DER BAUM

Nun ist die Erde bald hart wie Granit. Und die Bäche starr wie Marmor.

»Lieber Baum! Willst du mir Wärme geben?«

»Ja, gern! Ich kam zur Welt, um Holz zu werden. Und ich möchte so gern als Feuer gen Himmel fahren! Fäll' mich! Vater und Grossvater sollen es gut haben. Bauer und Bäurin, setzt euch an den Herd! Wärmt eure Hände am Feuer und eure Seelen an Gott!«

»… Aber, lieber Baum – willst du mir auch beim Pflügen helfen?«

»Ja, gern! Ich will mithelfen, die schwarze Erde aufzureissen, dass die Ähre goldgelb emporschiessen kann. Wenn die Furchen leise sich öffnen, ist es, als ob der Friede daraus emporstiege und die Morgendämmerung mit Freudetränen ihm entgegenlächle!«

»Du lieber Baum da drinnen im finsteren Dickicht – Damhirsche verstecken sich hinter dir: willst du mir auch ein Haus bauen helfen?«

»Ja, gern. Schlag du nur wacker auf mich ein! Ich kann gewiss auch ein Hausdach tragen, ich, der Vogelnester trägt! Unter dem Dache magst du dann in der Dämmerstunde deine Gedanken sammeln, in der Liebesstunde … Kinderstimmen sind mir wie Blaudrosselgezwitscher!«

»Lieber Baum! Willst du mir auch ein Schiffsmast sein?«

»Ja, gern! Du kannst dir wohl denken, dass ich nichts lieber wäre als ein Vogel! Das Schiff bringt mich vom Lande fort und hebt mich erhöhend ins Unendliche hinein! Dann bekomme ich auch den fernen Himmelsstrich zu sehen, der von keinem Winter weiss. Die Vögel erzählten mir davon! So wenig das Grab den Weisen schreckt, so wenig schreckt mich der Ozean in Nacht und Finsternis. Immer voran! Geh ans Werk!«

»Lieber Baum! ich habe dich auch als – Galgen nötig!«

»Fort mit der Axt, du Richter und Henker! Ich bin der Baum des Waldes! Ich bin der Baum der Felsen! Ich trage milde Früchte! Ich gebe den Blumen Schutz! Tut ihr eure Mordarbeit allein mit Blut an den Händen und Unbarmherzigkeit im Hirn! Kommt nicht mit Stricken und Fesseln zu den alten Eichen! Die der Winde Stimmen belauschen, wollen keine Werkzeuge für Verbrechen sein! Ich bin der Sohn der Sonne! Drängt euch nicht in meine heilige Einsamkeit, ihr Kinder der Finsternis! Haltet euch fern mit euern lärmenden Gelagen, und zerrt ihn, den armen Verurteilten, der Unglück und Sünde mit sich schleppen muss, – zerrt ihn zwischen zweien eurer Feste in den Tod hinein! Ich will meine Äste nicht über sein Gespenst breiten! Fort!!«

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