Ceylon.

Auf der Insel Ceylon treten uns seit undenklichen Zeiten drei Bevölkerungselemente entgegen: die Ureinwohner oder Wedda, die aus Nordindien anscheinend auf dem Seewege hinzugekommenen Singhalesen und die von Südindien übergesetzten Tamulen. Neben diesen sind die aus einer Mischung von Europäern und Eingeborenen hervorgegangenen Burghers oder Eurasier zu nennen. Beschäftigen wir uns zunächst mit der ersten Gruppe, den Wedda.

Zur heutigen Zeit lassen sich drei Arten von Wedda unterscheiden, die Küstenwedda, die Dorfwedda und die Dschungel- oder wilden Wedda. Die beiden ersten Klassen, die man als „zahme Wedda“ zusammenfaßt, haben bereits viel singhalesisches und tamulisches Blut in sich aufgenommen, so daß ihre Sitten und Gebräuche denen dieser Völker ziemlich ähnlich sind. Dagegen haben die wenigen „wilden“ Wedda noch zumeist ihre Ursprünglichkeit bewahrt.

Die reinen Wedda sind kleine Leute (Männer hundertfünfundvierzig bis höchstens hundertsechzig Zentimeter Höhe) von schlankem, zierlichem Körperbau, aber kräftig entwickeltem Brustkorb. Sie zeigen eine dunkelschokoladenähnliche bis schwärzliche Hautfarbe und besitzen wellige dichte Kopfhaare, aber nur spärlich entwickelten Bart. Ihr Kopf ist länglich, ihr Gesicht schmal und niedrig, springt in seinem unteren Teil verhältnismäßig stark vor und läuft zuweilen nach dem Kinn auffällig rasch spitz zu. Die Jochbeine sind weit ausladend. Die Nase ist flach, kurz und breit, an der Wurzel tief eingesattelt, besitzt breite Flügel und nach vorn sehende Nasenlöcher. Der große und unförmige Mund wird von einer dicken, wulstigen Oberlippe überragt. Im großen und ganzen erscheinen die Wedda in ihrem Äußeren als Verwandte der Australier, Sakai und anderer Stämme der indo-australischen Rasse, deren ursprünglichste Vertreter sie noch heute darstellen.

Phot. C. G. Seligmann.

Abb. 76. Die Nae Yaku-Zeremonie.

Der Bruder des Verstorbenen wird besessen, der Geist heißt durch ihn die dargebrachten Opfer der Verwandten gut und verspricht ihnen guten Erfolg auf der Jagd.

Die Körperbedeckung der Wedda ist eine sehr geringe; sie besteht nur in einem Hüftentuch oder einem Schurz aus grünen Zweigen; früher gingen sie gänzlich nackt. — Schmuck fehlt ihnen ganz und gar.

Die soziale Einheit der Wedda ist die Familie; über sie hinaus kommt es nur noch zur Horde, aber innerhalb dieser herrscht nur ein lockerer Zusammenhang, zumal es in ihr auch an einem Häuptling fehlt. Die älteren Männer scheinen eine Art Einfluß auszuüben, dem sich die übrigen unterordnen. Eine Gruppe von nahen Verwandten besitzt ihr bestimmtes Gebiet, in dem sie sich allein das Recht anmaßt, zu jagen und Honig einzusammeln.

Die Wedda leben von der Jagd (auf Büffel, Hirsch, wilden Schwan, Affen, Vögel) und dem Einsammeln der Dschungelprodukte (Honig, Früchte und Wurzeln). Ihre Waffen bestanden ursprünglich nur in Bogen und Holzpfeilen, heutigentags verfügen sie auch noch über eiserne Pfeilspitzen und Äxte. Pfeile und Äxte sind die einzigen Metallwerkzeuge, die ihnen bekannt sind und von ihnen mit großer Geschicklichkeit gehandhabt werden. Sie hausen zur kälteren Jahreszeit in Felshöhlen oder unter Felsenschlupfen (Abb. 78), zur wärmeren hinter Windschirmen oder ganz im Freien. Einige Weddafamilien betreiben auch etwas Ackerbau, insofern sie Mais oder Kurakhan, Samen einer Eleusineart, in die Erde stecken, und die Ernte verzehren, wenn Wild oder Honig, ihre beiden Hauptnahrungsmittel, knapp werden.

Phot. C. G. Seligmann.

Abb. 77. Die Nae Yaku-Zeremonie.

Nach der Besänftigung der Geister des jüngst verstorbenen Toten durch Opfergaben werden die dargebrachten Speisen unter die Leute verteilt.

Der Honig ist in der Tat ihre wichtigste Speise, von der sie selbst behaupten, daß sie sich nie so wohl befinden, als wenn sie tüchtig davon essen. Da er ihnen auch meistens reichlich zur Verfügung steht, so betreiben sie damit Tauschhandel und erhalten auf diesem Wege von den Singhalesen, die ihn ebenfalls sehr lieben, ihre eisernen Pfeilspitzen und Beile, sowie Tuch, Kokosnüsse und Reis. Das Einsammeln des Honigs, des Wabenerzeugnisses der Bambara (indischen Felsenbiene), ist recht umständlich. Die Bambara bauen ihre Nester vorzugsweise in den Spalten hoch oben in den Felsen an fast unzugänglich erscheinenden Stellen, zu denen man nur mittels Strickleiter gelangen kann. Bevor die Wedda auf diesen Leitern, die sie sich aus Rotang anfertigen, herabsteigen, lassen sie ein brennendes Bündel grüner Blätter herab, um die Bienen auszuräuchern oder zu betäuben. Sodann steigt einer aus der Gesellschaft auf der schwankenden Leiter hinunter, ebenfalls mit einer schwelenden Masse Blattwerk ausgestattet, während der Schamane der Gemeinde am Rande des Felsens steht und Zaubergesänge an die Geister der Verstorbenen richtet, auf daß sie den Honigeinsammler auf seiner „goldbesetzten Schnur“, wie sie die Leiter benennen, beschützen. Dieser führt außer seinem Feuerbrand noch einen kräftigen, etwa zweieinhalb Meter langen Stock mit vier Zinken, um die Waben loszureißen, (auch wohl einen Pfeil zur weiteren Hilfe) und einen festen Behälter aus Hirschfell zur Aufnahme des Ertrages, beides an einer Schlinge am Unterarm, mit sich. Für gewöhnlich schließen sich alle Gemeindemitglieder zur Gewinnung des Honigs zusammen und verteilen die Beute gleichmäßig ohne Rücksicht auf den, der sich den Gefahren des Einsammelns aussetzte. Die Frauen begleiten ihre Männer zu den Felsen und zu den Spalten, wo die Bambara ihre Nester anlegen; sie halten Fackeln während der Nacht, die man zum Einsammeln bevorzugt, und singen während der ganzen Zeit Lieder.

