V

Ein gewisses Brummen, das du hast ausgehen lassen, fasse ich als Zeichen auf, daß ich wie jene dir hoffentlich bekannte Bärenbraut dich richtig gekraut und gekrabbelt habe. Sogleich werde ich übermütig und gehe vom antiken Gottesbegriff, der dir offenbar kongenialer ist, zum christlichen über. Insofern nun Gott nie etwas anderes sein kann als die eine Kraft, von der alle Kräfte ausgehen und in die alle Kräfte münden, stimmen natürlich die Gottesbegriffe aller reifen Völker im wesentlichen überein. Doch gibt es auch einen wesentlichen Unterschied zwischen antiker und christlicher Gottesauffassung, der dir um so störender sein wird, als du ihn vermutlich nur spürst und nie Lust gehabt hast, ihn genau zu untersuchen. Wenn ich dir nun zum voraus schwöre, daß das Christentum trotz des Unterschiedes doch die Erfüllung der Sehnsucht der ausgehenden Antike war, weswegen es ja auch bei den Griechen sich befestigte und nicht bei den Juden, so wirst du mir von vornherein geneigter zuhören.

Der christliche Gott ist, wie du weißt, ein offenbarter und ein dreieiniger Gott, das heißt: er offenbart sich dreifach. Schon die Alten wußten, daß Gott in seiner Majestät von den Menschen nicht ertragen werden kann: Semele wurde von Zeus verzehrt, als sie ihn in seiner Göttlichkeit schauen wollte. Das reine Sein, die Kraft an sich, ist den Sinnen nicht zugänglich. Wir können auch nichts darüber aussagen, denn es ist jenseit aller Gegensätze, und Eigenschaften sind erst im Gegensatz wahrnehmbar. Eigenschaften gehören einem Einzelnen zu eigen, Gott ist aber nichts Einzelnes, sondern das Ganze. Insofern Gott nichts Einzelnes ist, ist er zugleich das Nichts, denn nichts heißt nicht etwas; das Nichts und das All ist also dasselbe. Ein Gegensatz zu Gott wäre demnach doch vorhanden, nämlich das Einzelsein oder die Vielheit; aber dieser Gegensatz ist im Sein enthalten, wie die Heilige Schrift sagt: in ihm leben, weben und sind wir.

Das indessen können wir doch vom Wesen Gottes aussagen, daß er Geist ist; denn Gott an sich ist unsichtbar. Ferner kann er nichts anderes sein als Kraft; denn Gott kann nicht leidend sein; sein Wesen ist Wirken. Eine Kraft, ein ewig Wirkendes, ist aber ohne einen Stoff, ein Passives, auf das sie wirken kann, nicht zu denken; Gott und die Welt sind nur für unser Begriffsvermögen zu trennen, wir sind gezwungen, zeitlich und räumlich zu denken und sagen also: Gott schuf die Welt, als ob die Kraft irgendwann einmal ohne Stoff gewesen wäre. Daß das Sein wird, richtiger ausgedrückt, daß mit der werdenden Erscheinung ein unsichtbares Sein verbunden ist, von welchem sie abhängt, ist ein Geheimnis, auf das man immer wieder stößt, wenn man sich mit den letzten Dingen beschäftigt, und vor welchem es geboten ist innezuhalten. Die Welt wäre ein öder Mechanismus, wenn dies Geheimnis nicht wäre.

