9. Kinderverstand.

In großen Städten lernen früh

Die jüngsten Knaben was;

Denn manche Bücher lesen sie,

Und hören dieß und das

Vom Lieben und vom Küssen,

Sie brauchtens nicht zu wissen.

Und mancher ist im zwölften Jahr,

Fast klüger als sein Vater war

Da er die Mutter nahm.

Das Mädgen wünscht von Jugend auf,

Sich hochgeehrt zu sehn,

Sie ziert sich klein und wächst herauf

In Pracht und Assembleen.

Der Stolz verjagt die Triebe

Der Wollust und der Liebe,

Sie sinnt nur drauf wie sie sich ziert,

Ein Aug entzückt, ein Herze rührt,

Und denkt ans andre nicht.

Auf Dörfern sieht's ganz anders aus

Da treibt die liebe Noth,

Die Jungen auf das Feld hinaus

Nach Arbeit und nach Brod.

Wer von der Arbeit müde,

Läßt gern den Mädgen Friede.

Und wer noch obendrein nichts weiß,

Der denkt an nichts, den macht nichts heiß;

So geht's den Bauern meist.

Die Bauermädgen aber sind

In Ruhe mehr genährt,

Und darum wünschen sie geschwind

Was jede Mutter wehrt.

Oft stoßen schöckernd Bräute

Den Bräutgam in die Seite,

Denn von der Arbeit, die sie thun,

Sich zu erhohlen, auszuruhn,

Das können sie dabey.

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