Dô die Burgunden kômen ûf daß velt, b.
ûf sluoc man drî künegen sô hêrlîch gezelt.
si stießen ûf ir vanen, die wârn von golde rôt.
dô wessen niht die hêrren, daß in sô nâhent was der tôt.
Dô gienc diu vrouwe Kriemhilt an ein zinnen stân, b.
dô sach si ûf dem velde rîten manegen man.
des vreut sich tougenlîchen daß wunderschœne wîp:
‚alrêrst sô wirt gerochen des küenen Sîvrides lîp,
‚Der mir sô mortlîchen ze tôde wart erslagen; b.
unz an mîn ende kan ich in nimmer mê verklagen.
ouwê der grôßen êre, die ich verloren hân;
eß gelac an vrouwen arme nie sô tugenthafter man.
‚Sîn vil grôße tugende macht mir herzeleit: b.
swenne ich dar an gedenke, als er von mir reit
mit sô gar gesundem lîp, sô mêrt sich mîn klage:
mir darf niemen wîßen, swaß ich grôßes leides trage.
‚Got het mir in zeinem man ûß aller welt erkorn. b.
wær tûsent manne tugende an einem man geborn,
dannoch was ir mêre, die Sîvrit eine truoc.‘
diu vrouwe klagt vil sêre, zuo dem herzen si sich sluoc.
[S. 556]
Schier wurden dem Bernære diu mære kunt getân. b.
dô sach man in vil drâte über den hof gân,
mit im Hilpranden nâch rîterlîchen siten:
‚vil edeliu küneginne, daß sult ir lâßen vermiten,
‚Daß man iuch siht weinen zuo dirre hôhgezît. b.
und habt her besendet ûß vremden landen wît
vil manegen werden recken und manegen biderben man:
daß man iuch siht weinen, daß stêt iu vil übel an.‘
‚Ich mane dich dîner triuwe,‘ sprach si, ‚hêr Hildebrant, b.
ob du ie gâbe enphienge von mîner gebenden hant,
sô rich mich an Hagene: jâ gib ich dir mîn golt
und bin mit guoten triuwen unz an mîn ende dir holt.‘
Dô sprach der Bernære: ‚ir sît ein übel wîp, b.
daß ir iuwern mâgen râtent an den lîp
und habt sô manegen boten ze Rîne nâch in gesant:
sô sint si iu komen ze hûse mit vil werlîcher hant.
‚Neinâ, hêrre Hildebrant, sô liep ich iu sî, b.
nu enphâch mir von dem Rîne die künege alle drî
und heiß si ligen ze velde, unz sô eß werde tac,
sô warne ich si mit triuwe des aller besten, sô ich mac.‘
Hart gezogenlîchen reit meister Hildebrant, b.
dâ er die drî künege von dem Rîne vant:
er enbeißt vil rîterlîchen und lie sich ûf diu knie,
daß er die drî künege von dem Rîne dâ enphie;
‚Bis willekomen hêr Gunther, künic von dem Rîn: b.
sam sî hêr Gêrnôt, der liebe bruoder dîn,
und Gîselher der junge und Hagen ein starker man
und manec sneller recke, der ich aller niht genennen kan.
[S. 558]
‚Iu enpiut der Bernære, der liebe hêrre mîn, b.
vriuntschaft und hulde und ganzen dienest sîn
und heißt iuch ligen ze velde, unz eß werde tac:
sô warnt er iuch mit triuwen des aller besten, sô er mac.
‚Got müeße iuch behüeten vor aller slahte nôt: b.
vor vierthalbem jâre was iu bereit der tôt.
eß hat iur swester Kriemhilt gesworn vil manegen eit,
daß si an iu wil rechen ir vil grôßiu herzeleit.
‚Er enpiut iu, daß ir mîdet, als lieb iu sî daß leben, b.
daß niuwe hûs bî der Tuonouwe ist iu herberge geben:
daß sult ir mir gelouben, und kœme iur dar ein her,
ir müestent al ersterben und kœm iur keiner ze wer.
‚Dâ ligent in drî rôre, diu sint innân hol, b.
diu sint geworht schône mit swebel und mit kol:
diu sol man anzünden, sô die dische sint bereit.
dâ vor solt ir iuch hüeten, ir stolzen helde vil gemeint.‘
Des erschrac der künic sêre, diu rede was im leit. b.