Phot. C. G. Seligmann.

Abb. 78. Eine Weddafamilie (Hennebeddastamm) vor ihrer Wohnung unter einem überhängenden Felsen.


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Phot. C. G. Seligmann.

Abb. 79. Speertanz der Wedda.

Phot. Platé & Co.

Abb. 80. Eine indische Bajadere,

auch Nautschmädchen genannt. Diese Mädchen werden zum Dienst in den Hindutempeln auf Ceylon sowohl wie im übrigen Indien gedungen; sie führen gelegentlich ihre Tänze, die hauptsächlich in verschiedenen Stellungen des Körpers bestehen, auch bei privaten Festlichkeiten auf.


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Phot. C. G. Seligmann.

Abb. 81. Anbetung des Kande und Bilinde Yaka

durch einen Schamanen zum Dank für eine erfolgreiche Jagd.

Die Religion der Wedda ist ein Toten- und Geisterkult. Nach der allgemeinen Annahme wird der Geist eines jeden Verstorbenen (Mann, Frau und Kind) wenige Tage nach dem Tode ein Yaka; wie manche allerdings behaupten, sollen nur Männer dieses Vorzuges teilhaftig werden, die in ihrem Leben sich durch Tapferkeit, Charakterstärke und Geschicklichkeit auszeichneten oder die Macht besaßen, die Geister der Verstorbenen zu beschwören. Diese Geister der Verstorbenen werden insgesamt als Nae Yaku bezeichnet; sie erscheinen den Überlebenden als wohlgesinnte Verwandte und Freunde, sofern sie gut behandelt werden, lassen aber ihren Zorn und Unwillen an ihnen aus und sind ihnen direkt feindlich gesinnt, wenn man sie vernachlässigt. Daher sind die Wedda bemüht, sie sich durch Darbringen von Opfern (Abb. 76 u. 77) geneigt zu machen. Außer den gewöhnlichen Yaku beten die Wedda noch eine Art Obergeister an, die Seelen zweier Brüder, die einst berühmte Jäger waren, Kande Yaka und Bilinde Yaka; nach dem allgemeinen Glauben sollen die Nae Yaku zu diesen gehen, um etwas für ihre überlebenden Angehörigen, im besonderen bei der Ausübung der Jagd, zu erreichen, und ihnen in gewissem Sinne Dienste leisten. Haben die Wedda Unglück auf der Jagd gehabt, dann wenden sie sich mit Bitten an diese großen Geister. Ihre Anrufe bestehen in einem Tanz um einen in die Erde gesteckten Pfeil (Abb. 79); die Tänzer schlagen sich dabei im Takte mit den flachen Händen auf ihre Seiten und rühmen die Tüchtigkeit des Kande als Jäger. Gelegentlich werden auch größere Feste vor Antreten eines Jagdzuges gefeiert. Nach der Schilderung, die Seligmann von einem solchen gibt, wurden zunächst Reis, Kokosnuß und Pfefferschoten mit bestimmten Wildstücken gekocht und in einer Lichtung des Dschungels als Opfer hingestellt. Der Schamane hockte sich davor nieder, wendete sich mit gefalteten Händen an die beiden Kande und Bilinde Yaka (Abb. 81), dankte ihnen für den bisherigen Erfolg, den sie auf der Jagd den Leuten verliehen hätten, und forderte sie schließlich auf, von dem Opfer zu nehmen (Abb. 82). Nach kurzer Zeit, währenddessen die Geister, wie man annahm, sich versorgt hatten, wurde die Speise von den Wedda aufgezehrt. Darauf wurden auf freiem Platze in der Nähe der Höhle drei Stöcke zusammengebunden und auf diese ein tönerner Napf, Kirikoraha, gesetzt und darüber ein Zeremonialpfeil gelegt (Abb. 83). Alle stimmten nun Gebete an die Yaku an, der Schamane tanzte mit dem Pfeil und einer Kokosnuß in den Händen um das Gestell und schlug beides kräftig aneinander, so daß die Kokosnuß zerbrach; die ausfließende Milch ließ er in die Schüssel laufen; dabei sang er gleichfalls Beschwörungsformeln. Aus der Art und Weise, wie die Nuß sich spaltete, weissagte er, ob das nächste Tier, das erlegt werden würde, ein männliches (bei glattem Bruch) oder ein weibliches (bei zackigen Rändern) sei. Nachdem er darauf weitergetanzt und die Teilnehmer ihre Beschwörungsgesänge fortgesetzt hatten, untersuchte der Schamane auch die Milch, indem er sie sich durch die Finger laufen ließ und etwas auf seinen Pfeil schüttete (Abb. 84). Zunächst fiel er nun erschöpft in die Arme eines der Zuschauer, erholte sich aber bald wieder, füllte seine hohle Hand mit Milch und prophezeite unter Erschütterung des Körpers und Luftschnappen einigen der Anwesenden gutes Glück bei der Jagd. Sein aufgeregtes Wesen zeigte jetzt den Teilnehmern an, daß er vom Kande Yaka besessen sei; er kauerte sich zusammen und tat so, als verfolge er in Fußspuren die Fährte eines Tieres (Abb. 85). Darauf erhielt er Bogen und Pfeil und setzte unter großer Aufregung das Aufspüren des Wildes fort, bis er endlich einen Korb, der vor ihm auf die Erde gesetzt worden war, mit dem Pfeil durchschoß. Bald darauf verließ der Geist den Zauberer, und die Zeremonie war zu Ende. Zum Schluß wurde der Inhalt der Kokosnuß, die dem Yaka geopfert worden war, an die Festteilnehmer verteilt; ein jeder bemühte sich, etwas zu erhalten, damit ja nichts davon verloren gehe. Von der Milch wurde etwas den Hunden auf die Köpfe gerieben, damit sie tüchtiger beim Aufspüren und Erfassen des Wildes würden.

Phot. C. G. Seligmann.

Abb. 82. Der Schamane sagt eine gute Jagd voraus,

nachdem Kande Yaka und Bilinde Yaka angerufen wurden.

Phot. C. G. Seligmann.

Abb. 83. Anrufung des Kande und Bilinde Yaka.

Der Schamane tanzt um den Dreifuß, er hält in den Händen den Zeremonialpfeil und die Kokosnuß.

Phot. C. G. Seligmann.

Abb. 84. Prüfung der Kokosmilch nach dem Tanze.

