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Atemlos, mit klopfendem Herzen ist das strahlende Foyer durchquert, wo sich die große Welt wie in einem Brennpunkt drängt. Auf kahlen Seitentreppen ist die letzte Galerie erklettert. Sitze, so eng, daß sich die Knie schmerzhaft an die Brüstung drücken. Und ein Blick über das riesige Rund, der ehrfürchtigen Schwindel weckt. Fressende Großmannssucht angesichts des schimmernden Prunks der Logen. Unten im Parkett, in untadeligen Fräcken, fremde Riesenblumen im Knopfloch: die Habitués. Das Wort, von manchem Schmöker her mit lasterhaftem Glanz umwoben, weckt Augenblicke lang gierigen Ehrgeiz, einst zu werden wie jene — ein Habitué. Doch gleich folgt trotziger Widerspruch: Ich weiß mir Besseres! — Immerhin: mein Klub ...!

Da schüttert dumpfer Erzton, die Lichter verlöschen, und vierzig Geigen weinen die schneidende Wehklage der Traviata.

Vergessen Ehrgeiz und Eitelkeiten. Nur die wilde Sehnsucht, qualvoll wachsend, Schmutz und Wirrsal des Alltags abstreifen, befreit eingehen zu können in das Reich dieses Wohlklangs. Der Vorhang rauscht auf. Die engelhafte Stimme der Storchio entzündet glühende Liebe. Wer der letzte, geringste ihrer Gäste sein dürfte! ...

Die Handlung geht ihren Gang; die Zwischenakte, von heißen Träumen erfüllt, fallen kaum ins Bewußtsein. Das Vorspiel des Schlußaktes schwingt zitternd ins Ohr, treibt Wasser in die starren Augen. Und als die Traviata, von törichtem Unverstand in den Tod getrieben, sterbend noch Liebe, Liebe kündet und Vergebung, da bricht Weinen haltlos aus ... „Brava, brava!“ dröhnt Beifall; und die schöne Tote steht da, verbeugt sich geschmeichelt. Es war nur Spiel — da draußen wartet die neblige Stadt, morgen die Bank ... Leb’ wohl, klingende Insel!

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