DER UNTERGANG DER WESTJUDEN

In der Judengasse waren sie ehrlos, wehrlos, rechtlos, und als sie die Gasse verließen, hörten sie auf Juden zu sein. Beides mußte da sein: Freiheit und Gemeingefühl.

( Altneuland. )

Wer untergehen kann, will und muß, der soll untergehen. Die Volkspersönlichkeit der Juden kann, will und muß aber nicht untergehen. Sie kann nicht, weil äußere Feinde sie zusammenhalten. Sie will nicht, das hat sie in zwei Jahrtausenden unter ungeheuren Leiden bewiesen.

( Der Judenstaat. )

Ich sprach schon von unserer „Assimilierung“. Ich sage keinen Augenblick, daß ich sie wünsche. Unsere Volkspersönlichkeit ist geschichtlich zu berühmt und trotz aller Erniedrigungen zu hoch, als daß ihr Untergang zu wünschen wäre. Aber vielleicht könnten wir überall in den uns umgebenden Völkern spurlos aufgehen, wenn man uns nur zwei Generationen hindurch in Ruhe ließe.

( Der Judenstaat. )

Die Abtrünnigen entkamen dennoch nicht, und es erging ihnen wie den Flüchtigen aus einer verseuchten Gegend. Sie waren verdächtig und blieben gleichsam in der Quarantaine liegen. Marranen hießen im Mittelalter die getauften Israeliten in Spanien. Das Marranentum war die Quarantaine der entflohenen Juden.

( Altneuland. )

[pg 56] Ganze Aeste des Judentums können absterben, abfallen; der Baum lebt.

( Der Judenstaat. )

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