Die Milchbrüder.

Die geschlechtgenossenschaftliche Rechtgemeinschaft (bratstvo, pleme, gr. Phratrie, Phylē) geschlechterrechtlicher Verbände führte zur territorialgenossenschaftlichen Organisation über. Diese bildete bei Slaven und Germanen gleichermassen die Grundlage für die darauf sich erhebenden herrschaftlichen Verbände, denen sich nach Umständen das Häuptling- und Königtum der daneben einhergehenden kriegerischen Organisation aufnötigte1. Die geschlechterrechtliche Gemeinschaft braucht zu ihrer gedeihlichen Entwicklung und zu ihrem dauernden Bestande ungestörten Frieden, die herrschaftliche dagegen erheischt unablässig Krieg mit den Nachbarn. Fehlt ein solcher, dann macht sie sich innerhalb ihres heimischen Gebietes der Bevölkerung fühlbar und unterdrückt sie. Es erfolgt ein Gegendruck und es entstehen Reibungen, bei denen mitunter die eine der Organisationformen auch völlig in die Brüche geht.

In Bosnien und dem Herzogtum lastete auf den geschlechterrechtlichen Genossenschaften, die sozial das arbeitende Volk darstellten, neben der Wucht der kriegerischen Organisation (Königtum und Adel) noch die kirchliche, eine unproduktiver als die andere, eine mehr als die andere vom Marke des Volkes zehrend, zum Überfluss beide noch miteinander im aufreibenden Kampfe um die Herrschaft und die unumschränkte Volkknechtung. Nach der jedenfalls auf gründlichem, historischem Material fussenden Ermittlung des bosnischen Franziskanerfraters Bōžić gab es zur Zeit der Eroberung Bosniens durch die Türken in dem Gebirgländchen zweihundert und dreiundsiebzig (273) Franziskanerklöster, ungerechnet die Zweiganstalten und sonstige Ordenklöster! Man darf annehmen, dass das einrückende türkische Heer mit ausgelassenem Jubel als ein Befreierheer vom Volke begrüsst worden sei. Dafür zeugt mittelbar die Tatsache, dass die Besitzergreifung oder Unterwerfung des Landes buchstäblich ohne Blutvergiessen innerhalb dreier Tage erfolgte und an einem einzigen Tage siebzig der wohlbefestigten Burgen ihre Tore den Türken gastlich aufschlossen. Bosnisch-slavisches Königtum mit seiner Adelherrschaft verschwand fast spurlos von der Bildfläche, von den Mönchklöstern blieben ihrer nur sechs oder acht von der Volkwut verschont und behaupteten sich bis auf unsere Tage. Alle übrigen hat das Volk gründlich zerstört. Um mit der Vergangenheit völlig zu brechen, nahm der grössere Teil der bäuerlichen Bevölkerung freiwillig den Islam an.

Nicht umsonst; denn unter dieser neuen Decke konnte sich die nationale geschlechterrechtliche Organisation weiter behaupten, ja auch sogar die altursprüngliche slavische kriegerische Organisation, die Volkmiliz, die zur Sicherung der geschlechterrechtlichen diente, ohne Eroberungzwecke (Gebieterweiterungen) anzustreben, wie wir sie im Hajdukentume erkennen, lebte neu auf. Fast auf zwei Jahrhunderte hinaus ward dadurch dem Lande ein Frieden erworben, der einen noch gar nicht ausreichend gewürdigten Aufschwung der in den orientalischen Kulturkreis miteinbezogenen Bosnier und Herzogländer hervorrief.

Dieses Völklein betrachtete sich als des Padišāh getreueste Gefolgschaft. Eine Änderung in dieser eingewurzelten Überzeugung bahnten erst allmählich einzelne grossherrliche Statthalter (Vali), Paša’s und sonstige Beamten an, die als Hofgünstlinge von Stambol her in das Land zur Belohnung verschiedener geheimer Tugenden versetzt worden waren. Solche Leute verstanden nicht oder wollten den vorhandenen gesellschaftlichen Zustand nicht verstehen, stellten sich in einen schroffen Gegensatz zu ihm und machten sowohl sich als des Sultans väterliche Herrschaft verhasst.

Das ist der soziale Hintergrund, auf dem sich die Hauptbegebenheiten unseres nachfolgenden Guslarenliedes abwickeln. Sie geben uns ein, wenn auch dichterisch verklärtes, doch immerhin überaus lehrreiches Beispiel, wie sich dieser Kampf zweier Organisationformen im einzelnen zuweilen abspielt. Beg Ljubović von Nevesinje war in Handelgeschäften — die Begriffe Edelmann und Grosshändler decken sich gewöhnlich auf der genossenschaftrechtlichen Stufe — in das venezisch-dalmatische Gebiet gereist und hatte einen Abstecher nach Zara gemacht. Der Provveditore gibt den Auftrag ihn zu blenden. Der Beg tötet aus Notwehr den Angreifer und rettet sich durch die Flucht. Darauf setzt sich der Provveditore mit dem Paša von Banjaluka wegen Ermordung Ljubović’s ins Einvernehmen. Das Vorgehen des Italieners widersprach ganz und gar der vertragmässig zwischen der Republik Venedig und der Hohen Pforte zu Kraft bestehenden Abmachung, war aber trotzdem dazumal gang und gäbe. Dieses Staatswesen ging klipp und klar seiner dalmatischen Besitzungen vorzüglich dank seiner hochadeligen militärischen Beamten verlustig, die mit sinnloser Willkür und Gewaltherrschaft das slavische Volk im Lande und in der Grenznachbarschaft ständig in Aufruhr erhielten2.

Der gleichfalls namentlich nicht genannte Paša von Banjaluka war des Provveditore’s würdiges Seitenstück. Beide, Vertreter zügelloser Eigenmächtigkeit, fanden sich trotz religiöser und nationaler Verschiedenheit leicht zusammen in ihren Zwecken und Zielen. Ljubović und das Gebiet von Nevesinje unterstanden dem Paša durchaus nicht. Das beengte ihn aber wenig. Er sandte gemütlich eine Mörderschar zur Vollstreckung der Untat ab. Die Leute verübten in Abwesenheit des Begs Greuel und büssten sie bald darauf. Den Streit zwischen Ljubović und dem Paša, auf einmal dem Wahrer des Rechtes und des staatlichen Ansehens, löst im Liede — ein Wunder.

Ljubović’s Milchbruder Stefan Majković besteht für den Sultan gegen einen Araber einen Zweikampf, rettet dem Sultan das Leben, rettet den Staat, rettet damit den Beg und erwirbt zugleich das Recht, über den Paša abzuurteilen. Der Araber! Das ist ein guter, alter Bekannte. Der muss ebenso in der serbischen als der bulgarischen Guslarenepik den Ruhm der heimischen Helden begründen helfen. Im Kampfe mit Orlović ist er noch dreiköpfig3, in älteren Zeiten und bei älteren Völkern war er gewöhnlich mehrköpfiger, und eigentlich war er von Ursprung ein menschenfressender Drache.

Vielleicht trug zur Behauptung dieser Sage im poetischen Volkbewusstsein auch der im XIV. und XV. Jahrhundert in der Türkei übliche Brauch militärischer Bravourduelle bei. »In damaliger Zeit,« so schildert der Biograph Skanderbegs die Verhältnisse, »wo die persönliche Kraft des Einzelnen noch häufig massgebend für den Sieg war, herrschte auch in Friedenzeiten der Brauch, dass einzelne, besonders kampfgeübte Streiter von Stadt zu Stadt zogen, um die Tapfersten zum Zweikampf herauszufordern«4.

Möglicherweise liegt unserer Liedschlussepisode ein solches Ereignis zu Grunde, nur ist die Sache keineswegs wahrscheinlich. Ljubović und Majković übergeben sich ohne Wehr und Waffen dem Abgesandten des Sultans, der mit einem Heere ihre Burg umlagert: denn gegen den Kaiser gibt es keinen Kampf. Der Guslar sagt es selber, und es entspricht dem Gewohnheitrecht der Völker. Nicht einmal den Häuptling einer Hajdukenrotte darf einer der Pfadgenossen zum Zweikampf herausfordern, um wieviel weniger einer aus dem Volke den mit Göttlichkeitmacht ausgestatteten Sultan! Das Rechtsprichwort drückt dies so aus: muluć samo na muluća! (Der Herrscher kämpft wieder nur mit einem Herrscher). Dies gilt schon zu Recht bei der primitiven kriegerischen Genossenschaft. Geraten zwei derartige Verbindungen in Streit, so kämpfen die Häuptlinge einen Zweikampf aus, während die beiderseitigen Rotten müssig zuschauen. Gewöhnlich schliesst sich dann die Rotte des unterlegenen, der Rotte des obsiegenden Häuptlings friedlich an. Erst die spätere Entwicklung der Organisation, wenn einmal die Rottenhäuptlinge zu Landgebietern von geheiligter und unantastbarer Gestalt geworden, brachte es zu Wegen, dass die Hauptinteressenten, selber in gesicherter Ferne, mit Hilfe ihrer Getreuen einander bekriegten; dass sich also die Untertanen gegenseitig hinschlachteten, um ihre kindische Neugier zu befriedigen, für welchen der zwei Gebieter die Hinterbliebenen in Zukunft zu roboten und zu darben haben werden.

Der Bericht leidet auch darunter, dass ein so unmittelbares Eingreifen des Sultans in eine verhältnismässig geringe Provinzialangelegenheit unglaublich, weil unnötig erscheint. Ljubović konnte sein Recht beim Vali suchen, der es schwerlich geduldet haben würde, dass ihm der armselige Paša von Banjaluka ins Handwerk pfusche. War aber der Paša beim Vali Liebkind, so gab es wirksamere Mittel als einen Zweikampf, um ihn umzustimmen. Zu einem Vali pflegt man mit grossem Nachdruck (von so und so viel Beuteln Goldes) zu reden. Ist die strittige Angelegenheit auf diese nicht ungewöhnliche Weise ins Reine gebracht worden, so lag es gewiss zunächst im Vorteil Ljubović’s, seinen Hof- und Burgguslaren darüber nicht aufzuklären, sondern es vielmehr dessen dichterischer Begabung anheimzustellen, eine minder prosaische Lösung zur Aufklärung des Volkes über das Geschehnis zu erfinden.

Der Christ Majković als Milchbruder des Moslims Ljubović und dessen Hausgenosse ist nicht als eine Ausnahmerscheinung zu betrachten5. Die heimischen Moslimen waren auf demselben Baum, auf dem ihre christlichen Volkgenossen gewachsen. Sprache, Sitte und Brauch, Rechtanschauung und Religion waren ihnen gemeinsam. Man muss ausdrücklich sagen: Religion; denn sowenig dem einen der Islam, war dem anderen das Christentum vertraut; gottlob, es ist bis auf den heutigen Tag nicht um vieles hierin anderes geworden, sonst wäre es mir nicht möglich gewesen, mein Buch über Volkglauben und religiösen Brauch der Südslaven, so wie es voll Heidentum geraten ist, zu verfassen und die Anthropophyteia herauszugeben. Es steckt ebensoviel Bosheit und Tücke als Unverstand in der Behauptung eines mir aufsässigen Kritikers, wenn er berichtet (und so mancher schreibt es ihm ohne Überprüfung nach), dass die moslimischen Guslarenlieder meiner Sammlung christenfeindlich gehalten wären6. Die Haltlosigkeit dieser Ausstreuung fällt jedermann in die Augen, der sich nicht scheut, das eine und das andere Lied durchzulesen. Die Helden moslimischer Guslarenlieder fühlten sich nicht als Streiter für den Fanatismus irgendwelcher Derviše berufen, auch führten sie keinen Krieg gegen Weiber, Kinder und christliche Geistliche und Kirchen. Das galt als unritterlich. Die Anfachung des wildgrimmigen Religionhasses geschah und geschieht leider noch immer von Vertretern der Nächstenliebe, der Milde, Versöhnlichkeit und Güte, von Leuten, die das Gelübde der Armut und Keuschheit ablegen, aber dem Reichtum nachjagen und in Polygynie schwelgen, dann von Politikern und von chrowotischen Lügenhistoriographen, die ihre Unfähigkeit, die Wahrheit zu begreifen und zu ergründen, mit erheucheltem Patriotismus und gleichwertiger Treuversicherung für ihren Glauben zu bemänteln suchen.

Der Liedtitel, wie folgt, vom Guslaren.

