VII. Der Überblick

„Die Expertise der Ärzte hat sich bemüht, uns zu beweisen, daß der Angeklagte nicht bei vollem Verstande und von einer fixen Idee besessen gewesen sei. Ich behaupte aber, daß er durchaus bei vollem Verstande war, und gerade das halte ich für das Schlimme in diesem Falle, denn wäre er nicht bei vollem Verstande gewesen, so würde er vielleicht viel klüger gehandelt haben. Was jedoch die Aussage betrifft, daß er von einer fixen Idee besessen gewesen sei, so würde ich mich damit in einem Punkte einverstanden erklären, nämlich in dem, auf den auch die Expertise hinweist, – in der Auffassung, die der Angeklagte von diesen Dreitausend hatte, die der Vater ihm noch schulden sollte. Nichtsdestoweniger kann man vielleicht einen unvergleichlich näherliegenden Gesichtspunkt finden, als es der ist, den Angeklagten als zum Irrsinn neigend sich vorzustellen, wenn man sich die andauernde Aufgebrachtheit des Angeklagten dieses Geldes wegen erklären will. Meinerseits stimme ich vollkommen überein mit der Meinung des jungen Arztes, der sich dahin äußerte, daß der Angeklagte sich voller und normaler Verstandeskraft erfreue und immer erfreut habe, im übrigen aber nur gereizt und erbittert gewesen sei. Und das ist das Wichtigste: Nicht die Dreitausend, nicht diese Summe an sich war der Gegenstand, der Grund der heftigen und andauernden Erbitterung des Angeklagten gegen seinen Vater, hier gab es noch eine andere, eine besondere Ursache, die seinen Zorn erregte. Das war – die Eifersucht!“

Nun begann Hippolyt Kirillowitsch äußerst weitläufig und umständlich das Bild der ganzen verhängnisvollen Leidenschaft des Angeklagten für Gruschenka aufzurollen. Er begann mit jenem Tage, an dem Mitjä sich zu dieser „jungen Person“ begeben hatte, um sie „durchzuprügeln“ – „ich drücke mich mit den Worten des Angeklagten aus,“ fügte er zur Erklärung hinzu –, „doch statt sie durchzuprügeln, ließ er sich zu ihren Füßen nieder – das ist der Anfang dieser Liebe. In derselben Zeit hat auch der Alte, der Vater des Angeklagten, auf dieselbe Person sein Auge geworfen. Das ist nun freilich ein etwas sonderbares Zusammentreffen, denn beide Herzen entbrennen zu gleicher Zeit, während beide diese Person auch früher schon gesehen und gekannt hatten, plötzlich aber entbrennen sie in der unbändigsten, wie gesagt, Karamasoffschen Leidenschaft. Und andererseits haben wir ihre eigene Aussage: ‚Ich machte mich über beide lustig.‘ Ja, sie wollte sich sowohl über den einen als über den anderen lustig machen: Früher hatte sie so etwas nicht gewollt, plötzlich aber fällt ihr diese Idee ein, – und es endet damit, daß beide besiegt ihr zu Füßen fallen. Der Alte, der das Geld wie seinen Gott verehrte, setzt sofort dreitausend Rubel aus, um sie zu verleiten, ihn in seinem Hause zu besuchen, ist aber bald so weit, daß er sich glücklich schätzen würde, ihr seinen Namen und seinen ganzen Wohlstand zu Füßen zu legen, wenn sie nur einwilligte, seine rechtmäßige Frau zu werden. Dafür haben wir die sichersten Beweise. Was nun den Angeklagten betrifft, so liegt ja seine Tragödie auf der Hand. Ja, so wirkte das ‚Spiel‘ der jungen Person. Dem unglücklichen jungen Mann wurde von seiner Zauberin nicht einmal Hoffnung gemacht, denn Hoffnung, wirkliche Hoffnung ward ihm erst im letzten, allerletzten Augenblick zuteil, als er, vor seiner Peinigerin auf den Knien liegend, seine schon von dem Blute des Vaters und Rivalen befleckten Hände zu ihr emporstreckte: genau in dieser Stellung wurde er verhaftet. ‚Mich, mich, schickt mich zusammen mit ihm zu den Zwangsarbeitern, ich habe ihn so weit gebracht, mich trifft von allen die größte Schuld!