Der Immoralist

Menschliches Urteilen vom Schönen schied Häßlich von Schön;
Menschliches Urteilen vom Guten schied Schlecht von Gut.

Lao-Tse.

Wir alle nennen gut, was uns nützt und unsere Ziele fördert. Wie aber nennen wir, was uns schädigt und unseren Zielen entgegenwirkt? Schlecht oder böse? Die einen nennen es schlecht, die andern nennen es böse. Wer nennt es schlecht? Die Herrschenden. Wer nennt es böse? Die Beherrschten. Also gibt es zweierlei Moral. Eine Moral der Mächtigen und eine Moral der Ohnmächtigen. »Es gibt Herren-Moral und Sklaven-Moral

Allerdings in allen höheren und gemischteren Kulturen, auch sogar im selben Menschen besteht das Nebeneinander und Durcheinander beider Moralen. Wo die Herrschenden die Werte bestimmten, hat auch der Begriff »gut« eine andere Bedeutung als bei den Beherrschten. Dort heißen gut die erhobenen stolzen Zustände der Seele, welche als das Auszeichnende und die Rangordnung Bestimmende empfunden werden. Hier dagegen werden gut die Eigenschaften benannt und mit Licht übergossen, welche dazu dienen, Leidenden das Dasein zu erleichtern. Dort bestimmt das Gefühl der Fülle, der Macht, der Selbstbeherrschung, der Vornehmheit und Tapferkeit, der Glaube an sich selbst und der Stolz auf sich selbst im Vordergrunde die Schätzung. Hier dagegen führt der pessimistische Argwohn gegen die ganze Lage des Menschen zur Verherrlichung des Mitleidens, des warmen Herzens, der Geduld, des Fleißes, der Demut und Bescheidenheit, der Freundlichkeit, der Selbstlosigkeit.

Besinnen wir uns einen Augenblick, so werden wir sofort zu der Erkenntnis gelangen, daß wir Tugenden, die sich um die Selbstherrlichkeit gruppieren, zwar[176] ethisch hoch einschätzen, daß wir jedoch längst gewohnt sind, als moralisch nur solche Eigenschaften zu benennen, die den Kreis um die Selbstlosigkeit schließen. Die populäre Sprache und Denkweise kennt daher nicht zweierlei Moral, sondern sie spricht nur von der einen Moral, die voran das Mitleiden und die passiven Tugenden höher einschätzt, als die harte Konsequenz, welche die kulturelle Rangordnung zur Erhaltung und Steigerung des Lebens fordert.

Nietzsche war somit voll berechtigt, sich, als Werte setzender Philosoph, der seine Hoffnungen für die Zukunft auf eine männliche Kultur richtete und nicht im Banne jener »Moral« genannten Einschätzungen stand, sondern jenseits ihrer Wertungen von Gut und Böse beharrte, einen Immoralisten zu nennen. Man hat es beklagt (besonders geschah es durch seine Schwester), daß Nietzsche nicht statt dessen »Amoralist« schrieb, weil er durch das Wort Immoralist Mißverständnisse erzeugt habe. Aber das hieße, seinem Radikalismus die Spitze abbrechen. Amoralisch werten wir dort, wo wir sowohl die Frage nach gut und böse, als nach gut und schlecht im moralischen Sinne ausschalten.

Amoralisch müssen wir uns gegenüber der Kunst und der Wissenschaft verhalten; denn ihre inneren Gesetze unterliegen nicht der Frage, was unsere sittlichen Interessen erheischen. Als Immoralist aber urteilt derjenige, der sich in Widerspruch setzt zu dem, was der nivellierenden Gesellschaft im Gegensatz zu dem rangbestimmenden Individuum als Moral gilt. Nietzsche hat es wiederholt ausgesprochen, daß er nicht davor zurückschrecke, sich durch seine Ansichten zu kompromittieren, ja, daß er diese Gefahr herausfordere, um nicht verwechselt zu werden; wie hätte er also in diesem Falle zum Leisetreter werden sollen, nur weil es bösem Willen frei stand, immoralistische Gesinnung mit dem Mangel an Ethik zu verwechseln. Moral betrifft das Verhältnis von Mensch[177] zu Mensch, Ethik das Verhältnis von Mensch zu Menschheit und ihren höchsten Zielen. Daß Nietzsche nicht die Moral in Bausch und Bogen ablehnte, sondern nur ihre nivellierende Tendenz, die sich gegen das Eigenartige, Seltene, Hohe richtet, wie sollten wir das verkennen, auch wenn er es uns nicht gesagt hätte!