Majkoviću Ljubovića pobro. Von Majković dem Wahlbruder Ljubović’s.
Gjelep kupi beže Ljuboviću Beg Ljubović treibt Rinderherden auf
po Neretvi, okolo Neretve, an der Narenta, rund um die Narenta,
po Srijemu, okolo Srijema. im Syrmium, rundum im Syrmium.
Silan bezi gjelep pokupili: Die Begen brachten auf gar grossen Auftrieb:
5 pet stotina krava jalovica, fünf hundert Kühe, die noch alle gelt,
pet stotina volov debelijeh; fünf hundert Ochsen, alle feist gefüttert,
naturiše Zadru bijelome. und trieben fort sie nach dem weissen Zara.
Kada bili niz Neretvu ravnu, Als sie in die Narenta-Ebne kamen,
izletješe Neretljani mladi, herbei die jungen Narentaër liefen,
10 Neretljani i Nevesiljani: die Narentaër und die Nevesinjer:
— Ne gon beže volov u kaure! — Treib, Beg, die Ochsen nicht ins Kafirland!
Car i ćesar kavgu načinili, Der Kaiser und der Caesar stehn im Worte,
da ne igje turčin u kaure! es soll kein Türke gehn ins Kafirland!
Oćeš beže izgubiti glavu, Du wirst, o Beg, dabei dein Haupt verlieren,
15 ja li ćeš se beže osužnjiti! wo nicht, o Beg, in Sklaverei verfallen!
Al to beže aje pa ne aje; Drauf hört der Beg, und hört auch nicht darauf;
gjelep stjera Zadru bijelome. zum Zara weiss hinab er trieb den Auftrieb.
Š njime ima dvanajes gončila Viehtreiber zwölf mit ihm sind im Gefolge
i pobro mu Majković Stjepane. und Stefan Majković, sein Herzensbruder.
20 Na rudinam gjelep zastavio; Auf fetten Fluren hielt er an die Herde.
ižljeteše njemački trgovci Die deutschen Kaufherrn kamen hergerannt
pa kupuju krave i volove, und kauften auf die Ochsen und die Kühe;
begu daju mekane rušpije. dem Beg dafür sie reichten weiche Rupien.
Kada beže gjelep priprodavo Nachdem der Beg den Auftrieb ausverkauft,
25 on beśjedi Majković Stjepanu: zu Stefan Majković das Wort er sprach:
— O Stjepane dragi pobratime! — O Stefan, du mein liebstes Bruderherze!
Čuvaj nama konja na rudinam behüt uns auf den Fluren wohl die Rosse
sa našijeh dvanajes gončila, allhier mit zwölf von unsren Rindertreibern,
dok ja odem u vlaškoga Zadra, dieweilen ich ins christlich Zara wandre,
30 da im vidim Zadra i čaršije will deren Zara sehen und den Marktplatz
i u Zadra otkle su mu vrata, und auch in Zara seiner Tore Lage,
da im vidim tablja i topova. besehn die Bastionen und Kanonen.
Onda Stjepan begu beśjedio: Hierauf das Wort zum Begen Stefan sprach:
— Nejgji beže u vlaškoga Zadra! — Du geh nicht, Beg, dahin ins christlich Zara!
35 Car i ćesar kavgu načinili, Der Kaiser und der Caesar stehn im Worte,
da ne igje turčin u kaure. es soll kein Türke gehn ins Kafirland.
Oće li te vlasi poznavati, Leicht können da die Christen dich erkennen,
oćeš ludo izgubiti glavu, du wirst nur tollerweis dein Haupt verlieren,
ja li ćeš se beže osužnjiti! wo nicht, o Beg, in Sklaverei verfallen!
40 Al to beže haje i ne haje, Drauf hört der Beg und hört auch nicht darauf,
vić on ode u vlaškoga Zadra. begab vielmehr sich in das christlich Zara.
A u Zadra otvorena vrata. Von Zara waren offen just die Tore;
Stade beže po čaršiji odat. anhub der Beg zu wandeln auf dem Marktplatz.
Beže gleda Zadra i čaršije Der Beg besichtigt Zara und den Marktplatz
45 pa on śjede na jednom dućanu, und setzt sich letzt auf einen Ladenflügel
stade piti kavu na dućanu. und fängt am Laden an Kaffee zu trinken.
Opazi ga Zadranine bane. Da tät gewahren ihn der Ban von Zara.
Kad on vidje bega Ljubovića, Als Ljubović den Beg er hier erblickte,
oko bana pet stotin katana, (beim Ban fünfhundert Reiter Ehrenwache,
50 us koljeno Sekula sestrić mu. und Sekula sein Schwestersohn zu Füssen)
Bane viknu grlom debelijem: ausrief der Ban mit tiefer Kehlenstimme:
— Nut turčina u našemu Zadru! — Schaut mal den Türken an in unsrem Zara!
Šta će ture u našemu Zadru? Was macht der Türkenkerl in unsrem Zara!
šta uvodi po našemu gradu? was schnüffelt der herum in unsrer Festung?
55 zār on gleda grada i čaršije? Beguckt er denn die Burg nur und den Marktplatz?
Bel ne gleda otklem su mu vrata, Der schaut nicht, traun, wo man das Tor gelassen,
turčin gleda tablja i topova, der schaut die Bastionen und Kanonen,
oće li nam na grad udariti! ob wohl die Festung er berennen dürfte!
Nije l majka rodila junaka, Gebar denn keine Mutter solchen Kämpen,
60 tko b turetu snišo na čaršiju, der auf den Markt hinab zum Türken stiege,
ośjeko mu u ramenu ruku, um abzuhaun die Hand ihm in der Schulter
obadva mu oka izvadio, und beide Augen ihm herauszubohren,
neka slijep po čaršiji voda! dass blind er auf dem Markte wandeln möge?
Svatko šuti a gleda prida se Ein jeder schweigt und schaut vor sich zu Boden,
65 al ne gleda Sekula dijete, doch schaut nicht drein so Sekula der Page,
već daigji beśjedi Sekula: vielmehr spricht Sekula zu seinem Ohme:
— Moj daigja, od Zadarja bane! — O Mutterbruder mein, du Ban von Zara,
šta junaka po jabani tražiš was forschst du in der Fremde nach dem Kämpen,
kat sestrića us koljena raniš? wenn du zu Füssen deinen Neffen nährst,
70 tko ć turčinu na čaršiju snići, der auf den Markt hinab zum Türken steigt,
ośjeć desnu u ramenu ruku, die rechte Hand ihm aus der Schulter haut
obadva mu oka izvaditi, und alle beide Augen ihm herausbohrt,
neka slijep po čaršiji oda! damit er auf dem Markt als Blinder wandle!
Oto reče pa na noge skoči, Das sprach er und dann sprang er auf die Beine,
75 gola mača turi pod dolamu das nackte Schwert er untern Dolman schob
pa on begu na čaršiju snigje: und stieg zum Beg hinab wohl auf den Marktplatz.
— Šta ćeš ture u našemu Zadru? — Was suchst du Türkenkerl in unsrem Zara?
šta uvodiš po našemu Zadru? Was schnüffelst du herum in unsrem Zara?
a zār gledaš Zadra i čaršije? ja, schaust du Zara an und schaust den Marktplatz?
80 zār ti gledaš tablja i topova? Schaust du die Bastionen und Kanonen?
Dera pruži svoju desnu ruku, Geh, strecke deine rechte Hand heraus,
da t ośječem u ramenu ruku! dass ich die Hand dir aus der Schulter aushau!
Beže šuti, ništa ne beśjedi. Der Beg nur schweigt, entgegnet nicht ein Wörtchen.
Opet veli Sekula dijete: Von neuem Sekula der Page spricht:
85 — Pruži ture svoju desnu ruku, — Streck, Türkenkerl, heraus die rechte Hand,
da t ośječem u ramenu ruku! dass ich die Hand dir aus der Schulter aushau!
Beže šuti, ništa ne beśjedi. Der Beg nur schweigt, entgegnet auch kein Wörtchen.
Opet reče Sekula dijete: Von neuem spricht der Page Sekula:
— Pruži ture svoju desnu ruku, — Streck deinen rechten Arm, du Türklein, aus,
90 da t ośječem u ramenu ruku! dass ich die Hand dir aus der Schulter aushau!
Kunem ti se i vjeru zadajem, Ich schwör’ es dir, verpfänd’ mein Ehrenwort,
ośjeću ti na ramenu glavu! Das Haupt ich hau’ herab dir von der Schulter!
Raźljuti se beže Ljuboviću Beg Ljubović geriet in Grimm darob
pa mu pruži svoju desnu ruku. und streckte seinen rechten Arm ihm hin.
95 Trže djete mača ispot skuta, Den Säbel unterm Schoss der Page zückte
ošinu ga po desnici ruci. und führte auf die rechte Hand den Streich.
Kako ga je lako udario So leichthin war der Schlag ihm nur geraten,
mača svoga na dvoje pribijo dass ihm entzweibrach seines Säbels Klinge
a iz ruke vatru prosipavo! und aus dem Arm hervor die Funken stoben!
100 Skoči beže od zemlje na noge Aufsprang der Beg vom Boden auf die Beine,
pa poteže kratku alamanku das kurze Alemannenschwert er zückte
pa ošinu Sekula dijete — und traf damit den Pagen Sekula,
poviš pasa malo natfatio — ein wenig oberm Gurte sass der Hieb,
dvije pole u travu padoše! zwei Hälften kollerten ins Gras hernieder.
105 Kada vidje Zadranine bane, Als da der Ban von Zara ward gewahr,
gje poginu Sekula dijete, wie Sekula der Page kam ums Leben,
zōr učini na svoje katane! zum Sturm befahl er rasend seine Reiter.
A katane bega opkoliše; Die Reiter rasch umzingelten den Beg,
brani jih se beže Ljuboviću. Beg Ljubović sich ihrer weiss zu wehren.
110 On prodrije kroz jednu kapiju, Kaum drang hindurch er durch das eine Burgtor,
prodriješe za njijem katane. schon drangen hinterdrein ihm nach die Reiter.
On prodrije kroz drugu kapiju, Kaum drang hindurch er durch das andre Burgtor,
prodriješe za njijem katane. schon drangen hinterdrein ihm nach die Reiter.
On prodrije kros treću kapiju, Kaum drang hindurch er durch das dritte Burgtor,
115 prodriješe za njijem katane! schon drangen hinterdrein ihm nach die Reiter,
Dok do vrata sokak načinio bis er gebahnt zum Haupttor eine Gasse;
al na gradu zatvorena vrata; doch war das Haupttor von der Burg geschlossen,
ispuśćali mandal ot čelika. aus Stahl den Riegel hat man vorgeschnellt.
Beže trže nadžak ot čelika Den Kolben stahlgetrieben schwang der Beg
120 pa on pribi mandal ot čelika. und brach entzwei den stahlgeschweissten Riegel.
Pa iz grada beže izletio, Und aus der Burg entfloh der Beg von dannen,
on izletje konjma na rudine, entfloh nun zu den Rossen auf den Auen
pobri svome Majković Stjepanu zu Stefan Majković, dem Herzensbruder
i svojijem dvanajes gončila. und auch zu seinen Rindertreibern zwölf.
125 Na rudinam konje pojašiše Sie stiegen auf den Auen auf zu Ross
pa pogjoše us polje zeleno und zogen aufwärts durch das grün Gefilde,
a za njima dvanajes gončila; zwölf Rindertreiber hinter ihnen nach.
lako jaše, prida se gledaju. Gemach sie reiten, schauen vor sich hin;
Obazrje se Majković Stjepane nach rückwärts blickte Stefan Majković,
130 imade li za njima potjera — ob wohl Verfolger hinter ihnen kämen;
jal to bješe za njima potjera! fürwahr, es folgten hinterdrein Verfolger.
U grada se otvoriše vrata, Das Haupttor von der Burg sich tat eröffnen:
dok izletje junak na alatu, da fuhr hervor ein Held auf einem Fuchse,
na alatu vas u suvu zlatu, auf einem Fuchse, ganz in lautrem Golde,
135 malo ga se is sedla pomilja. ein wenig schaut von ihm heraus vom Sattel.
Izlijeću za njijem katane, Es fliegen hinterdrein ihm nach die Reiter,
sve katane lete na alaje; in hellen Rotten fliegen all die Reiter,
al sve junak bližje te do bližje, und immer näher rückt heran der Held.
dok sastiže bega Ljubovića. Zuletzt ereilt er Ljubović den Beg,
140 Jer im beže ni bježati ne će. denn gar nicht ist gewillt der Beg zu flüchten;
Jal to bješe od Zadarja bane! ja, traun, das war der Ban von Zara selber!
Koja fajda, što je sastignuo, Was frommt es ihm, dass er sie eingeholt,
kad na njija udarit ne smije, dieweilen er’s nicht wagt, sie anzugreifen,
vić on bega iz daleka viče: von weitem ruft vielmehr er zu dem Beg:
145 — Ja, Boga vam, neznane delije! — So Gott euch helfe, unbekannte Kämpen!
otkle jeste, ot koga ste grada? von wannen seid Ihr, wohl von welcher Burg?
ja čijeg ste roda i koljena? von welchen Sippen und von welchen Magen?
ja kako se po imenu zoveš? und wie benamst du dich mit deinem Namen?
A beže mu po istini kaže: Wahrheitgetreu bescheidet ihn der Beg:
150 — Jesam junak od Neretve ravne, — Ich Kämpe bin von dem Narentalaufe,
od Neretve i od Nevesilja von der Narenta und von Nevesinje,

po imenu beže Ljuboviću!

mit Namen heiss’ ich Ljubović der Beg!