‚nu lôn dir Got, Hildebrant, daß du uns hâst geseit,
daß du hâst gewarnet uns ellende man:
ich sich, wir hie zen Hiunen lützel triuwe vunden hân.‘
Des erlachten die jungen und hielten eß vür spot. b.
dô sprâchen die wîsen: ‚dâ vor behüete uns Got.
wir sîn durch grôße triuwe geriten in daß lant;
si hât vil manegen boten hin nâch uns ze Rîne gesant.‘
Nu sprach gezogenlîche der hêrre Gêrnôt: b.
‚uns hât mîn swester Kriemhilt geladen in den tôt.
wir sîn durch grôße triuwe geriten zuo der stat,
wan uns mîn schœne swester von dem Rîn ze hûse bat.‘
[S. 560]
Dô sprach der videlære, der küene Volkêr: b.
‚ich bin von dem Rîne durch gâbe geriten her.
des wil ich mich verßîhen,‘ sô sprach der spilman;
‚ich videle mit dem swerte daß allerbeste, daß ich kan.
‚Ich erzeige in mîne dœne, si müeßen ûf hôher stân: b.
und welnt si niht erwinden, eß mac in sô ergân,
ich slahe in eteslîchem einen swinden gîgenslac,
und hât er liebe mâge, daß er eß wol klagen mac.‘
Dô Hildebrant der alte wolte dannen gân, b.
Gîselher der junge bat in stille stân:
er gab im einen mantel, den er im zêren truoc:
vür drîßec marc goldes hete er phandes genuoc.
Dô zim genam den mantel meister Hildebrant, b.
er reit gezogenlîchen, da er den von Berne vant:
‚seht den rîchen mantel, den ich an mir hân,
den gap mir Gîselher der junge, dâ ich von im wolde gân.‘
Dô die Burgunden kômen in daß lant, XVb.1656
do gevriesch eß von Berne der alte Hildebrant.
er seite eß sîme hêrren; eß was im harte leit:
er bat in wol enphâhen die rîter küene und gemeit.
Wolfhart der snelle hieß bringen diu marc. 1657
dô reit mit Dietrîche vil manec degen starc,
dâ er si grüeßen wolde, zuo in an daß velt.
dâ hetens ûf gebunden vil manec hêrlîch gezelt.
Dô si von Tronje Hagene verrist rîten sach, 1658
zuo den sînen hêrren gezogenlîch er sprach:
‚nu sult ir snelle recken von dem sedele stân
und gêt in hin enkegene, die iuch hie wellent enphân.
[S. 562]
‚Dort kumt ein hergesinde, daß ist mir wol bekant. 1659
eß sint vil snelle degene von Amelunge lant.
si vüeret der von Berne: si sint vil hôch gemuot.
nu lât iu niht versmâhen, swaß man iu dienest getuot.‘
Dô stuonden von den rossen, daß was michel reht, 1660
neben Dietrîche manc rîter unde kneht.
si giengen zuo den gesten, dâ man die helde vant:
si gruoßten minneclîche die von Burgunden lant.
Dô si der hêrre Dietrîch gên im komen sach, 1661
lieb unde leide im dar an geschach.
er weste wol diu mære, ir reise was im leit;
er wânde, eß weste Rüedegêr, daß erß in hête geseit.
‚Sît willekomen, ir hêrren, Gunther und Gîselher, 1662
Gêrnôt unde Hagene; sam sî hêr Volkêr
und Dancwart der snelle. ist iu daß niht bekant?
Kriemhilt noch sêre weinet den helt von Niblunge lant.‘
‚Si mac vil lange weinen,‘ sprach dô Hagene: 1663
‚er lît vor manegem jâre ze tôde erslagene.
den künic von den Hiunen sol si nu holden haben:
Sîvrit kumt niht widere, er ist nu lange begraben.‘
‚Die Sîvrides wunden lâßen wir nu stên: 1664
sol leben mîn vrou Kriemhilt, sô mac schade ergên.‘
sô redete von Berne der hêrre Dietrich.
