Die Gruppe der Philippinen, die mehr als tausend Inseln umfaßt, liegt nördlich von den großen Sundainseln und wird im Westen und Norden von der chinesischen Südsee, im Süden von der Celebessee und im Osten vom Stillen Ozean bespült. Als ihre Urbewohner sind die Negrito anzusehen, eine Menschenrasse, die für stammverwandt mit der südafrikanischen Zwergrasse gelten kann, und bei dem Erscheinen neuer Ankömmlinge in die Berge und in die unzugänglicheren Teile des Archipels zurückwich. Die ersten Eindringlinge, die das idyllische Leben dieser Ureinwohner störten, waren Indonesier, also Angehörige der indoaustralischen Grundrasse, deren Vertreter wir auf den Inseln des malaiischen Archipels soeben kennen gelernt haben. Ihre wichtigsten Stämme sind heutigentags die Ibang, Ifugao, Igorroten, Tinguianen, Bogobo, Tagalen und Mandaya. Sie kamen vom südostasiatischen Festlande und von den südlich der Philippinen gelegenen Inseln her. Zu ihnen gesellten sich später malaiische Völker hinzu, unter ihnen befanden sich auch die Moro oder mohammedanischen Malaien, die man hauptsächlich auf Palawan und Mindanao antrifft. Im sechzehnten Jahrhundert landeten die Spanier auf den Inseln und schließlich folgten ihnen noch Chinesen und Japaner, die der bereits ziemlich gemischten Bevölkerung noch weiteren Einschlag brachten. Daher kommen heutzutage alle möglichen Kreuzungen zwischen den angeführten Rassen vor, an denen neuerdings auch die Nordamerikaner Anteil nehmen.
Phot. Bureau of Science, Manila.
Abb. 310. Bontokigorroten von Nordluzon beim Tanz.
Jeder von ihnen trägt dabei eine Ganza oder Bronzegong, das er mit einem Knüppel anschlägt. Den Griff einer Ganza bildet ein menschlicher Unterkiefer.
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Die Negrito finden sich noch auf den Inseln Luzon, Tablas, Panay, Mindanao und einigen anderen, wie Palawan, wo sie verschiedene Namen, wie Aëta, Ita, Agta, Baluga, Hilluma, Mamamura und so weiter, führen. Ihre Zahl ist höchstens auf zehntausend Köpfe zu veranschlagen; mit Riesenschritten eilen sie leider ihrem Untergange entgegen. Wie die afrikanischen Pygmäen sind die Negrito von kleiner Statur (Abb. 311), die Männer messen im Durchschnitt hundertundvierzig, die Weiber hundertundsiebenunddreißig Zentimeter. Jedoch weisen sie einen guten Körperbau auf, mit regelmäßig geformten Gliedmaßen, breitem Brustkasten und gut entwickelter Muskulatur. Ihre Hautfarbe ist braunschwarz, ebenso ihr Kopfhaar, das kurz und wollig, aber nicht in dem Grade spiralig gedreht erscheint, wie das der afrikanischen Zwerge, manchmal auch schon mehr oder weniger wellig oder beinahe flockig ausfällt (Abb. 312). Offenbar deutet dieses Verhalten Mischung an, wie auch die ungleiche Schädelform, die fliehende Stirn und die stark vorspringenden Augenbrauenbogen vermuten lassen. Die Nase ist kurz, aufgestülpt und platt, die Augen von rundlicher Form. Der Bart ist spärlich entwickelt.
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Abb. 311. Gruppe von Leuten der Zwergvölker von Palawan.
Die Männer kleiden sich für gewöhnlich in Rindentücher und ebensolche Kopftücher, die bei besonderen Gelegenheiten verziert sind, wozu dann noch Blumen im Haar, leuchtende Blätter und Halsketten kommen.
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Abb. 312. Negritofrau.
Die Negrito sind die Ureinwohner der Philippinen.
Aus „Globus“.
Abb. 313. Windschirm der Aëta (Negrito).
Die Berührung mit den fremden Rassenelementen hat nicht nur die körperliche Beschaffenheit der Negrito, sondern auch ihre ursprüngliche Kultur stellenweise mehr oder weniger beeinflußt. Jedoch leben noch genug Stämme unter ihnen unter ganz primitiven Verhältnissen, so zum Beispiel die Aëta im Innern von Luzon. Diese führen in kleinen Horden von höchstens fünfzig Personen ein Wanderleben; der Älteste einer Schar ist ihr Oberhaupt. Als Obdach dienen ihnen einfache Windschirme (Abb. 313) oder ähnliche Unterschlupfe, andere Negritostämme kennen bereits primitive Hütten. Die wichtigste Quelle ihrer Ernährung gibt neben den Erträgen der Fischerei und den Früchten des Waldes die Jagd ab; man kann die Negrito geradezu als passionierte Jäger bezeichnen, die mit großer Gewandtheit und vorzüglichem Scharfsinn diesem Beruf obliegen. Wenngleich ihre Umgebung keine große Auswahl an Wild gestattet, so ist doch niemals Schmalhans bei ihnen Küchenmeister, denn Rotwild, Wildschweine, Eichhörnchen und verschiedene Vögel gibt es in Hülle und Fülle. Den größeren Säugetieren wird manchmal mit Fallen nachgestellt, sonst aber ist die Jagd mit Hunden üblich. Selbst die Frauen beteiligen sich bei den Zambala mit Eifer daran, zumal wenn Mangel an Hunden ist, und durchstreifen mit lautem Geschrei das Unterholz, um das Wild aufzuscheuchen. Pfeil und Bogen zu führen, ist ein Vorrecht der Männer; es sind dies die hauptsächlichsten Waffen, die die Negrito kennen; daneben kommen bei ihnen auch Lanzen vor und bei den Batakern von Palawan auch Blasrohre. Der Ertrag der Jagd wird ins Dorf gebracht, hier zerlegt und verteilt; hierbei wird noch an dem alten Brauche festgehalten, daß der Mann, der das Tier zuerst verwundete, dessen Kopf und Brust, derjenige, dessen Hund es zuerst aufscheuchte, das Hinterviertel und so weiter erhalten. Der Verteilung geht aber noch eine Opfergabe an die Geister voraus; der Häuptling schneidet nämlich einen Teil des Herzens oder der Eingeweide des erbeuteten Tieres in kleine Teile und streut diese umher, wobei er in eintönigem Gesange ein Gebet hersagt, etwa des Inhaltes: „Geister, wir danken euch für diese erfolgreiche Jagd. Hier ist euer Anteil an ihr.“ — Von einzelnen Stämmen wird auch primitiver Ackerbau in Form einfachen Reis- und Süßkartoffelanbaus betrieben; der Boden in den Dschungeln wird durch Abbrennen urbar gemacht. Das Feuer wird auf noch ganz primitive Weise durch Reiben gewonnen. Eine interessante Abweichung trifft man bei den Batakern der Insel Palawan an; hier wird ein Rotangstreifen zwischen einem Stück Rindenstoff und einem gespaltenen Stück Holz mit großer Schnelligkeit auf und nieder gezogen, bis der Stoff Feuer fängt. Als Kochgeräte bedient man sich der Bambusröhren, als Teller der Bananenblätter; doch kommen auch schon eingeführte Gefäße aus Ton und selbst Eisen vor.
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Abb. 314. Eine Bogobofrau von der Insel Mindanao
mit spitz gefeilten und geschwärzten Zähnen.
Die Kleidung der Negrito besteht nur in einem schmalen Stück Baumbast oder auch verschiedentlich schon in eingeführten Stoffen, die als Gürtel umgebunden werden. Auch Körperschmuck wird vereinzelt getragen in Gestalt von Ketten aus Samenkernen, von Perlen, Kämmen mit buntem Federschmuck, Blumen, Ringen und Armbändern aus Metall; die letzteren sind bereits Importware. Tatauierung kommt bei einigen Stämmen vor, auch Zahnfeilung (Abb. 314) und Durchbohrung des Ohrläppchens, um durch das Loch allerlei Dinge zu stecken.