In dem »Wir Immoralisten« überschriebenen Aphorismus in »Jenseits von Gut und Böse« heißt es: »Diese Welt, die uns angeht, in der wir zu fürchten und zu lieben haben, diese beinahe unsichtbare unhörbare Welt feinen Befehlens, feinen Gehorchens, eine Welt des ›Beinahe‹ in jedem Betracht, häklisch, verfänglich, spitzig, zärtlich: ja, sie ist gut verteidigt gegen plumpe Zuschauer und vertrauliche Neugierde!«

»Jenseits von Gut und Böse« sollte ursprünglich eine Art Glossarium zu »Also sprach Zarathustra« bilden. Es wurde während der Entstehung dieses Werkes in den Jahren 1883–85 niedergeschrieben und 1886 in Nizza fertiggestellt. Mittlerweile hatte Nietzsche eine Überarbeitung von »Menschliches-Allzumenschliches« in Angriff genommen. Das neue Werk gedachte er nunmehr als dessen zweiten Band erscheinen zu lassen. Es wurde aber als selbständiges Werk veröffentlicht, als jene Umarbeitung unterblieb. Ein Glossarium zum »Zarathustra« ist das Werk in dem Sinne, in dem Nietzsche seine früheren Werke als vorausgegangene Kommentare zu seiner Dichtung bezeichnen durfte.

Es folgte, 1887 verfaßt, die Streitschrift »Zur Genealogie der Moral« als umfassende Darstellung des bereits mitgeteilten Aphorismus aus »Jenseits von Gut und Böse«, der die Theorie der Herren- und Sklavenmoral skizzierte. Man versäume es nicht, die Vorrede zu beachten; denn sie belehrt uns, wie bedeutsam Nietzsche bereits in seinen früheren Schriften die Frage nach dem Werte der Moral, oder richtiger gesagt, nach dem Unwerte der Mitleidsmoral aufwarf.[178] Hierin sah er von Anfang an eine gegen das Leben sich wendende Müdigkeit.

Da man den Wert der Moral als a priori, als vor aller Erfahrung gegeben erachtete, obwohl schon Lao-Tse, fünfundzwanzighundert Jahre vor Nietzsche ihre Entstehung aus menschlichen Urteilen erkannte, schwankte man keinen Augenblick, den »Guten« für höherwertig als den »Bösen«, auch für die Höherentwicklung des Lebens anzusetzen. »Wie, wenn das Umgekehrte die Wahrheit wäre? Wie? wenn im ›Guten‹ auch ein Rückgangssymptom läge, ingleichen eine Gefahr, eine Verführung ein Gift, ein Narkotikum, durch das etwa die Gegenwart auf Kosten der Zukunft lebte? Vielleicht behaglicher, ungefährlicher, aber auch in kleinerem Stile, niedriger? … So daß gerade die Moral daran schuld wäre, wenn eine an sich mögliche höchste Mächtigkeit und Pracht des Typus Mensch niemals erreicht würde? So daß gerade die Moral die Gefahr der Gefahren wäre? …«