Bei Gott ist alles auf einem Haufen, sagte Luther; das heißt: er ist jenseit von Zeit, Raum und Vielheit. Da wir hier aber an der Grenze der göttlichen Majestät stehen, glaube ich den mythischen Ausdruck gebrauchen zu dürfen: Gott schuf die Kreatur. Luther sagte gewöhnlich Kreatur, um die gesamte Erscheinung, den gesamten Nicht-Gott zu bezeichnen; wir sind gewohnt, von Stoff, Schöpfung, Welt zu sprechen. Nehmen wir das Bewußtsein als Standpunkt, so sagen wir nicht, Gott schuf die Welt, um etwas zu haben, worauf er wirken könne, sondern um sich zu erkennen, um seiner bewußt zu werden. Auch dies ist wieder mythisch ausgedrückt, da ja Gott natürlich nichts fehlt, und wir ihn uns als von jeher so gut selbstbewußt wie unbewußt vorstellen müssen. Wir können aber die Tatsache, daß man zugleich nichtbewußt und selbstbewußt sein kann, mit dem Verstande nicht fassen, obwohl wir sie fühlen können, da wir sie an uns selbst erfahren. Und dabei will ich gleich bemerken, daß wir immer von uns auf Gott und von Gott auf uns schließen können, was mir, als ich zuerst darauf kam, einen geheimnisvollen und fast schauerlichen Eindruck machte. Doch ist es durchaus nicht merkwürdig, sondern folgt mit Notwendigkeit daraus, daß Gott uns zu seinem Bilde schuf, um sich in uns zu erkennen.

Gott schuf das Abbild seiner selbst, seinen Sohn, ihm zum Ebenbilde, sich ganz gleich, Christus, den Erstling seiner Kreatur. Aber als er erschaffen war, schlief er; er war ganz Stoff, ganz Passivität, ganz unbewußt. Wie sollte sich Gott, die pure Kraft, im puren Stoff erkennen? Der Schläfer mußte die Augen öffnen, damit Gott hineinsehen könne. Um ihn sehend zu machen, nahm Gott mit ihm dasselbe vor, was er mit sich vorgenommen hatte, um selbst bewußt zu werden: er spaltete ihn in zwei, das heißt: er machte aus dem ganzen Menschen, der Christus hätte sein sollen, das Menschenpaar, Adam und Eva, den aktiven Mann und das passive Weib. Mit dieser Teilung oder Polarisierung, die durch die gesamte Schöpfung geht, entstand noch etwas, nämlich die Schlange oder der Teufel. Gott konnte sich nur in einer Kraft selbst erkennen, das ist klar; denn die Kraft oder Aktivität ist ja sein Wesen; diese Kraft mußte aber von ihm unterschieden sein, denn sonst wäre sie ja mit ihm selbst eins, und der Zweck des Sicherkennens könnte nicht erzielt werden. Ein Sein oder eine Kraft aber, die nicht Gott ist oder sein darf, muß Gott entgegengesetzt sein, sozusagen ein Gegengott; denn er ist ja aus Gott, hat aber die Aufgabe, nicht Gott selbst zu sein. Ich finde, man stellt sich das am besten vor, wenn man sich Gott als einen Strahl denkt, der sich durch irgendeine Materie hemmt und spiegelt, gegen sich selbst umbiegt; noch besser als Sonne, deren unendliche Strahlen vom unendlichen Stoffe zurückgeworfen werden. Dieser abgeleitete oder reflektierte Strahl ist Gott und Teufel, Gott insofern er aus Gott, göttliche Kraft ist, Teufel insofern er sich für Gott selbst hält und dadurch Usurpator, Rebell, Gegengott wird.

Die Selbstsucht im allereigentlichsten Sinn, die Sucht, alles auf sich zu beziehen, sein Ich, das in Wirklichkeit nur Mittelpunkt einer Einzelheit und Trabant des All-Mittelpunktes ist, für einen selbständigen Mittelpunkt zu halten, diese Selbstsucht ist es, was in der Bibel und bei Luther der Teufel oder das Böse genannt wird. Das Böse soll nicht sein, aber es muß sein, damit Gott sich selbst erkennen, oder, wenn du lieber willst, damit Leben sein kann. Gott ist ein Gott des Lebens, heißt es in der Bibel, Gott hat Lust zum Leben. Ohne Gegensatz aber, ohne die zwischen zwei entgegengesetzten Polen entstehende Spannung ist kein Leben denkbar: ohne das menschliche Ich wäre nur Allsein, das gleichbedeutend mit Nichtsein ist.

