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Kurz darauf reist die Mutter mit Fritz und Gretl nach Weißwasser. Klarer Bergsommer, der Wäldern und Bächen nichts von ihrer Frische nimmt, sie nur segnend durchwärmt. Jede Stunde hat ihr Gesicht, ihren Geruch. Fritz kennt sie alle. Frühmorgens herrschen die Fichten, stehen taubeperlt nach kalter Nacht und füllen die sonnendunstige Luft mit ihrem herben Atem. Am hohen Mittag duften die Walderdbeeren und das Harz am stärksten; die Kreuzotter sonnt sich träge; Kuckucksruf und Taubengurren. Sinkt aber früh am Nachmittag die Sonne hinter den hohen Berg, — tief unten das Tal liegt noch in ihrem Schein — da rieseln die Quellen lauter, die Moospolster senden leise Nebel aus, die sich ziehend mit dem Holzrauch und dem süßlichen Stallgeruch aus den Dorfhäusern mengen.

Fritz geht mit der Schwester durch den Wald, und aus tausend Erinnerungen weht Kindheit und Heimatsgefühl: hier stand die Zwergenhütte, und das hier war Falkos Stall — weißt du noch? In beiden erwacht die Lust, alles Wissen abzutun, wieder gläubig zu spielen. Doch scheue Verlegenheit hält sie ab. Sie sind erwachsen! —

Wieder empfindet Fritz quälend den Abschnitt in seinem Leben. Vorbei die Kindheit — und war so kurz, kaum gelebt. Vorbei das unbefangene Hinnehmen; nun steht das Leben da und fordert ein Tun, ein Wollen zumindest. „Was bin ich und was soll ich?“ Die alte Frage hat plötzlich schreckhaft neuen Sinn. Die Bäume rauschen Antwort. Doch der Junge versteht ihre Sprache nicht.

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