‘ rief diese Frau in aufrichtiger Reue und Verzweiflung aus, als er verhaftet wurde. Der talentvolle junge Mann, der unseren Prozeß beschrieben hat – derselbe Herr Rakitin, von dem ich heute schon einmal gesprochen habe –, schildert in wenigen knappen und charakteristischen Worten den Charakter dieser tragischen Heldin folgendermaßen: ‚Früh erlebte Enttäuschungen, der frühzeitige Betrug und Fall, der Treubruch des Verführers und Verlobten, der sie verließ, dann die Armut, die Ausstoßung aus ihrer ehrenwerten Familie, und schließlich die Protektion eines reichen Alten, den sie übrigens auch jetzt noch für ihren Wohltäter hält. Das junge Herz, das ursprünglich viel Gutes in sich barg, lernte gar zu bald Zorn und Verachtung kennen. So bildete sich auch ihr Charakter danach aus: sie fing an zu berechnen, ein Kapital zusammenzusparen, sie wurde spöttisch und rachsüchtig der Gesellschaft gegenüber.‘ Nach dieser Charakteristik wird es begreiflich, daß sie sich über den einen wie über den anderen nur in boshaftem Spiel lustig machte und sie zum besten hatte. Also in diesem Monat hoffnungsloser Liebe, sittlichen Sinkens, des Verrats an seiner Braut, der Aneignung fremden Geldes, das seiner Ehre anvertraut war, – in diesem Monat wird der Angeklagte außerdem noch aufs Äußerste gebracht, bis zur Raserei, bis zu völligem ‚Außer-sich-sein‘ durch die ewige Eifersucht! Und den Anlaß zu dieser Eifersucht gibt wer? – Der eigene Vater! Und das Wichtigste: Dieser selbe Vater lockt den Gegenstand der Liebe seines Sohnes mit denselben dreitausend Rubeln an, die der Sohn für sein Erbteil hält, das Erbe seiner Mutter, das der Alte ihm von Rechts wegen noch auszuzahlen hätte. Ja, ich gebe zu, daß so etwas schwer zu ertragen sein muß! Da konnte sich bei ihm allerdings eine ‚fixe Idee‘ bilden. Doch nicht um dieses Geld handelte es sich, sondern darum, daß an diesem Gelde mit so ekelhaftem Zynismus sein Glück zerschellen mußte!“

Hierauf ging Hippolyt Kirillowitsch, an der Hand von Tatsachen, auf die Schilderung über, wie in dem Angeklagten der Gedanke an den Vatermord entstanden und allmählich gereift war.

„Zuerst schreien wir nur in den Gasthäusern, daß wir den Vater erschlagen würden, – und das tun wir den ganzen Monat. Oh, wir lieben es, unter Menschen zu leben und diesen Menschen unverzüglich alles, selbst unsere teuflischsten Gedanken, mitzuteilen, wir teilen eben gern mit anderen, und wir verlangen – aus unbekannten Gründen –, daß diese Menschen uns auf der Stelle ihre vollste Sympathie entgegenbringen, auf unsere Sorgen und Aufregungen sofort eingehen, uns in allem beistimmen, und unserem Temperament nichts entgegensetzen.“ (Es folgte die Erzählung der Szene mit dem Hauptmann Ssnegireff.) „Fast alle, die den Angeklagten im letzten Monat gesehen und gehört haben, sagen, sie hätten schließlich gefühlt, daß es in diesem Falle nicht nur beim Schreien und Drohen bleiben würde, und daß bei einem solchen Temperament und einer solchen Wut das Wort sich sehr leicht in Tat umsetzen könnte.