Âventiure wie Sîvrit beklaget und begraben wart.

Dô biten si der nahte   und vuoren über Rîn: 943

von helden kunde nimmer   wirs gejaget sîn.

ein tier, daß si dâ sluogen,   daß weinden edeliu wîp:

jâ muosen sîn enkelten   vil guoter wîgande lîp.

Von grôßer übermüete   muget ir hœren sagen IX.944

und eislîcher râche.   eß hieß Hagne tragen

Sîvriden alsô tôten   von Niblunge lant

vür eine kemenâten,   dâ man Kriemhilde vant.

Er hieß in tougenlîche   legen an die tür, 945

daß si in dâ vinden solde,   sô si gienge dervür

hin ze mettîne,   ê daß eß wurde tac,

der diu vrouwe Kriemhilt   vil selten eine verlac.

Man lûte dâ zem münster   nâch gewoneheit: 946

Kriemhilt diu vil schœne   wacte manege meit.

ein lieht bat si ir bringen   und ouch ir gewant;

dô kom ein kamerære,   dâ er Sîvriden vant.

Er sach in bluotes rôten,   sîn wât was elliu naß. 947

daß eß sîn hêrre wære,   niht enwesser daß.

hin ze der kemenâten   daß lieht er truoc enhant,

bî dem vil leide mære   vrouwe Kriemhilt ervant.

[S. 326]

Dô si mit ir vrouwen   ze kirche wolde gân, 948

dô sprach der kamerære:   ‚vrouwe, ir sult stille stân:

eß lît vor dem gademe   ein rîter tôt erslagen.‘

‚Ouwê,‘ sprach vrou Kriemhilt,   ‚waß wiltu solher mære sagen?‘

Ê si rehte ervunde,   daß eß wære ir man, A.949

an die Hagenen vrâge   denken si began,

wie er solde in vristen:   êrst dô wart ir leit.

von ir was allen vreuden   mit sîme tôde widerseit.

Si seic zuo der erden,   daß si niht ensprach: A.950

die schœnen vreudelôsen   ligen man dô sach.

Kriemhilde jâmer   wart unmâßen grôß.

dô schrei si nâch unkreften,   daß al diu kemenâte erdôß.

Dô sprach daß gesinde:   ‚waß, obeß ist ein gast?‘ 951

daß bluot ir ûß dem munde   vor herzen jâmer brast.

A. (si sprach): ‚nein, eß ist Sîvrit,   mîn vil lieber man:

eß hât gerâten Prünhilt,   daß eß Hagne hât getân.‘

Diu vrouwe bat sich wîsen,   dâ si den helt vant. 952

si huop sîn schœne houbet   mit ir vil wîßen hant. A.

swie rôt er was von bluote,   si hete in schiere erkant.

dô lac vil jæmerlîche   der helt von Nibelunge lant.

Dô rief trûreclîchen   diu küneginne milt: 953

‚wê mir dises leides:   nu ist dir doch dîn schilt

mit swerten niht verhouwen:   du lîst ermorderôt.

wesse ich, wer eß het getân,   ich riete im immer sînen tôt.‘

Alleß ir gesinde   klagete unde schrê 954

mit ir lieben vrouwen,   wande in was vil wê

umb ir edelen hêrren,   der dâ was verlorn.

gerochen hete Hagene   vil übele Prünhilde zorn.

[S. 328]

Dô sprach diu jâmerhafte:   ‚ir sult hine gân 955

und wecket harte balde   die Sîvrides man.

ir sult ouch Sigmunde   mînen jâmer sagen,

ob er mir helfen welle   den küenen Sîvriden klagen.‘

Dô lief ein bote balde,   dâ er ligen vant 956

Sîvrides helde   von Niblunge lant.

mit den vil leiden mæren   ir vreude er in benam;

si woldenß niht gelouben,   ê man daß weinen vernam.

Der bote kom ouch schiere,   dâ der künic lac. A.957

Sigmunt der hêrre   des slâfes niene phlac:

ich wæn, sîn herze im seite,   daß im was geschehen,

daz er sînen lieben sun   nimmer solde mêr gesehen.

‚Wachet, hêrre Sigmunt!   mich bat nâch iu gân 958

Kriemhilt mîn vrouwe:   der ist ein leit getân,

daß ir vor allen leiden   an ir herze gât:

daß sult ir klagen helfen,   wan eß sêre iuch bestât.‘

Ûf rihte sich dô Sigemunt,   er sprach: ‚waß sint diu leit 959

der schœnen Kriemhilde,   sô du hâst geseit?‘

der bote sprach mit weinen:   ‚si muoß von schulden klagen:

jâ ist von Niderlanden   der küene Sîvrit erslagen.‘

Dô sprach der künic Sigemunt:   ‚lât daß schimpfen sîn 960

und alsô bœsiu mære   von dem sune mîn,

daß ir saget ieman,   daß er sî erslagen,

wan ich enkunde in nimmer   unz an mîn ende verklagen.‘

‚Und welt irß niht gelouben,   daß ir mich hœret sagen, 961

sô vernemet selbe   Kriemhilde klagen

und alleß ir gesinde   den Sîvrides tôt.‘

vil sêre schrac dô Sigmunt:   des gie im wærlîchen nôt.