Ja bane se natrag povrnuo, Allda der Ban zurücke wieder kehrte
ja za njime banove katane und hintennach sein Reitervolkgeleite
155 pa on ode u bijela Zadra. und heim er wieder zog ins weisse Zara.
Kako dogje u bijela Zadra, Sobald er eintraf in dem weissen Zara,
odma śjede, sitnu knjigu piše gleich setzt er sich und schreibt ein zierlich Schreiben
pa je šalje śerin Banjojluci und sendet ’s ab zur Stadt von Banjaluka
na koljeno paši banjolučkom: wohl auf das Knie des Banjaluker Paša:
160 »Eto knjiga, paša banjalučki! »Empfang den Brief, o Banjaluker Paša!
Pogubi mi bege Ljubovića Vertilge mir die Begen Ljubović!
jali žive jali mrtve glave! Stell mir sie lebend oder deren Köpfe!
»Mogo su mi kvara počinili, »Sie haben zugefügt mir grossen Schaden,
počinili kvara i zijana ja, Schaden und Verluste zugefügt
165 ja po mome bijelome Zadru, fürwahr rundum in meinem weissen Zara:
pogubili Sekulu dijete! sie brachten um den Pagen Sekula!
»Evo t pašo tri tovara blaga, »Da, Paša, nimm drei Maultierlasten Schätze
i evo ti sluga Nikolica, und nimm dazu den Diener Klaus den kleinen,
nek te dvori za života tvoga, er warte dein, solang dein Leben währt,
170 i evo ti sestra Angjelija!« und nimm dir auch die Schwester Angelina!«
Kada paši knjiga dolazila, Wie nun der Paša diesen Brief empfing,
knjige gleda, na knjigu se smije den Brief besah, den Brief belacht er fröhlich
pa on viknu Erde delibaše: und rief herbei den Delibaša Erdo:
— Brže k meni Erdo delibaša! — Rasch her zu mir, o Delibaša Erdo!
175 Dera jaši svojega putalja, Ei schwing dich mal auf deinen Fleckenfüsser
der izberi tridese delija, und kühr dir aus an dreissig kühne Kämpen,
sve junaka boljeg od boljega! nur lauter auserkorne kühnste Kämpen.
Ajde Erdo Nevesilju ravnom, Hei, Erdo, zeuch zum ebnen Nevesinje,
pogubi mi bege Ljubovića vertilge mir die Begen Ljubović,
180 jali žive jali mrtve glave! stell mir sie lebend oder deren Köpfe!
Ako l oto Erdo ne uradiš, Wofern du, Erdo, solches nicht verrichtest,
daćeš svoju glavu za njegovu! wirst du ’s mit deinem Haupt für seines büssen!
Kada Erdo čuo lakrdiju, Kaum hatte Erdo den Befehl vernommen,
itro Erdo na noge skočio, aufsprang er auf die Beine gar behende,
185 opremio sebe i putalja ausrüstete so sich als seinen Fleckfuss
pa uzjaši debela putalja und schwang hinauf sich auf den feisten Fleckfuss.
a za njime tridese delija. Fortzog zur Burg von Nevesinje Erdo
Ode Erdo Nevesilju gradu. und hinterdrein ihm folgten dreissig Kämpen.
Kad on dogje Ljubovića kuli Als er zu Ljubovićens Warte kam
190 do avlije bega Ljubovića zum Burggehöft von Ljubović dem Beg,
a on bega po imenu viče. da rief er an den Beg beim vollen Namen.
Al mu bega doma ne bijaše, Jedoch der Beg gerad daheim nicht weilte,
jer otišli u lov u planinu, sie waren auf die Pirsch ins Waldgebirge,
da ulove srnu jal košutu, zu pirschen Rehe oder eine Hindin
195 i odveli rte i zagare. und hatten mit die Rüden und die Bracken.
Oziva se begovica mlada: Die junge Edelfraue tat sich melden:
— Doma nejma bega Ljubovića! — Daheim nicht weilt Herr Ljubović der Beg,
Otišo je u lov u planinu. er ist ins Waldgebirg zur Pirsch gewandert!
Onda Erdo ljubi beśjedio: Darauf zum Ehelieb Herr Erdo sprach:
200 — Ja, gospojo roda gospockoga, — O Edelfrau, vom edlen Stamm entsprossen!
oće l beže u red dolaziti? wird wohl der Beg bei Zeiten wiederkehren?
— Oće tamo po akšamu doći! — Um den Akšām er heim wohl kehren dürfte!
Ona viknu Usubega sina: (sie rief herbei Beg Huseïn den Sohn):
— Usubeže moj jedini sine! — Beg Huseïn, o du mein einziger Sohn,
205 pogj, Erdina pripati putalja! abfasse mal des Erdo Fleckenfüsser!
Odma sletje djete Usubeže Gleich lief hinab der Page Husobeg
i pod Erdom prifati putalja, und fasste unter Erdo ab den Fleckfuss,
da izvoda Erdina putalja. um auszuführen Erdo’s Fleckenfüsser.
Beśjedi mu Erdo delibaša: Da sprach zu ihm Herr Delibaša Erdo:
210 — O dijete, nejak Usubeže, — Beg Huseïn, o du unmündiger Knabe!
gji je babo, o beg Ljuboviću? wo weilt dein Väterchen Beg Ljubović?
— Otišo je u lov u planinu! — Er ist ins Waldgebirg zur Pirsch gewandert.
— Oće l t u red babo dolaziti? — Kehrt wohl dein Väterchen noch heim bei Zeiten?
— Oće tamo po akšamu doći! — Um den Akšām er heim wohl kehren dürfte.
215 Erdo viknu tridese delija; Zurief Herr Erdo seinen dreissig Kämpen.
savezaše Usubega sina, Sie schlugen Husobeg den Sohn in Bande,
savezata djete otjeraše. gebunden jagten sie vor sich den Knaben.
Za njim prista Ljubovića majka: Anschloss sich ihm die Mutter Ljubović’s:
— Vrat mi Erdo Usubega moga! — Gib meinen Husobeg zurück mir, Erdo!
220 Njoj beśjedi Erdo delibaša: Herr Delibaša Erdo spricht zu ihr:
—Vrat se natrag Ljubovića majko, — Kehr nur zurück, du Mutter Ljubović’s,
pośjeću ti Usubega tvoga! sonst säble deinen Husobeg ich nieder!
To joj reče, ośjeće mu glavu! Er sprach’s zu ihr und hieb ihm ab das Haupt.
Za njim prista Ljubovića majka: Anschloss sich ihm die Mutter Ljubović’s:
225 — Vrat mi Erdo od zlata jubuku, — Gib, Erdo, mir zurück aus Gold den Apfel
mog unuka Usubega sina! mein Enkelein, das Söhnlein Husobeg!
— Vrat se natrag Ljubovića majko, — Kehr nur zurück, du Mutter Ljubović’s,
vrat se natrag, osiću ti glavu! kehr nur zurück, sonst hau ich dir das Haupt ab!
To joj reče, ośjeće joj glavu! Er sprach’s zu ihr und hieb ihr ab das Haupt.
230 Ode Erdo sa trides delija Von dannen Erdo zog mit dreissig Kämpen
i odnese obadvije glave: und trug mit sich fort allebeide Häupter,
jednu glavu Usubega djeta, das eine Haupt des Pagen Husobeg,

drugu glavu Ljubovića majke.

das andre Haupt der Mutter Ljubović’s.

