Niemand ist stark oder reich genug, um ein Volk von einem Wohnort nach einem andern zu versetzen. Das vermag nur eine Idee. Die Staatsidee hat wohl eine solche Gewalt. Die Juden haben die ganze Nacht ihrer Geschichte hindurch nicht aufgehört, diesen königlichen Traum zu träumen: „Uebers Jahr in Jerusalem!“ ist unser altes Wort. Nun handelt es sich darum, zu zeigen, daß aus dem Traum ein tagheller Gedanke werden kann.
( Der Judenstaat. )
[pg 19] Von irgend einem Einzelnen betrieben, wäre es eine recht verrückte Geschichte — aber wenn viele Juden gleichzeitig darauf eingehen, ist es vollkommen vernünftig, und die Durchführung bietet keine nennenswerten Schwierigkeiten. Die Idee hängt nur von der Anzahl der Anhänger ab.
Die Juden, die wollen, werden ihren Staat haben und sie werden ihn verdienen.
( Der Judenstaat. )
Durch den Ernst und die Ruhe unserer Beratungen können wir das Ansehen dieser Tribüne immer höher heben. Durch Unbesonnenheiten und Gezänke würden wir es rasch zerstören. Diese Tribüne wird so hoch sein wie die Reden, die man auf ihr hält. Unseren Worten verleiht keine äußere Macht Nachdruck; wenn sie also irgend eine Bedeutung haben sollen, kann es nur von der inneren Macht der Idee kommen und von der Reinheit der Gesinnungen, welche hier verkündet werden. Das muß sich jeder von uns beständig vor Augen halten, wenn er hier für das jüdische Volk und zum jüdischen Volk sprechen will.
(III. Kongreßrede.)
Es ist merkwürdig, daß wir Juden diesen königlichen Traum während der langen Nacht unserer Geschichte geträumt haben. Jetzt bricht der Tag an. Wir brauchen uns bloß den Schlaf aus den Augen zu reiben, unsere Glieder zu strecken und den Traum in Wirklichkeit zu verwandeln.
(A Solution of the Jewish Question.)
[pg 20] Alte Gefangene gehen nicht gern aus dem Kerker. Wir werden sehen, ob uns schon die Jugend, die wir brauchen, nachgewachsen ist; die Jugend, welche die Alten mitreißt, auf starken Armen hinausträgt und die Vernunftgründe umsetzt in Begeisterung.
( Der Judenstaat. )
Eine Fahne, was ist das? Eine Stange mit einem Fetzen Tuch. Nein, mein Herr, eine Fahne ist mehr als das. Mit einer Fahne führt man die Menschen, wohin man will, selbst ins Gelobte Land.
Für eine Fahne leben und sterben sie, es ist sogar das Einzige, wofür sie in Massen zu sterben bereit sind, wenn man sie dazu erzieht. Glauben Sie mir, die Politik eines ganzen Volkes — besonders wenn es so in aller Welt zerstreut ist — macht man nur mit Imponderabilien, die hoch in der Luft schweben.
(Herzl und Baron Hirsch.)
Auch das Ideal wird immer neu geboren, und es gibt Renaissancen, die unsereiner nicht mehr begreift.
( Altneuland. )
Wir verstehen, daß für eine Gemeinschaft von Menschen das Ideal ein Nutzen, ein Vorteil — sagen wir es heraus: daß es unentbehrlich ist. Das Ideal zieht uns hinan.
( Altneuland. )
[pg 21]