DAS LEBEN IM GOLUS

Heute ist das jüdische Proletariat nicht nur das ärmste und unglücklichste, sondern auch das unruhigste und das am meisten beunruhigende.

(V. Kongreßrede.)

Die causa remota ist der im Mittelalter eingetretene Verlust unserer Assimilierbarkeit, die causa proxima unserer Ueberproduktion an mittleren Intelligenzen, die keinen Abfluß nach unten haben und keinen Aufstieg nach oben — nämlich keinen gesunden Abfluß und keinen gesunden Aufstieg. Wir werden nach unten hin zu Umstürzlern proletarisiert, bilden die Unteroffiziere aller revolutionären Parteien und gleichzeitig wächst auch nach oben unsere furchtbare Geldmacht.

( Der Judenstaat. )

[pg 50] Das ist wohl der ergreifendste Zug in unserer Volkstragik, daß das hochkonservative Volk der Juden immer den revolutionären Bewegungen zugejagt wird.

(Der Basler Kongreß.)

Sind wir aber in der Börse, so wird das wieder zur neuen Quelle unserer Verächtlichkeit. Dabei produzieren wir rastlos mittlere Intelligenzen, die keinen Abfluß haben und dadurch eine ebensolche Gesellschaftsgefahr sind, wie die wachsenden Vermögen. Die gebildeten und besitzlosen Juden fallen jetzt alle dem Sozialismus zu. Die soziale Schlacht müßte also jedenfalls auf unserem Rücken geschlagen werden, weil wir im kapitalistischen wie im sozialistischen Lager auf den exponiertesten Punkten stehen.

( Der Judenstaat. )

Diese Unruhen richten einen schweren Schaden an in der mißhandelten Seele unseres Volkes. Sie untergraben immer wieder das Rechts- und Ehrgefühl, sie machen die Betroffenen zu Feinden einer stiefmütterlichen Gesellschaft, in der solches geschehen kann. Wundern wir uns nicht, wenn die Proletarier unter den Proletariern, von allen Menschen die Verzweifeltesten, bei allen äußersten Umsturzparteien zu finden sind.

(II. Kongreßrede.)

Ueber kein Volk sind so viele Irrtümer verbreitet, wie über die Juden. Und wir sind durch unsere geschichtlichen Leiden so gedrückt und mutlos geworden, [pg 51] daß wir diese Irrtümer selbst nachsprechen und nachglauben. Eine der falschen Behauptungen ist die unmäßige Handelslust der Juden. Nun ist es bekannt, daß wir dort, wo wir aufsteigende Klassenbewegung mitmachen können, uns eilig vom Handel entfernen. Weitaus die meisten jüdischen Kaufleute lassen ihre Söhne studieren. Daher kommt ja die sogenannte Verjudung aller gebildeten Berufe. Aber auch in den wirtschaftlich schwächeren Schichten ist unsere Handelslust keineswegs so groß, wie angenommen wird. In den östlichen Ländern Europas gibt es große Massen von Juden, die keine Handeltreibende sind und vor schweren Arbeiten nicht zurückschrecken.

( Der Judenstaat. )

Die Juden haben infolge der langen bürgerlichen Ehrlosigkeit eine oft krankhafte Sucht nach Ehre, und ein jüdischer Offizier ist in dieser Beziehung ein potenzierter Jude.

(Der Zionismus.)

Das römische Ghetto! Mit welchem hämischen und niedrigen Haß man sie verfolgte, die armen Leute, deren großes Verbrechen die Glaubenstreue gewesen. Wir haben es jetzt viel weiter gebracht: man macht dem Juden nur mehr die krumme Nase zum Vorwurf, sowie das Geld, auch wenn sie keines haben.

( Buch der Narrheit )

Nur die sichtbaren Ghettomauern sind gefallen.

( Das neue Ghetto. )

[pg 52] Das Ghetto existiert noch überall, wie unsichtbar auch seine Mauern seien. Das Ghetto besteht im Mißtrauen der Gentiles, im Zusammenhocken der Juden und in der Scheu, die Zusammengehörigkeit einzugestehen. Einer der vielen wunderlichen Widersprüche unseres Volkslebens ist: daß wir weit auseinandergestreut und doch auf allen einzelnen Punkten unbehaglich zusammengepreßt sind.

(Der ewige Jude.)

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