Istor Erdo polje prilazio Noch schritt Herr Erdo hin durchs Blachgefilde,
235 al eto ti bega Ljubovića ei sieh, es naht schon Ljubović der Beg,
i on goni debela gjogata; er jagt einher auf seinem feisten Falben
Usubega iz daleka viče: und ruft heran von fern schon Husobeg:
— Gje si sine, Usubeže djete? — Wo bleibst du Söhnchen, Page Husobeg?
zār mi ne ćeš pripatit gjogata?! magst du nicht ab mir meinen Falben fassen?
240 Oziva se begovica mlada, Anmeldet sich die junge Edelfraue,
ona ciči ko šarena guja: sie zischt vor Schmerz, wie eine Natter scheckig:
— Ja, moj beže mili gospodare! — Ach weh, mein Beg, o teuerster Gebieter,
ne će t više Usubeže sine dein Söhnchen Husobeg wird nun und nimmer
ja pot tobom pripatit gjogata. abfassen unter dir den falben Renner;
245 Usubeg je izgubio glavu! ach, Husobeg hat ja sein Haupt verloren!
— Sašta, ljubo, ako Boga znadeš? — Von was denn, Ehelieb, wenn du an Gott glaubst!
— Ovde dogje Erdo delibaša — Da kam gezogen Delibaša Erdo,
a ja posla Usubega sina, hinab ich sandte Husobeg den Sohn,
da pod Erdom pripati putalja; den Fleckfuss unter Erdo abzufassen;
250 saveza ga Erdo delibaša, in Bande schlug ihn Delibaša Erdo,
savezana niz avliju zajmi. gebunden jagt er ihn entlang dem Burghof,
Za njim stara pristajala majka, anschloss sich ihm die hochbetagte Mutter,
jal da vrati Usubega moga. rückgeben soll er meinen Husobeg.
Njoj beśjedi Erdo delibaša: Doch sprach zu ihr Herr Delibaša Ibro:
255 »vrat se natrag Ljubovića majko, »Kehr nur zurücke, Mutter Ljubović’s,
vrati s natrag, osiću ti glavu!« kehr nur zurück, sonst hau ich dir das Haupt ab!«
To joj reče, ośječe joj glavu. Dies sprach er zu ihr, hieb ihr ab das Haupt.
ode Erdo sa trides delija Mit dreissig Kämpen Erdo zog von hinnen
i odnese obadvije glave! und trug mit sich fort alle beide Häupter!
260 Kada čuo beže Ljuboviću: Als dies erfuhr Herr Ljubović der Beg:
— O gospojo roda gospockoga, — O Edelfrau, von edlem Reis entsprossen,
je li Erdo davno odlazio? ist Erdo lange schon davongezogen?
je li dosad goru prilazio? hat er den Hochwald jetzt schon überschritten?
— Nije Erdo davno odlazio — ’S ist nicht so lang, dass Erdo abgezogen,
265 a još nije gore prilazio. noch hat er nicht den Hochwald überschritten!
— Ja čuješ me moja virna ljubo! — O hör mich mal, du mein getreues Ehlieb!
Ako dogje Majković Stjepane Wenn Stefan Majković da kommen sollte,
nek ne igje poljem zelenijem, so geh er nicht durchs grüne Blachgefilde,
već nek igje poljem u prijeko vielmehr er nehme querfeldein den Weg
270 pa nek igje gorom poprijeko; und soll querwegs ins Hochgebirg sich tummeln,
a ja odoh okolo planine, ich aber geh ums Hochgebirg herum,
da zavrnem Erdu u planini! um Erdo in dem Hochwald festzustellen!
Oto reče, okrenu gjogata Dies sprach er, machte mit dem Falben kehrt
pa okrenu poljem zelenijem. und nahm den Lauf durchs grüne Blachgefilde.
275 Istor beže poljem zamaknuo, Kaum war der Beg entschwunden im Gefilde,
malo vrime za dugo ne bilo, nach kurzer Weile, die nur wenig währte,
jal eto ti Majković Stjepana, ei sieh, da naht auch Stefan Majković!
jal on goni debela dorata, Er jagt daher auf seinem dicken Braunen
Usubega iz daleka viče: und ruft heran von fern schon Husobeg:
280 — Gje si bolan Usubeže mali? — Wo steckst du, Stöpsel, Husobeg du kleiner?
zār mi ne ćeš pripatit dorata?! Magst du nicht ab mir meinen Braunen fassen?!
Progovara begovica mlada: Es meldet sich die junge Edelfraue:
— Gospodare, Majković Stjepane! — O mein Gebieter, Stefan Majković,
ne će t više Usubeže sine mein Söhnchen Husobeg wird nun und nimmer
285 ja pot tobom pripatit dorata! abfassen unter dir den braunen Renner!
— Sašta, bolna, begovica mlada?! — Warum, der Tausend, junge Edelfrau?!
Ona ciči ko šarena guja: Sie zischt vor Schmerz, wie eine Natter scheckig:
— Ovde dogje tridese delija — Da kamen hergezogen dreissig Kämpen
i prid njima Erdo delibaša; und vor der Rotte Delibaša Erdo.
290 za vas pita Erdo delibaša, Um euch befragt mich Delibaša Erdo,
a ja posla Usubega sina, hinab ich sandte Husobeg den Sohn,
da pod Erdom pripata putalja. den Fleckfuss unter Erdo abzufassen.
K njemu snigje Usubeže djete Hinab zu ihm stieg Husobeg der Page
i pod njime pripati putalja; und fasste unter ihm den Fleckfuss ab.
295 saveza ga Erdo delibaša, In Bande schlug ihn Delibaša Ibro,
savezana niz avliju zajmi. gebunden trieb er ihn entlang dem Burghof.
Za njim prista naša stara majka, Ihm schloss sich unsre alte Mutter an,
da mi vrati Usubega sina dass er den Sohn mir, Husobeg zurückgeb,
a na nju se izadrije Erdo: doch Erdo hat sie grimmig angefahren:
300 »Vrat se natrag Ljubovića majko, »Kehr nur zurücke, Mutter Ljubović’s,
pośjeć ću ti Usubega tvoga!« sonst hau ich deinen Husobeg zu Stücken!«
To joj reče, ośječe mu glavu! Sprach so zu ihr und hieb ihm ab das Haupt.
Za njim prista ostarjela majka: Ihm schloss sich an die hochbetagte Mutter:
— »Vrat mi Erdo zlaćenu jabuku, — »Gib Erdo mir zurück den goldnen Apfel,
305 ja jabuku Usubega moga!« — ja wohl den Apfel, meinen Husobeg!« —
— »Vrat se natrag Ljubovića majko, — »Kehr nur zurücke, Mutter Ljubović’s
pośjeću ti sa ramena glavu!« ich hau dir von den Schultern ab das Haupt!«
To joj reče, ośječe joj glavu! Dies sprach er zu ihr, schlug ihr ab das Haupt!
Ode Erdo sa trides delija Von hinnen Erdo zog mit dreissig Kämpen
310 i odnese obadvije glave! und trug mit sich fort alle beide Häupter.
Ciknu Stjepan ko šarena guja: Aufzischte Stefan gleich der Natter scheckig:
— Je li došo beže Ljuboviću? — Ist heimgekommen Ljubović der Beg?
— A jest došo, mili gospodare! — Gekommen heim, o teuerster Gebieter!
Otišo je poljem zelenijem, Er ging dahin durchs grüne Blachgefilde,
315 da obleti okolo planine, um um das Hochgebirg herumzukommen,
ne bi l Erdu živa sastignuo. wo möglich Erdo lebend einzuholen.
A tebi je beže beśjedio, Dir aber hinterliess der Beg die Weisung,
reko ti je beže Ljuboviću, es hat dich Ljubović der Beg geheissen,
ja da igješ poljem poprijeko, einschlagen mögst du querfeldein den Weg,
320 da priśječeš gorom poprijeko, den Weg durchschneiden quer nur durch den Hochwald
ne bi l Erdu živa sastignuli. vielleicht lebendig dass Ihr Erdo einholt!
Nama Stjepan okrenu dorata; Gleich machte mit dem Braunen Stefan kehrt.
ode Stjepan poljem u prijeko Es zog Herr Stefan querfeldein von dannen,
pa maši se gore i planine bog ein ins Hochgebirg und in den Hochwald
325 pa priśječe gorom poprijeko. und schnitt so durch den Hochwald auf dem Querweg.
Itro beže goru obletio Gar flink der Beg den Hochwald war umflogen
i zavrnu u planini Erdu. und hatte Erdo festgestellt im Hochland.
U ta doba Majković Stjepane. Zur selben Zeit kam Stefan Majković.
Kat se dvije pobre sastaviše, Als sich vereint die beiden Wahlgebrüder,
330 izśjekoše tridese delija. zu Stücken hieben sie die dreissig Kämpen.
Oni Erdu živa ujitiše; Doch Erdo fingen sie lebendig ab,
oguliše Erdi delibaši sie schunden ab dem Delibaša Erdo
obadvije do ramena ruke, die beiden Arme bis zum Schulterblatte,
obadvije noge do koljena, die beiden Füsse bis hinauf zum Knie,
335 oguliše glavu do očiju; bis zu den Augen schunden sie das Haupt,
digoše ga na konja putalja, auflegten sie ihn auf den Fleckenfüsser
na putalju privezaše Erdu und banden Erdo an den Fleckfuss fest
pa pod njime puśćaše putalja: und liessen unter ihm den Fleckfuss laufen:
— Ajde, Erdo, šerin Banjojluci — Zeuch, Erdo, hin zur Stadt von Banjaluka
340 pa se pali paši banjolučkom, und prahle vor dem Banjaluker Paša,
gje si śjeko djecu kod odžaka, wie an der Herdstatt Kinder du gemordet,
gje si śjeko ostarjele majke! wie du gemordet hochbetagte Mütter!
Hode Erdo drumom jadikujuć. Wehklagend Erdo zog des Weges weiter.
Kada bio šeru Banjojluci, Als er der Stadt genaht von Banjaluka,
345 daleko ga paša opazio von weitem ihn der Paša schon gewahrte;
pa prid njega paša izletio. entgegen kam der Paša ihm geflogen.
Kada vidje Erdu delibašu, Als er erschaut nun Erdo Delibaša,
što je bilo s Erde delibaše, was da geschehn mit Erdo Delibaša,
jal on Erde iz daleka viče: rief er schon Erdo zu von weiter Ferne:
350 — Šta to, bolan, Erdo delibaša?! — Was gibt’s, unseliger Erdo Delibaša?!
— Evak, pašo, tebi gore bilo! — Das gibt’s, o Paša, schlimmer sei dein Teil!

Skidoše ga sa konja putalja.

Man hob ihn ab vom Ross, dem Fleckenfüsser.

Šjede paša, sitnu knjigu piše Der Paša setzt sich, schreibt ein zierlich Schreiben,
pa je šalje Carigradu gradu und sendet’s nach Istambol ab der Stadt
355 na koljeno caru čestitome: wohl auf das Knie des glückbegabten Kaisers:
»Sultan care, i otac i majko! »O Sultan, Kaiser, Vater uns und Mutter!
Pogubi nam bege Ljubovića vertilge uns die Begen Ljubović,
jali žive, jali mrtve glave! es sei lebendig oder tot die Häupter!
»Čudan jesu zulum počinili »Ein Wunder, was sie an Gewalt verübten
360 po Neretvi i po Nevesilju! um die Narenta und um Nevesinje!
Nametnuli namet na vilajet: Mit einer Auflag sie das Land belegten:
śjeroma se oženit ne more, Der arme Mann, der kann sich nicht beweiben,
śjerota se udati ne more! das Waisenmädchen kann sich nicht vermählen.
Tko s oženi, po litra je zlata, Wer sich beweibt, je eine Litra Goldes,
365 tko s udade po tri litre zlata! die sich vermählt, je drei der Litren Goldes!
Ja, koje je śjeromašna majka Und wenn die Mütter ganz in Armut leben,
a ćeri im bjele kose pletu!« dann deren Töchter weisse Zöpfe flechten!«
Kada caru taka knjiga dogje, Als solch ein Brief dem Kaiser kam vor Augen
kada vidje, šta mu knjiga kaže, und er ersah, was ihm der Brief vermeldet,
370 care viknu silistar Alije: rief er herbei den Waffenwahrer Ali:
— Silistare, prva moja lalo! — Gewaffenwahrer, du mein Obristlala,
Dera uzmi nješto malo vojske, Geh raffe mal zusammen etwas Truppen;
nješto malo, četiri iljade. ein wenig bloss, viertausend Mann genügen,
Vodi vojsku u Ercegovinu und führ die Truppen nach dem Herzoglande
375 ja Mostaru pa i Nevesilju gen Mostar hin und auch nach Nevesinje
ja bijeloj Ljubovića kuli. zur weissgetünchten Warte Ljubović’s;
U ponoći dovodićeš vojsku dahin die Truppen führ um Mitternacht,
pa okoli Ljubovića kulu. umzingle dann die Warte Ljubović’s.
Pofataj mi bege Ljubovića Du fang mir ab die Begen Ljubović,
380 jali žive jali mrtve glave! es sei lebendig oder tot die Häupter.
I ponesi mojega čadora, Auch nimm du mein Gezelte mit dir mit
na čadoru od zlata jabuku. wohl das Gezelte mit dem goldnen Apfel.
Kada vide careva čadora, Wann sie das kaiserlich Gezelt erblicken,
sami će se bezi uplašiti; an sich erschrecken werden schon die Begen;
385 jera s carom niko boja nejma! denn mit dem Kaiser keiner einen Kampf wagt!
A Alija na noge skočio Alile hurtig auf die Beine sprang
i carevu podignuo vojsku und sammelte die kaiserliche Truppe;
pa on pogje ot Stambola grada; dann zog von dannen er von Stadt Istambol.
od Alija u Ercegovinu. Es zog Alile fort ins Herzogland.
390 Kada dogje Nevesilju gradu Als er gelangt zur Burg von Nevesinje,
u zla doba dovodio vojsku zur schlimmen Frist er schaffte hin die Truppen
u po noći kad vremena nije. um Mitternacht, wann keine Zeit geheuer;
Okolili Ljubovića kulu, umzingelten die Warte Ljubović’s
razapeli zelene čadore. und spannten auf die grünen Lagerzelte.
395 Kad u jutro jutro osvanulo, Als morgens früh der Morgen angetagt,
poranila ljuba Ljubovića erhob sich früh das Ehlieb Ljubović’s
pa se šeće po bijelu dvoru. und tat ergehn sich auf der weissen Wartburg.
Ja pogleda pod bijelu kulu, Da fiel ihr Blick hinab die weisse Warte:
Ljubovića okoljena kula! ringsum die Warte Ljubović’s umzingelt!
400 Konj do konja, čador do čadora. hier Ross an Ross, hier Zelt an Zelt gedrängt!
Jedan čador po najandal stao, Vereinzelt stand allein nur ein Gezelte
ja na njemu od zlata jabuka und oben drauf ein goldner Apfel blinkt,
i tri puta žicom omotavan. und dreimal war mit Draht das Zelt umwunden.
Ja, se vrati u bijele dvore Sie wandte sich zurück zur weissen Warte,
405 pa ne smije bega probuditi. doch wagt mit nichten sie’s den Beg zu wecken;
Ona viknu Majković Stjepana: wachrief sie lieber Stefan Majković:
— Ustan, bolan, Majković Stjepane! — Erwach, unseliger Stefan Majković!
odi vidi čuda golemoga, Geh hin und schaue ein gewaltig Wunder!
bijela vam okoljena kula! Umzingelt ward da eure weisse Warte!
410 Kada skoči Majković Stjepane, Im Sprung erhob sich Stefan Majković.
kad on vidje silovitu vojsku, Und als er nun das mächtige Heer erblickte,
Stjepan budi bega Ljubovića: wohl tat er Ljubović den Beg erwecken:
— Ustan, beže, mili gospodare! — Erwach, o Beg, mein teuerster Gebieter!
Bijela nam okoljena kula! umzingelt ward da unsre weisse Warte!
415 Kad ustade beže Ljuboviću Vom Lager aufstand Ljubović der Beg,
pa vidješe sa bijele kule, und sahen alles von der weissen Warte.
odma beže čador poznavao, Sogleich der Beg erkannte das Gezelte,
da je čador cara čestitoga. als das Gezelt, das Glück mit ihm, des Kaisers,
Ja, beśjedi beže Ljuboviću: und also sprach Herr Ljubović der Beg:
420 — Ja, što ćemo, Majković Stjepane? — Was sollen nun wir, Stefan Majković?
Da b na njija danas udarili — wenn heute wir den Ausfall gen sie wagten —
s carom brate niko boja nejma! o Bruder, mit dem Kaiser keiner kämpft!
Da niza [se] oborimo ruke. Lass an die Lende uns die Hände legen,
da igjemo carevu čadoru, lass uns zum kaiserlich Gezelte wandeln,
425 da vidimo što je i kako je, lass sehn uns, was da los und wie’s geworden,
ja ko nas je caru opanjkao? wer wohl uns bei dem Kaiser angeschwärzt.
Jal beśjedi Ljubovića ljuba: Doch spricht das Wort das Ehlieb Ljubović’s:
— Ja, što ste se bezi uplašili?! — Was seid Ihr denn, Ihr Begen, so erschrocken?!
Ev ja jesam jedna ženska glava, da schaut, ich bin ja nur ein Frauenzimmer,
430 ja b na njija udarila sama! ich wollt’ allein gen sie den Ausfall wagen!
Beśjedi joj beže Ljuboviću: Entgegen spricht ihr Ljubović der Beg:
— Ajd, ne ludi, moja vjerna ljubo! — Treib keine Tollheit, mein getreues Ehlieb,
s carom nitko boja ne imade! den Kaiser keiner auf zum Kampfe ruft!
Pa rekoše pa se poslušaše Also sie sprachen, machten ihre Sachen;
435 ja niza se oboriše ruke sie legten ihre Hände an die Lende
a vodoše u carevu vojsku. und gingen ab ins kaiserliche Heer.
Careva ji propuśćala vojska Durchziehen liess sie frei des Kaiser Heer
do čadora silistar Alije. bis zum Gezelt des Waffenwahrers Ali.
Kad dogjoše oba prit čadore, Als beide hingelangt vor das Gezelte,
440 prid Alijom ruke prilomiše. verschränkten sie vor Ali ihre Arme
Pa se crnoj zemlji prikloniše. und beugten sich zur schwarzen Erde nieder.
Ja, pita ji silistar Alija, Es fragte sie der Waffenwahrer Ali,
ja, kakav su zulum počinili? was für Erpressung sie gemacht sich schuldig?
Onda beže stade beśjediti: Anhub der Beg daraufhin zu erzählen,
445 ja kako je gjelep sakupio, wohl, wie er einen Auftrieb aufgesammelt,
istjero ga bijelome Zadru hinausgetrieben ihn zum weissen Zara
i kako je gjelep priprodavo und wie den Auftrieb weiter er verhandelt
i otišo u bijela Zadra. und sich ins weisse Zara hinbegeben.
Sve mu kaže, što je i kako je: Erzählt ihm alles, was und wie’s geschehen,
450 kako došo Erdo delibaša, wie Erdo Delibaša war erschienen
pośjeko mu sina jedinoga, und ihm den einzigen Sohn gehaun zu Stücken,
pośjeko mu ostarjelu majku. gehaun zu Stücken seine greise Mutter.
Poslo ga je paša banjalučki »Er war gesandt vom Banjaluker Paša
ja, za blago zadranskoga bana den Schätzen wohl zu lieb des Bans von Zara
455 i njegovu sestru Angjeliju. und dessen Schwester Angelinas wegen.«
Istor beže stade kazivati, Noch war der Beg begriffen im Berichten
dokle stiže pošta knjigonoša als ein Kurier mit einem Schreiben eintraf
ot Stambola bijeloga grada; daher von Stambol, von der weissen Stadt,
knjigu nosi cara čestitoga, er bringt des glückbeladnen Kaisers Schreiben
460 knjigu dade silistar Aliji: und übergab’s dem Waffenwahrer Ali:
— Eto knjiga, silistar Alija! — Allhier ein Brief, Gewaffenwahrer Ali!
nije l majka rodila junaka Gebar denn keine Mutter einen Kämpen,
a sekuna brata odgojila, aufzog denn keine Schwester solchen Bruder,
ko ć za cara na megdan izići? der für den Kaiser auf die Wahlstatt träte?
465 Car mu daje dvore kot svojije, Der Kaiser schenkt ihm eine Burg bei seiner,
kot svojije, bolje ot svojije. bei seiner Burg doch besser als die seine,
I daje mu tri bijela grada, und gibt ihm zum Geschenk drei weisse Städte,
dva kod mora, [treći] kod Dunava. am Meere zwei, die dritte an der Donau,
I daje mu ćercu sultaniju, und schenkt ihm das Prinzesschen Sultanine
470 mlogo pusto nebrojeno blago! und unermesslich ungezählter Schätze!
Evo ima nediljica dana, Es sind daher schon einer Woche Tage,
kak u polju arap odjašio dass ein Araber abstieg im Gefilde,
pot Stambolom u polju zelenom. im grünen Blachgefilde unter Stambol
Pa on cara na megdan zaziva, und der heraus zum Kampf den Kaiser fordert,
475 da mu care na megdan izigje, der Kaiser auf der Wahlstatt ihm erscheine,
ja izigje, ja izmjenu nagje! erscheine oder stelle den Ersatzmann!
Ako care izići ne smije, Getrau sich nicht der Kaiser zu erscheinen,
jal izići, jal izmjenu naći, erscheinen oder doch Ersatz zu stellen,
oće caru u Stambol unići eindringen werd in Stambol er zum Kaiser,
480 pomaknuti cara is stolice hinab den Kaiser gar vom Throne schupfen,
pa on śjesti u carsku stolicu, sich selber setzen in des Kaisers Thronsitz
prosuditi u Stambolu gradu! und die Gerechtsam üben in Istambol!
Kada čuo beže Ljuboviću Als dies vernahm Herr Ljubović der Beg,
on beśjedi silistar Aliji: da sprach er zum Gewaffenwahrer Ali:
485 — Evo majka rodila junaka, — Allhier gebar die Mutter einen Kämpen,
tko ć za cara na megdan izići! der für den Kaiser auf der Wahlstatt auftritt!
Ne dade mu Majković Stjepane: Nicht gab Gewähr ihm Stefan Majković:
— Ne ćeš, brate, beže Ljuboviću! — Du, Bruder, darfst es nicht, Beg Ljubović!
Ja ć za cara na megdan izići, ich trete für den Kaiser auf die Wahlstatt;
490 jer ja nejmam svoje vjerne ljube, denn ich besitze kein getreues Ehlieb,
ja nit imam oca ni matere. ich hab’ auch weder Vater, weder Mutter!
Pa se natrag oba povratiše Und beide wiederum zurücke kehrten
i dogjoše Ljubovića kuli. und kamen hin zur Warte Ljubović’s.
Odma Stjepan izvede dorata Sofort heraus den Braunen Stefan führte
495 pa opremi sebe i dorata und tat sich selber und den Braunen rüsten
pa on begu tijo beśjedio: und sprach sodann zum Beg mit leiser Stimme:
— Alali mi, mili gospodaru, — Sei mir versöhnt, mein teuerster Gebieter,
što si mene mlada odranio! der du mich junges Blut hast grossgezogen!

