etzele: ‚daß wil ich iu verjehen, 1751
mir enkunde in dirre werlde lieber niht geschehen
danne an iu helden, daß ir mir sît bekomen.
des ist der küneginne vil michel trûren benomen.
‚Mich nimt des immer wunder, waß ich iu habe getân, 1752
sô manegen gast vil edele, den ich gewunnen hân,
daß ir nie geruohtet komen in mîniu lant.
daß ich iuch nu gesehen hân, deist mir ze vreuden gewant.‘
Des antwurte Rüedegêr, ein rîter hôch gemuot: 1753
‚ir mugt si sehen gerne, ir triuwe diu ist guot,
der mîner vrouwen mâge sô schône kunnen phlegen.
si bringent iu ze hûse manegen wætlîchen degen.‘
An sunewenden âbent die hêrren wâren komen 1754
in Etzeln hof des rîchen. vil selten ist vernomen
von alsô hôhem gruoße, als er die helde enphie.
dar nâch er zuo den tischen mit in vil vrœlîche gie.
Ein wirt bî sînen gesten schôner nie gesaß. 1755
man gab in volleclîchen trinken unde maß:
alles, des si gerten, des was man in bereit.
man hete von den helden vil michel wunder geseit.
Etzel der rîche het an bou geleit C.
sînen vlîß kostenlîche mit grôßer arebeit:
palas unde türne, kemenâten âne zal
in einer wîten bürge und einen hêrlîchen sal.
[S. 592]
Den het er heißen bouwen lanc, hôch und wît, C.
durch daß sô vil der recken in suohte zaller zît,
ân ander sîn gesinde zwelf rîche künege hêr
und vil der werden degene het er zallen zîten mêr,
Denne künic ie gewünne, als ich vernomen hân. C.
er lebte in hôher wünne von mâgen unde man.
schallen unde dringen het der vürste guot
von manegem snellen degene: des stuont im hôhe der muot.
[S. 594]