Die Frage nach der Herkunft der Moral war bei Nietzsche schon früher durch seinen persönlichen Verkehr mit Dr. Rée angeregt worden. Dessen Schrift »Der Ursprung der moralischen Empfindungen« wurde von Nietzsche zwar geschätzt, aber, da sie altruistisch auf den englischen Psychologen fußte, als antipodisch empfunden. Nietzsche versagte es sich, sie zu widerlegen – »was habe ich mit Widerlegungen zu schaffen!«, sondern entschied sich, – »wie es einem positiven Geiste zukommt«, – an Stelle des Unwahrscheinlichen das Wahrscheinlichere zu setzen. Er gelangte zu der Überzeugung, daß der Begriff »gut« ursprünglich nicht von denen herrührt, welchen Güte erwiesen wurde, sondern daß die Vornehmen, Mächtigen selber sich als »die Guten« galten, im Gegensatz zu allem Niedrigen und Gemeinen. Nicht von der Frage nach dem Werte der Handlung, sondern von der Beurteilung des Menschen selbst ging die Moral aus.[179] Sie knüpfte also nicht von Anfang her an unegoistische Handlungen an. Moral, »diese Zeichensprache der Affekte«, ist kein Urphänomen, sondern etwas Gewordenes, und da nur den Vornehmen das Herrenrecht zukam, Namen zu geben, ursprünglich etwas ganz anderes, als was heute als Sittlichkeit gilt. Aber »die Herren sind abgetan, die Moral des gemeinen Mannes hat gesiegt«.

Womit hat diese Revolution in den Wertschätzungen begonnen, dieser Sklavenaufstand in der Moral? Damit, antwortet Nietzsche, daß das Ressentiment selbst schöpferisch wurde. Was bedeutet Ressentiment? Wir müssen uns über diesen Begriff durchaus klar werden, um Nietzsche richtig zu verstehen. Alle vornehme Wertungsweise agiert und wächst spontan, sie sagt Ja zu sich selbst. Wo sie von außen her zur Rache bestimmt wird, da setzt sie diese unmittelbar in die Tat um. Die Wertungsweise der Unterdrückten aber kennt diese Spontaneität nicht. Sie bedarf immer erst einer Gegen- und Außenwelt, um überhaupt zu agieren. Da ihr die unmittelbare Tat als Vergeltung und Ausgleichung versagt ist, behilft sie sich mit einer imaginären Rache. Dieser zurückgetretene Haß, dieses unterirdische Rachegefühl der Ohnmächtigen, der Minderwertigen, welches das Bild des Gegners fälscht: das eben ist Ressentiment. »Alle Instinkte, welche sich nicht nach außen entladen, wenden sich nach innen.«

Die Wohlgeratenen fühlen sich in ihrer Aktivität als die Glücklichen; ihr Glück liegt im Lustgefühl der Betätigung; die Gedrückten, an giftigen und feindseligen Gefühlen Schwärenden aber verstehen als passive Naturen unter Glück: Betäubung, Ruhe, Sabbat. Dem Menschen des Ressentiments fehlt die naive Freudigkeit, seine Seele schielt, sein Geist liebt Schlupfwinkel, er sucht vor allem die Geborgenheit. Ach, er kann nicht seinen unbewußten Instinkten vertrauen, sondern er bedarf auf Schritt und[180] Tritt der Klugheit. Ehrfurcht vor dem Feinde? Nein, die kennt er nicht, sondern er sieht voll Mißtrauen und vergeltungslüstern immer nur den »bösen Feind«.

Voll Widerwillen ruft daher Nietzsche aus: »Man mag im besten Rechte sein, wenn man vor der blonden Bestie auf dem Grunde der vornehmen Rasse die Furcht nicht los wird und auf der Hut ist: aber wer möchte nicht hundertmal lieber sich fürchten, wenn er zugleich bewundern darf, als sich nicht fürchten, aber dabei den ekelhaften Anblick des Mißratenen, Verkleinerten, Verkümmerten, Vergifteten nicht mehr loswerden können?«

Der geheime Rache-Instinkt der Niedrigen verschwärzt nicht nur die Triebe der Starken, sondern er vergüldet auch die Triebe der Schwachen. Dieses Truggold heißt ihm: Moral. Die Ohnmacht, die nicht vergelten kann, nennt er: Güte, das Zuwarten aus Feigheit: Geduld, die Unfähigkeit zum Kampfe: Friedfertigkeit, das Verlangen nach Schonung: Gerechtigkeit. Sie verkünden nicht: Jedem das Seine, sondern: Gleiches Recht für alle. Aber was begehrt ihre Gerechtigkeit? Den Sieg Gottes, des gerechten Gottes als Fluch über die Gottlosen, die Rache an allen, die anders fühlen, hoch und frei denken; denn nur die Gottesfürchtigen heißen ihnen: die Gerechten.