Pa uzjaši debela dorata.

Und schwang hinauf sich auf den dicken Braunen. —

500 Ode Stjepan od grada do grada, Von Burg zu Burg Herr Stefan fürbass zog,
doka snigje do Stambola grada bis er hinab zur Stambolstadt gelangte
pot Stambola u polje zeleno. ins grüne Blachfeld unterhalb Istambol.
Jal u polju čador razapinjan, Stand ein Gezelt schon im Gefild geschlagen,
pot čadorom crna arapina; sass unter dem Gezelt ein Schwarzaraber,
505 al on pije vino pot čadorom tat unter dem Gezelt am Wein sich laben,
a privezo kusu bedeviju. sein Wüstenross gestutzt war angebunden.
K njemu Stjepan dotjera dorata; Zu ihm den Braunen Stefan nahe jagte.
on arapu božju pomoć viknu, Zurief er dem Araber: »Gott zu Hilfe!«
ja, arap njemu božju pomoć primi: Ihm der Araber freundlich: »Gott zu Hilfe!«
510 — Odjaš konja, carev megdandžija, — Steig ab vom Rosse, Kaisers Kampfvertreter,
da se ladna napijemo vina dass wir uns satt am kalten Weine laben,
pa ćem onda mejdan dijeliti! austragen wollen wir hernach den Kampf!
— Ajd otale, crna arapino! — Von hinnen pack dich, Schwarzaraberlümmel!
ja ne pijem vina ni rakije, Ich trinke weder Wein noch trink ich Branntwein!
515 već der jaši kusu bedeviju, Besteig mal dein gestutztes Wüstenross,
da igjemo mejdan dijeliti! damit den Zweikampf wir zum Austrag bringen!
Arap skoči od zemlje na noge Aufsprang vom Boden hurtig der Araber
pa uzjaši kusu bedeviju. und schwang sich aufs gestutzte Wüstenross.
On beśjedi Majković Stjepanu: Zu Stefan Majković das Wort er sprach:
520 — Ajd zaodi carev megdandžija! — Ei, nimm den Anlauf, Kaisers Kampfvertreter!
Onda Stjepan beśjedi arapu: Darauf zu dem Araber Stefan sprach:
— Ajd otale, crna arapino! — Troll dich von hinnen Schwarzaraberlümmel!
tvoja zovka, tvoja i zaotka! Dein ist die Fordrung, dein ist auch der Anlauf!
Kada vidje crna arapina, Als sich durchschaut der Schwarzaraber sah,
525 on Stjepanu oči ufatio gedacht er Stefan hinters Licht zu führen
pa poteže sablju ot pojasa, und zog heraus den Säbel aus dem Gürtel,
da Stjepanu osiječe glavu. um Stefan abzusäbeln flugs das Haupt.
Dočeka ga Majković Stjepane, Gewärtig war Herr Stefan Majković,
udari ga šakom iza vrata; er pflanzt ihm einen Faustschlag in den Nacken.
530 kako ga je lako udario, So leicht nur war der Schlag, dass der Araber
arap spade s kuse bedevije. flugs vom gestutzten Wüstenross hinabsank;
crna ga je krvca zaljevala; ein schwarzer Blutstrom ganz ihn überquoll,
nit se miče, nit on dušom diše. er rührt sich nicht, noch atmet seine Seele.
Do njeg Stjepan mije dovlačio Hinzu zu ihm die Schläuche Stefan schleppte
535 pa arapa vinom zaljevavo, und goss den Wein hinein in den Araber
dok s arapu malo osvijesti: bis halbwegs von ihm wieder wich die Ohnmacht.
— Stan arape, to je šala bila! — Nur auf, Araber, das war bloss Genecke!
Dera jaši kusu bedeviju, Besteig nur dein gestutztes Wüstenross,
da igjemo mejdan dijeliti! damit wir doch den Kampf zum Austrag bringen!
540 Odma arap kusu uzjašio Gleich schwang sich der Araber auf den Stutzling
pa on ode poljem zelenijem; und ritt dahin durchs grüne Blachgefilde,
arap koplje nosi u rukama. in Händen trägt die Lanze der Araber.
Kada arap do bilješke dogje, Indess zum Standort der Araber kam
ostade ga Stjepan čekajući. blieb Stefan seiner harrend auf dem Flecke;
545 On zažima kopljem i desnicom. der schwingt die Lanze, schwingt den rechten Arm.
Kad od ruku koplje poletilo, Wie da geflogen aus der Hand die Lanze,
u oko bi zmiju pogodijo, er träfe eine Schlange grad ins Auge,
bela ne bi u čelo junaka! wie leicht nicht einen Kämpen in die Stirne!
Dobar gjogat bješe pot Stjepanom Das war ein guter Schimmel unter Stefan,
550 jer se svakom boju naučio; denn jede Art von Strauss war ihm vertraut;
gjogat pade na prva koljena, der Schimmel sank auf seine Vorderfüsse,
priko njija koplje priletilo! ob ihren Häuptern flog hinweg die Lanze.
Pruži ruku Majković Stjepane Die Hand ausstreckte Stefan Majković,
pa on koplje u ruku ujiti, fing ab die Lanze mit der freien Hand,
555 prilomi ga na dvoje, na troje zerbrach sie knacks zu zweien, dreien Stücken
i komade u travu jitio. und schleuderte ins Gras hinweg die Trümmer.
Dok doletje crna arapina: Inzwischen flog herbei der Schwarzaraber:
— Kurvo jedna, carev megdandžija! — Du Hure, du des Kaisers Kampfvertreter!
šta s doveo bagavu kljusinu Was hast du mitgebracht für lahmen Klepper,
560 pa me danas vara na megdanu! der heute mich beschummelt auf der Wahlstatt!
Stani kurvo, dok se opet zagjem! Steh still, du Hur’, bis ich von neuem losleg’!
Onda Stjepan beśjedi arapu: Darauf zu dem Araber Stefan spricht:
— Ajd arape, ne jedi govana: — Geh, du Araber, kau nicht lauter Unflat:
»jedność ćemo pa i drugość ćemo!« »Wir machen’s einmal und zum zweiten Male!«
565 Ode Stjepan, otjera dorata; Davon auf seinem Braunen jagte Stefan,
ostade ga arap čekajući. blieb stehen seiner harrend der Araber.
Dorat igje dok je njemu drago. Der Braune läuft, soweit es ihm beliebt.
Kat se Stjepan do bilješke vrati, Wie nun zurück zum Standort Stefan kam,
ja arapa na bilješci nejma! da war nicht mehr am Flecke der Araber,
570 Arap mu se poljem zamaknuo; entwichen war durchs Feld ihm der Araber,
za njim Stjepan naturi dorata Aneiferte ihm nach den Braunen Stefan
i otjera crnu arapinu. und jagte weit dahin den Schwarzaraber.
Brži bješe dorat ot kobile, Der Braune schneller als die Stute war,
jer u žensku pouzdanja nejma, weil wer aufs Weib vertraut, auf Wolken baut,
575 i sastiže kusu bedeviju. und holte ein ’s gestutzte Wüstenross.
Golu sablju nosi u rukama, Den nackten Säbel schwang er in den Händen
letećivu ośječe mu glavu! und hieb dahin ihm fliegend ab das Haupt!
Pa odjaši debela dorata Dann schwang er sich herab vom dicken Braunen
pa on uze arapovu glavu, und nahm an sich das Haupt von dem Araber
580 odnese je caru u Stambola und trug es fort zum Kaiser hin nach Stambol,
pa u dvore caru unosio. trug’s in den Reichpalast hinein zum Kaiser.
Sve on caru primicuje glavu, Je näher er das Haupt zum Kaiser rückt,
ja care se dilje otkučuje, um soviel weiter sich der Kaiser drückt,
dok on cara stjera do duvara. bis er den Kaiser an die Wand getrieben.
585 Beśjedi mu care ot Stambola: Zu ihm der Kaiser von Istambol spricht:
— Otkle jesi ser atlijo mlada? — Von wannen bist du junger Grenzlandritter?
— Ja sam junak od Ercegovine, — Ich bin ein Kämpe wohl vom Herzoglande
od Neretve i od Nevesilja. von der Narenta und von Nevesinje!
— Ja, kako se po imenu zoveš? — Und wie benamst du dich mit deinem Namen?
590 — Po imenu bezi Ljubovića! — Dem Namen nach die Begen Ljubović.
— Nos od mene glavu arapovu! — Hinweg von mir schaff das Araberhaupt!
Zdrava me je ujtila groznica Bei heilem Leib mich Schüttelfrost erfasste,
gledajući arapove glave. indem ich schaute des Arabers Haupt!
Iśći sine štogod ti je drago! So heisch denn Sohn, was immer dir behagt!
595 — Sultan care, sunce ogrijano! — O Sultan, Kaiser, Sonnenglanz und Glimmen!
Nit ću tebi nebrojena blaga, ich heische weder ungezählte Schätze,
nit ću tebi dvora kot tvojije, noch heisch ich Burggehöfte nah den deinen,
nit ću tebi tri bijela grada, noch heisch ich von dir drei der weissen Städte,
dva kod mora, treći kod Dunova, am Meere zwei, die dritte an der Donau,
600 nit ću tvoje ćeri sultanije! auch heisch ich nicht dein Sultanin-Prinzesschen!
Vić te molim, mili gospodare! Vielmehr ich bitt dich, teuerster Gebieter,
daj ti meni izun i testijer bewillig du mir Freiheit und Gewähren,
i daj meni katuli fermana, gewähr fürs Hochgericht mir einen Ferman,
da se vratim šeru Banjojluci, dass ich nach Banjaluka-Stadt zurückkehr
605 da pogubim pašu banjolučkog! und töten darf den Banjaluker Paša!
I daj meni u Ercegovini, Annoch gewähr mir in dem Herzoglande,
u Neretvi i u Nevesinju, in dem Narentaland und Nevesinje,
tude meni daćeš spajiluke, allda gewähr mir Reiterlehengüter
da ja sudim, da ja razsugjivam! mit voller und mit Schiedgerichtbarkeit!
610 To je care jedva dočekao, Das kam dem Kaiser überaus willkommen,
načini mu śićana fermana. und schrieb ihm fertig einen feinen Ferman.
Ode Stjepan ot Stambola grada. Von dannen Stefan zog von Stadt Istambol.
Uvrati se Stjepan Banjaluci In Banjaluka Stefan Einkehr hielt
pa on pašu živa ujitijo und fing allhier lebendig ein den Paša.
615 i pašu je živa ogulijo Dann auch lebendig schund er ab den Paša
pa ga onda na kolac nabijo. und pflanzte ihn zuletzt auf einen Pfahl.
Dva njegova sina pogubijo, Ums Leben bracht er seine beiden Söhne,
od zla roda nek nije poroda! von schlimmer Zucht, dass keine Frucht verbleibe!
Ode Stjepan Nevesilju gradu Abzog zur Burg von Nevesinje Stefan
620

