IV. Versammlungorte der Hexen.

Regelmässig versammeln sich die Hexen in der St. Johannis- und der St. Georgnacht17, Weihnachten und zu Pfingsten auf Pusten (weiten Ebenen), an Kreuzwegen und brauen dort ihre Zaubertränklein.

In der vorchristlichen Zeit fielen auf die genannten Tage die Hauptfeste des Volkes. Jung und alt zog zu Georgi, zu Pfingsten und am Johannistage hinaus in Wald und Flur, brachte bei Tanz und Spiel Opfer dar und feierte das Fest der erwachenden und blühenden Natur. Wie vor tausend Jahren, so feiert noch jetzt der südslavische Landbewohner diese Feste, die nun ein christliches Gepräge erhalten haben, nebenher geht aber noch eine Unzahl altheidnischer Gebräuche mit. Warum gerade an diesen Tagen den Hexen eine grosse Rolle zufällt, erklärt sich einfach daraus, dass man vor Zeiten an diesen Tagen Opferzüge leitete und mancherlei »Zaubereien«, zum Wohle aller und einzelner veranstaltete. Bei einem einfachen Volke, wie die Südslaven, das sich vorzugweise mit Ackerbau und Viehzucht beschäftigte und noch beschäftigt, brachte man selbstverständlich die meisten Opfer dar, um für das liebe Vieh und die Felder den Segen der Geisterwelt zu erwerben. Zu ihren Ehren schmückte man die Wohnungen der Menschen und die Nutztiere mit Blumen und Kränzen. Die weisen Frauen, die die Aufsicht über die Festzüge führten, trugen besondere Zweige in der Hand, beräucherten Menschen und Tiere und sprachen dazu ihre Segen. Die neue christliche Lehre musste, um sich behaupten zu können, teilweise die alten Bräuche zu den ihrigen machen, diejenigen aber, die sich mit ihrem Geiste nicht vertrugen, als das Gaukelspiel böser Geister hinstellen. So wurden die alten Priesterinnen, die wohl mancherlei Kenntnis von heilkräftigen Kräutern besassen, böse Hexen, die dem lieben Vieh nachstellen und den Menschen nur Schaden bereiten. Infolge dieser Wandlung in der Volkanschauung fing man an, den nicht mehr verstandenen Brauch des Bekränzens und Schmückens der Nutztiere als Abwehrmittel gegen den Einfluss der Hexen auszulegen. Die Vorstellung von dieser Art von Hexen hat mit jener von den Vilen nichts gemein als den Namen, so ferne man in manchen Gegenden die Bezeichnungen vještica (coprnica) und vila nicht mehr auseinanderhält.

Am Georgtage schmücken im ganzen slavischen Süden die Hirten mit Blumenkränzen die Hörner der Kühe, um jeden Hexenzauber fernzuhalten. In den Blumen und Zweigen heimen gütige Baumseelen. Die unbekränzten Kühe sind den Hexen preisgegeben. Die Kränze befestigt man abends an der Stalltüre, wo sie das ganze Jahr über hängen bleiben. Wenn es ein Hirte unterlässt, eine Kuh zu bekränzen, so erhält er vom Eigentümer der Kuh nicht nur nicht das übliche Trinkgeld, sondern setzt sich noch der Gefahr aus, durchgebläut zu werden. Die Zeugnisse für den angeführten Brauch sind sehr zahlreich. (Vrgl. über diesen Brauch bei a. Völkern. Mannh., Bk. S. 295.)

Am Georgtage früh, wenn der Hirte die Kühe aus dem Stalle lässt, nimmt die Schaffnerin in die eine Hand Salz, in die andere einen Scherben mit Feuerbrand. Das Salz reicht sie der Kuh, die nun über die Glut hinwegschreitet. In dem Feuer brennen allerlei Rosenarten. Dadurch bricht man die Macht der Hexen über die Kuh. (Aus Warasdin). In der Umgegend von Karlstadt begnügen sich die Hausfrauen, morgens beim Austreiben der Kühe bloss ein Kreuz über sie zu schlagen, um die Hexen fernzuhalten. (V. Lorković, Arkiv, 1863, VII, S. 239.) (Über die Bedeutung dieser Bräuche vrgl. Mannh. Bk. Kap. VI, Vegetationgeister, Sonnenzauber S. 497–566.)