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Abb. 315.
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Abb. 316.
Abb. 315 und 316. Igorroten und Ilongoten beim Tanz,
der in Bewegungen im Kreise unter Begleitung bronzener Gongs besteht und von einem Manne angeführt wird. Die Schritte wechseln dabei und die Bewegungen sind oft dramatischer Natur.
Die Negrito bekunden eine große Vorliebe für Musik und Tanz, die sie übrigens mit allen Pygmäenvölkern teilen. Zwar sind ihre Musikinstrumente sehr primitiver Natur; sie bestehen in Flöten und Violinen aus Bambus, sowie in roh geformten Gitarren, an manchen Orten aber auch in Gongs, die wahrscheinlich von den Malaien herrühren. Ein beliebtes Musikwerkzeug ist ein Baumstamm, der zwischen zwei Bambusgerüsten aufgehängt und so in der Schwebe erhalten wird (Abb. 309). Die Weiber stellen sich in einer Reihe auf und bearbeiten ihn mit kurzen Hölzern in rhythmischem Trommelschlag, während ein oder zwei Männer ein Gong zur Begleitung anschlagen. Tanzen bildet ein Hauptvergnügen für die Negrito und bietet ihnen Gelegenheit, ihrer übersprudelnden Laune freien Lauf zu lassen. Neben Schrittänzen kennen sie auch mimische Tänze, in denen sie unter anderem das Einholen der Ernte, das Einsammeln von Honig, oder Episoden, die sich auf den Krieg und die Liebe beziehen, dramatisch vorführen. Die sittlichen Anschauungen der Negrito sind in der Regel ziemlich hohe, wie die vielen Züge, die über sie berichtet werden, erkennen lassen. Die Liebe der Eltern zu ihren Kindern ist eine rührende, die ihrerseits wieder den Eltern mit Hochachtung begegnen. Im allgemeinen können die Negrito für friedfertig, wahrheitsliebend und ehrlich gelten. Mord soll unter ihnen eine äußerst seltene Erscheinung sein und nur in der Notwehr oder aus Blutrache vorkommen. Gelegentliche Abweichungen von dieser relativ hohen Moral kann nur durch ungünstigen fremden Einfluß erklärt werden. Über die Religion der Negrito fließen die Beobachtungen nur spärlich. Was wir wissen, ist, daß sie in dem Glauben an die Geister Verstorbener besteht, mit denen sie jeden Ort sich belebt denken und deren Tätigkeit sie jedwedes Mißgeschick zuschreiben. Wenn ihnen alles gelingt, kümmern sie sich wenig um die Geister. Äußere Formen der Religion sind unbekannt, außer den schon erwähnten Opfern, die man nach erfolgreicher Jagd darbringt. Krankheiten betrachtet man als Strafe, die die Geister für ein Vergehen auferlegen. In nicht ernsten Fällen machen Medizinmänner den Versuch, den Kranken durch Austreiben des Geistes zu heilen. Dieses Vorgehen ist für diese unter Umständen gewagt, wenn nämlich der Erfolg ausbleibt und sie dafür zur Rechenschaft gezogen werden. Auch Zaubermittel sind den Negrito bekannt, um Krankheit zu heilen oder Frauen sich geneigt zu machen. Regen- und Wetterzauber scheinen sie nicht zu kennen, abgesehen, daß sie Wildknochen verbrennen, um heftige Gewitter abzuschwächen. Auch glauben sie an gewisse Vorbedeutungen.
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Abb. 317. Mangyanmann von Bulalakao (Mindoro)
auf der Brautsuche.
Über das soziale Leben der Negrito ist herzlich wenig bekannt. Um die bösen Mächte von der Schwangeren fernzuhalten, wendet man auch hier Abwehrmaßregeln an. Besonders gefürchtet ist der Dämon Patianak, der Mutter und Kind zu töten trachtet, wenn erstere gerade in schweren Wehen liegt. Dann verschließt der Mann sorgfältig die Hütte, zündet ein großes Feuer an, legt seine wenigen Kleidungsstücke ab und schwingt den Kampilan, bis seine Frau entbunden ist. — Weder die Geburt eines Kindes noch seine Namenverleihung bieten Anlaß zu einem besonderen Fest. In den meisten Fällen bekommt das Neugeborene einen Namen, den für gewöhnlich die älteren Männer der Gemeinde, nicht die Eltern, aussuchen, und der meistens auf irgendeinen in der Nähe der Geburtstätte befindlichen, in die Augen fallenden Gegenstand, oder auch auf irgendein Ereignis oder eine Eigenschaft Bezug hat, sogleich am Tage seiner Geburt. Es wird nur ein Name gegeben, und kein Unterschied zwischen männlichen und weiblichen Namen gemacht. Wird ein Kind kränklich, dann vertauscht man seinen Namen, weil man annimmt, daß der Geist, der die Stelle bewohnt, wo das Kind das Licht der Welt erblickte, mit dessen Namen nicht zufrieden ist. Würde man diesen Versuch, den Geist zu versöhnen, nicht anstellen, dann könnte das Kind sterben.
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Abb. 318. Weib der Kalinga, eines Igorrotenstammes,
in Festtracht.
Die Heiraten werden gewöhnlich von den Eltern abgeschlossen, doch wird den Mädchen auch eine gewisse Freiheit in der Auswahl ihres Zukünftigen gewährt. Es herrscht auch der Brauch, die Bräute zwischen Familien auszutauschen; Bruder und Schwester aus einer Familie heiraten Schwester und Bruder aus einer anderen, wodurch die Unkosten der Hochzeit vermindert werden. Hin und wieder werden Kinder miteinander verlobt. Der Schwiegersohn gibt dem Vater der Braut ein kleines Geschenk; von eigentlichem Kauf kann man indessen nicht gut sprechen, zumal dieser der Tochter eine Anzahl Sachen mit in die Ehe gibt, die ihm aber als Eigentum verbleiben. Eine eigentliche Hochzeitszeremonie, wenigstens in großem Stile, gibt es bei den Negrito nicht; aber ein Festgelage mit sich daran anschließendem Tanz (Abb. 315 und 316) wird für gewöhnlich doch abgehalten. In manchen Gegenden setzen sich Mann und Frau, die die Ehe eingehen wollen, mitten in den Kreis ihrer Verwandten und füttern sich gegenseitig aus einer gemeinsamen Schüssel; außerdem verrichten sie, wenn die Zuschauer diese Handlung beifällig aufgenommen haben, noch irgendeine gemeinsame Dienstleistung, um dadurch zu bekunden, daß sie in ihrem zukünftigen Ehestande gemeinsam arbeiten wollen. Die nächsten Tage verbringen die jungen Eheleute im Hause der Eltern der Frau, darauf kehren sie in ihr eigenes Heim ein. Ihre Rückkehr wird mit weiteren Geschenken an die Braut, mit Tanz und Gelage gefeiert, je nach den Mitteln des jungen Ehemannes. Diese bestimmen auch die Anzahl der Frauen, die er sich hält. — Auf Keuschheit vor der Ehe wird strenge gehalten und Zuwiderhandeln bei beiden Teilen aufs empfindlichste, selbst mit dem Tode bestraft. Wenn ein Mann ein Mädchen schwängert, wird er, selbst wenn er sie heiratet, auch noch streng bestraft. Ehebruch kommt äußerst selten vor und wird für gewöhnlich ebenfalls mit dem Tode geahndet, reiche Leute können auch in Geldbuße genommen werden. Scheidung aber kommt häufig vor; wenn Mann und Frau und die beiderseitigen Familien darin einwilligen, so wird der Besitz gleichmäßig unter beide Teile geteilt, die Kinder aber bekommt die Frau.