i odnese careva fermana.

und nahm mit sich den kaiserlichen Ferman.

Eto pjesna a od Boga zdravlje! Hier mein Gesang, gesegn’ uns Gott Gesundheit!

Das war um 10½ vormittags des 27. Februars 1885. Frühmorgens war ich aus der Schlucht von Srebrenica aufgebrochen und ritt gerade durch eine Lichtung über einen Kammrücken der schneebedeckten Treskavica planina dahin. Etwa 50 Schritte hinter mir trottete bedächtig zu Ross mein Diener, der Guslar Milovan Ilija Crljić Martinović nach. Auf der Wanderung führten wir nie Gespräche, sondern jeder achtete auf sich und den Weg und hing seinen eigenen Gedanken nach. Im Augenblicke war ich nur darauf bedacht, meine Nase vor dem Abfrieren zu bewahren, im übrigen liess ich die Eindrücke der gewaltig mächtigen Gebirgwelt auf mich einwirken. Ich schwärme weder für kleine Frostbeulen noch für die riesigen Buckeln im Antlitz der Erde, und doch erfüllte mich mit hehrer Ehrfurcht die stille Grossartigkeit einer von Menschenwerken unbeeinträchtigten Winterhochlandschaft. Auf einmal rief mir Milovan zu: »Wart, Herr, will dich um etwas befragen!« — »Rede!« — »Der Frater (er meinte den Mönch im Savelande, zu dessen Pfarre er gehört) riet mir ab, mit dir zu wandern, weil du, sagte er, ein Ketzer wärst.« — »Hättest auf ihn gehört!« erwiderte ich jäh aufbrausend, »habe dich zur Gefolgschaft nicht gebeten. Schlossest dich mir von selber an. Geniessest seit Monaten alles Gute an meiner Seite ohne Gegenleistung. Wer ledig ist hat keinen Leibbediener! (u bećara nejma hizmećara). Ich bezahle dir deinen Zeitverlust, du zieh deines Weges und lass mich in Frieden!« — »Herr, so meine ich’s nicht; lass mich etwas aussprechen!« — »Wir haben ausgesprochen!« sagte ich und spornte meinen lendenlahmen Schimmel zum scharfen Trab an.

In schönen, gefällig abfallenden Schlangenwindungen verlief der Weg hinab ins Tal. Oben knisterte noch unter den Rosshufen der einbrechende, eingefrorene Schnee, dann schwand er dahin, der Pfad zeigte sich schneefrei und trocken. Und als ich gegen 4 Uhr zur tiefen Mulde und dem Ufer des Drinačaflusses hinabkam, schmolz auch mein Zorn und weg war er. Ei, geriet ich da mitten im Winter in das Tal des sinnerquickenden, lauen Frühlings mit duftender Blütenpracht, mit dunklem Laub und üppigen Wiesen! Zwei Stunden weit und stellenweise eine halbe Stunde breit ist dieser lieblichste Fleck Bosniens, den himmelanragende, waldbedeckte Berglehnen vor Wind und Wetter ewig schützen und das grüne, forellenreiche Wasser der mässig rauschenden Drinača fürsorglich befruchtet. An einer Wassermühle, wo ein altrömischer Grabstein halb als Schwelle diente, nahm ich beim Bachmüller, einem Moslim, gastlich angebotene Herberge an.

Vor allem warf ich meinen vielfach geflickten Pelzrock, dann meine aus waschechter Baumwolle hergestellte Astrachanmütze usw. ab, streifte die Wichsleinwand-Gamaschen mit den Schuhen von den Füssen und fing an, mich im saftigen Rasen herumzuwälzen. Den zwei rotharigen, blauäugigen Bengelein des Müllers zeigte ich, wie man Purzelbäume schlägt und versuchte auch, auf dem Kopfe zu stehen. Nein, das missglückte! Der ältere Junge verstand diese Künste weitaus besser als ich. Er schoss neunmal den Bock und blieb zum zehntenmal gar noch auf dem Kopfe stehen, dazu die Arme über der Brust verschränkt! Der jüngere Range hatte es zwar noch nicht zu so hoher Gewandtheit gebracht, aber sein Ehrgeiz war schon geweckt. Kurzum, wir vergnügten uns königlich, herumkollernd und juchhezend, bis der Müller mit der Meldung erschien, die Milch wäre gar und die Eier gesotten. Inzwischen hatten sich Leute vom Gelände eingefunden und ich erzählte von Helden aus alten Zeiten und wie ich ausgezogen, um deren Taten für die Schwaben aufzuzeichnen.

Manche meiner Fachgenossen in Folklore erachten es für geboten, sich auf Reisen bei Erhebungen zu »verstellen« und allerlei Künste zu gebrauchen, um den »Kundigen« ihre Weistümer abzuhorchen und herauszulocken. Auf derlei verstehe ich mich nicht, und es geht mir auch wider den Strich. Es ergab sich regelmässig als zweckentsprechend, dass ich den Leuten in ihrer Ausdruckweise klar und bündig — viel reden ist nicht meine Art — darlegte, um was es sich mir handelt. Im Notfall gewann ich die Menschen durch meine heitere Laune und Freigebigkeit. So geschah es, dass ich 14 Monate lang herumreiste, ohne auch nur ein einzigesmal irgendwelch erzählenswertes Abenteuer zu bestehen.

In dunkler Nacht kam Milovan dahergeritten und kehrte gleichfalls in die Mühle ein. Ich tat, als sähe und hörte ich ihn nicht, obwohl ich ihm nicht mehr gram war. Er kauerte sich zu mir hin und begann: »Herr, ich wollte dir bloss sagen, was für ein Mensch der Mönch ist. Die Nichte meines Gevatters sollte kirchlich getraut werden, er aber forderte zunächst von der Hausgemeinschaft die Bezahlung alter Kirchengebühren von 130 Gulden. Da sie kein Geld besassen, mussten sie es zugeben, dass das Mädchen ohne Hochzeitzug und Segen zum Bräutigam ins Heim lief, gleich einer, die sich selber dem Manne aufdrängt. So leben sie auf Borg (i. e. in wilder Ehe). Nun, ihr Kind musste er doch taufen, ohne Bezahlung, weil es ihm die Herren (die Behörde) gebieten. Vor dir warnte er mich, als ich dir aus Liebe folgte. Ich erfuhr mit der Zeit, dass du mir gütiger als ein Vater und eine Mutter bist, wie das Lied von Ljubović und seinem Milchbruder Majković erzählt. Der war ein Türke und der ein Christ und sie waren doch Brüder, als ob eine Mutter sie geboren hätte. Das wollte ich dir auf der Berghöhe sagen, weil wir allein waren und meine Seele deiner Wohltaten gedachte. Deinen Glauben hatte ich nicht die Absicht anzutasten.«

»Milovan, du wähltest zumindest Zeit und Ort für deine Erklärung sehr schlecht. Merk dir’s wie es im Liede heisst:

pusta gora nije nikat sama

jal brez vuka, jali brez hajduka!

Der wüste Wald weilt niemals so verwaist,

dass frei von Wolf er wär’ und Wegelagrer!

In Hochwald hat man die Zunge hinter den Zähnen zu zügeln! Man se vraga ne goni mu traga! Vom Teufel fleuch, verfolg nicht seine Fährte! Erwähn mir auch nie wieder deinen und meinen Glauben. Du bist Christ für dich und ich ein Gläubiger für mich. Scher dich um das Wohlbefinden unserer Gäule, nicht aber um unsere Seelenheile. Jetzt iss dich an und sing das Lied, auf das du anspieltest.«

»Kann ich singen, wenn du mir nicht sagst, dass du mir wieder gut bist?«

»Bring mich nicht neuerdings in Harnisch! Dass dich das Taschenveitel...! Sing! Nimm aus dem Rucksack die Guslen heraus und erheitre die Gesellschaft, sonst binde ich dich den Rossen an die Schweife an, dass sie dich zerreissen und ein anderer Guslar von dir zu singen haben soll!«

Erwähnen will ich, dass sich kein einziger von den Anwesenden (lauter Moslimen) in das Gespräch einmengte. Bei den bäuerlichen Moslimen gilt es nämlich für höchst unanständig, sowohl über die Gattin als über seine Konfession vor Fremden zu reden, indem diese Pluderhösler noch so roh und kulturfremd sind, zu glauben, dass Herzensangelegenheiten einer öffentlichen Besprechung nicht unterzogen werden dürfen.

Das Lied nahmen alle Zuhörer beifällig auf; dann liess ich es mir in die Feder sagen. Bis zum letzten Buchstaben harrten alle mit aus und schauten mäuschenstill zu, und als ich gar das Lied Wort für Wort wieder verlas, waren sie von mir förmlich entzückt und beschenkten mich. Der Müller nahm für die Bewirtung keine Bezahlung an. Die Ehre, dass ich bei ihm geweilt, stand ihm höher als Geld.

