12. Oktober

Ein Lager von Edamer Käsen ist im Keller unsers Quartiers entdeckt worden; der Jubel war ungeheuer. Der Major, der gerade dazukam, behandelte die Sache sehr dienstlich; vor aller Augen sollte der Schatz im Hof auf Zeltbahnen geschüttet, von Schutt und Schimmel gesäubert und unter die Kompagnien verteilt werden. Der Feldwebel, der die Käse zählte, bemerkte, daß sie beim Fallen recht hart aufklangen, und zog sein Messer, um einen anzuschneiden, was sich aber als unmöglich herausstellte; die Masse war wie verbeint. Schweigsam standen die Soldaten umher; hinter den etwas vergrauten radieschenroten Schalen mochte sich jeder ein fettes, weiches Gelb erträumt haben, und noch gab keiner seine Hoffnung auf. Manche hielten sich nicht mehr, zogen auch ihre Messer und stachen in die nächsten Rotköpfe, fanden aber den gleichen Widerstand. Viele entfernten sich jetzt, einige mit Hohnrufen, andere mit verzichtenden Mienen, als wüßten sie schon, daß ihnen nichts Gutes gegönnt sei. Dem häuslichen Sinn des Majors aber widerstrebte es, den froh begrüßten Fund preiszugeben; er befahl, die Käse auseinanderzusägen, indem er hoffte, sie würden sich wenigstens auf Parmesanart zerpulvern lassen. Aber das Innere zeigte sich nicht nur durchaus fest, sondern auch überall mit einem rötlichgrünen Zersetzungsnetz durchzogen, das freilich gleichfalls der Verhärtung anheimgefallen ist. Die Leute, die noch gewartet hatten, gingen jetzt ärgerlich lachend auseinander, ohne sich jedoch zu äußern; nur Infanterist Kristl mußte wieder einmal seinen immer arbeitenden Grimm entladen, indem er vorschlug, die Käse doch an des Kaisers Hoftafel nach Spa zu schicken. Er sprach so laut, daß der Major es hören mußte; der aber weiß ja längst, wie gerne Kristl in ein Strafverfahren verwickelt würde, um auf Gefängnisumwegen in die Heimat zu gelangen, und so nahm er von dem frechen Wort keine Kenntnis.

Zehn Minuten später ist ein Fußballspiel mit den roten Kugeln im Gang. Auch Kristl beruhigt sich. An einem Baum lehnend schnitzt er aus einem abgesägten Stück eine Tierfigur, durch kluge Verwertung der Schimmelstreifen schön getigert. Endlich aber ist die Masse doch zu brüchig, die halbfertige Form zerbröselt; heftig wirft er sie auf den Kies.

Der Abend wird kalt. Aus hochgestuften braungesäumten Wolken stehen schräge breite Strahlen wie Flügel einer Windmühle. Bei Bapaume entsteht eine neue Schlacht; viele glauben, daß man uns dort einsetzen wird. Eben hüpft aber ein Gerücht umher, als wären wir für die rumänische Front bestimmt. Feldpost kommt. Das Söhnchen ist wieder gesund und will immer zeichnen und bauen.

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