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Abb. 319. Ifugaofrauen beim Flechten der Haare.
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Abb. 320. Ilongotenkrieger aus Nordluzon
mit eigenartigem Kopfputz und einem schön gearbeiteten und verzierten Schwert.
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Neben den Negrito kommen nun auf den Philippinen noch malaiische oder, besser gesagt, indonesische Völker (Abb. 310 und 317) vor, die sich, wie wir bereits hörten, teils mit jenen, teils mit hinzugewanderten Chinesen und Japanern kreuzten. Mit den wichtigsten von ihnen wollen wir uns nunmehr noch beschäftigen. Auf Luzon, der größten Insel des Archipels, leben die Igorroten (Abb. 315, 316 und 321), Tinguianen, Ilongoten (Abb. 320), Kalinga (Abb. 318 und 323) und Ifugao (Abbild. 319). Die Ilongoten haben viel Negrito-, die Kalinga viel Chinesen- und Japanerblut in sich aufgenommen. Im allgemeinen sind diese Völker schön gebaute Leute von mittlerer Körpergröße und rötlich bis dunkel oliv-brauner Hautfarbe. Ihr Haar ist lang und straff. Einzelne Stämme, zum Beispiel die Igorroten und Tinguianen, tragen ihr Kopfhaar lang und binden es auf dem Scheitel in einen Knoten zusammen (Abbild. 321), flechten auch wohl Bänder oder Perlenketten hinein und raffen die Stirnhaare in einem kleinen Netz nach oben, andere wieder, wie die Ifugao, rasieren sich den Kopf ringsherum und lassen nur in der Mitte einen Schopf stehen.
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Abb. 321. Bontokigorrotenweib.
Ihr Hauptschmuck besteht in der schönen Frisur des Kopfhaares, das mit einer Perlenschnur verziert ist.
Die Kleidung dieser Leute pflegt für die Männer in einer Hose (Abb. 322), für die Weiber in einem kurzen, von den Hüften bis zu den Knien reichenden Rock zu bestehen, sowie für beide Geschlechter in einer anschließenden Jacke (Abb. 324). Tatauierung wird von ihnen allen geübt (Abb. 323), besondere Sorgfalt verwenden darauf die Igorroten und Ifugao; die bei ihnen am meisten verbreiteten Muster setzen sich aus geraden und gebogenen Linien zusammen. Die Frauen lieben allgemein Körperschmuck in Form von Ohrringen, Halsketten, Spangen und Ringen (Abb. 324 und 325). Bei den Tinguianen sind ein wesentlicher Bestandteil ihres Schmuckes Perlenschnüre, mit denen sie sich nicht nur das Kopfhaar und den Hals, sondern auch die Arme behängen (Abb. 326). An den Armen legen sie eine Schnur über die andere, so daß die Ketten schließlich vom Handgelenk bis zu dem Ellbogen reichen und, wenn die Wohlhabenheit ihres Besitzers es gestattet, sogar bis an die Schulter herauf. Als Zeichen der Vornehmheit gilt es, die Schnüre um das Handgelenk so fest anzuziehen, daß sie das Glied zum Anschwellen bringen; aber gern unterzieht man sich dieser Unbequemlichkeit aus Eitelkeit. — Vornehme Ifugao leisten sich als Ruhestätte eine aus Holz geschnitzte, unseren Liegestühlen ähnliche Bank (Abb. 327).
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Abb. 322. Manobomann von der Insel Mindanao beim Bogenschießen.
Er trägt kurze Hosen und eine kurze Jacke.
Die Indonesier Luzons sind alle fest angesiedelte Ackerbauer, aber dabei durchweg noch Kopfjäger oder waren es wenigstens bis in die neueste Zeit hinein; denn die amerikanische Regierung sucht natürlich mit allen Mitteln diesem Unwesen Einhalt zu gebieten. Die Igorroten wohnen im nördlichen Luzon in festen Dörfern, deren Bevölkerung drei- bis viertausend Köpfe ausmacht. Jedes Dorf enthält in seiner Mitte das Gemeindegerichtshaus (Abb. 328), in welchem der Häuptling zusammen mit den Ältesten die Streitigkeiten schlichtet und die sonstigen Gemeindesachen ordnet. Auch dienen diese Häuser ähnlichen Zwecken, wie in Ozeanien die Junggesellenhäuser; es wohnen und schlafen in ihnen die Unverheirateten, es werden in ihnen die Gäste empfangen und beherbergt und schließlich auch die Kriegstrophäen aufbewahrt. Der Zutritt zu diesen Häusern ist dem weiblichen Geschlecht verboten; die unverheirateten Mädchen schlafen ebenfalls in besonderen Hütten. Die Tinguianen hausen in den rauhen Gebirgsabhängen des nordwestlichen Luzon. Sie haben es in geschickter Weise verstanden, sich trotz der ungünstigen Geländeverhältnisse den Boden zu Ackerzwecken nutzbar zu machen. Um Ackerland zu gewinnen, ziehen sie an den Bergabhängen eine Steinmauer, hauen dahinter den Steinboden ab und füllen ihn auf, bis sie eine Terrasse hergestellt haben; hinter dieser errichten sie eine zweite Steinmauer, die sie wieder auffüllen, und fahren so fort, bis sich schließlich Stufe über Stufe die Abhänge hinauf erhebt. Für die Bewässerung dieser Terrassenfelder sorgt man in der Weise, daß man das Wasser eines Bergstromes auf die höchste Terrasse leitet und es, wenn diese Terrasse genügend begossen worden ist, auf die nächst darunterliegende laufen läßt und so weiter. Manchmal ist es erforderlich, lange Dämme aufzuwerfen und zwischen ihnen gleichsam wie in einer Wasserleitung den Gebirgsbach große Strecken weit zu dem Punkt, wo man ihn sich nutzbar machen will, hinabzubefördern. Der beständige Kriegszustand, unter dem die Tinguianen mit ihrer Nachbarschaft leben, weil sie eifrige Kopfjäger sind, hat sie gezwungen, sich in befestigte Ansiedlungen zurückzuziehen. Ihre Verfassung ist eine oligarchische; kein Häuptling steht an der Spitze der Gemeinde, sondern einige wenige ältere Männer regeln die Geschäfte. Bei den bis in die jüngste Zeit üblichen Kopfjagden gingen die Krieger zunächst mit dem Speere vor; bei Handgemenge aber verließen sie sich auf ihren Schild, ihre Kopfaxt und ihr Jagdmesser. Mit dem Schild, der an seinem oberen Rande mit drei Sprossen ausgestattet ist (Abb. 329), versuchten sie dem Gegner zwischen die Beine zu fahren, um ihn hinzuwerfen, ihm dann weiter mit der Axt einen Schlag auf den Kopf zu geben, um ihn kampfunfähig zu machen. Sodann trat das untere Ende des Schildes in Wirksamkeit. In seine beiden Sprossen wurde der Hals des Opfers wie in eine Knopfgabel eingezwängt, und dann der Kopf vom Rumpfe abgetrennt. Wenn die Sieger mit ihren Trophäen (Abb. 331) heimgekehrt waren, wurde eine große Feier abgehalten, die wie üblich in Tanz, Gesang und Schnapstrinken bestand. Die besondere Vorliebe der Filippino für Tanz und Musik erwähnten wir bereits oben. Unter den üblichen Musikinstrumenten kommt auch die Nasenflöte vor (Abb. 330), auf der eine klagende Melodie gespielt wird, dadurch, daß man leise mit einem Nasenloch hineinbläst, während das andere verstopft ist, um keine Kraft zu vergeuden. Nach Beendigung des Kriegstanzes werden die erbeuteten Köpfe in kleine Stücke gespalten und eines davon als Andenken an die Tapferkeit der Sieger jedem Gaste überreicht, der es mit nach Hause nimmt. Bei anderen Stämmen, zum Beispiel den Ifuago, werden die von den Kopfjägern heimgebrachten Schädel in den Häusern aufbewahrt (Abb. 332).
