Um die Charakteristik Makar Iwanowitschs zu beenden, will ich hier wenigstens eine seiner Erzählungen wiedergeben, gerade eine aus dem russischen Volksleben. Der Charakter aller dieser Erzählungen war eigenartig; oder vielleicht ist es richtiger, wenn ich sage, daß sie gar keinen allgemeinen Charakter hatten: eine allgemeine Moral oder Tendenz ließ sich aus ihnen nicht heraushören; das einzige, was man von ihnen sagen könnte, wäre nur, daß sie alle mehr oder weniger ergreifend waren. Aber es gab auch andere, nicht ergreifende Geschichten; ja einige waren geradezu lustig und enthielten sogar Spott über manche lockeren Mönche, so daß er mit dem Erzählen dieser Geschichten seiner Idee unmittelbar schadete, – worauf ich ihn auch aufmerksam machte, aber er verstand gar nicht, was ich damit sagen wollte. Manchmal war es schier unbegreiflich, was ihn denn eigentlich veranlaßte, so viel zu erzählen; wenigstens habe ich mich über diese seine Redseligkeit gewundert und sie mir zum Teil nur durch seine Altersschwäche und seinen krankhaften Zustand erklären können.
„Er ist nicht mehr das, was er früher war,“ raunte Werssiloff mir einmal zu, „er war gar nicht so, wie er jetzt ist. Der wird bald sterben, viel früher, als wir denken, darauf müssen wir gefaßt sein.“
Ich habe vergessen, zu sagen, daß bei uns in dieser Zeit so etwas wie „Abende“ stattfanden: man versammelte sich bei Makar Iwanowitsch. Außer Mama, die natürlich nicht von ihm wich, kam gegen Abend immer Werssiloff zu ihm; desgleichen fand ich mich regelmäßig in seinem Zimmer ein, denn wo sollte ich mich schließlich sonst aufhalten. In den letzten Tagen kam auch Lisa; zwar kam sie immer später als alle anderen und sprach fast nie etwas, aber wenigstens saß sie da. Auch Tatjana Pawlowna fand sich gewöhnlich ein, und manchmal, allerdings selten, erschien noch der Doktor. Mit diesem hatte ich mich ganz unversehens ausgesöhnt; es hatte sich fast von selbst so gemacht: wir vertrugen uns fortan, wenn auch nicht gerade gut, so doch leidlich, wenigstens kam es meinerseits nicht mehr zu Ausfällen gegen ihn. Ich erkannte schließlich seine ganze Harmlosigkeit, und die gefiel mir, ebenso wie seine Anhänglichkeit an unser Haus, weshalb ich mich denn entschloß, ihm seinen Medizinerhochmut zu verzeihen. Außerdem brachte ich ihm bei, die Hände zu waschen und die Nägel zu putzen, wenn ich ihn auch nicht dazu bewegen konnte, saubere Wäsche zu tragen. Ich setzte ihm sogar klar auseinander und bewies ihm, daß meine Forderungen nichts mit Geckenhaftigkeit oder mit irgendwelchen „schönen Künsten“ zu tun hatten, sondern daß Sauberkeit einfach zum Handwerk des Arztes gehöre. Schließlich war auch Lukerja aus ihrer Küche gekommen und hatte, hinter der Tür stehend, zugehört, wie Makar Iwanowitsch erzählte; aber einmal hatte Werssiloff sie hereingerufen und ihr gesagt, sie solle doch einen Stuhl nehmen und sich hier hinsetzen: mir hatte das gefallen – doch seitdem kam sie nicht wieder an die Tür. Eigene Sitten!
Ich will hier eine seiner Erzählungen einfügen, ohne besondere Wahl; wenn ich gerade diese bringe, so geschieht das, weil ich sie am besten behalten habe. Es ist die Geschichte von einem Kaufmann, und ich denke, solche Fälle gibt es in unseren Städten und Städtchen zu Tausenden, wenn man nur aufmerksam hinsieht und zu sehen versteht. Wen diese Geschichte nicht interessiert, der kann sie ja überschlagen, um so mehr, als ich sie nicht mit meinen, sondern mit seinen Worten wiederzugeben versuchen will.