6. Dezember, mittags

Die Aktion begann im Morgengrauen und ging auf wie eine Gleichung; seit neun Uhr steht kein Russe mehr auf dem Mihályszállás; sie sind bis zum Monte Ardelle zurückgegangen. Die Aufgabe ist gelöst; vor zehn Uhr sind bereits ungarische Offiziere eingetroffen, um die Stellung kennen zu lernen, die morgen ihr Bataillon von uns übernehmen soll.

Kristl ward um elf Uhr wachgehaucht, stand sofort auf, aß mit großem Hunger. Nun wir ihm aber eröffnen, daß er, mit einem ärztlichen Bericht versehen, nach Palanka gehen dürfe, um von dort aus nach Bayern zu kommen, will sich sein Gesicht gleich wieder ins Störrische verziehen, doch nimmt er sich zusammen und bittet schließlich mit überlegten und herzlichen Worten, ich solle ihn doch hier lassen. Fast könnte man glauben, sein Gedächtnis für die Heimat sei abgeschwächt; jede Veränderung scheint er zu fürchten und an unseren paar Gesichtern zu hängen, als wären sie die Welt. Aber was tu ich mit einem so zerspringlichen Wesen in dieser schwelenden Luft? Und der Major und Leverenz, was werden sie dazu sagen? Voreilig äußert Raab, wir würden ja nun doch in Ruhe kommen; falls Kristl vom Sanitätsdienst etwas verstehe, könne er wohl noch etliche Tage bleiben und im Revier ein wenig helfen. „Ich bin als Krankenträger ausgebildet“, fällt Kristl eifrig ein; „Verbände mache ich die allerschönsten, auch Arm- und Beinschienen.“ Ich versprach, mir die Sache zu überlegen und mit Kommandeur und Kompagnieführer zu besprechen. Vorderhand bleibt er als Revierkranker in Beobachtung und meldet sich zweimal am Tage bei mir. Er geht sogleich mit Raab, sucht sich nützlich zu machen, putzt Flaschen und Instrumente, wickelt Mullbinden auf.

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