Das Stück erlernte Milovan um das Jahr 1850 als Sauhirtlein von einem älteren Guslaren katholischer Konfession, der in Gradačac zu taglöhnern pflegte. Der Mann hatte sich aus dem Herzogtum in das Saveland verlaufen. Weiter ist mir über sein Schicksal nichts bekannt.

Zu V. 1. Von den Ljubović erzählt so manches Guslarenlied, was sie für grosse, verwegene, sultantreue Helden gewesen. Ein riesig langes Lied meiner Sammlung handelt von einem Ljubović, wie er dem Sultan Bagdad erobert. Welcher es aus der langen Reihe der Helden dieser Sippe gewesen, ob gar der unseres Liedes, lässt sich nicht bestimmen. Die Ljubović waren in allen grossen Kämpfen mit. Mustafaga Dickwanst schreibt ein Aufgebot aus und sagt im Brief an den Paša von Mostar:

»O turčine Šarić Mahmudaga! Vernimm mal, Türke Šarić Mahmudaga!
Eto tebi knjige našarane: Empfange hier ein buntbeschrieben Schreiben:
Pokupi mi od Mostare turke, biet auf die Türkenmannen mir von Mostar,
ne ostavi bega Ljubovića doch lass daheim nicht Ljubović den Beg
sa široka polja Nevesinja; vom breiten Blachgefild von Nevesinje;
jer brež njega vojevanja nejma! denn ohne ihn kein Feldzug kann gelingen!

Als Zrinyi Essegg belagerte, meldete sich ein Beg Ljubović als freiwilliger Kundschafter bei Sil Osmanbeg dem Befehlhaber von Essegg, um durch das Belagerungheer durchzudringen und dem Paša von Ofen Meldung zu bringen von der Bedrängnis der Festung.

Osman bega zagrljavši ljubi Herr Osman küsst den Beg umschlungen haltend
a kuca ga po plećima rukom: und schlägt ihn auf die Schulter mit der Hand:
— Haj aferim beže Ljuboviću! — Traun, wohlgeraten, Ljubović mein Beg!
Vuk od vuka, hajduk od hajduka Der Wolf vom Wolf, der Hajduk vom Hajduken
a vazda je soko ot sokola; doch allzeit stammt ein Falke nur vom Falken;
vazda su se sokolovi legli noch allzeit wurden ausgebrütet Falken
u odžaku bega Ljubovića! wohl in der Begen Ljubovićen Heimstatt!

Ein Ljubović bewährt sich als Kundschafter auch bei der Einnahme von Ofen. Vergl. ‘Wie Mohammed Köprülü Vezier geworden’.

V. 3. Nach Syrmien kam er wohl nicht. Das müsste sich auch Milovan sagen als Grenznachbar der Syrmier, wenn er über die Worte seiner Lieder nachdächte; er plappert aber hier gedankenlos die erlernten Verse seines Vorläufers nach, der auch nicht geistreicher als Milovan war. Wahrscheinlich sang der erste Guslar (der Dichter): po Lijevnu, okolo Lijevna. (In Delminium und um Delminium herum), denn auf diesem Hochplateau war die Rinderzucht, mehr als sonstwo im Lande, besonders gedeihlich entwickelt.

V. 10. Es ist ein Unding, die Leute von Nevesinje erst an der Narentamündung den Beg von der Reise abmahnen zu lassen. Das konnten sie doch daheim schon tun; aber die Verstechnik und Poetik erfordert hier eine Wiederholung des Subjektes des Nachdrucks wegen und dann einen Reim zur ersten Zeilenhälfte. Ob er den dichterischen Zweck hingäbe, lieber widerspricht der Dichter der Wahrheit.

V. 12 und 35 a. Kavgu načinili. Kavga, türkisch Lärm, Streit. Man sagt nicht k. n., sondern k. učiniti einen Lärm machen oder k. zametnuti einen Streit anzetteln (gewöhnlicher), doch das passt hier ganz und gar nicht. In einer Novelle bei Bret Harte hat ein Goldgräber den Spitznamen Eisenpirat, weil er dies Wort für Eisenpyrit gebrauchte, das ihm weniger geläufig war. So verwechselt auch unser Guslar das ihm sonst nicht vertraute türkische kavl, Wort, Abmachung, mit kavga, das er täglich hört und übt. Ich hielt es für unzulässig, den Fehler im Texte zu berichtigen, doch in der Verdeutschung vermied ich ihn, weil es keinen Sinn gehabt hätte, ihn beizubehalten.

V. 12 und 35 b. Car und ćesar sind nur verschiedene slavische Wortformen von Caesar, doch bedeutet car den Sultan, ćesar den »Kaiser von Wien«. »Die türkischen Staatsinteressen brachten es mit sich, dass selbst durch Tributzahlungen kein dauernd friedliches Verhältnis zu sichern war zwischen dem Sultan und dem ‘König von Wien’, wie der türkische Sultan in seinen Diplomen die Kaiser nannte, indem er sie offiziell weder als Könige von Ungarn noch als Kaiser von gleichem Range anerkennen mochte.« Salomon, Ungarn im Zeitalter der Türkenherrschaft, deutsch von G. Jurány. Leipzig 1887. S. 90. »Im Jahre 1606 hörte Ungarn auf, dem Türken den jährlichen Tribut zu zahlen, statt dessen ‘einmal und nicht wieder’ 200 000 Gulden in Bargeld, Gold und Silbersachen nach Konstantinopel geschickt wurden. Als internationale Errungenschaft kann auch das erscheinen, dass der Sultan den deutschen Kaiser nicht mehr ‘König von Wien’, sondern ‘römischer Kaiser’ nennt.« Salomon l. c.

V. 21. Ich übersetzte nach der üblichen Bedeutung: deutsche Kaufleute, aber hier waren die Käufer keine Deutschen, sondern gewiss Italiener, vlasi (siehe V. 29 vlaški Zadar). Njemački wird nun hier im ursprünglichen Wortsinne angewandt zur Bezeichnung von Leuten, die der slavischen Sprache unkundig, also gewissermassen stumm, sprachlos sind. Vielleicht wäre darum die Übersetzung »fremdsprachig« auch in meiner Verdeutschung anzubringen.

V. 23. Die Rupien sind weich, weil Gold ein weiches Metall ist. Weiche Rupien sind goldene Rupien. — Mit indischen oder persischen Rupien zahlte man dazumal in Dalmatien nicht, sondern mit Zechinen oder Dukaten, aber dem Moslim ist Rupie der Begriff von Goldgeld. Ein Dukaten galt zehn Rupien.

V. 32. Türk. tabja, Schanze; aber im serb. Bastion, Bastei, wofür ich einmal in einem Guslarenliede das serbische Wort zaravanak fand. Auf der Bastei standen die Kanonen aufgepflanzt:

ajte sužnji gradu po bedenu Eilt, Sklaven, auf dem Wall der Burg dahin
pa udrite puškam od obraza, und feuert drein vom Antlitz mit den Büchsen,
ja ću biti sa tabalj topovma! von den Basteien schiess ich aus Kanonen!

V. 34. Vlaški Zadar. Vlah kann hier sowohl den Italiener als den Christen bezeichnen. In den verschiedenen Gebieten des slavischen Südens hat das Wort auch gar verschiedene Bedeutung. Der slavonische Katholik bezeichnet damit verächtlich den Altgläubigen, der Serbe im Königreich den Rumänen usw.

V. 45. Die Ladenflügel eines türkischen Geschäftladens sind zwei Klappen; die obere wird gehoben und oben an einem Ringe in der Wand eingehängt, so dass sie zugleich in ihrer horizontalen Lage als Schirm gegen die Sonne dient, die untere ersetzt wieder Ladenpult, Sessel und Tisch. Der Kunde setzt sich gelassen auf den unteren Flügel mit unterschlagenen Beinen nieder und der Kaufmann lässt ihm vor allem einen Kaffee reichen. Erst nachdem man sich eine lange Weile ausgeschwiegen oder ausgesprochen hat, sagt der Kunde so nebenher, was er braucht. Das Geschäft wickelt sich gewöhnlich glatt ab, denn der Türke weicht vom festgesetzten Preis nicht ab und denkt sich: ‘Kauft es der nicht, kauft es ein anderer. Ich kann warten. Die Zeit kostet ja nichts, und ob die Ware beim Käufer oder bei mir liegt, hält den Zeitenlauf doch nicht auf. Darum soll sie nur bei mir liegen!’ Kauft man nichts, ist’s auch gut. Man braucht nicht einmal nach einer Ware zu fragen. Der Moslim bietet sie von selber keinem an. Wenn es einmal das Schicksal bestimmt hat, dass die Ware verkauft werden soll, geht sie schon von selber ab. Also ist das Reden zur Unzeit zweckloses Bemühen.

V. 56. »Er schaut nicht, wo der Maurer das Loch gelassen hat,« würde man bei uns sagen.

V. 65. Dijete ist hier Page. Als solcher ist Sekula ohne Waffen. Die bekäme er erst als Knappe. Nur seine kindliche Unerfahrenheit konnte ihn zu dem Pagenstreich verleiten, gegen den wohlbewaffneten Moslim loszugehen. Der straft ihn anfänglich auch nur mit stummer Verachtung; denn ein Ritter balgt sich mit einem Weib, einem Geistlichen oder einem Kinde nicht herum.

V. 99. Der Beg war mit einem aus Stahldraht geflochtenen Panzerhemde bekleidet.

V. 101. Alamanka. Es ist ein alamanischer, allgemein bekannter Stossdegen gemeint, mit gerader, schmaler, zwei- oder dreischneidiger Klinge. Ein moslimischer Edelmann trug einen solchen gewöhnlich mit, um als Ritter kenntlich und nie wehrlos zu sein.

V. 116. Der Kunstgriff des Beg bestand darin, dass er einen Amoklauf nachahmte. Vor dem Amokläufer, einem Besessenen, läuft alles scheu davon, während man einen gewöhnlichen Mörder auf der Flucht auch mit Steinwürfen aus der Ferne unschädlich zu machen sucht. Der Amoklauf war auch den Serben wohlbekannt. Ich habe in meiner Sammlung ein Guslarenlied, das den Vorgang sehr klar veranschaulicht.

V. 118. Der Riegel am Burgtor wurde durch einen Federmechanismus vorgeschoben. Der Beg zerbricht die Feder und kann dann ohne Anstrengung den Riegel zurückschieben. Ispuśćali (man liess los) weist darauf hin, dass dem Guslar-Dichter die Einrichtung gewiss auch genau bekannt war.

V. 135. Die Kleidung des Ban war derart über und über mit Gold beladen, dass man von ihm zu Ross nur ein wenig heraussah.

V. 150. ‘Das ebene Narentagebiet’, eine poetische Figur. Eben ist hier ‘wegsam’ im Gegensatz zu dem unwegsamen Hochgebirge.

V. 158. Der Paša hat seinen Sitz im šeher, der (offenen) Stadt. Warum der Guslar das Adjektiv šerin gebraucht, verstehe ich nicht.

V. 162. jali [žive] bege jali [njihove] m. g. Entweder liefere mir die Begen lebendig oder deren tote Köpfe ein.

V. 173. Delibaša Zugführer, Feldwaibl.

V. 205. Zum Pagendienst gehörte auch die Obliegenheit, die erhitzten Pferde der Ritter langsam herumzuführen, damit sie sich abkühlen. Hatte der Junge in solchen Fertigkeiten eine Übung erlangt, stieg er auf zum Knappen und ward bewehrt. Als vollwertiger Genosse wurde er vom Häuptling zum Ritter geküsst, wenn ihm auf einem Abenteuerzuge eine Mordtat geglückt war. Anders konnte einer in die Mördergemeinschaft keinen Einlass finden. Das Verbrechen eint die Menschen fester als Liebe. So ist z. B. zur Aufnahme in die chrowotisch-patriotische Maffia zumindest die Ablegung eines Meineides vor Gericht unerlässlich, wenn sich sonst keine andere Gelegenheit zur Verübung eines Verbrechens darbietet, durch dessen Mitwissenschaft die Häupter der Maffia über den Anfänger Gewalt erlangen.