Am Vorabend von Georgi, an manchen Orten am Georgtage frühmorgens, schneiden alte Weiber Distelzweige ab und bringen sie an den Türen des Gehöftes an; ferner machen sie Kreuze aus Kuhdreck sowohl an den Hof- als an den Stalltüren, damit die Hexen den Kühen keinen Schaden antun können. (Aus Warasdin.) Manche schlagen aus demselben Grunde grosse Nägel in die Stalltüre ein, doch glaubt man, dass diese kein so zuverlässiges Abwehrmittel gegen Hexenzauber wie Distelzweige bilden. In Vinica und dessen Umgebung schneidet man vor Sonnenaufgang die Distelzweige ab. Man legt sie einander auf den Kopf, ferner legt man solche Zweige auf die Umzäunung des Gehöftes, die Fenster und Türen des Hauses und ebenso in Kranzform den Kühen um den Nacken, damit die Hexen dieses Jahr über Mensch, Tier und Haus keine Macht erlangen können. Gelingt es einer Hexe trotz alledem durchs Hinterhaus über den Gartenzaun in den Stall zu dringen, so verendet das ganze Vieh in dem Hause.

Es war einmal ein Mann, der wollte keine Disteln an der Stalltüre anbringen, ja er verspottete sogar die Leute, die es taten. Dafür kamen aber das ganze Jahr allabendlich Hexen zu ihm und molken seine Kühe aus. Er dachte sich: »Ich muss doch aufpassen, wer denn das ist, der regelmässig meine Kühe ausmilkt.« Er verbarg sich im Heu, lauschte und hielt scharfe Wache. Auf einmal, es war um die elfte Stunde, erschien ein Melkkübel und die Kuh fing an ganz von selbst die Milch in diesen Kübel hineinrinnen zu lassen. Er fährt rasch aus seinem Versteck hervor, ergreift den Kübel und schlägt ihn mit aller Kraft zur Erde. Der Kübel aber verwandelt sich in eine grosse Kröte, und eben diese Kröte macht Miene, auf ihn zu springen. Er hurtig fort und ins Haus hinein. Das war sein Glück. Eine Woche darauf war Georgi. Am Vorabende befestigte er an der Stalltüre Distelzweige und die Kuh gab fortan reichlich Milch. (Aus dem Dörfchen Vidovec bei Warasdin.)

Am Georgtage kann man die Hexen leicht erkennen und ihr Treiben beobachten, nur muss man folgendes tun: Zeitlich morgens vor Sonnenaufgang begibt man sich auf die Weideplätze der Kühe, zieht sich vollständig aus, wendet seine Kleider ganz um und legt sie so an. Dann muss man ein Stück grünen Rasens herausschneiden und sich auf den Kopf legen. (Aus Warasdin.) Als Beleg für die Wahrheit erzählt man sich die Geschichte von den zwei Schmiedelehrjungen und ihrer Meisterfrau, die nächtlich auf einem der Burschen, nachdem sie ihn in ein Pferd verwandelt, zur Hexenversammlung reitet. Es wird dies als eine Strafe für seinen Vorwitz hingestellt. Die Hexe wird schliesslich auf dem Kapuzinerplatz in Warasdin verbrannt.

Die Hexen kann man ferner am Georgtage beobachten. Man stellt sich in der Frühe, wann die Kühe ausgetrieben werden, mit einem Rasenstück auf dem Kopfe hinter die Stalltüre, oder duckt sich daselbst nieder. Dadurch wird man für die Hexen unsichtbar, denn sie glauben, man befinde sich unter der Erde. (Aus Warasdin.)

Am Georgtage in aller Früh vor Sonnenaufgang steigen die Hexen in den Kirchturm hinauf, um Schmierfette18 von den Glockenarmen und ein Stück vom Glockenstrick sich zu holen; denn dieser Gegenstände bedürfen sie zum Hexen.

