Die Frauenfrage im Mittelalter

Karl Bücher

VON

KARL BÜCHER.

ZWEITE VERBESSERTE AUFLAGE.

TÜBINGEN
VERLAG DER H. LAUPP’SCHEN BUCHHANDLUNG
1910.

Alle Rechte vorbehalten.

Druck von H. Laupp jr in Tübingen.

FRAU
LINA LUDWIG

GEWIDMET.

Das Beste, was Frauen uns geben, können wir niemals wiedergeben, und wenn ich dieses Büchlein Dir, der lieben guten Mama, zueigne, so weiss ich, dass damit die Dankesschuld nicht abgetragen werden kann, zu der ich mich bekennen muss. Aber vielleicht ist es Dir doch eine Freude, dadurch an die Zeit erinnert zu werden, wo sich auf dem Frankfurter Stadtarchiv mir die Gedanken, die es enthält, zusammenfügten und ich an so manchem schönen Sonntag bei Euch in Heppenheim ausspannen durfte.

Ausgesprochen wurden diese Gedanken zuerst in einem Vortrage, den ich am 28. März 1882 im Liebigschen Hörsaale zu München vor gebildeten Frauen und Männern gehalten habe. Aus dem Kreise der Zuhörer sahen damals zwei freundliche Augen zu mir empor, die seitdem meinen Lebensweg erhellten und die jetzt erloschen sind. Du wirst es vor allen verstehen, dass ich mich lange nicht entschliessen konnte, das Büchlein, das damals gedruckt wurde, zu erneuern, als es vergriffen war. Wenn ich es jetzt dennoch tue, so bin ich nicht der Versuchung erlegen, was ich einst in keckem Jugendmute hingestellt hatte, mit altem, bedächtigem Kopfe umzumodeln. Die Schrift scheint doch manchem so, wie sie ist, lieb geworden zu sein, und wenn ich heute vielleicht auch vieles anders sagen würde, in ihren tatsächlichen Feststellungen hat sie vor der Kritik bestehen können. Die Verbesserungen der neuen Auflage beschränken sich deshalb auf kleinere Berichtigungen und Zusätze und auf eine grössere Aenderung am Schlusse, zu der die Ergebnisse der Berufszählung von 1907 Anlass gaben. Ausserdem sind in den Anmerkungen einige genauere Belege gegeben, ohne dass Vollständigkeit der Literaturangaben erstrebt wurde. Eine gelehrte Abhandlung sollte mein Vortrag nicht werden.

Eine neue Zugabe ist das Bildchen auf Umschlag und Einband. Es stellt eine der Hilfsarbeiterinnen des Frankfurter Wollenhandwerks, wenn nicht alles trügt, in Bekinentracht dar, entworfen von einem Frankfurter Schreiber, der das Bedebuch von 1405 mit lustigen Federzeichnungen versehen hat. Das Bildchen steht bei der Lindheimer Gasse, die im damaligen Weberviertel der Altstadt liegt. Bei der Härte der mittelalterlichen Bede ist eine amtlich illustrierte Steuerliste eine so seltsame Erscheinung, dass ihr Urheber wenigstens in einer kleinen Probe seiner Kunst dem steuergeplagten XX. Jahrhundert bekannt zu werden verdiente, stünde diese Probe auch nicht in so enger Beziehung zum Inhalt dieses Büchleins, als es tatsächlich der Fall ist. Vielleicht kann sie seinen Ernst um ein Weniges mildern und durch ihr Wirklichkeitsgepräge den Irrtümern, deren es immer noch genug enthalten wird, die freundliche Nachsicht erwirken, deren wir alle bedürfen.

Leipzig, den 25. Oktober 1909.

Karl Bücher.

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