Du könntest die Notwendigkeit des Teufels oder des Bösen mythisch auch so erklären: die pure Aktivität müßte notwendigerweise die pure Passivität zerstören; die Aktivität muß sich also eine Hemmung, einen Widerstand setzen, damit der Stoff, den sie braucht, um zu wirken, nicht verzehrt wird. Diese Hemmung gibt sich Gott, indem er dem Stoff Odem einbläst, ihm einen Teil seines Wesens, seiner Kraft gibt, die er selbständig für sich benutzen nicht nur darf, sondern sogar muß, damit Gott nicht nur eine zerstörende, sondern zugleich eine schaffende Kraft ist. Wir haben also den merkwürdigen Fall, daß der Teufel, die menschliche Ichsucht, da sein muß, damit Gott kein Teufel ist.

Mißverstehe mich aber bitte nicht so, als hätte ich gesagt, der Mensch, oder die aktive Kraft des Menschen, und der Teufel wären ein und dasselbe. Die Kraft ist ja ihrem Wesen nach göttlich; teuflisch ist nur der Irrtum des Menschen, seine Einzelkraft für Gott selbst zu halten. Gott liebt die Welt, weil er weiß, daß sie aus ihm und in ihm ist: Liebe ist Bewußtsein der Zusammengehörigkeit. Solange der Mensch dies Bewußtsein, daß alle erscheinenden Kräfte Ausstrahlungen der göttlichen Kraft sind, nicht hat, sondern seine Kraft für den Mittelpunkt hält, ist er dem Teufel verknechtet. Der Teufel ist also nur etwas Negatives, ein Irrtum, ein Mangel an Erkenntnis, und kann deshalb nicht selbst als Person im Fleisch erscheinen. Er ist nur bei der Erschaffung der Welt mit entstanden, wie der Schatten eine Begleiterscheinung von Licht und Körper ist.

Mit der Körperwelt, die ausgedehnt ist und im Raum erscheint, ist der Kampf ums Dasein gegeben. Seiner göttlichen Art nach muß jedes Wesen überall und immer sein wollen, was nur im Sein, nicht aber in der Außenwelt bei der Undurchdringlichkeit der Körper sein kann. Leicht beieinander wohnen die Gedanken, doch hart im Raume stoßen sich die Sachen, heißt es bei Schiller. Durch die Undurchdringlichkeit der Körperwelt, dadurch, daß sie das Licht nicht durchläßt, das heißt eben dadurch, daß sie auch Stoff und nicht nur Kraft ist, entsteht der Schatten. Der Schatten steht zum Lichte in einem gegensätzlichen Verhältnis, indem der Schatten wächst, wenn das Licht abnimmt, und umgekehrt. Wäre kein Schatten, wäre lauter Licht, es wäre dann aber auch nichts Einzelnes, das heißt nichts. Dasselbe läßt sich vom Teufel sagen: er ist nicht seiend und nicht erscheinend, er hat keinen Körper, ist aber von der körperlichen Welt unzertrennlich. Luther nennt den Teufel häufig den Affen Gottes, insofern alles, was der selbstbewußte Mensch denkt und tut, eine Nachahmung göttlichen Denkens und Tuns ist, oder insofern der selbstbewußt gewordene Mensch das mit Absicht ausführt, was der instinktive Mensch unbewußt tut.

Der wesentlich aktive, selbstische, alles auf sich beziehende Mensch ist der Mann. Es würde, da es unzählig viele Ichs gibt, ein beständiger Krieg aller gegen alle herrschen, wenn der Mann nicht in sich und außer sich eine passive Hälfte hätte; die passive Hälfte, die er außer sich hat, ist das Weib. Daß das Weib, wesentlich Stoff, Gott zugehört, ist schon daraus ersichtlich, daß er durch sie, ohne Mitbetätigung ihres bewußten Willens, Menschen schafft; das Weib gestaltet unwillkürlich im Stoffe. Aus der Schöpfungsgeschichte weißt du, daß die Schlange Eva, nicht Adam verführte; denn sie, die mit Gott Verbundene, mußte fallen, wenn Gott gestürzt werden sollte, und ihre Schwäche bot auch einen Angriffspunkt. Als Stoff gut, selbstlos, deshalb aber auch unendlich verführbar, gab sich Eva wirklich dem Gegengott hin, was die Fortpflanzung, die Entwickelung, das Leben erst möglich machte. Das Weib liebt nicht Gott, die Güte, sondern den Selbstsüchtigen, der sie leiden macht, weil er nur sich selbst lieben kann. Durch das Leiden kommt sie, weil Leiden bewußt macht, zur Erkenntnis ihres Herrn und stellt die Verbindung zwischen der Welt und Gott wieder her. Die Bestimmung der Frau ist, die selbstische, verteufelte Welt mit Gott zu verbinden, der Genius und Schutzgeist des Mannes zu sein, wie auch in Sage und Geschichte die Frau als diejenige auftritt, die den Mann zu großen Taten anregt, ihm gegenüber die göttlichen Gedanken vertritt. Oft allerdings, wenn sie mehr ihm als Gott dient, vertritt sie auch seine teuflischen Gedanken, wovon Lady Macbeth ein Beispiel ist. Heute ist die Frau nicht mehr der Genius des Mannes, weder im Guten noch im Bösen, weil keine Nachfrage mehr nach solchen Frauen ist. Der heutige Mann, ganz weltlich, will nur ebensolche Frauen, oder, schwankend zwischen Welt und Gott, will er sie entweder moralisch oder was man erotisch nennt; den reinen Atem der göttlichen Natur fühlt er nicht oder er ist ihm zu stark, der nur abwechselnd gereizt und in Ordnung gehalten werden will.