V. 225 und 304. Milovan selber erklärte mir beim Verlesen des V. 304: zlaćenu jabuku mit glavu, das Haupt.

V. 280, 286, 350 und 407: bolan ist ein elliptischer Satz: bolan ne bio! Sollst nicht krank sein! Der Ausruf, um einer bösen Vorbedeutung vorzubeugen. Man sagt auch im gleichen Sinne, wenn man wirklich ein Leiden hat und es erkundigt sich wer darnach, z. B. groznica me, daleko ot tebe, das Fieber schüttelt mich, fern sei es von dir! Polnische Juden drücken sich ähnlich aus: ‘nit Ihnen gesōgt!’, um dem Frager nichts Böses an den Leib zu wünschen. Landau, seinerzeit in Lemberg ein berühmter Gelehrter und Witzkopf, erreichte ein sehr hohes Alter und konnte zuletzt die Stube nicht mehr verlassen. Als er so einmal zu Bette lag, kam ein Lemberger Bürger zu ihm zu Besuch und fragte ihn: ‘Wos fehlt euch eigentlich, Rebeleben?’ — Schlagfertig antwortete der Greis: ‘Alterschwäche plōgt mech, nit euch gesōgt!’ — Da der ursprüngliche Sinn von ‘bolan’ verloren ging und das Wort zu einer Interjektion herabkam, musste ich es darnach an den einzelnen Stellen verschieden verdeutschen.

V. 320. Das Lebendigschinden als alte Strafe für Treubruch, um den Ehrlosen für alle Zeiten zu kennzeichnen. Vrgl. J. Grimm, D. Rechtsaltertümer, 18994, II, S. 291.

V. 341. Odžak, odžaklyk, erbliche Familiengüter für Untertanen. Vrgl. Hammer, Gesch. d. osm. R. VII. 64.

V. 351. evak erklärte Milovan unbefragt mit: evo ovako (siehe auf solche Weise).

V. 355. Car čestiti geben die Übersetzer ständig mit ‘wackerer Kaiser’ wieder. Braucht ein Kaiser gleich einem Bierteutonen ein so nichtssagendes Lobwörtlein aus dem Munde eines armseligen Bošnjaken?! Gewiss nicht, und dem Guslaren fällt es auch nicht ein. Čestit ist nur durch den Verszwang und den abgeschliffenen Sprachgebrauch zum Beiwort von car geworden, ist aber in Wahrheit, wie oben bolan, nur das Bruchstück eines elliptischen Satzes. Es geht nicht an, den Namen ‘Kaiser’ auszusprechen, ohne ihm einen Segenspruch anzuhängen, wie dies sonst bei festlichen Gelegenheiten im Alltagleben üblich ist. Man bringt einen Trinkspruch aus: Brate Joco! čestit bio! čestita ti na ramenu glava! čestit bio i ko te je rodio usw. ‘Bruder Joco! Sollst glücklich sein! glücklich sei dein Haupt auf deinen Schultern! Glücklich sei auch der, so dich gezeugt hat!’ Ursprünglich lautete also unsere Formel: car, čestit bio! ‘der Kaiser, er soll glücklich leben!’ oder kurz, ‘unser Kaiserleben!’ Ob man diese Erklärung des ‘—leben’ als Anhängsel an Vornahmen im judendeutschen Sprachgebrauche nur auf ein missverstandenes leve = lieb zurückzuführen hat, wie Dr. M. Güdemann meint (in der Geschichte des Erziehungwesens und der Kultur der Juden in Deutschland während des XIV u. XV Jahrh. Wien 1888, S. 109 f.), wäre vielleicht im einzelnen näher zu untersuchen.

V. 371. silistar, türk. silihdar, Reisige, vrgl. Hammer I. 95; Waffenträger, Schwertträger I. 494; II. 234; 472; V. 450; 464.

V. 374. Ercegovina gebe ich ständig mit ‘Herzogtum’ oder ‘Herzogland’ wieder, indem ich das deutsche Wort in seine ursprüngliche Fassung rückübersetze. Der Einwand, das man nicht wisse, welches Herzogtum gemeint sei, ist mit Hinblick auf die Umgebung des Wortes, nichtig. Stefan Vukčić (1435–1466), Sohn Sandalj Hranić’s, Gründers der selbständigen Herzogdynastie, nahm im J. 1448 den Titel an: božijom milosti humski herceg (Durch Gottes Gnade Herzog des Humgebietes). Darnach erhielt das Land den Namen hercegova zemlja (Herzogland) oder Hercegova, Hercegovina. Vom Kegelberg (hum) in der Narentamulde in Mostar hatte das Land seinen älteren Namen Humska, Zahumlje (Hinterhumland).

V. 401. jan türk. Seite, jandal seitwärts, po na jandal ziemlich abseits.

V. 403. Der Apfel auf der Zeltstange als Zeichen der Reichmacht; die drei hegenden Drähte um das Zelt herum sollen Neugierige warnen und wohl auch Pferde abhalten, am Zelt ihr Gebiss zu versuchen.

V. 490. Majković ist unbeweibt. Obgleich ihn die edelgeborene Frau Ljubović als ihren Schwager ehrt und Gebieter heisst, weiss er doch in diesem Falle, dass er verwaist ist, also, dass niemand seinen Tod so wie den Ljubović’s betrauern würde.

V. 501. Er fasst die Reise nach Konstantinopel richtig als eine Katabasis auf, er hätte sie aber gleich Xenophon in ähnlicher Lage auch als eine Anabasis bezeichnen können.

V. 506. Der Bosnier stutzt seines Rosses Schweif nicht; wenn er mit ihm durch einen Morast watet, schlägt er ihm in den Schweif bloss einen Knoten ein.

V. 514. Die Behauptung ist unwahr; denn der Herzogländer verschmäht grundsätzlich weder Wein noch Branntwein, letzteren schon gar nicht. Der Vers hat hier keinen Sinn, ausser man nimmt den Ausfall eines anderen aus der stereotypen, vollen Phrase an: s kim se bijem s onim ja ne pijem »mit wem ich mich schlage, mit dem zeche ich nicht«, darauf folgt die übliche Wiederholung und Ergänzung: »mit dem zeche ich weder Wein noch Branntwein!« Mit einem Zechbruder rauft man oder balgt sich herum und dann ist man wieder gut Freund mit ihm, dagegen im Duell geht es auf Leben und Tod.

V. 520. Das Duell ist ein Gottesurteil. Der Herausforderer fordert für seine gerechte Sache das Urteil Gottes heraus und setzt sich dadurch von vornherein ins Unrecht gegenüber demjenigen, der im Namen Gottes als Partner auftritt. Der schlaue Araber möchte die Sache so wenden, als ob ihn Majković herausforderte und überlässt ihm daher den ersten Lanzenwurf, doch lässt sich unser Herzogländer nicht foppen und auch nicht durch die Gaukelei des Arabers, der ihn meuchlings töten will, irre führen. Er bestraft ihn auf der Stelle mit einem Faustschlag, wie man sonst nur ein beim Diebstahl erwischtes Mensch züchtigt. Als der Araber bewusstlos zu Boden lag, wollte ihn Majković nicht umbringen, weil Ermordung eines Wehrlosen unritterlich ist.

V. 534. mije erklärte Milovan den Zuhörern (nicht mir) mit mjehove.

V. 549 u. 551. Stefan reitet durch das ganze Lied den Braunen, hier infolge eines Verredens des Guslaren auf einmal einen Schimmel. Quandoque et bonus dormitat Guslarus.

V. 563 f.: »Geh, Araber, iss nicht Dreck: ‘Wir werden einmal und wir werden zum zweiten Male!’« Über die Wendung vrgl. Anthropophyteia IV, allwo die wahre Bedeutung nach allen Richtungen hin klargestellt wird. Natürlich plauschte der Araber dummes Zeug zusammen, nachdem ihm doch Gott durch den verfehlten Wurf deutlich Unrecht gegeben. Bemerkenswert sind die veralteten, seit Jahrhunderten in der Volksprache nicht mehr gebräuchlichen Wortformen jedność und drugosć. Die Erhaltung der Phrase kann ich mir nicht anders erklären, als dass sie bei gewissen Ritterspielen des XIV. und XV. Jahrhunderts üblich gewesen sein muss und der Satz als Wort ganzes sich behauptet hat. — In einem anderen Liede sagt der Partner zum Araber auf seine gleiche Zumutung: jedanput me rodila je majka! (Nur einmal hat die Mutter mich geboren!). Wie Majković hat auch Philipp der Magyare in einem Kampf mit dem Schwarzaraber das Glück des Verfehltwerdens. Der Meisterfehlschütze fordert ihn auf, für einen zweiten Wurf stille zu stehn, doch Philipp erwidert ihm:

Stani meni arapine moro, Stell mir dich auf, du Trottel aus Arabien,
stani meni kao i ja tebi, stell mir dich auf, wie ich mich dir gestellt,
stani meni piku na biljegu! stell auf dem Zielpunkt auf dich hin für mich!
nije mene dvaput porodila majka Die Mutter hat mich nicht geboren zweimal,
nego jednom jadno i žalosno! vielmehr nur einmal unter Wehgekreisse!

(Diese Stelle bei Osvetnik, Srpske n. pj. S. 71.)

V. 574. Das sang der Guslar nicht etwa als eine Sentenz, sondern als ein witziges Aperçu, das die Zuhörer als vorzüglich gelungen belachten. Man glaubt kaum, wie genügsam Leute in einfach ländlichen Verhältnissen in Bezug auf Witz und Humor sind!

V. 577. letećiv wie spavećiv gebildet. Milovan spottete solange über diese Wortform (Partizip), bis er sich mit ihr befreundete und sie selber nachbildete. Bei antisemistischen »Futharkern«, den sogenannten »Tintenkulis«, die ständig über die judendeutsche Mundart spotten, kann man es beobachten, dass sie schliesslich weder judendeutsch noch hochdeutsch schreiben können.

V. 590: »Wir sind die Begen Ljubović«, er ist ja Ljubović’s Milchbruder.

V. 592: »mich, der ich gesund bin, hat der Schüttelfrost erfasst« usw.

V. 603. türk. katl Mord, katil Mörder, katl etmek hinrichten. Im serb. neben katul auch katal und katur:

moliću se caru čestitome, Den Kaiser, Glück mit ihm! den werd’ ich bitten,
nek mi dade tri katur fermana; er gebe mir drei Hochgerichtfermane;
ja ću djecu z glavom rastaviti die Kinder werd’ ums Haupt ich kürzer machen,
a ni tvojoj dobro biti ne će. und auch dem deinen wird’s nicht gut geraten.
Kulu ću ti u begluk krenuti! Die Warte dein dem Staatschatz schlag’ ich zu!

Unter den achterlei offiziellen Fermanen der hohen Pforte fehlt der katl f., offenbar, weil man mit seiner Ausstellung nicht nach dem Amtschimmel verfuhr. Die anderen seien hier ein für allemal genannt, weil uns die Namen öfters in den Liedern begegnen: 1. istilam f. Berichtabfordernder, 2. Teekid f. urgierender, 3. tahsil f. Steuer eintreibender, 4. tevdžih f. verleihender, 5. sabt f. in Besitz setzender, 6. daavet f. einladender, 7. tedžid f. erneuernder und 8. ibka fermani Bestätigungferman.

Keine Druckfehler sind: 98 pribijo, 182 beže Ljubovića, 161, 179, 357, 379 bege, 210 gji, 228 osić, 234, 275, 456 istor, 266 virna, 276 vrime, 320, 325 priśječe, 399, 409 okoljena, 580 u Stambola, 583 dilje, 601 vić, 599 Dunova. In V. 423 ist [se] und 468 [treći] nach V. 599 von mir eingeschaltet.

1 Vergl. Dr. Albert Hermann Post: Grundriss der ethnologischen Jurisprudenz. Oldenburg und Leipzig 1894. S. 327–425.

2 Man lese darüber das treffliche Buch Pompeo Malmenti’s nach: I Banditi della Repubblica Veneta. Firenze 1896. Bemporad e Figlio.

3 ’Orlović, Der Burggraf von Raab.’ Ein moham.-slav. Guslarenlied. Freiburg i. B. 1889, Herder. S. 35. Dazu das Lied vom Novak in diesem Buche.

4 Julius Pisko: Skanderbeg. Historische Studie. Wien 1894. S. 9.

5 Über Milchgeschwister bei den Südslaven vergl. mein Buch ‘Sitte und Brauch der Südslaven’, Wien 1885, S. 14. — Bei anderen Völkern vergl. A. H. Post: Studien zur Entwicklunggeschichte des Familienrechts, 1890, S. 41 f.; Grundriss d. ethn. Jurispr., Bd. I, S. 98. A. Wiedemann: Die Milchverwandtschaft im alten Ägypten, Urquell 1892, S. 259–267.

6 Angenommen, es wäre der Fall, so ist’s doch eine arge Ungehörigkeit, mir, dem Folkloristen, daraus einen Vorwurf zu machen, dass ich christenfeindliche Texte aufzeichnen mochte. Das Übel steckt aber für mich darin, dass ein solcher Tropf über meine Veröffentlichungen zu Gericht in einer Fachzeitschrift sitzen und gegen meine Studien Stimmung machen darf.

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