In der Johannisnacht schleicht die Hexe auf den geflochtenen Zaun hinauf, der das Gehöft umschliesst und spricht: »Zu mir der Käse, zu mir das Schmalz, zu mir die Butter, zu mir die Milch, euch aber (geb’ ich) die Kuhhaut.« (K meni sir, k meni maslo, k meni puter, k meni mleko a vam pak kravsku kožu.) Da wird nämlich die Kuh verenden, das Fleisch wird man vergraben, die Haut verkaufen müssen. Um solchen Zauber zu nichte zu machen, geht man zeitlich früh am Johannistage auf die Wiese, sammelt in einen Mantel Morgentau und trägt ihn heim. Zu Hause angelangt, bindet man die Melkkuh an den Stützbalken (tram) an und wäscht die Kuh mit dem eingesammelten Morgentau; sodann stellt man den Melkkübel unter ihre Euter und melkt die Kuh. Tut man so, so kann man mindestens vier volle Kübel Milch melken. (Aus St. Elisabeth [Jalžabeta].)

Zur Abwehr gegen die Entziehung der Milch durch Hexen bedient man sich auch des Wacholders. Folgende zwei Angaben sind aus Toplice. »Will man es verhindern, dass Hexen zu den Kühen kommen, so nimmt man in der Weihnacht einen Wacholderzweig und warte im Stalle, bis die Hexen kommen, um die Kühe zu melken. Sobald sie zu melken anfangen, tritt hin zur Kuh und versetz der Hexe drei Streiche. Das musst du schweigend tun und ebenso schweigend dich sogleich entfernen.« Das zweite Mittel lautet: »Will man die Hexen von den Kühen vertreiben, so geh’ zu Weihnachten um die Mitternachtstunde hin, gib Wacholder in einen Topf (in welchem Glutkohlen liegen) und räuchere damit dreimal deine Kühe, dann wird das ganze Jahr keine Hexe zu ihnen kommen. Dies musst du aber an jedem Weihnachtabend tun, wenn du willst, dass niemals Hexen zu dir kommen sollen und deine Kühe ausmelken.19«

Nicht geringe Schwierigkeit bietet die Erklärung des Glaubens an die Kerstniki (bei den Slovenen), die in der Johannisnacht mit den Hexen kämpfen. Die Etymologie des Wortes Krstnik ist unzweifelhaft. Es ist ein altes Lehnwort aus dem Griechischen. Im Bulgarischen und Slovenischen bedeutet Krstnik so viel als Täufling, der Getaufte (Kumče, wie man serbisch sagt). Wie lässt sich das Wort in dieser Bedeutung in unserem Falle rechtfertigen? Sehen wir uns vor allem die wenigen gedruckten Angaben an, aus welchen man etwas Näheres über die Kerstniki erfährt. Die älteste Nachricht datiert aus dem Jahre 1854.

»In der Johannisnacht, so glauben die Slovenen um Görz, führen die Hexen mit den Kerstniki einen heftigen Kampf. Die Kerstniki sind zwölf Brüder. Wenn sich in einer Familie zwölf Söhne von einem Vater befinden, so ist der zwölfte unter ihnen ein Kerstnik. In der Johannisnacht schweben diese Kerstniki in grosser Gefahr, denn sie werden da von den Hexen mit Überresten von Steckpfählen und Stumpfen überfallen. Gerade deshalb gräbt man im Herbste die Steckpfähle und die Stumpfen, die in der Erde zurückbleiben, sorgfältig aus und schafft sie heim, damit die Hexen keine Waffen haben sollen, um mit den Kerstniki zu kämpfen. Diejenigen Stücke, die sich nicht leicht herausziehen lassen, rammt man noch fester in die Erde ein.«

Den Widerspruch, der darin liegt, dass zuerst alle zwölf Brüder Krstniki genannt werden und dann trotzdem der zwölfte erst Krstnik sein soll, fand der Erzähler nicht heraus. Man merkt es diesem Bericht gleich an, dass die mythische Zwölfzahl nur herangezogen wird, um etwas notdürftig zu erklären, was man nicht mehr versteht.

