Goethes Leipziger Lieder.

Die Lieder, von welchen in diesen Briefen öfter die Rede ist, und von denen Goethe auch in Wahrheit und Dichtung erzählt, daß sie ohne seinen Namen gedruckt aber wenig bekannt worden seien, daß er später die besseren seinen übrigen kleinen Poesien eingeschaltet habe,[149] diese „Knospen und Blüthen, die der Frühling 1769 trieb“[150], erschienen unter folgendem Titel

Neue Lieder

in Melodieen gesetzt
von
Bernhard Theodor Breitkopf.

Leipzig
bey Bernhard Christoph Breitkopf und Sohn.
1770.

Es geht indeß aus unseren Briefen (S. 96) hervor, daß die Sammlung bereits im Jahr 1769 gedruckt ist. Auf dieses „älteste Liederbuch“ hat zuerst Tieck wieder aufmerksam gemacht, welcher im sechsten Band der neuen Jahrbücher der Berlinischen Gesellschaft für Deutsche Sprache und Alterthumskunde die Lieder wieder abdrucken ließ, worauf sie auch Viehoff in seiner Erläuterung der Goetheschen Gedichte (I. S. 45 ff.) mitgetheilt hat.

Ein Theil dieser Gedichte ist auch im „Almanach der Deutschen Musen“ aufs Jahr 1773 (2. 3. 7. 16.) und 1776 (4. 6. 10. 13.), so wie in der Leipz. Zeitschrift „die Muse“ vom J. 1776 (3. 7. 11.) mitgetheilt worden und zwar mit einigen im Ganzen nicht wesentlichen Abweichungen, die einer früheren Bearbeitung angehören. Was sich vermuthen ließ, daß sie aus Abschriften entnommen seien, die aus Goethes Aufenthalt in Leipzig herrührten, ist jetzt zur Gewißheit geworden.

Es war nämlich im Nachlaß von Friederike Oeser das allerälteste Liederbuch Goethes aufbewahrt, ein geschriebenes Heft mit dem Titel

Lieder
mit Melodien
Mademoiselle
Friederiken Oeser
gewiedmet
von
Goethen

dieselbe Sammlung, von welcher in dem poetischen Briefe an sie (S. 142 ff.) die Rede ist. Es enthält nur zehn Lieder, von welchen neun in der gedruckten Sammlung sich finden;[151] das zehnte ist nicht in dieselbe aufgenommen, aber auch dieses ist in der „Muse“ (S. 126 f.) abgedruckt, und im Inhaltsverzeichniß Goethe als Verfasser angegeben. Wie die Lieder so zeigen auch die Melodieen in dem handschriftlichen Heft hie und da Abweichungen, aber nur geringfügige, von den gedruckten. In demselben Nachlaß fand sich auch eine, aber nicht von Goethes Hand herrührende Abschrift des Hochzeitliedes vor, in welcher offenbar die erste Gestalt desselben aufbewahrt ist.

Da man die Leipziger Lieder an dieser Stelle ungern vermissen würde, lasse ich sie hier folgen und theile die Abweichungen jener älteren Bearbeitungen sowie am Schlusse das noch unbekannte Gedicht mit.

[149] Werke XXI. S. 135.

[150] Briefe an Frau v. Stein I. S. 28.

[151] Es sind — in dieser Ordnung — 11. 7. 13. 3. 5. 4. 12. 6. 10.

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