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Abb. 323. Kalingamann mit Tatauierung,
die bei diesem Stamme sehr verbreitet ist und bald nur als Schmuck, bald als Auszeichnung, bald zu medizinischen Zwecken ausgeübt wird.
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Abb. 324. Mangyanfrau von Mindoro,
eines Stammes aus dem Innern, der wahrscheinlich Negerblut in sich aufgenommen hat. Zwischen den Lippen hält sie ein Stückchen Tabak, um die Zähne damit zu schwärzen.
Die Tinguianen bekunden eine große Fertigkeit in der Herstellung von Schmiedearbeiten, und dabei ist das dazu zur Verwendung kommende Handwerkszeug ein ganz primitives. Zwei ausgehöhlte Holzkloben oder Palmenstämme, in denen Stempel mit einem Federbündel, das die Höhlung genügend füllt, auf und nieder bewegt werden, bilden den Blasebalg. Das untere Ende eines jeden Baumzylinders setzt sich in einen Bambusstab fort, der mit ihm durch Tonmasse verbunden ist und horizontal bis zum Schmelzofen zusammen mit dem Bambusstab des anderen Zylinders verläuft. Wird der Stempel nach unten gestoßen, dann drängt er die im Zylinder befindliche Luft nach dem Schmelzgut, wird er sodann wieder hochgezogen, dann fallen die Federn zusammen und lassen die Luft von oben eindringen, und so fort. Das glühend gemachte Eisen wird auf einfachen großen Steinen, die als Amboß dienen, mittels schwerer Steinhämmer zusammengeschweißt und darauf noch mittels kleiner Metallhämmer weiter bearbeitet. Ist der auf diese Weise geschmiedete Gegenstand fertig, so wird er noch durch wiederholtes Erhitzen gehärtet und dann in kaltes Wasser gestürzt. Der Ruhm der Schmiedeerzeugnisse der Tinguianen hat sich auf alle Nachbarstämme ausgebreitet und dazu beigetragen, daß ihre Speere und Kopfäxte nicht nur auf Luzon, sondern auch darüber hinaus im ganzen Archipel Absatz finden.
Die Religion der Luzonvölker gipfelt in Animismus und Ahnenkultus. Die Igorroten glauben außer an eine Reihe Gottheiten, die durch die Ahnengeister mit ihnen in Verbindung steht, noch an ein höheres Wesen. Man sucht diese Götter durch Opfer gut zu stimmen; rohgeschnitzte Holzstücke stellen die Geister vor. In der Nähe eines jeden Dorfes befindet sich ein geweihter Baum, in dem, wie man annimmt, die Ahnengeister ihre Wohnung haben; vor das Wohnhaus legt man Reis und andere Speisen für sie auf kleine Bänke hin (Abb. 333). Die Tinguianen glauben mittels der Hilfe von bestimmten Medien mit den Geistern, deren sie eine ganze Schar besitzen, sprechen zu können; die Geister nehmen dabei von diesen Medien Besitz und verkünden durch deren Mund selbst, was man tun soll. Zu diesem Zwecke begibt sich der Vermittler in einen in der Nähe des Dorfes gelegenen Hain und bringt dort den Pinaing auf einem Altar Opfer dar. Diese sind eigenartig geformte Steine (Abbild. 337); in ihnen sieht man den Aufenthaltsort der Geister, die das Dorf beschützen; ihre Köpfe werden eingeölt, ihr Hals mit Rindenbändern umwunden und vor ihnen außerdem noch Blut von einem geopferten Schweine zusammen mit Reis ausgeschüttet. Bevor man das Tier tötet, wird es auf die Erde gelegt, Betelnuß und Kalk kommt darauf zu liegen (Abb. 334), sodann wird es vom Medium mit geölten Fingern bestrichen, das dabei die Götter auffordert, dem bevorstehenden Opfer ihre Aufmerksamkeit zu schenken (Abb. 336). Wenn man annehmen kann, daß die Geister von dem geopferten Tiere genügend genossen haben, wird das Schwein für die Beteiligten weiter zurechtgemacht und verspeist. Natürlich finden im Anschluß hieran auch wieder Tänze statt. Der Glaube an die Macht und das Interesse der Geisterwelt ist so stark beim Volke eingewurzelt, daß jedes Ereignis des gewöhnlichen Lebens von Kundgebungen dieser Anschauungen begleitet wird.
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Abb. 325. Kopfputz der Kalinga.
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Abb. 326. Ein Opfer an die Geister in einem Tinguianenhaus.
Man beachte die am Arm übereinander liegenden Perlenbänder des das Opfer Darbringenden.
Alle Igorrotenstämme stehen auf einer hohen Stufe der Moral. Die Keuschheit der Mädchen wird ängstlich behütet; um Anfechtungen nicht ausgesetzt zu sein, müssen die unverheirateten Mädchen die Nächte in besonders hierzu bestimmten Schlafhäusern zubringen (Abb. 338). Ein Fehltritt wird mit schweren körperlichen Züchtigungen und sogar mit dem Tode bestraft. Bei einem bestimmten Stamme hat der Verführer die Pflicht, das Mädchen zu heiraten oder ihr als Buße ein vollständiges neues Gewand und ein trächtiges Schwein zu schenken; auch muß er ein der Liebelei etwa entsprungenes Kind unterhalten. Sobald zwei Verliebte die Zustimmung ihrer Eltern erhalten haben, müssen sie eine Art Probeehe eingehen. Es wird ein großes Fest veranstaltet, während dessen die beiden allein in eine Hütte eingesperrt werden und sich etwa vier bis fünf Tage lang bis zum Schluß des Festes darin aufhalten; Speisen werden ihnen verabreicht. Nach Ablauf dieser Frist steht es jedem Teile frei, von der Heirat Abstand zu nehmen, er muß dann aber Buße an seinen Partner zahlen. Tritt der junge Mann zurück, so hat er dem Mädchen eine Anzahl Gegenstände zum Geschenk zu machen und die gewiß nicht geringen Kosten des Festes zu bestreiten, tritt dagegen das Mädchen zurück, so fallen ihr die Unkosten der Feier zu. Wird das Mädchen aber schwanger, so muß der Mann sie heiraten. Bei einigen Stämmen der Igorroten kann der Mann seine Frau sechs Monate nach der Hochzeit wieder verlassen, falls sie innerhalb dieser Zeit nicht guter Hoffnung geworden ist. Ist dieser Fall aber eingetreten, dann ist er für immer an sie gebunden und kann getötet werden, sofern er die Ehe einseitig aufhebt. Von den Geburtsgebräuchen der Igorroten ist wenig bekannt. Kommt ein Kind mit umschlungener Nabelschnur zur Welt, so wird es sofort begraben, weil man von ihm fürchtet, daß es später seinen Eltern nach dem Leben trachten könnte. Zwillinge werden gleichfalls als unglückbringend angesehen und aus dem Wege gebracht, es müßte denn sein, daß sich ein Nachbar ausfindig machen läßt, der sie adoptiert; in diesem Falle stehen keine schlimmen Folgen von ihnen zu befürchten.
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Abb. 327. Ein Ifugao auf seiner roh aus Holz geschnitzten Ruhebank,
die sich nur Leute von Vornehmheit leisten können.