‚trôst der Niblunge, dâ vor behüete du dich.‘
‚Wie sol ich mich behüeten?‘ sprach der künic hêr. 1665
‚Etzel uns boten sande, waß sold ich vrâgen mêr?
daß wir zuo im solden rîten in daß lant:
ouch hât uns manec mære mîn swester Kriemhilt gesant.‘
[S. 564]
‚Sô wil ich iu gerâten,‘ sprach aber Hagene, 1666
‚bitet iu diu mære baß ze sagene
den hêrren Dietrîchen und sîne helde guot,
daß si iuch lâßen wißßen der vrouwen Kriemhilde muot.‘
Dô giengen sunder sprâchen die drî künege rîch, 1667
Gunther unde Gêrnôt und ouch hêr Dietrîch.
‚nu sag uns, von Berne vil edel rîter guot,
wie dir sî gewißßen umb der küneginne muot.‘
Dô sprach der vogt von Berne: ‚waß sol ich iu sagen? 1668
wan daß ich alle morgen weinen hœr unt klagen
mit jæmerlîchen sinnen daß Etzelen wîp
dem rîchen Got von himele des starken Sîvrides lîp.‘
‚Eß ist et unerwendet,‘ sprach der küene man, 1669
Volkêr der videlære, ‚daß wir vernomen hân.
wir suln ze hove rîten und suln daß besehen,
waß uns snellen degenen müge zen Hiunen geschehen.‘
Die küenen Burgunden hin ze hove riten: XVIb.1670
si kômen hêrlîchen nâch ir landes siten.
dô wundert dâ zen Hiunen vil manegen küenen man
umb Hagnen von Troneje, wie der wære getân.
Durch daß man seite mære, des was im genuoc, 1671
daß er von Niderlanden Sîvriden sluoc,
sterkest aller recken, vroun Kriemhilde man:
des wart michel vrâgen ze hove nâch Hagenen getân.
Der helt was wol gewahsen, daß ist alwâr, 1672
grôß was er zen brüsten, gemischet was sîn hâr
mit einer grîsen varwe, diu bein wârn im lanc,
eislîch sîn gesiune, er hete hêrlîchen ganc.
[S. 566]
Dô hieß man herbergen die Burgunden man. 1673
Gunthers gesinde wart gesundert dan.
daß riet diu küneginne, diu im vil haßßes truoc:
dâ von man sît die knehte an der herberge sluoc.
Dancwart, Hagenen bruoder, der was marschalch; 1674
der künec im sîn gesinde vlîßeclîch bevalch,
daß er ir volleclîche mit spîse solde phlegen.
daß tet dô willeclîche mit triuwe der vil küene degen.
Kriemhilt diu schœne mit ir gesinde gie, XVIIa.1675
dâ si die Niblunge mit valschem muote enphie.
si kuste Gîselheren und nam in bî der hant.
daß sach von Tronje Hagene: den helm er vester gebant.
‚Nâch sus getânem gruoße,‘ sô sprach Hagene, 1676
‚mugen sich verdenken snelle degene;
man grüeßet sunderlîchen die künege und ir man:
wir haben niht guoter reise zuo dirre hôhzît getân.‘
Si sprach: ‚nu sît willekomen, swem iuch gerne siht: 1677
durch iuwer selbes vriuntschaft grüeße ich iuch niht.
saget, waß ir mir bringet von Wormeß über Rîn,
dar umbe ir mir sô grôße soldet willekomen sîn?‘
‚Waß sint disiu mære,‘ sprach dô Hagene, 1678
‚daß iu gâbe solden bringen degene?
ich wære wol sô rîche, het ich mich baß verdâht,
daß ich iu mîne gâbe her zen Hiunen hete brâht.‘
‚Nu sult ir mich der mære mêre wißßen lân, 1679
hort der Niblunge, war habt ir den getân?
der was doch mîn eigen: daß ist iu wol bekant:
den soldet ir mir bringen in daß Etzelen lant.‘
[S. 568]
‚Entriuwen, mîn vrou Kriemhilt, des ist manec tac, 1680
daß ich der Niblunge hortes nie gephlac.