Der Schamane läßt die Milch durch seine Finger auf den Pfeil laufen.

Ähnliche Tänze, bei denen es zur Besessenheit kommt, werden zur Heilung von Krankheiten veranstaltet; sie spielen sich um und unter einem laubenartigen Gestell (Kolamaduwa) ab, von dessen wagrechten Stäben Blätterbüschel herabhängen (Abb. 87). Die Feststellung, welcher Yaka die Krankheit verursacht hat, geschieht dadurch, daß der Wedda einen Bogen auf seinen Fingern balancieren läßt und abwartet, bei wessen Namennennung dieser in Schwingungen gerät (Abb. 88).

In gleicher Weise wird der Schutz der Yaku für den guten Verlauf einer Geburt angerufen. Man schlägt drei kräftige Pfosten mit gabelförmig gespaltenem Ende in die Erde und bindet an sie eine Menge Baststreifen an. Zwei Leute, von denen einer der Vater der Schwangeren sein muß (Abb. 86), tanzen zwischen diesen Pfosten umher, die während der Zeremonie den anzurufenden Geistern zum Aufenthalt dienen sollen, und benehmen sich bald darauf wie besessen. Der Vater ergreift einen Stock, der an seinem Ende gleichfalls eine Anzahl Baststreifen trägt, den Wila, fuchtelt mit ihm unter Geschrei in der Luft herum, so daß die Streifen weit weg flattern, nähert sich darauf seiner Tochter, schwingt den Wila über ihren Kopf und hüllt sie für einige Sekunden damit ganz ein, wobei er gleichzeitig das Geschlecht des kommenden Kindes voraussagt (Abb. 89). Darauf nimmt er den Wila wieder fort, schwingt ihn noch einmal, zieht ihn über die Frau nach unten, so daß die Blätter ihren Kopf und Körper streifen, und fegt dann weiter damit über den Erdboden; er tut dies, um die Schmerzen der Kindesnöte von der Schwangeren gleichsam hinwegzuwischen. Damit hört seine Besessenheit auf. Nach einer kurzen Pause geht er noch einmal zu den Baststreifen, die auf einem Haufen daliegen, nimmt ein paar von ihnen in die Hand (Abb. 90) und ruft den Geistern, wobei er noch ihre Anwesenheit voraussetzt, die Worte zu: „Ane! Möge irgendwelches Unheil meinem Kinde dieses Mal nicht widerfahren. Du mußt ihr gestatten zu landen“ (das heißt aus ihrem Meer von Mühsalen zu entkommen).

Die Kinder der Wedda wachsen ohne besondere Erziehung heran; die einzige Beschäftigung, die ihnen systematisch gelehrt wird, ist das Einsammeln des Honigs. Das Nachahmen der Erwachsenen nach dieser Richtung scheint ein beliebtes Spiel der Kleinen zu sein.

Phot. C. G. Seligmann.

Abb. 85. Verfolgung der Spuren eines Samber

durch den vom Geiste des Kande Yala besessenen Schamanen.

Phot. C. G. Seligmann.

Abb. 86. Gebetszeremonie bei den Wedda.

Ein Tanz, durch den die Vorfahren um Schutz angegangen werden; der Vater der Schwangeren nimmt daran teil.

Phot. C. G. Seligmann.

Abb. 87. Kolamaduwazeremonie zur Heilung von Krankheiten des Viehs

und zur Abwehr von epidemischen Seuchen unter den Eingeborenen. Einer der Tänzer unter dem Blätterwerk ist vom Geiste besessen.

Die sexuelle Moral ist bei den Wedda von jeher eine außerordentlich hohe gewesen und ist es auch jetzt noch; sowohl Verheiratete wie auch Unverheiratete sind gewohnheitsgemäß keusch. Die Leute leben streng monogam und halten sich die gegenseitige Treue bis in den Tod. Bei seiner Werbung bringt der junge Mann dem Vater seiner Erkorenen Geschenke in Gestalt von Honig, getrocknetem Wild und Fleisch der Warneidechse dar, dieser ruft seine Tochter herbei und übergibt sie der Obhut ihres Gatten, für den sie sofort ein Gürtelband anfertigt. Bei der Heirat überläßt der Vater meistens seinem Schwiegersohne ein Stück Land, für gewöhnlich einen Hügel, der von einer Kolonie Felsenbienen bewohnt ist, oder er schenkt ihm etwas aus seinem persönlichen Besitze, wie einen Bogen oder ein bis zwei Pfeile, auch wohl einen Hund. Ein anderer Brauch, der jetzt bereits im Schwinden begriffen ist, besteht darin, daß der Bräutigam zugleich mit den Eßwaren für den Vater des Mädchens diesem eine Haarlocke überreicht, die entweder von seiner Schwester oder von ihm stammen muß. Es war dies früher allgemeine Sitte und gehörte gleichsam zur Hochzeitszeremonie; unterließ der Bräutigam dieses Geschenk, so konnte das Mädchen darauf bestehen, daß sie eine Haarlocke erhielt. Anderseits aber war es auch Pflicht der Schwester des Bräutigams, sich für diesen beziehungsweise seine Braut eine Haarlocke abschneiden zu lassen, wenn sie wußte, daß es sich dabei um eine Hochzeitsgabe handelte. Nur wenn die Schwester zufällig fort oder überhaupt nicht vorhanden war, mußte der junge Mann die Locke seinem eigenen Haar abschneiden. Der Grund für diese eigentümliche Sitte ist ein ganz prosaischer. Bei den Wedda ist es allgemein üblich, daß die Frauen, aber nur die verheirateten, falsche Haare tragen, angeblich, damit der Haarknoten recht kräftig aussehen soll. Diese Erklärung erscheint aber recht unwahrscheinlich für ein Volk, das so herzlich wenig Wert auf sein Äußeres legt, wie die Wedda.

Phot. C. G. Seligmann.

Abb. 88. Weddazauber.

Um festzustellen, welcher Yaka für eine Krankheit verantwortlich zu machen ist, balanciert der Wedda seinen Bogen und wartet ab, bei welchem Namen dieser zu schwingen anfängt.


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Phot. C. G. Seligmann.

Abb. 89. Geburtszeremonie bei den Wedda.

Der Vater der Schwangeren bedeckt diese mit einem Wila und sagt das Geschlecht des zu erwartenden Kindes voraus.

Witwen dürfen sich wieder verheiraten, gewöhnlich verbinden sie sich mit einem unverheirateten Bruder des verstorbenen Mannes, sofern dies möglich ist. Auch ihre sexuelle Moral steht ebenso hoch wie die der unverheirateten Mädchen. — Auffällig ist, daß bei den Wedda sich Kinder von Bruder und Schwester, also Cousin und Cousine über Kreuz heiraten dürfen, eine Verbindung, die anderwärts für Blutschande gilt.