[S. 330]

Mit hundert sîner manne   er von dem bette spranc. 962

si zucten zuo den handen   diu scharphen wâfen lanc:

si liefen zuo dem wuofe   jâmerlîchen dan.

dô kômen tûsent recken,   des küenen Sîvrides man.

Dô si sô jâmerlîche   die vrouwen hôrten klagen, A.963

dô wânden sumelîche,   si solden kleider tragen.

jane mohten si der sinne   vor leide niht gehaben:

in was michel swære   in ir herze begraben.

Dô kom der künic Sigemunt,   da er Kriemhilde vant. 964

er sprach: ‚ouwê der reise   her in ditze lant.

wer hât mich mînes kindes   und iuch des iuwern man

bî alsô guoten vriunden   sus mortlîch âne getân?‘

‚Solde ich den bekennen,‘   sprach daß vil edel wîp, 965

‚holt wurde im nimmer   mîn herze noch mîn lîp:

ich riete im alse leides,   daß al die vriunde sîn

mit jâmer müesen weinen,   daß wißßet, von den schulden mîn.‘

Sigemunt mit armen   den vürsten umbeslôß. 966

dô wart von sînen vriunden   der jâmer alsô grôß,

daß von dem starken wuofe   palas unde sal

und diu stat ze Wormße   von ir weinen erschal.

Done kunde nieman trœsten   Sîvrides wîp. 967

man zôch ûß den kleidern   sînen schœnen lîp

und wuosch im sîne wunde,   man leite in ûf den rê.

dô was sînen liuten   von starkem jâmer vil wê.

Eß sprâchen sîne recken   ûß Niblunge lant: 968

‚in sol immer rechen   mit willen unser hant.

er ist in disem hûse,   der eß hât getân.‘

dô ilten sich wâfenen   alle Sîvrides man.

[S. 332]

Die ûß erwelten degene   mit schilden kômen dar, 969

einlif hundert recken:   die hete an sîner schar

Sigmunt der rîche.   sînes sunes tôt

wolde er gerne rechen,   als im sîn triuwe daß gebôt.

Sine wessen, wen si solden   mit strîte dô bestân, 970

si entæten Guntheren   und ouch sîne man,

mit den der hêrre Sîvrit   an daß gejeide reit.

Kriemhilt sach si gewâfent;   daß was ir grœßlîche leit.

Swie michel wær ir jâmer   und wie starc ir nôt, 971

doch vorhte si sô harte   der Niblunge tôt

von ir bruoder mannen,   daß si eß understuont.

si warnt si güetlîche,   sô vriunde liebe vriunde tuont.

Dô sprach diu jâmers rîche:   ‚mîn hêr Sigmunt, 972

wes welt ir beginnen?   iu ist niht rehte kunt.

jâ hât künic Gunther   sô manegen küenen man:

ir welt iuch alle vliesen,   welt ir die recken bestân.‘

Mit ûf erburten schilden   was in ze strîte nôt. 973

diu edel küneginne   si bat und ouch gebôt,

daß eß mîden solden   die recken vil gemeit.

daß wolden si niht lâßen,   daß was ir wærlîche leit.

Si sprach: ‚mîn hêr Sigmunt,   ir sult eß lâßen stân, 974

unz eß sich baß vüege:   sô wil ich mînen man

immer mit iu rechen.   der mir in hât benomen,

wird ich des bewîset,   eß muoß im schedlîchen komen.

‚Eß ist der übermüeten   hie bî Rîne vil, 975

dâ von ich iu des strîtes   râten niht enwil.

si habent wider einen   ie wol drîßec man;

Got lâß in gelingen,   als si umb uns gedienet hân.

[S. 334]

‚Ir sult hie belîben   und dolt mit mir diu leit, 976

unz eß tagen beginne,   ir helde vil gemeit:

sô helfet mir beserken   mînen lieben man.‘

dô sprâchen die degene:   ‚vrouwe liep, daß sî getân.‘

Iu enkunde nieman   daß wunder volsagen 977

von rîtern und von vrouwen,   wie man die hôrte klagen,

sô daß man des wuofes   wart in der stat gewar.

die edelen burgære   kômen gâhende dar.

Si klagten mit den gesten,   wan in was harte leit. 978

Sîvrides schulde   in wâren niht geseit,

durch waß der edel recke   verlôs dâ sînen lîp.

dô weinden mit den vrouwen   der guoten burgære wîp.