Gewissen? Das bedeutet dem selbstherrlichen Individuum: das stolze Wissen um seine Verantwortlichkeit. Der Mensch des Ressentiments kennt nur das »schlechte Gewissen«. Es entspringt unterbewußten Gefühlen, die nicht den Weg in die Freiheit fanden und daher auf Umwegen ihre Befriedigung suchen. Nietzsche nennt es eine Krankheit, »das Leiden des Menschen am Menschen an sich, als die Folge einer gewaltsamen Abtrennung von der tierischen Vergangenheit«.

Das Schuldgefühl der Gläubigen, die »Sünde« und andererseits die Art zweiter Unschuld beim Atheisten werden von hier aus von Nietzsche geprüft. Er wendet[181] sich gegen jede Selbst-Tierquälerei durch lebensfeindliche Ideale und unterscheidet zwischen dem heiteren Asketismus dessen, der seine tierischen Triebe einem höheren vorherrschenden Instinkt unterwirft und dem düsteren Asketismus als Verleumdung der natürlichen Triebe des Lebens. Wohl urteilt auch die vornehme Wertungsweise, welche das Vorrecht der Wenigsten, aber biologisch Wertvollsten gegenüber den Ansprüchen der Meisten vertritt, ungerecht, wenn sie unter Umständen die von ihr verachtete Sphäre verkennt; aber ihre Plötzlichkeit, ob es sich um Zorn, Liebe, Ehrfurcht, Dankbarkeit oder Rache handelt, vollzieht sich in sofortiger Reaktion, ihr Verhalten vergiftet daher nicht.

Die schärfste Gegensätzlichkeit zwischen gesund bejahendem Instinkt und verneinenden Trieben aus Vergeltungssucht sieht Nietzsche im Kampf zwischen »Rom gegen Judäa, Judäa gegen Rom« und ihren Widerschein im Gegensatz der Renaissance und der Reformation. Als Immoralist verherrlicht er die Nachwirkung der Renaissance und verurteilt die Reformation, welche die Kirche, die im Begriffe stand, unterzugehen, wiederherstellte. Als Immoralist fragt er »wert wozu«; denn was der Dauerhaftigkeit der Rassen dient, kann das Gegenteil dessen sein, was der Erhöhung des Typus Mensch dient.

Für wen und gegen wen Nietzsche sich einstellt, darüber kann nach alledem kein Zweifel aufkommen. Er bejaht ebenso entschieden die Selbstherrlichkeit der wohlgeratenen Einzelnen, wie er das unterirdische Gefühl der rachelüsternen Auflehnung der Masse und die demokratische Nivellierung zurückweist. Aber Nietzsche ist kein Parteimann! »Je mehr Augen, verschiedene Augen wir uns für die selbe Sache einzusetzen wissen, um so vollständiger wird unser Begriff dieser Sache, unsere ›Objektivität‹ sein.« Dieser Ausspruch Nietzsches gilt auch von seiner eigenen perspektivisch zu erkennenden Persönlichkeit.[182] Wer so deutlich wie Nietzsche jede Borniertheit der Reaktionäre ablehnte, ihren Chauvinismus, ihr Rassevorurteil, ihre Rückständigkeit geißelte, wer den Antisemiten ebenso wie den Anarchisten als Menschen des Ressentiments zurückwies, den müssen wir alle Zeit von einer höheren Warte als derjenigen einer Partei einschätzen. Wir müssen – vorausgesetzt, daß wir solche Leser sind, die er gelten ließe – zu einem Ausblick in die zu erwünschende Zukunft kommen, die keine einseitige politische Betrachtung verträgt.