Phot. C. G. Seligmann.

Abb. 90. Geburtszeremonie bei den Wedda.

Der Vater der Schwangeren bittet mit dem Wila in der Hand um eine glückliche Entbindung seiner Tochter.

Trotzdem die Religion der Wedda in einem Totenkult gipfelt, machen sie mit ihren Verstorbenen keine besonderen Umstände. Stirbt jemand, so bleibt sein Körper einfach in der Höhle oder unter dem Felsenspalt liegen, wo der Tod eintrat; die Leiche wird weder gewaschen noch bekleidet oder in irgend einer Weise geschmückt, man läßt sie auf dem Rücken liegen und deckt sie nur mit Blättern und Zweigen zu; in früheren Tagen wälzte man noch einen Stein auf die Brust, jedenfalls um zu verhindern, daß die Seele austrete und die Überlebenden belästige. So schnell wie möglich wird die Höhle von den Angehörigen verlassen und für längere Zeit gemieden. Nach Jahren pflegen die Söhne zumeist wieder zu dieser Stätte zurückzukehren und die etwa noch vorhandenen Knochen einfach in den Dschungel zu werfen. — Um die Geister gut zu stimmen, hält man es gewöhnlich für notwendig, den Verstorbenen eine Opfergabe, meistens ein bis zwei Wochen nach dem Tode, darzubringen; dieses Opfer muß aus gekochtem Reis und Kokosnußmilch, häufig auch noch aus Betelblättern und Arekanuß bestehen. In jeder Gemeinde gibt es wohl immer einen Schamanen, der die erforderliche Macht und die Kenntnisse besitzt, um die Geister, die Yaku, anzurufen; er fordert die kürzlich Verstorbenen auch auf, zu kommen und das ihnen dargebotene Opfer anzunehmen. Der Yaka kommt, nimmt von dem Schamanen Besitz und spricht durch dessen Mund mit heiseren gutturalen Tönen, daß er mit dem Opfer zufrieden sei und sich bemühen werde, den Angehörigen seiner Sippe bei der Jagd behilflich zu sein; oft gibt er ihnen auch an, welche Richtung die Männer beim nächsten Jagdausflug einzuschlagen haben, um Beute heimzubringen. Nachdem die Seele den Schamanen verlassen hat, verzehren die versammelten Hinterbliebenen den Reis, gewöhnlich sogleich an der Stelle, wo sie das Opfer darbrachten.

Singhalesische Teufelstänzer,

die groteske, Dämonen darstellende Holzmasken tragen. Diese Dämonen sollen in Krankheitsfällen durch die Teufelstänzer versöhnt werden. Über den Rücken des linken Tänzers hängt eine dreiköpfige, die Maske überragende Kobra. Alle Dämonen stellen sich die Singhalesen mit großen weißen Fangzähnen und starren, unbeweglichen Augen vor. Diese sonderbaren Teufelstänze sollen gewöhnlich einen guten Einfluß auf den Kranken ausüben.


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Die herrschende Klasse auf Ceylon sind die Singhalesen, ein aus Nordindien eingewanderter Volksstamm, der zwar bei seinem Erscheinen schon gemischt war, aber im großen und ganzen doch in seinem Äußeren die Merkmale des Hindutypus seines Ursprungslandes bewahrt hatte. Dementsprechend besitzen sie feine, regelmäßige Züge; besonders die Frauen sind manchmal wirkliche Schönheiten (Abbild. 91). Von ihren dunkelhäutigen Mitbewohnern der Insel unterscheiden sich die Singhalesen durch ihre größere Gestalt (die Männer im Durchschnitt hundertdreiundsechzig Zentimeter), eine geringere Pigmentierung der Haut, die ein helles Braun oder hellbräunliches Gelb aufweist, eine größere und schmalere, feinere Nase und reichliches Körper- und Barthaar; schöngepflegte Vollbärte sind keine Seltenheit unter ihnen.

Abb. 91. Singhalesin.

Die Singhalesen wohnen zumeist in Dörfern (Abb. 93) in den Tälern und Falten der Gebirge im Innern, sowie an der Küste; hier größtenteils in besonderen Vierteln der großen Städte.

Ihrem Charakter nach sind die Singhalesen klug, höflich, würdevoll und ernst, auch selbstbewußt; die des Unterlandes aber verweichlicht, schlaff und energielos. Dieser Eindruck wird noch durch ihre Kleidung erhöht. Ein um die Hüften geschlungenes Tuch macht bei beiden Geschlechtern das nationale Gewand aus; es hat bei den Männern verschiedene Länge, je nach der sozialen Rangordnung seines Trägers. Die Singhalesen zerfallen nämlich in eine Reihe Berufskasten; die vornehmste Kaste stellen die Goiwansa (die höheren Beamten und Grundbesitzer); es folgen sodann im Range die Karawo (Fischer), die Tschaudo (Palmweinbauern), die Atschari (Handwerker allerlei Art) und so weiter; auf der niedrigsten Stufe stehen die Rodiya (Abb. 92), denen jeglicher Verkehr mit Menschen höherer Klasse verboten ist. Diese Paria dürfen ihr Gewand nur bis zu den Knien, höchstens bis zu den Waden reichen lassen, dagegen die Goiwansa dürfen ein solches bis zu den Knöcheln tragen, was für große Vornehmheit gilt. In den Städten des Unterlandes tragen die Männer außerdem noch eine nach europäischem Schnitt angefertigte Jacke, im Berglande aber gehen sie mit entblößtem Oberkörper einher. Einen besonders weichlichen Eindruck macht die Haartracht der Männer. Ihr langes Haar wird nach hinten zusammengerafft und durch einen halbkreisförmig gebogenen, quer über den Hinterkopf gelegten Schildpattkamm zurückgehalten. Im Oberland, wo diese Tracht nicht üblich ist, wird das Haar durch ein um den Kopf gelegtes Tuch hochgehalten oder bleibt auch ganz unbedeckt. Der Rock der Frauen gleicht dem der Männer; es wird von ihnen gleichfalls ein langes Tuch um den Unterkörper geschlungen, aber es ist so lang, daß es noch den Oberkörper einzuhüllen vermag. Sein Ende wird nämlich über die linke Schulter geworfen und an der Taille wieder unter das untere Stück eingesteckt. Den untersten Kasten ist es verboten, mit dem gleichen Stück auch den Oberkörper zu bedecken; sie müssen hierzu ein besonderes Tuch verwenden. — Alle Singhalesen bekunden eine große Vorliebe für Schmuck, von dem wohl keine Körperstelle freigelassen wird; Finger, Vorder- und Oberarm, Hals, Ohren, Taille und selbst Fußgelenke und Zehen werden, wenn es die Verhältnisse erlauben, mit Schmuck gleichsam überladen, der nach Möglichkeit aus Edelmetallen (Gold und Silber) sowie aus Edelsteinen und Perlen besteht. Bei festlichen Gelegenheiten wird von den Frauen ein wahrer Prunk entfaltet; wo der eigene Besitz dazu nicht ausreicht, wird der Zierat von guten Bekannten geliehen.