Nicht viel mehr als den blossen Namen bietet eine andere Erzählung. »Die Krstnici beschützen zumeist die Welt vor Hexen.« Einen sicheren Anhaltpunkt zur Deutung der Gestalt des Krstnik gewinnt man erst durch eine Notiz: »Krstnik, človek kterega vile obljubiju.« »Krstnik ist ein Mann, den die Vile liebgewonnen.« Diese dritte Nachricht rührt aus dem Jahre 1860 her (Veglia glasn. II. 8).

Die Klasse von Geistern, zu der man die Vilen zählen muss, liebt es, wie es die Mythen aller Völker erzählen, mit dem Menschen in die vertrauteste Verbindung zu treten. Wenngleich die Vila ein geisterhaftes Wesen ist, sucht sie doch den Umgang des Menschen. In der Heidenzeit betrachtete man es als eine aussergewöhnliche glückliche Auszeichnung für einen Sterblichen, wenn er von einer Waldfrau geliebt wurde, in christlicher Zeit verschoben sich die Anschauungen. Die Waldfrau erscheint mitunter als ein armes, verlassenes Wesen, das des ewigen Heils unmittelbar nicht teilhaftig werden kann und wenigstens mittelbar durch die Berührung mit Getauften Erleichterung erhofft und findet. Eine Sage (Sdsl. S. u. M. Stück 90, S. 413) erzählt, dass Vilen an einem Jüngling solches Wohlgefallen fanden, »dass sie ihn zu sich in die Baumhöhle mitnahmen und drum waren sie in ihn verliebt, weil sie durch ihn nach der Taufe dufteten« (»da su po krstu dišale«). Vilen entführen auch Kinder, die schon getauft sind und ziehen sie gross.20 Solche Auserwählten darf man im Gegensatze zu den nichtgetauften Vile, als die Getauften, d. h. Krstniki κατ’ ἐξοχήν benennen. Die Günstlinge der Vilen konnten wohl auch als Fürsprecher für ihre Mitmenschen gelten; diese Auffassung wird durch eine ganze Reihe Vilensagen bekräftigt. Die Krstniki erscheinen demnach im Volksglauben als die Beschützer der Menschen. Man war aber gewohnt, die Krstniki immer in einem nahen Verhältnisse zu den Vilen zu denken. Sobald sich nun die Vilen zu coprnice wandelten, musste notwendigerweise das alte freundliche Verhältnis in ein feindliches verändern. Die Krstniki beschützen nicht mehr die Welt durch ihre Fürsprache, sondern durch offenen Kampf, den sie mit den Vilen (= copernice) auszufechten haben. — Nach dieser Deutung ist die erste Sage, sehr jungen Ursprungs, und es fragt sich, ob das Ausreissen der Stoppeln und Stümpfe, die nach der Ernte im Boden zurückgeblieben, in irgend einen Zusammenhang mit den Krstniki überhaupt gebracht werden darf, oder ob wir nicht vielmehr einen traditionellen Zug vor uns haben, der auf einen alten Bodenzauber hinweist. Dies dürfte man aber nur dann annehmen, wenn die Stoppeln verbrannt würden. Es ist sonderbar, dass nur die Slovenen um Görz, nicht aber auch die übrigen Südslaven diesen Brauch üben, auch scheut sich der Südslave zufolge eines allgemeinen Glaubens, selbst eine abgestorbene Pflanze mit der Wurzel auszureissen, denn man reisst dadurch, glaubt man, seiner verstorbenen Mutter oder Grossmutter im Grabe die Haare aus. In Maisfeldern werden z. B. im Savelande nach der Ernte die Stöcke, sobald sie vollständig getrocknet sind, unten an der Wurzel abgeschnitten; (man benützt die trockenen Stangen zur Feuerung.) Wer den Charakter des südslavischen Bauernvolkes kennt, der weiss auch, dass der Bauer nur so viel arbeitet, als er muss, um nicht mit den Seinigen zu verhungern. Zu solchen überflüssigen Arbeiten, wie das Ausziehen der Stoppeln und Stumpfen, kann ihn nicht einmal die Furcht vor Hölle und Teufel bewegen.