Smide hieß man gâhen   wurken einen sarc 979

von silber und von golde,   michel unde starc,

und hieß in vaste spengen   mit stahel, der was guot.

dô was al den liuten   harte trûrec der muot.

Diu naht was ergangen:   man seite, eß wolde tagen. 980

dô hieß diu edel vrouwe   zuo dem münster tragen

den vil edelen tôten,   ir vil lieben man.

swaß er dâ vriunde hête,   die sach man weinende gân.

Dô si in zem münster brâhten,   wie vil dâ glocken klanc! A.981

man hôrte allenthalben   maneges phaphen sanc.

dô kom der künic Gunther   dar mit sînen man

und ouch der grimme Hagene;   daß wære beßßer verlân.

Er sprach: ‚liebiu swester,   wê der leide dîn. A.982

daß wir niht mohten âne   sô grôßes schaden sîn.

wir müeßen klagen immer   Sîvrides lîp.‘

‚daß tuot ir âne schulde,‘   sprach daß jâmerhafte wîp.

[S. 336]

‚Wær iu dar umbe leide,   sone wær es niht geschehen. A.983

ir hetet mîn vergeßßen,   des mag ich wol jehen,

dâ ich dâ wart gescheiden   von mîme lieben man.

daß wolde Got von himele,   wær eß mir selber getân.‘

Si buten vaste ir lougenen;   Kriemhilt begunde jehen: A.984

‚swelher sî unschuldec,   der lâße daß besehen.

der sol zuo der bâre   vor den liuten gân:

dâ mac man die wârheit   harte schiere bî verstân.‘

Daß ist ein michel wunder:   dicke eß noch geschiht, A.985

swâ man den mortmeilen   bî dem tôten siht,

sô bluotent im die wunden;   sam ouch dâ geschach;

dâ von man die schulde   dâ ze Hagenen gesach.

Die wunden vlußßen sêre,   alsam si tâten ê. A.986

die ê dâ sêre klageten,   des wart nu michel mê.

dô sprach künic Gunther:   ‚ich wilß iuch wißßen lân.

in sluogen schâchære:   Hagene hât es niht getân.‘

‚Mir sint die schâchære,‘   sprach si, ‚vil wol bekant. A.987

nu lâße eß Got errechen   noch sîner vriunde hant.

Gunther und Hagene,   jâ habet irß getân.‘

die Sîvrides degene   hêten dô zuo strîte wân.

Dô sprach aber Kriemhilt:   ‚nu dolt mit mir die nôt.‘ A.988

dô kômen dise beide,   dâ si in vunden tôt,

Gêrnôt ir bruoder   und Gîselher daß kint.

mit triuwen si in klageten;   ir ougen wurden naßßes blint.

Si weinden inneclîche   Kriemhilde man. A.989

man wolde messe singen:   zuo dem münster dan

giengen allenthalben   man unde wîp.

die sîn doch lîhte enbâren,   die weinden Sîvrides lîp.

[S. 338]

Gêrnôt unde Gîselher   sprâchen: ‚swester mîn, A.990

nu trœste dich nâch tôde,   als eß iedoch muoß sîn.

wir wellen dichs ergetzen,   die wîle wir leben.‘

dône kunde ir nieman   trôst neheinen gegeben.

Sîn sarc was bereitet   wol umbe mitten tac; A.991

man huob in von der bâre,   dâ er ûfe lac.

in wolde noch diu vrouwe   lâßen niht begraben:

des muosen al die liute   michel arbeite haben.

In einen rîchen phelle   man den tôten want. A.992

ich wæne, man dâ ieman   âne weinen vant.

dô klagte herzenlîche   Uote, ein edel wîp,

und al ir ingesinde   Sîvrides wætlîchen lîp.

Dô man gehôrte,   daß man zem münster sanc 993

und in besarket hête,   dâ huop sich grôß gedranc:

durch willen sîner sêle   waß man ophers truoc!

er hete bî den vînden   doch guoter vriunde genuoc.

Kriemhilt diu arme   zir kameræren sprach: 994

‚ir sult durch mîne liebe   lîden ungemach:

die im guotes günnen   und mir wesen holt,

durch Sîvrides sêle   sol man in teilen sîn golt.‘

Dehein kint was sô kleine,   daß witze mohte haben, 995

eß muose gên zem opher,   ê er wurde begraben.

wol hundert messe   man des tages sanc.

von Sîvrides vriunden   wart dô grôßer gedranc.

Dô man het gesungen,   daß volc sich huop von dan. 996

dô sprach vrou Kriemhilt:   ‚irn sult niht eine lân

hînte mich bewachen   den ûß erwelten degen.

eß ist an sîme lîbe   al mîn vreude gelegen.