Abb. 92. Rodiya, die Bewohner von Hadirawalani.

Die Singhalesen sind ein ackerbautreibendes Volk; in den Städten üben sie auch verschiedene Handwerke aus und bekunden hierin einen entschieden künstlerischen Sinn. Die meiste Arbeit im Haus, sowie im Garten und auf dem Felde verrichtet die Frau.

Alle Singhalesen bekennen sich zum Buddhismus (Abb. 94), aber ihre religiösen Übungen umfassen mancherlei Handlungen und Zeremonien aus anderen, niederer stehenden Religionen, unter anderem das Darbringen von Opfergaben, und ein verwickeltes Ritual zur Versöhnung verschiedener Klassen von Teufeln, Yakan genannt, sowie zur Beseitigung schädlicher Einflüsse von seiten der Gestirne oder lokaler Gottheiten, der Geister von Ortshäuptlingen und sonstigen bedeutenden Persönlichkeiten, darunter auch einigen Königen. Dieser Geister muß es eine große Menge geben, denn Listen, von denen man weiß, daß sie unvollständig sind, zählen deren ungefähr hundertzwanzig mit Namen auf. Man hält sie im allgemeinen für wohlgesinnt und wohlwollend, aber oft auch für feindlich und schädlich und bringt ihnen daher Opfer dar. Alle diese Dienste verrichten geschulte Vermittler oder Priester. Unter den heiligen Handlungen, die sie vornehmen, um einen Dämon zu bewegen, daß er von seinem Opfer Abstand nehme, das er mit Krankheit heimgesucht hat, machen verschiedentlich Tänze (Abb. 95 und 96) den Hauptanteil an den Zeremonien aus; in anderen Fällen werden Opfer dargebracht und phantastischer Kopfschmuck und Masken getragen (siehe die farbige Kunstbeilage). — Wie im übrigen Indien, so werden auf Ceylon für den Tempeldienst besondere Tänzerinnen, die sogenannten Nautschmädchen (Abb. 80), schon von klein auf ausgebildet.

Abb. 93. Eingeborenenhütte in einer Kokosplantage (Wälawatta bei Colombo).

Phot. Platé & Co.

Abb. 94. Eine tragbare buddhistische Bethalle.

An der Vorderseite sind Masken in Relief angebracht, die Dämonen vorstellen; einige davon sind von Cobraköpfen überragt. Zwei Dämonen bewachen die Seiten.

Ist jemand von einer Krankheit befallen, dann wenden sich die Angehörigen zuerst an einen eingeborenen Arzt. Wenn dessen medizinische Behandlung nach einigen Tagen ohne Wirkung zu bleiben scheint, nehmen sie an, daß die Krankheit auf diese Weise nicht gehoben werden könne, sondern von einem feindlichen Einflusse, entweder von einem bösen Blick oder einem Dämon oder einer schädlichen Einwirkung der Gestirne herrühren müsse. Sie wenden sich jetzt an einen Wahrsager, der, nachdem er sich hat Bericht erstatten lassen, für gewöhnlich erklärt, daß das Leiden die Tat eines bestimmten Dämons sei, und daher empfiehlt, ihm eine Opfergabe zu versprechen. Der Priester, der diese vollzieht, befestigt als äußerlich sichtbares Zeichen, daß dieser Forderung Genüge geschah, an die kranke Person ein Bare (Merkmal), entweder eine in ein Stückchen gelbgefärbten Kattuns eingewickelte Münze um den Hals oder Arm, auch einen dreifachen ebenso gefärbten Faden, oder ein zusammengelegtes Taschentuch und anderes mehr, hängt auch ein entsprechendes Merkmal in seinem Hause oder Kornspeicher auf. Soll daraufhin die Versöhnung des Dämons vor sich gehen, so kommt an einem festgesetzten Tage oder Abend der Priester mit noch einem oder mehreren anderen ins Haus des Kranken, wo sich auch bereits Tamtamschläger eingefunden haben. Auf einem auf vier Stöcken hergerichteten Tischaltar wird eine Speise gekocht, deren Auswahl sich nach dem zu versöhnenden Dämon richtet, und diesem auf Bananenblättern als Tellern geopfert. Den Altar umstehen kleine Dochtlämpchen. Alles, was für die Zeremonie verwendet und geopfert wird, muß drei Reinigungen oder Läuterungen durchmachen. Es wird Weihrauch in einem Fäßchen geschwungen oder auf einen brennenden Stock gestreut, und die Enden eines weißen Tuches von genügender Länge werden von dem Priester in Form einer Acht in horizontaler Richtung geschwungen. Der Priester ist mit einem weißen Tuch bekleidet, das Haupt und Schultern bedeckt. Gleichzeitig werden die Tamtame so laut wie möglich geschlagen und Rohrpfeifen und Trompeten geblasen, um die Aufmerksamkeit des Dämons auf sich zu lenken. In manchen Fällen erfassen die Priester die Fackeln, schwingen sie und tanzen umher; die ganze Szene macht auf jeden Zuschauer einen ganz unheimlichen Eindruck, auch auf den Kranken, der ihr von Anfang bis zu Ende beiwohnt. Wird der oberste der Teufel, Sanni Yaka, der Krämpfe, heftige Zahnschmerzen, Kopfschmerzen und so weiter veranlaßt, angerufen, so kommen Masken in Anwendung. Es gibt deren nicht weniger als zweiunddreißig, jede von ihnen, ausgenommen die letzte, läßt äußerlich bestimmte, meistens verzerrte Züge eines Leidens erkennen, die er verursacht; die letzte Maske zeigt den Teufel aber in seiner wahren Gestalt als eine milde, gutartig aussehende Persönlichkeit. Wird er um Gnade angegangen, dann legt einer der Priester eine der Masken an, tritt aus dem Hintergrunde hervor, berührt die Speise, tanzt ein wenig und zieht sich darauf wieder zurück. Sodann erscheint er oder ein anderer mit einer neuen Maske; dies geht immer so weiter, bis alle zweiunddreißig Masken vorgeführt worden sind. Nach Ablauf dieser Zeremonie muß der Kranke dann genesen sein.