Bei den Tinguianen werden bereits für ganz junge Kinder von den Eltern die Ehen abgeschlossen; man bezahlt für das Mädchen eine Kaufsumme. Aber erst von der Pubertät an leben beide Teile zusammen. Naht der Zeitpunkt des Eheabschlusses, so überreicht der Bräutigam seinen Schwiegereltern eine wertvolle Kanne und darf sie von diesem Zeitpunkte an nicht mehr bei Namen nennen. Die Eltern des Mädchens machen eine Schüssel Reis zurecht und füllen in eine Kokosnußschale Wasser; beides stellen sie zwischen das Paar auf die Erde (Abb. 339). Das Mädchen nimmt eine Handvoll Reis, drückt die Körner zu einem Ballen zusammen und läßt sie zwischen die Bambusstäbe des Fußbodens hindurchfallen, als Opfer für die Geister. Der Jüngling ballt ebenfalls eine Reiskugel zusammen und wirft sie in die Höhe. Bricht sie nach dem Herabfallen auseinander oder kommt sie ins Rollen, so gilt dies als ein böses Vorzeichen dafür, daß das Paar sich untreu werde oder daß seine Kinder sterben werden; bleibt sie aber an der Stelle liegen, wo sie hingefallen ist, dann liegt die Zukunft für die jungen Eheleute günstig. Sie trinken von dem kalten Wasser aus der Kokosschale, und die eigentliche Ehezeremonie ist vorüber. — Die Ifugao des nördlichen Luzon (Abb. 340) feiern die Hochzeit mit einer größeren Festlichkeit.
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Abb. 328. Ein Igorrotengerichtshof.
Diese Gebäude, zu denen der Zutritt den Frauen verboten ist, dienen auch als Aufenthaltsort für die Männer und als Schlafstätte für die Jünglinge.
Phot. Fay Cooper Cole.
Abb. 329. Ein Krieger der Tinguianen.
Das Verlangen nach Köpfen veranlaßt die jungen Leute häufig, Angriffe auf fremde Siedlungen zu unternehmen. Der Angriff erfolgt mittels des Speeres; beim Kampf in geschlossenen Reihen aber bedient man sich der Kopfaxt, des Schlachtmessers und des Schildes.
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Ein Begräbnis in einem Tinguianendorf ist ein großes Ereignis. Der Tote wird in seine besten Gewänder gekleidet und in sitzender Stellung gegen die Wand des Zimmers gelehnt (Abb. 341); um und über ihn werden Decken und andere wertvolle Geschenke aufgehäuft, deren Geisterseelen seiner Seele zu den Ahnen nach Maglawa, dem künftigen Heim, zu folgen haben. Während des Begräbnisses, das gewöhnlich drei Tage dauert, muß die Witwe unter einer weißen Decke verbleiben und wird samt der Leiche Tag und Nacht von Wehklagenden bewacht, aus dem Grunde, daß nicht böswillige Geister dem Toten schaden und den Tod der Hinterbliebenen herbeiführen können. Am Morgen des dritten Tages versammeln sich alle Freunde und Verwandte im Hause des Toten, worauf ein jeder männliche Gast etwa hundertfünfzig Hiebe erhält, „damit sie alle ebenso betrübt seien, wie die Familie des Toten“ (Abb. 344). Mit Einbruch der Nacht setzt sich eine alte Frau vor die Leiche, bedeckt sich ihr Gesicht mit den Händen und beginnt laut zu klagen und den Geist des Verstorbenen zu bitten, in ihren Körper einzutreten. Daß dieser Wunsch erfüllt ist, zeigt sich sodann daran, daß sie sich wie besessen gebärdet und ohnmächtig zusammensinkt. Einen Augenblick läßt man sie in diesem Zustande, darauf bringt man Feuer und Wasser und verscheucht dadurch den Geist; die Verzückte macht aber zuvor noch den Anwesenden Mitteilung von des Toten letztem Willen. Der Tote wird in einer Gruft unter dem Hause begraben, in der bereits einer oder mehrere seiner Vorfahren ruhen; die Familie bleibt noch viele Tage lang mit verschiedenen strengen Tabu belegt, und das Grab wird dauernd bewacht, damit sich ihm keine feindlichen Geister nähern.
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Abb. 330. Tinguian auf einer Nasenflöte spielend.
Das bei diesem Volksstamme sehr beliebte Musikwerkzeug wird mittels eines Nasenloches geblasen.
Auf der Insel Mindanao sind die wichtigsten Stämme die Subanun auf der westlichen Halbinsel des Eilands, die Bogobo an den Abhängen des Berges Apo. Die Kleidung dieser Leute ist die übliche der Filippino; besonders malerisch soll die Tracht der Bogobostämme sein. Die Männer halten ihr Haar mit Tüchern zusammen (Abbild. 343), deren Spitzen sie mit Perlen und Troddeln verzieren; oft tragen sie über einem enganschließenden Hemd einen kunstvoll mit Perlen besetzten oder bestickten Rock, der vorn offen ist. Die Beinkleider sind gleichfalls an ihrem unteren Rande mit einem perlenverzierten oder ausgestickten Streifen besetzt. An Stelle der Taschen trägt jeder Mann auf seinem Rücken einen kunstvoll mit Perlen besetzten hanfenen Beutel, der mit Troddeln und Schellen (eigenem Erzeugnis der Eingeborenen) umrandet ist. Die Kleidung der Bagobofrauen ist nicht minder künstlerisch. Die bis auf den Rock reichende und am Halse fest anschließende Jacke, wodurch der Oberkörper vollständig verhüllt wird, ist auf den Schultern und den Ärmeln, am Halse und Taillenschluß ebenfalls bestickt, oft auch mit komplizierten Mustern in Muschelscheiben oder Perlen verziert. Männer wie Frauen tragen außerdem um den Hals Perlenschnüre, die oft frei bis auf die Brust herabfallen, sowie Schellenarmbänder. Die Frauen lieben es auch, sich die Arme mit Messing- und Muschelschmuck, die Beine und Knöchel mit Spangen zu überladen, an denen Klappern und Schellen sitzen.
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Abb. 331. Ifugaokrieger mit erbeuteten Schädeltrophäen.
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Die Bogobo (Abb. 347) sind zwar nominell einem Herrscher unterstellt, aber die Unterhäuptlinge erkennen nicht immer seine Herrschaft an. Neben ihnen (Datus genannt), die Recht zu sprechen und darauf zu achten haben, daß Übertreter des Gesetzes bestraft werden, verfügen auch noch Priesterinnen über eine gewisse Macht. Es sind dieses meistens Frauen in mittleren Jahren, die unter anderem große Fertigkeit in der Webekunst besitzen und von den Geistern sich berufen fühlen, eine „Mabalian“ zu werden; sie sind auch in der Arzneikunde bewandert und pflegen die Kranken. Als Auszeichnung dürfen sie eine besondere Tracht tragen, die sich keine andere Frau beilegen darf, sonst würde sie von den Geistern bestraft werden. Die Pflicht dieser Priesterinnen ist es, die Zeremonien zu leiten, die zur Besänftigung der Geister beständig abgehalten werden, und ihnen im besonderen Opfergaben darzubringen. Auch bei der Geburt sind sie hilfreich. Ist ein Kind geboren, dann reibt die Priesterin dessen Augen und die der Zuschauer mit einer besonderen Art von Erde ein, damit sie nicht blind werden, und erhält dafür eine Belohnung in Geld.
Phot. Bureau of Science, Manila.
Abb. 332. Geschmückte Schädeltrophäen in einem Ifugaohaus.
Wenn einer der Ihrigen im Kampfe fiel und seinen Kopf einbüßte, wird von den Ifugao der kopflose Körper unter großer Beteiligung feierlich begraben und an den nächsten Tagen eine Rachezeremonie abgehalten.