Ausser bei den erwähnten Gelegenheiten versammeln sich die Hexen noch regelmässig in hellen Mondnächten auf Kreuzwegen, um dort zu spinnen.21 Nie aber ist es ratsam, zur Nachtzeit dort vorüber zu gehen, denn die Hexen behexen einen und senken über ihn einen tiefen Schlaf. Ihre Zusammenkünfte finden auf Bäumen, besonders auf Ahorn-, Eschen-,22 Nuss- und Lindenbäumen statt, deren Äste folgender Art verwachsen sind:

Aufenthaltorte der Hexen sind nebst dichten Wäldern und Schluchten noch Düngerhaufen, Lauge- und Ascheablagerungen, Gestrüpp und dichtes Gehölz. Sobald die Sonne untergegangen ist, versammeln sich die Hexen in Zwetschkengärten und alten Ruinen; in Sommernächten treiben sie ihr Unwesen in Scheunen, alten hohlen Bäumen, dunklen Hainen und unterirdischen Höhlen. (Lonja in Chrowotien.) Die Hexen werden ferner als wohnhaft gedacht in der Grotte Kleinhäusel (u velki jami pod malim gradom) bei Postojna in Krain, ferner tanzen sie auf zwei grossen Felsen in der Nähe der Grotte. Die Hexen haben Affenköpfe mit roten Mützen darauf. Der Bauer hütet sich sorgfältig, in der Dämmerung an einem Düngerhaufen vorüberzugehen, oder gar darüber zu schreiten, namentlich tät er dies nicht barhaupt; denn man ist vollkommen überzeugt, dass einen die Hexen, die auf dem Düngerhaufen hausen, auf der Stelle durchbohren würden. Mein Gewährmann erzählte eine Geschichte, um diesen Glauben zu belegen, und gesteht freimütig ein, dass er früher wohl an der Existenz von Hexen gezweifelt habe, doch angesichts der sich so oft wiederholenden Tatsache nicht umhin könne, seinen Unglauben zu bereuen. »Ich sah«, berichtet er, »einen Handwerker (der Mann lebte noch 1863), der verliess um Mitternacht das Wirtshaus, wurde von den Hexen überfallen und dreimal furchtbar im Dorngestrüpp zu Boden geschleudert. Zuletzt, nachdem sie ihn derart zugerichtet, versetzten sie ihm einen so wuchtigen Hieb in den Brustkorb, dass man noch jetzt, also mehrere Jahre nach diesem Ereignisse, ein faustgrosses Loch an der betreffenden Stelle sehen kann. Der Ärmste erzählte mir selber, dass er wohl sterben, aber niemals der alten Bara, seines Nachbars Weibe, verzeihen werde; denn sie habe er ganz deutlich von Angesicht im Mondlicht erkannt.«

Wenn ein heftiger Wind weht, da lieben es die Hexen, zu tanzen. Vor Vergnügen drehen sie sich im Wirbel, und lagern an Orten, wo Menschen gerne verweilen und ruhen, ihren Schweiss vom Tanze ab. Wer an einen solchen Ort gerät, mit dem ist’s schlimm bestellt; er verliert die Sprache, oder wird an Hand oder Fuss gelähmt. Man glaubt auch, dass wenn einer eine Lungenentzündung bekommt, oder es rührt ihn der Schlag, dass er auf Hexenschweiss getreten sei.