den hießen mîne hêrren senken in den Rîn:
dâ muoß er wærlîche unz an daß jungiste sîn.‘
Dô sprach diu küneginne: ‚ich hâns ouch wol gedâht. A.1681
ir habt mirs noch vil kleine her ze lande brâht,
swie er mîn eigen wære und ich sîn wîlent phlac;
nach im und sîme hêrren hân ich manegen leiden tac.‘
‚Ich bringe iu den tiuvel,‘ sprach aber Hagene, 1682
‚ich hân an mîme schilde sô vil ze tragene
und an mîner brünne: mîn helme der ist lieht,
daß swert an mîner hende: des enbringe ich iu niht.‘
‚Jane rede ichß niht dar umbe, deich mêre goldes welle gern. C.
ich hâns sô vil ze gebene, deich iuwer gâbe mac enbern.
ein mort und zwêne roube die mir sint genomen,
des möhte ich vil arme noch ze liebem gelte komen.‘
Dô sprach diu küneginne zen recken über al: 1683
‚man sol deheiniu wâfen tragen in den sal;
ir helde, ir sult mirs ûf geben: ich wils behalten lân.‘
‚entriuwen,‘ sprach dô Hagene, ‚daß wirdet nimmer getân.
‚Jane ger ich niht der êren, vürsten tohter milt, 1684
daß ir zen herbergen traget mînen schilt
und ander mîn gewæfen. ir sît ein künegîn.
daß enlêrte mich mîn vater niht: ich wil selbe kamerære sîn.‘
‚Ouwê mîner leide,‘ sprach vrou Kriemhilt: 1685
‚war umbe wil mîn bruoder und Hagne sînen schilt
niht lâßen behalten? si sint gewarnôt.
und wesse ich, wer daß tæte, ich riete im immer sînen tôt.‘
[S. 570]
Des antwurte ir mit zorne der hêrre Dietrîch: 1686
‚ich binß, der hât gewarnet die edelen vürsten rîch
und Hagnen den küenen, den Burgunden man.
nu zuo, vâlandinne, du solt michs niht genießen lân.‘
Des schamte sich vil sêre daß Etzelen wîp: 1687
si vorhte bitterlîchen Dietrîches lîp.
si gie von im balde, daß si niht ensprach,
wan daß si swinde blicke an ir vîende sach.
Bî henden sich dô viengen zwêne degene: XVIc.1688
daß eine was hêr Dietrîch, daß ander Hagene.
dô sprach gezogenlîchen der recke vil gemeit:
‚iur komen ze den Hiunen ist mir wærlîchen leit,
‚Durch daß diu küneginne alsô gesprochen hât.‘ A.1689
dô sprach von Troneje Hagen: ‚des wirt wol alles rât.‘
sus reiten mit ein ander die zwêne küene man.
daß sach der künic Etzel; dar umbe er vrâgen began:
‚Diu mære ich weste gerne,‘ sprach der künic rîch, 1690
‚wer jener recke wære, den dort hêr Dietrîch
sô vriuntlîch enphâhet. er treit vil hôhen muot:
swer sîn vater wære, er mac wol sîn ein recke guot.‘
Des antwurte dem künege ein Kriemhilde man: 1691
‚er ist geborn von Troneje, sîn vater hieß Aldrîân.
swie blîde er hie gebâre, er ist ein grimmec man:
ich lâß iuch daß beschouwen, daß ich gelogen niene hân.‘
‚Wie sol ich daß erkennen, daß er sô grimmec ist?‘ 1692
dannoch er niht weste sô manegen argen list,
den sît diu küneginne an ir mâgen begie,
daß si ir nie deheinen von den Hiunen komen lie.
[S. 572]
‚Wol erkande ich Hagenen: wan er was mîn man. 1693
lop und michel êre er hie bî mir gewan.
ich machte in ze rîter und gab im mîn golt.
durch daß er getriuwe was, des muose ich im wesen holt.
‚Dâ von ich wol erkenne alleß Hagnen sint. 1694
eß wâren mîne gîsel zwei wætlîchiu kint,
er und von Spâne Walther: die wuohsen hie ze man.
Hagne sand ich wider heim; Walther mit Hiltegunde entran.‘
Er gedâhte lieber mære, diu wâren ê geschehen. 1695
sînen vriunt von Troneje hete er reht ersehen,
der im in sîner jugende vil starkiu dienest bôt;
sît vrumt er im in alter vil manegen lieben vriunt tôt.
[S. 574]