“ Hierauf sprach Hippolyt Kirillowitsch von der Familienversammlung im Kloster, dem Gespräch Mitjäs mit Aljoscha im Nachbargarten und von der schmachvollen Szene im Vaterhause, als der Angeklagte den bei Tisch sitzenden Vater geradezu überfallen hatte. „Es fällt mir natürlich nicht ein, zu behaupten,“ fuhr Hippolyt Kirillowitsch fort, „daß der Angeklagte vor dieser Szene schon wohlüberlegt beschlossen habe, den Vater einfach durch dessen Ermordung beiseite zu schaffen. Ich sage nur, daß dieser Gedanke dem Angeklagten nichtsdestoweniger schon mehr als einmal gekommen war, und er ihn bewußt überdacht hatte – zur Bestätigung dessen haben wir Tatsachen, Zeugen und das eigene Eingeständnis des Angeklagten. Ich muß gestehen, meine Herren Geschworenen,“ schaltete Hippolyt Kirillowitsch hier ein, „daß ich noch bis heute nicht sicher war, ob man den Angeklagten beschuldigen könne, das sich ihm, ich möchte sagen, von selbst aufdrängende Verbrechen vorher bewußt überlegt und vorgenommen zu haben. Ich war nur fest überzeugt, daß seine Gedanken sich mehr als einmal mit dieser bevorstehenden, unvermeidlichen Katastrophe, die er doch kommen sah, beschäftigt hatten, daß er den Mord vielleicht auch nur in Betracht gezogen, nur als Möglichkeit, ohne dabei den Tag und das Nähere der Ausführung zu bestimmen oder sich zu überlegen. Ja, der Meinung war ich, – aber nur bis heute, bis von Fräulein Werchoffzeff dieses neue Dokument dem Gericht unterbreitet wurde. Meine Herren Geschworenen, Sie haben ja selbst ihren Ausruf gehört: ‚Das ist der Plan, das ist das Programm der Ausführung des Mordes!‘ – mit diesen Worten bezeichnete sie den ‚trunkenen‘ Brief des unglücklichen Angeklagten. In der Tat, dieser Brief beweist, daß die Tat nach einem ‚Programm‘ und vor allem mit Vorbedacht geschehen ist. Er ist zwei Tage vor dem Verbrechen geschrieben worden, – und so haben wir jetzt den unantastbaren Beweis dafür, daß der Angeklagte achtundvierzig Stunden vor der Ausführung seines ungeheuerlichen Vorsatzes schwört, daß er, wenn er am nächsten Tage das Geld sich nicht anderswoher verschaffen könne, den Vater erschlagen werde, um von ihm das Geld zu nehmen, das unter dem Kissen in einem Kuvert liegt, ‚wenn nur Iwan abreisen würde.‘ Hören Sie es wohl: ‚Wenn nur Iwan abreisen würde!‘ Folglich ist schon alles überlegt, sind alle Umstände erwogen, und – alles ist dann so geschehen, wie er geschrieben hat! Da ist doch jeder Zweifel an der Vorbedachtheit ausgeschlossen, das Verbrechen ist mit der Absicht, das Geld zu rauben, begangen worden, das ist doch schwarz auf weiß geschrieben und unterschrieben! Der Angeklagte leugnet es nicht, daß er den Brief geschrieben hat. Man wird vielleicht sagen: Er hat ihn sicherlich in betrunkenem Zustande geschrieben. Aber das will ja nichts sagen, das macht den Brief sogar noch um so wichtiger: Er hat im trunkenen Zustande geschrieben, was er in nüchternem sich vorgenommen hat; wäre es nicht im nüchternen Zustande vorgefaßt worden, so hätte er es auch in der Betrunkenheit nicht geschrieben. Man wird vielleicht auch noch einwenden: Warum aber hat er dann seine Absicht nicht verheimlicht, warum hat er sie überall ausgeschrien? Wer sich zu so etwas mit Vorbedacht entschließt, der schweigt darüber und verbirgt die Absicht. Das ist wahr, aber er schrie ja nur dann, als er noch keine Pläne und bestimmten Absichten hatte, und nur der Wunsch vorhanden war und die Absicht erst heranreifte. Später spricht er schon weniger davon. An jenem Abend, an dem dieser Brief geschrieben wurde, nachdem er sich im Gasthaus ‚Zur Hauptstadt‘ angetrunken hatte, ist er ganz gegen seine Gewohnheit schweigsam gewesen, hat nicht Billard gespielt, hat allein und sichtlich zurückgezogen gesessen, fast mit niemandem gesprochen und nur einen