Indessen würde man irren, wenn man wähnte, in jenen barbarischen Aechtungsmitteln des XV. Jahrhunderts habe die Weisheit des Mittelalters gegenüber den gefallenen Frauen ihr Ende gefunden. Die Kirche hatte es immer als eine wichtige Aufgabe christlicher Liebe bezeichnet, diese Tiefgesunkenen zu retten; das kanonische Recht empfahl die Ehelichung einer Gefallenen als ein Verdienst. Aber nur zu oft entsprachen dieser Theorie nicht die Taten des Klerus, der an vielen Orten den Gläubigen mit bösem Beispiele voranging. Der Ausdruck »Pfaffenmagd« wird im ganzen späteren Mittelalter den ärgsten Schimpfwörtern gleich geachtet. Ueber die sittliche Verwahrlosung, der manche Klöster zu Zeiten anheimgefallen waren, besitzen wir erschreckende Schilderungen[61].