Phot. Platé & Co.

Abb. 95. Singhalesische Stocktänzer,

die hockend oder stehend um den in der Mitte befindlichen Leiter herumtanzen, indem sie gleichmäßig im Takt ihre Stöcke gegeneinanderschlagen.


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Phot. Platé & Co.

Abb. 96. Singhalesische Teufelstänzer

mit ihrem besonderen Kopfschmuck, großem Ohrgehänge, Messingachselstücken, Perlketten über der Brust, roten Tuchanhängseln, die über den Gürtel herunterhängen, und weiten Röcken.

Das Ritual, bei dem es sich darum handelt, die schädlichen Einflüsse der Planeten und anderer Himmelskörper zu vertreiben, weist fünfunddreißig verschiedene Formen auf und besteht hauptsächlich aus Tänzen und Gesängen zu Ehren der Macht, welche die Krankheit veranlaßt hat, sowie in Anrufen des Inhaltes, daß sie ihre Wirkung auf den Kranken aufhören lassen möge; die Zeremonie dauert für gewöhnlich die ganze Nacht hindurch. Der Patient sitzt oder liegt dabei auf einer Matte dem Amtierenden gegenüber, ihm zur Seite je ein Freund. Bei jeder Pause in den Bittgesängen des Priesters rufen diese beiden der angeredeten Macht „Ayibo, Ayibo“, das heißt „Langes Leben, langes Leben“ zu. Der ganze Vorgang wird reichlich beleuchtet, die Tänzer tragen auch noch Fackeln; Tamtamschläger begleiten die Tänzer im Takt. Vor dem Kranken ist außerdem noch auf einem Rahmen ein farbiges Lehmrelief seiner selbst, sowie die Sinnbilder einiger Himmelskörper aufgestellt; er hält das Ende eines Fadens in der Hand, der an der Mittelfigur befestigt ist. — Der Glaube an den Einfluß der Gestirne ist in dem Singhalesen fest eingewurzelt, und seine stete Sorge ist es, überall die Gunst des Standes der Gestirne auszunutzen und ihre schädlichen Wirkungen abzuwenden. Vor Schluß des Jahres läßt er sich von dem Astrologen eine Zusammenstellung geben, in der alle glück- und unheilbringenden Stunden — hierzu gehören in erster Linie die Finsternisse — des neuen Jahres verzeichnet stehen, sowie alle Handlungen und Zeremonien, die man zu diesen Zeiten vorzunehmen, beziehungsweise zu unterlassen hat. In einem solchen astrologischen Kalender heißt es unter anderem: „Das Zeichen des kommenden Jahres wird ein roter Löwe sein, der gerade aufgerichtet auf einem Pferde reitet und aus einem Loch herauskommt, das wie das Maul eines Pferdes gestaltet ist. Dies wird am Anfange des Jahres geschehen, neun Stunden und vierundfünfzig Minuten nach Sonnenuntergang; in diesem glücklichen Augenblick soll man Milch an allen vier Ecken des Hauses kochen“ und so weiter.

Photo. Colombo Apothecaries Co.

Abb. 97 Peraharaprozession in Kandy,

bei der in jeder Nacht während zweier Wochen die Gerätschaften und Abzeichen der vier indischen Gottheiten, in der letzten Nacht der Buddhazahn auf einem Tempelelefanten durch die Straßen getragen werden. Den Elefanten gehen voraus und folgen die Dorfvorsteher mit breiten tellerartigen Kopfbedeckungen. Vor diesen kommen Tänzer und Stockschläger.


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Phot. Colombo Apothecaries Co.

Abb. 98. Der heilige Zahn des Buddha,

der angeblich etwa achthundert Jahre nach dessen Tode nach Kandy gebracht wurde und hier in einem Tempel aufbewahrt wird. Er ruht auf einer goldenen Lotosblüte und wird für gewöhnlich mit einer goldenen, mit Edelsteinen besetzten Glocke zugedeckt.

Das neue Jahr beginnt man mit verschiedenen Zeremonien, dem Anzünden des ersten Feuers, der Aufnahme der ersten Nahrung und ein paar Tage später mit der Ölung aller Familienhäupter mittels einer Mischung von fünf Ölen, die in günstigen Augenblicken, welche die Astrologen feststellten, gemischt wurden, um sich dadurch die allgemeinen Glücksfälle des Jahres zu sichern. Der Familienvater stellt sich mit dem Gesicht nach der Richtung gewendet, die für die günstige erklärt worden ist, vor einen Tisch, auf dem ein Licht und eine Tasse mit Öl steht, taucht einen oder auch alle Finger hinein und zieht die Fingerspitzen über die rechte Seite des Kopfes oberhalb des Ohres; unter tiefem Schweigen wiederholt er diesen Vorgang an den anderen.

Das Periyapalayamfest,

das jährlich zu Ehren der Dorfgöttin von Periyapalayam bei Madras stattfindet und von zahllosen Hindu aller Stände besucht wird. Männer, Frauen und Kinder kleiden sich in Blätter und Zweige des heiligen Mangojabaumes. Die Andächtigen zahlen eine kleine Eintrittsgebühr in den Tempelbezirk und gehen drei oder mehrere Male um den Göttinnenschrein herum.


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Das große Peraharafest wird im Juni gefeiert, da um die Zeit der Sonnenwende die Regenperiode einsetzt; man veranstaltet diese besonders für Kandy großartige Zeremonie, um Fruchtbarkeit für die Äcker zu erzielen. An jedem Abend während der zwei Wochen, die das Fest dauert, trägt man die Waffen und Abzeichen von vier indischen Gottheiten in feierlichem Zuge, an dem Elefanten, Musikbanden und Tänzer bei Fackelschein teilnehmen (Abb. 97), durch die Stadt, am letzten Abend kommt noch die angebliche Zahnreliquie des Buddha (Abb. 75 und 98) hinzu. An diesem Abend begibt sich der Aufzug schließlich noch nach dem Mahawäligangafluß zum Wasserschneiden. Bei Anbruch des nächsten Tages beschreiben die vier Priester der Tempel der indischen Gottheiten mit ihren Schwertern einen Kreis im Flusse, füllen vier Gefäße mit Wasser aus diesem Kreis und kehren damit zu ihren Tempeln zurück, wo man die Gefäße bis zum nächstjährigen Peraharafest stehen läßt. An anderen Stellen spielt sich der Vorgang etwas anders ab; hier wird ein weißes Tuch von zwei Männern über das Wasser gehalten und in der Mitte von den Symbolen der Gottheiten niedergedrückt; das in dem Tuch befindliche Wasser wird in den Tempel mitgenommen. Solches Wasser wird auch verabreicht, um Krankheiten zu heilen. — Ein anderes wichtiges Fest wird alljährlich zu Ehren der Göttin Mariamma zu Periyapalayam gefeiert (Abb. 99 und die farbige Kunstbeilage).

