35

Über der weiten Ebene rings um die Stadt liegt goldklarer Herbst. Endlos dehnen sich die abgeernteten Rüben- und Kartoffelfelder. Aus seidigen Fernen leuchten sanfte Hügel mit buntem Wald. Der bittersüße Rauch der Queckenfeuer liegt in der Luft. — Leise klatschen Flintenschüsse. — Die Jagdlust peinigt den Jungen wie ein körperliches Übel. Aber der Vater hat nur ein starres wütendes „Nein!“ für den zaghaft geäußerten Wunsch. Und die vielen Jagdfreunde lehnen es ab, den Jungen heimlich mitzunehmen. Nur einer hat Erbarmen, ein alter, ausgedörrter Weidmann, der an dem stürmischen Trieb des jungen Blutes eine Freude hat. Es folgen Nachmittage voll schmerzender Wonne: die Rebhühner, Hasen werden zu wehrhaften Untieren, die es mit Anspannung aller Nervenkräfte zu beschleichen gilt. Töten — fliehende Bewegung freier Tiere mit einem Fingerdruck jäh hemmen, in krampfiges Verzucken, in Todesstarrheit wandeln zu können — dies gibt dem Knaben einen Rausch, der seine Augen gierig weitet, alle Muskeln fieberhaft strafft und in wütendem Pulsschlag das Blut durch alle Adern jagt. Das Wild, das ungeschossen oder unverletzt entkommt, weckt schrankenlos Haß und Rachsucht. Die Beute preßt er in bebenden Händen, fühlt die Lebenswärme langsam weichen. Leidenschaft macht ihn fast vom ersten Augenblick an zum sicheren Schützen. „Donnerwetter, Junge, du schießt ja besser als dein Vater und ich zusammen,“ sagt der alte Jagdherr lobend. Und Fritz ist stolz und ein wenig bitter, denn er fühlt, daß Eifersucht der Grund für das „Nein“ des Vaters sein mag.

Share on Twitter Share on Facebook