Man muss sich hüten, den Ort zu betreten, wo sich eine Hexe aufgehalten, denn man verfiele sogleich in Wahnsinn und bliebe daselbst so lange liegen, bis man vom Hunger heimgetrieben würde. Man erkennt eine solche Stelle ohne weiters an den Fussabdrücken im Staub oder Sand. Eine Hexe hat nämlich bloss vier Zehen am Fusse, die wohl nicht anders aussehen als bei jedem Menschen, nur fehlt die grosse Zehe (der Daumen). (Aus Warasdin.) Die rätselhaften vier Zehen, deren Eindrücke im Boden den Gläubigen in Schrecken versetzen, rühren wohl von Wildgänsen, Schwänen oder Wildenten her. Der Bauer kennt freilich die Spuren dieser Tiere, doch er glaubt auch, dass Hexen ihre Gestalt annehmen. Auch die ruhelosen Seelen von Kindern, die vor der Taufe gestorben, treiben nächtlicher Weile ihren Spuk in Gestalt von Gänsen auf Weideplätzen. Das sind die Móvje klr. moviči (vor der Wz. mar).

Stösst der Mensch durch Zufall auf eine Hexenversammlung, so muss er rasch den Kopf bedecken, ein Kreuz schlagen, drei Schritte nach rückwärts treten, dann einen vierten Schritt nach vorwärts machen, denn sonst tritt er den Hexen in die Schüssel hinein. Beobachtet er dies, so können ihm die Hexen gar nichts antun. (Aus Vinica.)

Wenn einer an seinem Gartenzaun irgend etwas wahrnimmt, was ihm eine Hexe hingelegt hat, so darf er das Ding um keinen Preis in die Hand nehmen, denn er würde im selben Jahre schwer erkranken, und wenn er gar mit dem Dinge spielte, so müsste er gewiss sterben. (Aus Warasdin.)

Hexen halten sich auch in Gewässern auf. In einem solchen Wasser muss man sich hüten zu baden, denn man ertränke unfehlbar darin. Auch fänden die Leute niemals den Leichnam des Ertrunkenen. Einen solchen verdächtigen Ort erkennt man leicht daran, dass auf der Oberfläche des Wassers ein toter Kater schwimmt. Zuweilen ist an solchen Stellen das Wasser von einer sehr bedeutenden Tiefe, trotzdem aber von einer solchen Klarheit und Durchsichtigkeit, dass man bis auf den Grund hinab sieht. Häufig ist ein Wasser, das zum Aufenthalt der Hexen dient, ein sehr trübes stehendes Gewässer, dem man nicht näher als bis auf sieben Schritte kommen darf, weil der Mensch schon am blossen Dunst ersticken müsste.

Drei Sagen zur weiteren Erläuterung. Die erste ist aus Bednje, die zweite aus Biškupec, die dritte aus Warasdin in Chrowotien.

I.

Es war einmal ein junger Mann, der sich in ein Mädchen verliebte, das eine Hexe war. Es fiel ihm öfters auf, dass sich das Mädchen immer zu gewisser Zeit zu entfernen pflegte, ohne jemand mitzuteilen, wohin; darum befragte er sie, wohin sie gehe, und sie gab ihm zur Antwort: »Mein Liebster, ich gehe auf einen gar schönen Ort; komm Du auch mit, Du wirst die Freude in vollen Zügen geniessen.« — Er willigte ein und sie führte ihn auf einem ihm bis dahin unbekanntem Wege, bis sie an einen Kreuzweg gelangten, wo sie zu mehreren solcher Mädchen und Frauen stiessen. Mit diesen zusammen traten sie sodann in eine wunderherrliche Burg, die sie urplötzlich herhexten, darin glänzte aber alles in lauterem Golde und eine grosse Tafel war mit köstlichen Speisen vollbedeckt. Man fing an, die mannigfaltigsten Speisen zu essen, wie ihrer der Jüngling nicht einmal im Traume je welche gesehen. Wie es überall zu sein pflegt, so geschah es auch hier; der Wein erhitzte die Gemüter der Gäste und der Jüngling ergriff lusterfüllt seinen Pokal und brachte einen Trunk zu Ehren des heiligen Geistes aus. Da schien es ihm auf einmal dunkel um die Augen zu werden, und er ergriff, als wenn er untersänke, schnell etwas über sich. Wie er die Augen öffnete, sah er sich auf einem Lindenbaume und mit der Hand hielt er sich an einem Aste fest.