hiesigen Kommis von seinem Platze vertrieben, doch hat er das fast unbewußt getan, wahrscheinlich nur aus Gewohnheit an Händeln, ohne die er, wenn er ins Gasthaus eintrat, nun einmal nicht auskommen konnte. In der Tat, erst an jenem Abend hat er vielleicht den Entschluß gefaßt, und so mag er sich denn wahrscheinlich unter anderem auch gesagt haben, daß er schon gar zu offenherzig in der ganzen Stadt ausgesprochen, gar zu unvorsichtig über seinen Vater Verfängliches geäußert habe, daß seine eigenen Worte sehr wohl den Täter vermuten ließen, wenn er jetzt die Absicht wirklich ausführte. Aber was tun? Die Worte waren gesprochen: Diese Tatsache konnte man nicht mehr ungeschehen machen. Und dann – hat schon früher der krumme Weg herausgeführt, so wird er es auch jetzt tun! Wir verließen uns auf unseren guten Stern, meine Herren! Ich muß noch zugeben, daß er viel getan hat, um diese Lösung zu vermeiden, daß er sich sehr angestrengt hat, sich das Geld auf eine andere Weise zu verschaffen. ‚Morgen werde ich jeden Menschen um dreitausend Rubel angehen,‘ schreibt er in seiner eigenartigen Sprache, ‚geben aber die Menschen sie mir nicht, so fließt Blut.‘ In der Betrunkenheit ist es geschrieben, in nüchternem Zustande ist es dann so, wie es geschrieben war, ausgeführt worden.“

Hier begann Hippolyt Kirillowitsch die ausführliche Schilderung aller vergeblichen Versuche Mitjäs, sich das Geld zu verschaffen, um das Verbrechen umgehen zu können. Er schilderte seinen Gang zu Ssamssonoff, die Fahrt zu Ljägawyj – alles nach dem Protokoll. „Müde, verspottet, hungrig kehrte er wieder zurück,“ fuhr der Staatsanwalt fort, „nachdem er auch noch seine Uhr verkauft hat (während er dabei tausendfünfhundert Rubel bei sich gehabt haben will!), gequält von der Eifersucht wegen des in der Stadt zurückgebliebenen geliebten Weibes, dabei noch mit der Angst im Herzen, daß sie in seiner Abwesenheit vielleicht zu Fedor Pawlowitsch gehen könnte oder vielleicht schon gegangen ist, – in diesem Zustande kommt er in die Stadt zurück. Doch Gott sei Dank! Sie ist nicht bei Fedor Pawlowitsch gewesen. Er begleitet sie zum Kaufmann Ssamssonoff. (Auffallend ist, daß er auf Ssamssonoff nicht eifersüchtig ist, was in diesem Falle eine äußerst charakteristische psychologische Eigentümlichkeit zu sein scheint.) Darauf eilt er auf den Beobachtungsposten an der ‚Hinterstraße‘. Dort erfährt er, daß Ssmerdjäkoff einen epileptischen Anfall gehabt hat, und daß auch Grigorij krank ist. Das Feld ist also frei und die ‚Zeichen‘ kennt er – welche Versuchung! Nichtsdestoweniger sträubt er sich noch gegen das Verbrechen: er begibt sich zu einer hochgeachteten Dame, die sich augenblicklich vorübergehend hier aufhält, zu Frau Chochlakoff. Diese Dame, die ihn schon seit längerer Zeit beobachtet und bemitleidet hat, gibt ihm einen äußerst vernünftigen Rat: dieses ganze wüste Leben, diese monströse Liebe und das Herumtreiben in den Gasthäusern aufzugeben und nach Sibirien in die Goldgruben zu fahren: ‚Dort ist das Arbeitsfeld für Ihre tobenden Kräfte, die Sie hier so unnütz vergeuden, dorthin gehören Sie mit Ihrem romantischen, abenteuerlustigen Charakter!‘ sagt sie ihm.