[S. 340]

‚Drî tac und drî nahte   wil ich in lâßen stân, A.997

unz ich mich geniete   mîns vil lieben man.

waß, ob Got gebiutet,   daß mich ouch nimt der tôt?

sô wære wol verendet   mîn armer Kriemhilde nôt.‘

Ze herbergen giengen   die liute von der stat. 998

phaffen unde müniche   si belîben bat

und alleß sîn gesinde,   daß des heldes phlac.

si heten naht vil arge   und vil müelîchen tac.

Ân eßßen und ân trinken   beleib dâ manec man. A.999

die eß nemen wolden,   den wart daß kunt getân,

man gæbes in den vollen:   daß schuof er Sigmunt.

dô was den Niblungen   vil michel arbeite kunt.

Die drîe tagezîte,   sô wir hœren sagen, B.

die dâ kunden singen,   daß si muosen tragen

vil der arbeite:   waß man in ophers truoc!

die dâ arme wâren,   die wurden rîche genuoc.

Swaß man vant der armen,   die es niht mohten hân, 1000

die hieß man doch zem opher   mit dem golde gân

ûß sîn selbes kamere:   dô er niht solde leben,

umbe sîne sêle   wart manec tûsent marc gegeben.

Urbor ûf der erden   teiltes in diu lant, 1001

swâ sô man klôster   und guote liute vant.

silber gap man unde wât   den armen dâ genuoc.

si tet dem wol gelîche,   daß sim holden willen truoc.

An dem dritten morgen   ze rehter messezît 1002

sô was bî dem münster   der kirchhof alsô wît

von den lantliuten   weinennes alsô vol:

si dienden im nâch tôde,   als man lieben vriunden sol.

[S. 342]

In den tagen vieren,   man hât gesaget daß, A.1003

ze drîßec tûsent marken   oder dannoch baß

wart durch sîne sêle   den armen dâ gegeben.

dô was gelegen ringe   sîn grôßiu schœne und ouch sîn leben.

Dô Gote wart gedienet   und man vol gesanc, 1004

mit ungevüegem leide   vil des volkes ranc.

man hieß in ûß dem münster   zuo dem grabe tragen.

man vant dâ niht anders   wan ein weinen unde klagen.

Lûte schrîende   daß liut gie mit im dan: 1005

vrô enwas dô niemen   weder wîp noch man.

ê man in begrüebe,   man sanc unde las:

hei, waß guoter phaffen   bî sîner bevilde was!

Ê ze dem grâbe kœme   Sîvrides wîp, 1006

dô ranc mit solhem jâmer   ir getriuwer lîp,

daß man si mit dem brunnen   dicke dâ begôß.

eß was ir ungemüete   vil harte unmæßlîchen grôß.

Eß was michel wunder,   daß si ie genas. 1007

mit klage ir helfende   dâ manec vrouwe was.

dô sprach diu küneginne:   ‚ir Sîvrides man,

ir sult durch iuwer triuwe   an mir genâde begân.

‚Lât mir nâch mîme leide   ein kleine liep geschehen, 1008

daß ich sîn schœne houbet   noch eins müeße sehen.‘

dô bat sis alsô lange   mit jâmers sinnen starc,

daß man zebrechen muose   den vil hêrlîchen sarc.

Dô brâhte man die vrouwen,   dâ si in ligen vant. 1009

si huop sîn schœneß houbet   mit ir vil wîßen hant

und kuste in alsô tôten,   den edelen rîter guot:

ir vil liehten ougen   von leide weinden dô bluot.

[S. 344]

Ein jæmerlîcheß scheiden   wart dô dâ getân. 1010

dô truoc man si von dannen:   sine kunde niht gegân.

dô vant man sinnelôse   daß hêrlîche wîp.

von leide möht ersterben   ir vil wünneclîcher lîp.

Dô man den edelen hêrren   hete nu begraben, 1011

leit âne mâße   sach man die alle haben,

die mit im komen wâren   von Niblunge lant.

vil selten vrœlîchen man dô Sigmunden vant.

Dô was etelîcher,   der drîer tage lanc 1012

vor dem grôßen leide   niht aß noch entranc.

dô mohten si dem lîbe   sô geswîchen niht:

si nerten sich nâch sorgen,   sô noch genuogen geschiht.

Kriemhilt unversunnen   in unkreften lac C.

den tac und den âbent   unz an den andern tac.

swaß iemen sprechen kunde,   daß was ir gar unkunt.

in den selben nœten   lag ouch der künic Sigemunt.

Vil kûme wart der hêrre   wider ze sinnen brâht. C.

von dem starken leide   kranc was gar sîn maht:

daß enwas niht wunder.   dô sprâchen sîne man:

‚hêrre, ir sult ze lande:   wir mugen niht langer hie bestân.‘

[S. 346]

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