3

Max weckte die Brüder, indem er jedem einen Pantoffel ins Bett warf. Beide fuhren erschreckt auf. Der Älteste begann zu zetern, daß er nun wieder den ganzen Tag Kopfweh haben würde, drohte in ohnmächtiger Wut und schien dem Weinen nah. Fritzl war empört über die freche Vertraulichkeit. Dann kam ihm dunkel zum Bewußtsein, daß er ja nicht mehr unbedingt unter dem Schutze des Vaters stand. So schwieg er und kam sich sehr verlassen vor. Max lachte sie beide aus, stellte sich im Bett auf den Kopf und schlug Purzelbäume. Da hörte man im Nebenzimmer des Vaters Schritt: und wie überraschte Murmeltiere fuhren die beiden Älteren unter ihre Decken und stellten sich schlafend. Fritzl tat es ihnen instinktiv nach, fühlte dabei aber in seinem Kinderkopf ein dumpfes Staunen. Warum konnte er nicht, wie sonst, dem Vater jubelnd entgegenspringen?

Da ging schon die Türe und der Vater rief ins Zimmer: „Jungen, freut euch, ihr habt ein Schwesterl bekommen!“ — Felix und Max mimten Erwachen aus tiefem Schlaf und zeigten gehorsam Freude — Felix durch sein höfisches Lächeln, Max, indem er alle Glieder durcheinanderwirbelte. Fritzl blieb stumm. In ihm weckte die Nachricht keinerlei klare Vorstellung, schärfer als zuvor fühlte er ängstliches Staunen. Der Vater beugte sich über sein Bett: „Na, Fritzl, freust du dich?“ — Fritzl hatte, zum erstenmal, Angst vor dem großen Mann, der so laut auftrat und sprach, las, zum erstenmal, eine Drohung aus dem bärtigen Gesicht und starrte ratlos und stumm empor. „Na, was ist denn, Faulpelz, kannst du nicht reden?“ polterte der Vater, und meinte es scherzhaft. Fritzl aber, tödlich erschrocken, stammelte nur „Ja, Papa!“ und mühte sich, zu lächeln, wie Felix immer lächelte. Sein Gesicht war wie eine Maske der Angst.

Share on Twitter Share on Facebook