“ Nachdem Hippolyt Kirillowitsch dann noch den Ausgang des Gespräches mit Frau Chochlakoff wiedergegeben hatte, und auch auf jenen Augenblick zu sprechen gekommen war, wie der Angeklagte auf dem Großen Platz erfahren, daß Agrafena Alexandrowna nur eine kurze Zeit bei Herrn Ssamssonoff geblieben sei, beschrieb er, wie der Unglückliche, bei seinen gereizten Nerven und seiner Eifersucht, nach dieser Nachricht – die ihm den Betrug der Geliebten so gut wie bestätigte – außer sich geraten sein mußte. Ferner lenkte er noch die Aufmerksamkeit auf einen verhängnisvollen Zufall: „Hätte die Stubenmagd Fenjä ihm gesagt, daß ihre Herrin in Mokroje bei dem ‚Früheren‘ und ‚Alleinberechtigten‘ war – so wäre das Unglück nicht geschehen. Sie aber wußte im Schreck und in der Angst nichts anderes zu sagen, als nur zu schwören und ihn einer Sache zu versichern, die er besser wußte, so daß für ihn die Lüge, und folglich auch der Betrug, vollständig bestätigt schienen. Und wenn er diese Stubenmagd dafür nicht auf der Stelle erschlagen hat, so hat sie das nur dem Umstande zu danken, daß er sofort besinnungslos Hals über Kopf fortstürzte – der Geliebten nach! Jetzt ist hier aber noch eine sehr auffallende Tatsache zu beachten: Wie außer sich er auch war, er verfiel dabei doch noch darauf, die messingne Mörserkeule mitzunehmen. Warum nahm er gerade die Mörserkeule, warum suchte er nicht irgendeinen anderen Gegenstand, warum nicht eine Waffe? Ich glaube, wenn wir uns einen ganzen Monat mit einer gewissen Absicht getragen, und uns alle Eventualitäten vorgestellt, alles erwogen und uns auf alles vorbereitet haben, so ist es sehr erklärlich, warum wir uns selbst in dieser Erregung zu helfen wissen und eine Mörserkeule sofort als Waffe erkennen, denn daß man auch mit so etwas einen Menschen erschlagen kann, das haben wir ja schon einen ganzen Monat bedacht. Darum hat er denn auch sofort den Wert dieser Mörserkeule im Augenblick, ohne nachzudenken, trotz seiner Erregung, sehr zu schätzen gewußt. So kann ich denn wohl sagen, daß der Angeklagte die Mörserkeule nicht unbewußt, nicht ohne eine gewisse Absicht ergriffen hat. Und da ist er nun im väterlichen Garten ... Zeugen sind nicht zu befürchten, tiefe Nacht, Finsternis – und Eifersucht! Der Argwohn, daß sie hier ist, bei ihm, bei seinem Rivalen, in seinen Armen, und in diesem Augenblick mit ihm zusammen über ihn selbst womöglich noch lacht – raubt ihm den Atem. Und nicht nur der Argwohn – wo kann jetzt noch von Argwohn die Rede sein! Der Betrug liegt doch auf der Hand, jeder Zweifel ist doch ausgeschlossen: Sie ist bei ihm, dort in jenem Zimmer, aus dessen Fenster der Lichtschein in den Garten fällt, sie liegt dort – bei ihm – hinter dem Bettschirm. Und da schleicht sich der Unglückliche zum Fenster, blickt ehrerbietig durch die Scheiben hinein und schickt sich sittsam drein, weil nun einmal nichts mehr daran zu ändern ist, geht vielmehr vernünftig fort, um sich vom Unheil zu entfernen, und damit nicht gar etwas Gefährliches und Unsittliches geschehe! – Davon will man uns überzeugen, uns, die wir doch den Charakter des Angeklagten kennen, die wir doch begreifen, in welch einer Gemütsverfassung er sich befand, und vor allen Dingen, nachdem wir wissen, daß ihm Zeichen bekannt waren, mittels welcher er ohne weiteres die Tür sich aufmachen lassen und ins Haus eintreten konnte!“ Hier, bei Gelegenheit der Zeichen, verließ Hippolyt Kirillowitsch vorübergehend die Anklage und kam auf Ssmerdjäkoff zu sprechen, um die Verdächtigung Ssmerdjäkoffs ein für allemal auszuschalten. Er sprach sehr sachlich darüber, und man begriff sofort, daß er trotz seiner ganzen Verachtung, die er dieser Vermutung gegenüber zur Schau trug, dieselbe doch für wichtig genug hielt.

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