Phot. Wiele & Klein.

Abb. 99. Eine Szene vom Periyapalayamfest,

das alljährlich in der Nähe von Madras gefeiert wird. Büßer kriechen zur Erfüllung eines Gelübdes oder rollen sich auf der Erde rund um den Heiligenschrein der Göttin Mariamma.

Sobald dem Singhalesen ein Kind geboren ist, eilt der Vater zum Astrologen, um sich für das Neugeborene das Horoskop stellen zu lassen. Früher wurde das Kind, falls der Stand der Gestirne ungünstig war, lebendig begraben, ertränkt oder dem Hungertod preisgegeben. Auch wenn man sonst bei kinderreicher Familie ein Kind aus dem Wege schaffen wollte, gab man als Grund hierfür an, daß es unter einem unglücklichen Planeten geboren sei. Selbst heute soll man von der Unsitte, die Kinder, im besonderen die Mädchen zu töten, wozu hauptsächlich Opium verwendet wird, noch nicht ganz abgekommen sein; auch Abtreibung soll im Schwange sein, um keine zu große Familie zu bekommen. Die Neugeborenen werden von der Mutter ernährt, und zwar ziemlich lange, oft drei, vier und noch mehr Jahre; vom fünften Monat an erhalten sie aber auch Reis als Beikost. Der Augenblick, in dem ihnen zum ersten Male diese Speise gereicht wird, wird unter großer Feierlichkeit begangen. Dabei erhalten die Kleinen auch ihren ersten Namen, den Reisnamen. Natürlich wird auch hier der Astrologe wieder zu Rat gezogen. Auf Grund des Horoskops bei der Geburt soll er den ersten Buchstaben des Namens ermitteln und die Eltern die übrigen nach ihrem Belieben hinzufügen.

Phot. Colombo Apothecaries Co.

Abb. 100. Einäscherung eines buddhistischen Mönches.

Die Singhalesen heiraten sehr früh. Sobald das Mädchen die Reife erreicht hat, wird es für mehrere Tage abgesondert und muß für gewöhnlich noch mehrere Monate im Hause verbleiben. Nachdem es dann ein Bad genommen hat, darf es sich zum ersten Male im Spiegel beschauen, was vordem für unschicklich galt. Die Heirat ist für die Beteiligten das reine Geschäft, keine Herzensangelegenheit. Bei der Auswahl ihrer Schwiegertochter, welche die Eltern treffen, ist die erste Bedingung, daß sie derselben Kaste angehört; sodann kommt für sie die Vermögensfrage in Betracht, in dritter Linie, ob sie gesund, häuslich und so weiter ist. Genügt ein Mädchen diesen Vorbedingungen, so muß man sich weiter versichern, ob die beiden Auserwählten als Brautleute zusammenpassen, das heißt unter Planeten geboren wurden, die einander nicht feindlich sind. Stimmen ihre beiderseitigen Planeten überein, dann werden vom Sterndeuter auch Tag und Stunde festgesetzt, die für die Vereinigung günstig sind. Inzwischen werden die erforderlichen Vorbereitungen zur Hochzeit getroffen, ein großer Speisesaal hergerichtet, seine Wände und Decke mit weißem Tuch ausgeschlagen, das Haus der beiden Parteien geschmückt, viel Kuchen gebacken und Früchte eingekocht. Am Hochzeitstage wird der Bräutigam in feierlichem Zuge von den Seinigen, die alle in Festgewänder gekleidet sind, zum Hause der Braut geleitet. Hier finden sie den Eingang der Umfriedigung versperrt und von zwei männlichen Mitgliedern der Partei der Braut bewacht; durch Singen machen diese den Ankömmlingen verständlich, daß ihnen der Zutritt verboten sei. Einer aus der Gruppe des Bräutigams erwidert in Versen, welche die Wächter veranlassen, die Sperre zu entfernen und dem Zug Eintritt zu gewähren. Die Besucher werden darauf im Hause von den Verwandten der Braut empfangen; sie bringen Geschenke und Speise mit, welche die Angehörigen der Braut verzehren. Die Brautmutter erhält von den Geschenken ein Stück weißes Tuch und Kleider, die Braut ihr Hochzeitsgewand nebst reichem Schmuck. Ärmere Leute leihen sich, um diese Sitte der Vornehmen ebenfalls nachahmen zu können, von ihren Freunden einen großen Teil der Schmuckstücke und geben sie, nachdem die Braut in ihrem neuen Heim angekommen ist, nach ungefähr einer Woche wieder zurück. Sodann setzen sich Braut und Bräutigam Seite an Seite auf ein weißes Tuch, das auf einer Matte ausgebreitet wurde, nehmen mit der rechten Hand gekochten Reis aus einer gemeinsamen Schüssel und stecken ihn sich dreimal gegenseitig in den Mund. Es werden ihnen nun durch den älteren Bruder der Brautmutter, der der Hauptzeremonienmeister ist, die Hände aneinandergelegt und die kleinen Finger zusammengebunden. Damit ist die Ehe vollzogen. Nachdem es mit einem Ruck den Faden zerrissen hat, stellt sich das neue Paar der Reihe nach vor jeden Gast mit erhobenen Händen hin, verneigt sich und sagt: „Langes Leben dir!“ Jeder Gast erwidert die Begrüßung und reicht dem Paar ein Geschenk. Danach findet für alle Teilnehmer eine Unterhaltung und Bewirtung statt. Nach einigen Tagen begleiten die Hochzeitsgäste die Neuvermählten in das Heim des Bräutigams; die gute Sitte erfordert es, daß die junge Frau Tränen vergießt, ehe sie das Elternhaus verläßt, zum mindesten sich betrübt stellt und fortzugehen zögert. Auf dem Wege zum neuen Heim muß sie ihrem Manne vorangehen, damit dieser sie stets vor Augen haben und sie nicht mit einem etwaigen Geliebten entfliehen kann, wie es vorgekommen sein soll. Auch wird die junge Frau manchmal in ihren weißen Brautschleier ganz eingehüllt und muß vor männlichen Bekannten, die ihr begegnen, die Augen niederschlagen. Die Ankunft wird so eingerichtet, daß sie zu einer glückbringenden Stunde erfolgt, die der Astrologe festsetzt, desgleichen wird das Brautgemach auch nur in einer solchen betreten. Eine Woche später findet in dem Begießen der jungen Eheleute mit Wasser noch eine Zeremonie statt, die durch einen Bruder oder eine Schwester der Mutter oder durch einen anderen angesehenen Verwandten der jungen Frau vollzogen wird, natürlich auch wieder an einem glückbringenden Tage. Neben seiner rechtmäßig angetrauten Gattin ist es dem Singhalesen erlaubt, sich noch andere Frauen zu nehmen, vorausgesetzt, daß jene und ihre Angehörigen nichts dagegen haben; ist die erstere aber nicht befragt worden, dann hat sie das Recht, sich von ihrem Manne zu trennen. Die Lösung der Ehe ist unter den Singhalesen leicht gemacht; sie kann von beiden Seiten, oft auf geringfügige Veranlassung hin, erfolgen. — Im allgemeinen herrschen unter den Singhalesen laxe Auffassungen von der sexuellen Reinheit. Eheirrungen scheint man nicht besonders ernst zu nehmen; nur wenn sich eine Frau mit einem Mann aus niederer Kaste vergangen hat, dann gilt dies für ein schweres Verbrechen.