Nietzsche hat die Selbstbejahung der zum Befehlen Berufenen als rangbestimmend erklärt und verherrlicht; aber nichts liegt ihm ferner, als deshalb den niedrig gestellten Menschen an sich zu entwürdigen. Dem Volke ist eine andere Moral und Gesinnung gemäß, als jenen, die sich über die Niederung erheben. Die dem Volke angemessene Moral und Gesinnung soll ihm erhalten bleiben. Sie muß bekämpft werden, soweit sie unberufenerweise die Rangordnung aufheben will, sie muß gehegt und gepflegt werden, sofern sie der Erhaltung der Rangordnung dient.

Vergegenwärtigen wir uns eines: alle Zukunft wurzelt in der Niederung des Volkes. Aus ihm steigen die Kräfte auf, die sich zur Blüte entfalten sollen. Wir Menschen der Kultur verlangen, daß man uns als Blüte einschätze. Wir haben dazu nur dann ein Recht, wenn wir auch die Wurzel ehren, die uns verjüngende Kräfte zuführt. Nur dann können wir hoffen, daß wir die Niedriggestellten überzeugen, daß es ein unsinniges Beginnen ist, wenn sie die Kulturpflanze ausreißen wollen, um nunmehr die Blüte zu unters in die Erde zu stecken, damit die Wurzel der Sonne genieße, die sie verdorren muß. Nur blinde Fanatiker begehren eine Umkehrung von Hoch und Nieder oder eine absolute Gleichstellung. Jeder gesund Empfindende strebt letzten Endes nach einer Rangordnung, innerhalb der er zu seinem[183] Rechte, aber eben nur zu seinem Rechte gelangt als Teil eines Organismus.

Goethe sagt: »Indem der Mensch auf einen Gipfel der Natur gestellt ist, so sieht er sich wiederum als eine ganze Natur an, die in sich abermals einen Gipfel hervorzubringen hat … Dann würde das Weltall, wenn es sich selbst empfinden könnte, als an sein Ziel gelangt, aufjauchzen und den Gipfel seines eigenen Wesens und Werdens bewundern.« Als ein solcher Gipfel ist der Übermensch gedacht. Immer wieder sei es betont, daß er nicht ein individualistisches Phantasma ist, sondern von Nietzsche als das mögliche Erzeugnis einer höheren einheitlichen Kultur gedacht wurde. Daß eine solche Kultur von Nietzsche nicht von einer brutalen Vorherrschaft der Mächtigen erwartet wurde, sondern von der Erfüllung der hohen Aufgabe einer sinn- und zielbewußten Führung, bezeugen seine Worte: »die Gerechtigkeit muß in allem größer werden und die gewalttätigen Instinkte schwächer«. Wer bei ihm nur die Verherrlichung der »blonden Bestie« sieht, dem sind seine Worte entgegenzuhalten: »zweimal lieber untergehen, als sich hassen und fürchten machen«.

Es gilt nicht, Berge abzutragen, um Täler auszufüllen, wie die Gleichheitsfanatiker vermeinen, sondern politisch und kulturell Zustände zu schaffen, in denen Hoch und Nieder, jedes seiner Art gemäß, bewußt und unbewußt einem höchsten Lebensziele dienstbar werden. Dann wird weder demagogisches, noch reaktionäres Strebertum seine Weide finden, sondern die schöpferische Persönlichkeit wird erstehen, in der die Wurzelkräfte zur Blüte gelangen. Im Sinne dessen, was Goethe einen neuen Gipfel, Nietzsche den Übermenschen nannte.

Die Gefahr der Gefahren, der Feind der Feinde einer solchen Lebenssteigerung ist die Vorherrschaft einer »Moral«, welche die Schwäche höher einschätzt als die Stärke, die Passivität als Glück wertvoller erachtet als[184] die Aktivität im Lustgefühl des bewußten Wollens, die Entselbstung fördert, statt dem Mut und stolzen Glauben an das eigene Selbst, die Mitfreude unterdrückt zugunsten eines weichlichen Mitleidens, aus Ressentiment sich über die Natürlichkeit des Menschen entrüstet, statt aus der Fülle der Kraft die starken Triebe zu verklären, somit hegt, was das Leben erniedrigt, und bekämpft, was das Leben erhöht.

Also lehrt uns Nietzsches Immoralismus.

[185]

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