II.

Es war einmal eine Hexe, die ging zum Dorfpfarrer zur Beichte; der Pfarrer aber wusste, dass er eine Hexe vor sich habe und bat sie, sie möge ihm den Ort ihrer Zusammenkünfte zeigen. Die Hexe erwiderte: »Ich will Ihren Wunsch, Herr Pfarrer, erfüllen und Ihnen den Ort zeigen. Kommen Sie mit mir auf den Düngerhaufen.« — Als sie auf den Düngerhaufen kamen, hiess die Hexe den Pfarrer ihr auf den Fuss treten. Kaum trat er ihr auf den Fuss, flogen beide hoch in die Luft und gelangten in einen wundervoll schönen Palast, wo Hexenmeister mit Hexen im vollsten Sinnentaumel herumtanzten und sich mit Speise und Trank ergötzten. Auf einmal erschien in ihrer Mitte der Teufel selber in Gestalt eines Kalbes, das Feuer aus dem Maule spie. Nun gingen die Hexen der Reihe nach dem Kalbe den Hintern küssen, und so kam die Reihe auch an den Pfarrer, der ohne weiteres das Beispiel der Hexen nachahmen wollte, doch der Teufel herrschte ihn an: »Was hast Du Stinktier vor? — Willst Du in unsere Genossenschaft aufgenommen werden, so musst Du Deinen Namen mit eigenem Blute in dieses schwarze Buch einschreiben!« — Der Pfarrer forderte ihn auf, ihm das Buch vorzulegen, er sei bereit, sich zu unterzeichnen. Der Teufel reicht ihm das Buch und der Pfarrer schreibt ein den süssen Jesunamen. Im selben Augenblicke erdröhnte der Palast und zerfiel in Trümmer, Teufel und Hexen verschwanden und der Pfarrer sah sich auf dem Gipfel der uralten Linde vor der Kirche und zitterte vor Entsetzen am ganzen Leibe. Als in der Früh der Messner läuten kam, rief ihm der Pfarrer von der Linde herab zu: »Heda, nimm mich herab!« und der Messner entgegnete kopfschüttelnd: »Der Teufel selbst muss Sie da hinauf gesetzt haben«, stieg auf den Baum, holte den Pfarrer herab und trug ihn in den Pfarrhof zurück.

III.