Bei den Subanun (Abb. 345) unterziehen sich beide Eltern vor der Geburt ihres zu erwartenden Kindes einer Reihe Einschränkungen bezüglich der Kost sowohl wie der Beschäftigung. Der Gatte darf nicht anders als ruhig und gebückt einhergehen, vielleicht aus Furcht, er könnte die Aufmerksamkeit böser Geister auf sich lenken. Er darf das Sparrenwerk seines Hauses, ebensowenig andere Dinge, nicht festbinden, weil er sonst dadurch Verwicklungen bei der Geburt herbeiführen würde und anderes mehr. Die Geburt spielt sich selten im eigenen Hause ab, vielmehr wird für die Mutter kurze Zeit vor ihrer Niederkunft abseits eine kleine Hütte erbaut, in die man allerlei Zaubermittel hängt. Der Grund für diese Absonderung liegt vielleicht in der Furcht, die Frau könnte während der Geburt im Wohnhaus sterben. Nach ihrer Niederkunft muß die junge Mutter noch tagelang in der Hütte verweilen und wird dabei der Hitze eines großen Feuers ausgesetzt, ein recht unangenehmes Verfahren, das wohl zur Austrocknung vorgenommen wird und meist große Brandwunden hinterläßt. Knaben und Mädchen der Subanun gehen jahrelang vollständig nackend, sie sind nur mit Zaubermitteln behängt gegen böse Geister. Sie erhalten nicht eher einen Namen, als bis sie vier oder fünf Jahre alt geworden sind. Für Knaben und Mädchen gibt es keine besonderen Schlafräume, wie bei anderen Philippinenstämmen; sie schlafen mit den Eltern zusammen.
Phot. Fay Cooper Cole.
Abb. 333. Tinguianenaltare für den Geisterkult,
auf denen Opfer dargebracht und vor denen Tänze abgehalten werden.
Mit der Heirat der Subanun sind keine bemerkenswerten Sonderbräuche verbunden; das Wichtigste ist dabei die symbolische gegenseitige Reisfütterung des Paares aus einer gemeinsamen Schüssel, wozu der Priester den Segen der Geister anruft. Die Eltern vereinbaren das Nötige bezüglich des Brautpreises. Die Schwiegereltern werden mit großer Achtung behandelt; der junge Ehemann redet den Vater und die Mutter seiner Frau nicht mit ihrem Namen an, die Frau erweist den Eltern ihres Mannes die gleiche Höflichkeit. Von Polygamie, die wohl gestattet ist, wird selten Gebrauch gemacht, weil dies ein Luxus ist, den sich nur die Reichen leisten können. Da die Ehe der Subanun mehr auf Verstandesgrundlage denn auf solcher des Gefühls beruht, so erklärt es sich, daß sie von langer Dauer ist und durch Untreue nicht getrübt wird. Diese Sicherheit wird durch das Bewußtsein noch erhöht, daß die Partei, die danach trachtet, die Ehe zu lösen, Entschädigung zahlen muß oder eines Teils des ihr Ausgesetzten verlustig geht.
Phot. Fay Cooper Cole.
Abb. 334. Ein Tinguian beim Ölen eines Schweines für das Opfer.
Phot. Bureau of Science, Manila.
Abb. 335. Ifugao beim Tanz um ein Bildnis.
Die Arme werden dabei abwechselnd vorwärts und rückwärts gestoßen.
Die Bogobo heiraten in einem verhältnismäßig viel späteren Alter als anderswo auf den Philippinen; die die Ehe eingehenden Teile sind manchmal schon zwanzig Jahre alt. Die Eltern bringen für gewöhnlich die Partie zustande, die dann in aller Form bei einer Versammlung von Freunden und Verwandten, wobei zwei Gemeindehäuptlinge die beiden Personen vertreten, ihre Bestätigung findet. Der Vater des Mädchens macht stets ein Gegengeschenk, das ungefähr der Hälfte der Hochzeitsgabe von seiten des Bräutigams entspricht, damit es nicht heißt, er habe seine Tochter verkauft. Die Hochzeit findet aber dann noch nicht statt, sondern der Jüngling muß erst ein Jahr lang für seinen zukünftigen Schwiegervater arbeiten. Die Hochzeitszeremonie ist die gleiche wie anderwärts; Braut und Bräutigam bedienen sich gegenseitig mit Reis aus einer gemeinsamen Schüssel, und die Priesterin bringt den Geistern Opfer dar. Die Jungvermählten begeben sich zwar in ihr eigenes Heim, der Ehemann aber muß noch jahrelang gewisse Dienste für die Familie seiner Frau verrichten.
Phot. Fay Cooper Cole.
Abb. 336. Tinguian bei den Vorbereitungen für ein Opfer.
Das Medium ruft die Aufmerksamkeit der Geister auf das Opfer an, das man ihnen darbringt, darauf läßt man eine kurze Zeit verstreichen, damit sie daran teilnehmen können, und richtet die Tiere dann zum Verspeisen zu.
Die Religion der Bogobo ist der Geisterkult; für sie hat man in den Häusern besondere Vorrichtungen als Wohnung geschaffen, damit sie beständig zugegen sein und alles, was die Menschen tun, fördern können. Die Zahl der Geister ist sehr groß; sie üben einen besonderen Schutz für bestimmte Menschen aus, so zum Beispiel kümmert sich ein Geist um die Krieger, ein anderer um die Weber, ein dritter um die Messingarbeiter und so weiter. Der Geist, dem alles Eßbare gehört und der nach den Feldern und Ernten sieht, erhält einen Schrein für sich mitten auf dem Reisfeld erbaut; nachdem die Ernte eingetragen ist, wird ihm zu Ehren eine große Feier abgehalten. Ein Geist führt die Rolle des Oberhauptes aller Geister; er ist es, der die Welt erschaffen hat und der stets sein Opfer zuerst erhält, sobald irgendeine Zeremonie vollzogen wird. Ihm sind die anderen Geister auch untertan. Interessant ist der Aberglaube, daß, wenn Kinder aus zwei Familien sich heiraten, sich die besonderen Schutzgeister jeder Partei miteinander verschmelzen und fortan ein Geist werden, der das Paar beschirmt. Die Geister, die die Krieger beschützen, sind mit besonderer Macht ausgestattet und dürfen auch nur von solchen Kriegern angeredet werden, die eine oder mehrere Personen bereits getötet haben; auch ein Mann, der den Verehrer einer ungetreuen Frau umbrachte, zählt zu diesen Bevorzugten. Diese Krieger haben die Berechtigung, ein besonderes Gewand zu tragen, und wenn sie mehreren Menschen im Kriege den Garaus gemacht haben, diesem einen weiteren Schmuck hinzufügen. Gelegentlich bringt man den Schutzgeistern der Krieger ein Menschenopfer, das in einem Sklaven oder einem Gefangenen besteht; Sklaverei ist eine anerkannte Einrichtung der Bogobo und das Bedürfnis nach Sklaven führt oft zu Einfällen bei den Nachbarstämmen. Bei diesem Opfer darf ein jeder teilnehmen, der während des Jahres von Unglück geplagt wurde, oder jede Familie, in der ein Todesfall vorgekommen ist; Vorbedingung ist aber, daß dem Datu das Opfer bezahlt oder ein eigenes gestellt wird. Der zum Opfer auserlesene Sklave wird mit über den Kopf zusammengebundenen Händen an einen Baum gestellt und über ihn ein Gebet gesprochen. Darauf wird ein Speer mit sehr langem Schaft gegen seine linke Brust gerichtet und alle, die zum Kauf des Sklaven beigetragen haben, beteiligen sich insofern an dem Opfer, als sie den Schaft entweder halten oder ihn berühren. Auf ein bestimmtes Zeichen wird der Speer sodann durch das Herz gestoßen. Die Leiche erhält dann noch eine Anzahl Stichwunden und wird begraben. Hieran schließt sich eine Zeremonie, bei der zwei bekränzte Stangen hoch aufgerichtet werden, um das Ereignis zu kennzeichnen, die Krieger sich stark betrinken, ihre Taten dabei rühmen und so weiter.