Nun aber hat der Mann auch eine passive Hälfte in sich, wie ihrerseits die Frau auch eine aktive Seite hat. Der bloß aktive Mann wäre ein Teufel, etwas nicht Existierendes, die bloß passive Frau wäre purer Stoff, was es ebensowenig gibt. Ganz ohne inneren Gegensatz lebt nichts. Jeder Mann ist auch durch sich selbst mit Gott verbunden, in sehr wechselnden Graden, jede Frau ebenso durch sich selbst mit der Welt. Der Mann im eigentlichen Sinne aber, seinem Wesen nach, ist aktiv, persönlich, selbstisch, teuflisch, wie die Frau ihrem Wesen nach passiv, unpersönlich, unselbständig, Gott angehörig. Insofern jedoch steht der Mann seinem Wesen nach Gott näher, als er Kraft ist. Es ist wohl eine Entschuldigung, zugleich aber das Verdammungsurteil der Frau, daß, wenn sie böse ist, die Ursache immer Liebe zu einem Manne ist; denn das zeigt ihre stoffliche Natur an. Daraus ist zu erklären, daß alte Theologen der Frau die Fähigkeit absprachen, in den Himmel zu kommen. Indessen sagte Luther, obwohl sonst so gut paulinisch: „Wenn aber kein Mann predigt, so wäre vonnöten, daß die Weiber predigen.“ Er fühlte, daß Mann und Frau bestimmt sind, alle Stufen der Entwickelung durchzumachen, in der Weise, daß der Mann seine passive, die Frau ihre aktive Seite auszubilden hat. Offenbar wird das der Frau sehr schwer, da sie trotz der unsäglichen Leiden, die aus ihrer Passivität fließen, immer wieder in dieselbe zurücksinkt.