Phot. Platé & Co.

Abb. 101. Velprozession der Tamilen.

Ein Wagen mit Hindugottheiten wird durch die Straßen geführt; mit gelben und roten Streifen (wie die Tiger) bemalte Tänzer, Riesen darstellend, sind dabei charakteristische Figuren.

Phot. Colombo Apothecaries Co.

Abb. 102. Einäscherung eines buddhistischen Mönches.

Die Begräbniszeremonien bei Armen und Leuten niederer Kaste sind sehr einfach. Der in weiße Tücher gehüllte Tote wird von weißgekleideten Freunden auf einer Bahre, die an einer Stange hängt, unter lautem Wehklagen der Frauen aus dem Hause nach dem Walde oder einem besonderen Begräbnisplatze getragen, wo man ihn lang ausgestreckt auf dem Rücken in die Erde legt und einen flachen Grabhügel darüber aufschüttet; oft wird dieser noch mit Dornensträuchern bedeckt, um die Leiche vor Schakalen zu schützen. Die Bahre verbleibt neben oder auf dem Grabe, Speiseopfer werden aber nicht dargebracht. Da eine Grabstätte ein Ort ist, der von einem schrecklichen Dämon, dem Sohon Yaka, dem Grabdämon, heimgesucht wird, meidet man ihn bei Eintritt der Dunkelheit. Nach etwa vier bis fünf Tagen finden sich Mönche aus dem nächstgelegenen Kloster ein, um eine oder zwei Stunden vor den versammelten Freunden und Verwandten aus den heiligen buddhistischen Büchern vorzulesen; sie erscheinen unter Vorantritt von Tamtamschlägern und Flötenbläsern. Am nächsten Tage erhalten die Mönche Speisen vorgesetzt; was sie übrig lassen, verzehren die Freunde und Nachbarn. Damit ist die Totenzeremonie beendet. Man nimmt an, daß der Geist des Verstorbenen sich zu diesen Feierlichkeiten einfindet und durch das Darbringen des Speiseopfers von seinen irdischen Fesseln befreit wird, so daß er sich nunmehr nach der anderen Welt, nach Paraloka, begeben kann. Vor dieser Opfergabe darf er die Erde nicht verlassen und muß so lange als entkörperter Geist auf ihr verweilen. — Während früher die Leichen der einfachen Leute vielfach verbrannt wurden, beschränkt sich diese Bestattungsart heute auf die vornehmen Familien, die höheren Kasten, Häuptlingsfamilien und Buddhistenmönche. Der Tote wird auf einer Bahre, die den Verhältnissen entsprechend vornehm hergerichtet ist, zu einem Scheiterhaufen getragen, der aus Lagen von trockenem Holz und Kokosnußschalen aufgebaut ist (Abb. 100 u. 102). Eine Anzahl Mönche, bei wichtigen Persönlichkeiten etwa achtzig, gehen dem Zuge voran, ihnen folgen die Musikkapelle, darauf die Träger mit dem Sarg, schließlich die Angehörigen und Bekannten; auf dem Wege, den der Leichenzug nimmt, wird manchmal weißes Tuch ausgebreitet. Ehe man den Sarg auf den Scheiterhaufen legt, wird er dreimal um ihn herumgetragen. Über der Leiche türmt man noch Holz auf und gießt reichlich Erdöl darüber. Während ein Mönch eine Predigt über die Eitelkeit der Welt und das Flüchtige im Leben hält, die Erfüllung religiöser Pflichten preist und um Glück für den Verstorbenen im neuen Leben bittet, zündet ein naher männlicher Verwandter mit einer Fackel den Scheiterhaufen (Abb. 103) an. Ist dieser heruntergebrannt, dann wird die Asche zunächst nur durch ringsherum in die Erde gesteckte Kokoszweige umgrenzt und erst nach sieben Tagen von den Angehörigen gesammelt und in einem irdenen Gefäß in aller Stille an geeigneter Stelle neben einem buddhistischen Tempel oder auf dem allgemeinen Begräbnisplatze beigesetzt. Auf den niederen Hügel pflanzt man einen Schößling, oft einen Bobaum; über den Aschenresten eines höher stehenden Mönches legt man im allgemeinen einen höheren Hügel an und umschließt ihn mit einer festen Mauer. Nur solche Personen, die an einer ansteckenden Krankheit, wie Cholera, Pocken und Ähnlichem, gestorben sind, werden, auch wenn sie der höheren Kaste angehören, nicht verbrannt, sondern begraben, denn man will den Krankheitsdämon, der in der Leiche sitzt, durch Feuer nicht noch mehr reizen.

Phot. Colombo Apothecaries Co.

Abb. 103. Einäscherung eines buddhistischen Mönches.

Die Tamilen gleichen in ihrem Äußeren sowie in ihren Sitten und Gewohnheiten (Abb. 101) ihren Stammesbrüdern auf dem vorderindischen Festlande. Da sie im nächsten Abschnitt eingehende Berücksichtigung finden, so wollen wir uns mit ihnen an dieser Stelle nicht weiter beschäftigen.

Phot. Wiele & Klein.

Abb. 104. Szene von einem Hindufest in der heiligen Stadt Kumbakonam.

Ein heiliger Wagen schwimmt im Vordergrunde links auf dem Wasser; rechts steht ein Heiligenschrein, ein Mantapam, dessen Dach mit Götterbildern geschmückt ist.

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