Phot. Fay Cooper Cole.
Abb. 337. Ein Tinguian beim Darbringen eines Opfers für die Wächtersteine.
Diese Steine, in die der Aufenthalt der Wachtgötter verlegt wird, werden vor Beginn bestimmter Zeremonien mit Rindenbändern umwickelt und mit Öl eingerieben, darauf wird vor ihnen Reis mit Schweineblut ausgestreut.
Erkrankt ein Bogobo, so wird er in das Haus eines anderen gebracht, damit die bösen Hausgeister ihn aus den Augen verlieren und die guten der anderen Behausung sich seiner annehmen; sobald man aber den Eindruck des bevorstehenden Todes hat, wird der Kranke in sein eigenes Haus wieder zurückgebracht, damit sein Tod nicht die Aufmerksamkeit der bösen Geister auf das Haus des Freundes lenke. Stirbt ein Mensch dennoch im Hause eines anderen, so muß seine Familie für das Unglück, das sein Tod diesem sicherlich bringen wird, eine Buße zahlen. — Von einer Klasse Geister glaubt man, daß sie die Schatten des Toten verzehren und Macht besitzen, den Lebenden ein Leid anzutun; sie werden manchmal direkt als gleichbedeutend mit den Geistern der Toten betrachtet.
Die Subanun kennen ebenfalls zahlreiche Geister, unter anderen solche der See, der Erde, der Wälder, der Flüsse und Beschützer der Kranken. Ihre Religion beruht auf einer Reihe Offenbarungen, die den Medizinmännern von Zeit zu Zeit zuteil werden. Deren Tätigkeit besteht in dem Verkünden von Orakeln oder Aussprüchen der Geister, mit denen sie zu sprechen vermögen, in Opfern und Gebeten an diese und in der Heilung von Krankheiten. Die bedeutenderen unter ihnen werden hochgeehrt. Man begräbt die Medizinmänner auch nicht, sondern setzt sie unter Schutzdächern aus, da man glaubt, daß sie wieder zur Erde zurückkehren.
Phot. Bureau of Science, Manila.
Abb. 338. Weiberschlafhaus bei den Bontokigorroten.
Die Mädchen schlafen in diesen Hütten, die so niedrig sind, daß eine Person kaum aufrecht in ihnen stehen kann, und einen knapp dreiviertel Meter hohen Eingang besitzen, etwa zwei Jahre lang bis zu ihrer Heirat.
Den Geistern werden rohe Altäre errichtet, auf denen man Reis, Hühner, Eier, Betel, Tabak und Reisbier in Krügen darbringt; auch kleine Boote setzt man mit Opfergaben beladen aufs Wasser, wohl in der Hoffnung, daß sie die bösen Einflüsse mit sich fortnehmen möchten. Auch auf Vorbedeutungen legt man Gewicht; auf Grund solcher Verkündigungen wird gelegentlich eine Verlobung wieder aufgelöst oder eine Reise unterlassen, bei anderen das Vorhaben nur aufgeschoben. Viele Zeremonien dienen der Versöhnung der Geister oder ihrer Vermittlung bei unangenehmen Lagen, auch der Förderung der Ernte, dem Schutze des Hauses bei seinem Aufbau und anderes mehr.
Phot. Fay Cooper Cole.
Abb. 339. Tinguianenhochzeit.
Die Braut nimmt eine Handvoll Reis aus einem Napf und zerstreut sie zwischen die Latten des Bambusfußbodens als Opfer für die Geister. Der Bräutigam wirft einen Reisballen in die Luft, um aus dessen Niederfallen festzustellen, ob seine Verbindung glückbringend sein wird. Beide trinken darauf Wasser aus einer Kokosnußschale, womit die Zeremonie beendet ist.
Sehr häufig werden Feste gefeiert, zu denen die Vorräte bereits beizeiten gesammelt und die benachbarten Häuptlinge eingeladen werden. Eigenartig ist die Form der Einladung; es werden Rotangstücke überbracht, die Knoten tragen, und zwar so viel, als noch Tage bis zur Veranstaltung des Festes vorhanden sind. Jeden Tag schneidet der Eingeladene einen Knoten ab, und wenn nur noch ein Knoten übrig bleibt, dann weiß er, daß die festgesetzte Zeit herangekommen ist. Haben sich die Gäste versammelt, dann werden alle Waffen beiseite gelegt und der Obhut eines oder zweier Männer übergeben. Vor Beginn des Festes pflegt ein Freund des Festgebers darauf aufmerksam zu machen, daß derjenige, der nicht den erforderlichen Anstand bewahrt, in Strafe genommen wird. — Bei solchen Festen, die zur Erfüllung eines Gelübdes, daß ein Kranker sich erhole, oder zur Erinnerung an einen Toten, oder zu irgendeinem anderen frommen Zweck veranstaltet werden, errichtet man Altäre, vor denen die Medizinmänner die Zeremonien vollziehen. Die Gäste aber lassen sich dadurch in ihrem Vergnügen nicht im geringsten stören, da sie auf dem Standpunkt stehen, daß die ernste Seite der Feier ausschließlich Sache der Medizinmänner ist.
Phot. Bureau of Science, Manila.
Abb. 340. Ein Ifugaopaar im Hochzeitsschmuck.
Die Hochzeit wird bei den Ifugao wie alle besonderen Ereignisse in ihrem Leben mit großer Festlichkeit begangen. Sie verwenden viel Zeit auf das Sammeln des für solche, einen religiösen Charakter tragenden Feiern notwendigen Materials.
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Wie schon erwähnt, werden die Leichen der Medizinmänner im Freien ausgesetzt; der gewöhnliche Mensch wird in eine Matte gehüllt oder in einen Sarg gelegt und dann in der Erde begraben. Nach dem Begräbnis baden die Angehörigen im Flusse, bevor sie in ihre Wohnungen zurückkehren.
Phot. Fay Cooper Cole.
Abb. 341. Trauer bei einem Begräbnis der Tinguianen.
Der Tote ruht, in seine besten Gewänder gekleidet und von Tüchern und anderen Wertsachen, die er ins Jenseits mitnehmen soll, umgeben, in sitzender Stellung gegen die Wand der Hütte gelehnt.
Es erübrigt sich noch der Moro (Abb. 346) zu gedenken, Malaien mohammedanischen Glaubens, die ursprünglich Bewohner der Nordküste Borneos waren, wo sie unter der Bezeichnung Bajau oder Seezigeuner bekannt sind und erhebliche Kreuzungen mit Arabern eingegangen sind. Kurz vor der Entdeckung der Philippinen durch die Spanier nahmen sie von den Suluinseln Besitz und wurden von hier aus durch ihre Raubzüge zur See zu Anfang des vorigen Jahrhunderts eine ständige Quelle des Schreckens für die Bewohner der umliegenden Inseln, deren Besitztum und Frauen ihre Bedürfnisse befriedigen. Daher bekunden sie auch eine Abneigung gegen die Arbeit, zumal sie von früher Jugend ab bereits an die Waffen und die Seeräuberei gewohnt werden. Durch diese ihre Beschäftigung sind sie kriegerisch und furchtlos, selbst grausam geworden, trotzdem heutzutage wenig Gelegenheit für die Ausübung ihres Handwerks sich ihnen bietet, da man sehr auf sie acht gibt. Um ihrem Gewerbe leicht nachgehen zu können, haben sie ihre Wohnungen an der Küste auf Pfählen errichtet; im gegebenen Augenblick können sie von hier aus sofort in ihre Boote gelangen, die dicht vor der Tür vor Anker liegen. Es bedarf keines Hinweises, daß sie tüchtige Seeleute und des Schwimmens kundig sind.
Phot. Bureau of Science, Manila.
Abb. 342. Eine Frau der Bontokigorroten in ihrem Leichenstaat.