Ich bewundere das an Luther, daß er, der das Teuflische in sich und außer sich so leidenschaftlich bekämpfte, doch die Notwendigkeit, ich möchte sagen die Würde des Teufels erkannte. Er sagt von sich selbst, daß er ohne den inneren Widersprecher, den Teufel, nie zu seiner Theologie gekommen wäre, und gelegentlich auch, daß die Anfechtungen Gott lieb wären, wenn sie zur wahren Erkenntnis führten. Es ist der Fehler vieler sogenannten Frommen, daß sie den Teufel aus der Welt schaffen wollen und von einem Himmel träumen, wo lauter Güte und Frieden sein soll. Dadurch verleiden sie Christentum, Religion und Frömmigkeit; denn jeder Mensch, wenigstens jeder naive Mensch, hat den Instinkt, den ewigen Sonntag und Engelsgesang unerträglich langweilig zu finden. Luther vergaß nie, daß der Teufel ein Fürst und von Gott zugelassen, ja auch in Gott ist; seinen Gegnern gegenüber betont er und belegt mit biblischen Beweisstellen, daß Gott auch in der Hölle gegenwärtig zu denken ist. An diese Notwendigkeit des Gegensatzes denken diejenigen von Luthers Anhängern nicht, die ihrer Verehrung gelegentliche Worte des Bedauerns über die vermeintlichen Schattenseiten seines Charakters glauben hinzufügen zu müssen, über seinen Stolz, seine Heftigkeit, seine Kampflust, seinen Starrsinn. Ja, wäre er ein Engel im landläufigen Verstande gewesen, so wäre er kein großer Mann gewesen. Es gibt Menschen, die behaupten, eine ganz einfache Frau oder ein Kind, womöglich ein Negerkind, wäre ein größeres Genie als zum Beispiel Beethoven – Leute, die an Entkräftung leiden und sich darum nach der Gott vermittelnden Passivität zurücksehnen. Natürlich kann man niemand hindern, bloßen Instinkt Genie zu nennen, nur wird sich der Betreffende dann mit der Mehrzahl der Menschen schwerlich verständigen, die unter Genie wesentlich die schaffende Kraft verstehen. Und dazu gehört eben beides: auch maßloses Sichselbstwollen und Sichselbstbekennen, der Teufel. Luzifer, der erste Rebell, war der schönste unter den Engeln; Adler und Löwen sind göttliche Geschöpfe, obwohl sie Lämmer zerreißen, weiße, unschuldige Tiere. Man kann als psychologisches Axiom aufstellen, daß ein Wesen desto größer ist, je größere Gegensätze es umfaßt. Das gerade ist die unsägliche Herrlichkeit Gottes, daß er den Teufel in sich begreift. Er spaltete sich in positive und negative Kraft, um in der Überwindung der zwischen diesen entgegengesetzten Kräften entstehenden Spannung Leben zu schaffen.

Macht es dir als Mann Vergnügen, daß ich die Domäne des Mannes feiere? Ach, die modernen Männer haben wenig Ursache, sich des Teufels zu rühmen: seine Zeit ist um. Das Flämmchen, das unter seinen Füßen knistert, langt gerade noch, um ein Mädchenherz oder eine Zigarre damit zu entzünden, die Hauptmasse des Feuers treibt Fabriken. Ich weiß nicht, wie weit das auf dich paßt; aber ich bilde mir ein, du habest auch lechzende Zungen eingemauert. Wäre nicht eine verheerende Feuersbrunst schöner gewesen?

Die Leute haben sich stets am Übel in der Welt gestoßen, haben Gott gern das Böse zum Vorwurf gemacht, haben gemeint, sie, als Gott, würden eine Welt ohne Teufel schaffen; nun werden ihnen alle diese Rätsel durch das Aussterben des Teufels erklärt. Es wird ihnen klar werden, daß, wenn der Teufel stirbt, zugleich auch Gott stirbt, für uns wenigstens, denen er sich in der Welt offenbarte. Das Verschwinden der Schatten zeigt an, daß die Sonne untergegangen ist; sie ist nicht tot, aber wir sehen sie nicht mehr, bei uns ist Nacht. Nun würden wir sie auch mit den Fackeln des Nero licht machen.

Ein Werk wie Burckhards Kultur der Renaissance und eine Erscheinung wie Nietzsche sind der Schrei der Menschheit nach dem Teufel, der ebenso berechtigt ist wie der Schrei nach dem Kinde. Nur lassen weder Kind noch Teufel sich willkürlich hervorbringen, und wenn ich daran denke, wie viele junge Leute sich bengalisch beleuchten, um den Anschein von Hölle zu erzielen, so überläuft mich ein Grauen vor möglichen Mißverständnissen. Es gebärdeten sich ja zu Nietzsches Zeit viele als blonde Bestien, die nicht Tierheit genug zu einem einfältigen Meerschweinchen in sich hatten. Aber du, Geliebter, wirst keinen Verein für Sünder gründen, noch für dich allein Mustersünden im Treibhaus züchten, insofern kann ich mich auf dich verlassen. Luzifer verachtet ja den dummen und den bösen Teufel, seine Vorläufer; ich zürne ihm um so mehr, als er eben, unwillkommenes Licht bringend, am Himmel aufgeht und die Nacht, wo du mir zuhörst, beendet.

Share on Twitter Share on Facebook