Die Igorroten nehmen den Tod sehr gelassen auf und klagen weder, noch trauern sie lange um einen Verstorbenen, am wenigsten um eine bejahrte Person. Trotzdem dauern die Trauerzeremonien zwei bis acht Tage, je nach dem Rang des Verstorbenen.
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Die Moro sind von kleiner Gestalt, schlank gebaut und doch muskulös; sie sind sehr beweglich und zeigen sehr lebhafte Augen unter einer niederen Stirn in einem kleinen Gesicht. Der Sultan von Sulu ist nominell der Herrscher aller Moro, doch wird seine Autorität auf den außenliegenden Inseln nicht immer anerkannt von denen, die ihm untergeordnete Vertrauensstellen innehaben. In jedem Dorfe nämlich liegt die Führung der Gemeinde in den Händen eines Datu oder Pangiran; daneben aber kommt auch dem Priester eine gewisse Macht zu. Mit der Religiosität des Moro ist es nicht weit her; sie tritt meistens nur dann in Erscheinung, wenn er, vom Leben angewidert oder um ein Gelübde zu erfüllen, Amok läuft und möglichst viele Ketzer umbringt, ehe er mit dem eigenen Leben die Strafe seiner Begeisterung bezahlt. Die Moscheen der Moro sind in schlechtem Zustand, die vorgeschriebenen Fasten werden unregelmäßig eingehalten und sonstige Enthaltsamkeit, die der Islam vorschreibt, wird wenig beachtet, sofern man annehmen kann, daß diese Übertretung nicht bemerkt wird. Der Moro zollt zwar dem Koran große Verehrung, hat aber fast keine Ahnung von seinem Inhalt.
Phot. Bureau of Science, Manila.
Abb. 343. Ein Bogobo
mit prächtig gestickter Kleidung.
Phot. Fay Cooper Cole.
Abb. 344. Zeremonie des Durchpeitschens bei einer Totenfeier der Tinguianen.
Jeder der männlichen Gäste wird durchgepeitscht, damit alle sich so traurig fühlen, wie die Familie des Verschiedenen.
Die Männer tragen Hemden, Jacken und Hosen, dazu eine Schärpe in leuchtender Farbe und Kopf- oder Halstuch, Leute, die eine Wallfahrt nach Mekka unternommen haben, auch einen Turban. Ihre Gewänder sind gleichfalls kunstvoll gestickt und oft aus schwerster Seide hergestellt. Die Männer tragen das Haar herabfallend, die Frauen schlingen es zu einem mehr oder weniger phantastischen Knoten. Eine Eigenart ist das Feilen und Schwärzen der Zähne. — Besondere Sorgfalt widmen die Moro ihren Waffen, als da sind der Barong, ein kurzes, schweres Hackmesser mit einer scharfen Schneide wie ein Rasiermesser und einem dicken Rücken, sodann der Kris, der Kampilan, ein Schwert mit zwei Griffen, und die Lanze. Diese Waffen sind durchweg aus dem allerbesten Material hergestellt, manchmal prächtig mit Gravierungen und Tauschierung aus Silber verziert.
Phot. Bureau of Science, Manila.
Abb. 345. Frau der Subanun (westliche Halbinsel Mindanaos),
die sich sehr zu putzen lieben.
Die Moro finden anscheinend nicht viel Vergnügen am Tanz, dagegen widmen sich ihm viel die Frauen, so bei Hochzeiten und anderen Gelegenheiten. Ihr Tanz kennzeichnet sich durch Bewegungen mit dem Oberkörper, die im besonderen die Arme und Hände ausführen, während die Füße überhaupt nicht in Tätigkeit treten. Die jungen Leute bekunden nur Interesse an einer Art Kriegstanz, den sie mit Schwert und Stock bewaffnet aufführen, und bei dem sie mit besonderer Geschicklichkeit und Schnelligkeit Fechterkunststücke darbieten. — Die Musik, für die die Moro viel übrig haben, soll ihre Lebensweise widerspiegeln, ihr Gesang dem Rollen der See ähneln. Das am meisten gebräuchliche Instrument ist eine Art Xylophon, auf dem die Frauen oft stundenlang spielen.
Phot. Bureau of Science, Manila.
Abb. 346. Moromann vom Suluarchipel.
Die Moro wanderten kurz vor der Invasion der Spanier ein.
An die Geburt eines Kindes knüpfen sich bei den Bewohnern des Suluarchipels einige eigenartige Gebräuche. Bei zögernder Geburt wird durch Spalten von Pinang oder Zerschneiden der Ingwerwurzel darüber Rat eingeholt, was die Ursache hierfür sein könnte, und dementsprechend werden Maßregeln getroffen. Hat die Kreißende zum Beispiel mit ihren Eltern Streit gehabt, so müssen diese sich Gesicht und Hände in einem Gefäß mit Wasser waschen und dabei geloben, nach günstigem Verlauf der Geburt ein Opfer darzubringen. Ein Teil dieses Waschwassers wird der Gebärenden zu trinken gegeben, der Rest über sie ausgegossen. Unmittelbar vor der Abnabelung ruft die Hebamme dem Kinde einen Namen zu und fragt an, ob es so heißen will; gibt es durch einen Ton seine Zustimmung, so behält es diesen Namen, verhält es sich aber ruhig, so wird ein anderer Name ausgedacht. Den abgetrennten Nabelstrang eines Knaben hebt man in einem kleinen Kober auf, der von diesem, sobald er erwachsen ist, um den Hals oder den Bauch getragen wird; derjenige der Mädchen wird sofort begraben. Die Nachgeburt wird mit Asche und Pinangblüten in ein Pinangblatt gewickelt und in eine Kalapanuß gelegt, die man zubindet. Eine der Geburtshelferinnen trägt sie mit bedecktem Kopfe hinaus und begräbt sie dicht bei der Wohnung; unterwegs aber darf sie kein Wort sprechen und niemand Rede stehen; sonst wird das Kind heuchlerisch. An der Stelle, wo die Nachgeburt vergraben ist, pflanzt man einen Gagabaum und zündet dort vier Nächte hindurch Harzfackeln an. Eigenartig ist die Anerkennung des Kindes durch den Vater. Die Hebamme gibt die Erklärung ab, wer der Vater ist. Dieser oder einer der männlichen Blutsverwandten muß dann den Bambussplitter, mit dem die Nabelschnur durchtrennt wurde, an einem Speer befestigen. Diesen steckt der Betreffende dann in einen bestimmten Baum und erkennt durch diese Zeremonie das Kind vor allen Dorfgenossen als sein eigenes an. Der Baum verbleibt Eigentum des Kindes.
Abb. 347. Bogobomusikanten.
Bemerkenswert ist ihre reich bestickte Kleidung, die häufig noch mit Muschelreihen oder Perlen behängt wird.
Die Polygamie ist allgemein verbreitet, da der Koran mehrere legale Frauen erlaubt. Die Frauen werden meistens gekauft; ihre Stellung ist eine ziemlich hohe. Ihre Heiratsfähigkeit beginnt mit dem dreizehnten Lebensjahr. Auf den Suluinseln soll vor der Landung der Spanier die Homosexualität sehr verbreitet gewesen sein, in dem Maße, daß auf Antrag der Frauen an dem Gliede der geschlechtsreifen jungen Männer eine eigentümliche Operation vorgenommen wurde, durch die jeder gleichgeschlechtliche Verkehr unmöglich gemacht werden sollte.
Phot. W. Tams.
Abb. 348. Geisterboot von der Westküste Malakkas,
in das Opfer für die Geister gelegt werden. Diese werden eingeladen, auf ihm wegzusegeln, worauf das Boot zur Ebbe ins Wasser gesetzt wird. Die Figuren und Opfergegenstände stammen von einem solchen Geisterboot, das an der Ostküste treibend aufgefunden wurde.