Ein Bauer ging mit einem Sacke Frucht in die Mühle und der Weg führte ihn an einem grossen Baume vorüber, wo er schon früher zu hundert Malen vorübergegangen war. In der Mühle sah er sich genötigt bis zur Dämmerung zu warten, ehe an ihn die Reihe kam, und als die Frucht gemahlen war, trat er den Heimweg an. Wie erstaunte er aber, als er an der Stelle, wo der Baum stand, einen grossartig schönen, drei Stockwerke hohen Palast erblickte, aus dem ihm ein Jubel entgegenscholl, als wenn hundert Paare daselbst Hochzeit feierten. Verwundert legte er den Sack ab, setzte sich darauf und sann nach, wo er sich befände und wieso er hieher gelangt sei. Auf einmal traten aus diesem Palaste über goldene Stufen zwei schöne Frauen heraus, fassten ihn jede an einer Hand und führten ihn in den Palast hinauf. Oben traf er Leute aller Art, unter denen eine unaussprechlich grosse Lustbarkeit herrschte. Man bot ihm sogleich Speise und Trank an und schliesslich tanzte er in bester Stimmung mit ihnen mit. Als er sich endlich verabschiedete, um zu den Seinen zurückzukehren, reichte ihm die eine ein grosses Stück Braten und die andere ein herrliches Kopftuch mit den Worten: »Dein Weib wird es mit grossem Vergnügen tragen.« — Er sprach ihnen seinen Dank dafür aus, worauf sie ihn wieder an der Hand hinabgeleiteten. Unten angelangt, lud er wiederum seinen Sack auf den Rücken auf und schlug den Heimweg ein. Zu Hause rief er vor Freude seinem Weibe zu: »Errat’ mal Weib, was ich Dir Neues und Schönes mitbringe?« — Noch etwas benebelt und in vergnügtester Laune griff er in seine Ledertasche nach dem Fleische und zog heraus — einen Pferdehuf. »Ich habe noch etwas, für Dich, Du«, sagte er, griff in die Tasche nach dem Kopftuch und brachte einen — schmierigen Abwaschfetzen zum Vorschein. Beide gerieten darüber in Verwunderung, und der Bauer suchte schnurstracks den Pfarrer auf und teilte ihm das sonderbare Abenteuer mit, aber der Pfarrer lachte ihn nur aus. Nun kam bald wiederum der Zeitpunkt, wo die Hexen ihre Versammlung abzuhalten und der Freude sich hinzugeben pflegten, und da schickten sie zum Pfarrer, der eben an diesem Tage zwei Paare traute, eine vergoldete Kutsche mit vier Rossen, einem Kutscher und zwei Herren mit der ergebenen Einladung, er möge sie beim Festmahl mit seiner Gegenwart beehren. Der Pfarrer nahm wirklich die Einladung an, stieg in die Kutsche und schnell wie der Donner ging es zu jenem Palaste hin. Die ganze lustige Gesellschaft kam ihm unter Musikbegleitung entgegen und führte ihn über die goldenen Stufen hinauf in den Saal. Sogleich räumte man ihm den Ehrenplatz oben an der Tafel ein. Doch die Freude war von kurzer Dauer, wenngleich sie sehr gross war; alles trank der Reihe nach und zuletzt kam der Pfarrer dran, der in Gottes Namen den Pokal ansetzte; kaum war aber dieses Wort über seine Lippen gekommen, verschwand alle Herrlichkeit um ihn herum und er sah sich auf einem schwachen Aste auf dem Gipfel jenes Baumes sitzen, von dem ich zuvor gesprochen. Die ganze Nacht bis zum hellichten Tag sass er da oben auf der schwachen Rute und getraute sich nicht, sich zu mucksen, vor Furcht, hinabzufallen und sich das Genick zu brechen, bis ihn endlich vorüberziehende Leute aus seiner peinlichen Lage befreiten. Diesen Streich spielten ihm die Hexen nur deshalb, weil er an sie nicht glaubte.

Als Hauptversammlungort der Hexen von Syrmien wird ein alter Nussbaum23 bei dem Dorfe Molovina bezeichnet. Auch in einem sicilianischen Zauberspruch (vrgl. Ausland 1875, St. 3) ist von den Geistern des Nussbaumes die Rede. Sie heissen diavuli di nuci. »Die neapolitanischen streghe versammeln sich unter einem Nussbaum bei Benevent: das Volk nennt es die Beneventsche Hochzeit; gerade an diesem Ort stand ein heiliger Baum der Longobarden.« (Grimm. D. M. S. 1005.) Die älteste Nachricht über diesen Glauben bei den Südslaven findet sich bei dem Ragusäer Dichter I. Gundulić (1588–1638). Im II. Gesange seines Epos »Osman« (zuerst erschienen 1621) sucht der Vezir Dilaver den jungen türkischen Kaiser Osman zu überreden, er soll die Mutter seines vom Throne gestürzten Vorgängers, eine gefährliche alte Hexe, die ihm, Osman, nach dem Leben trachtet, baldigst aus dem Wege räumen. Der Dichter schildert das Treiben der Hexe nicht getreu nach dem südslavischen Volkglauben, denn aus Strophe 36 und 37 geht hervor, dass er mit dem abendländischen, oder genauer italienischen Hexenglauben wohl vertraut ist. In der ersteren Strophe ist der Zug, dass die Hexe nachts auf einem Bock durch die Lüfte reitet, dem südslavischen Volkglauben ganz und gar fremd. Die Stelle lautet (Strophe 38 und 39, »Osman«, II. Aufl. Agr. 1854, S. 20 f.):

»Glas je, da ona od djetinje

Mlječne puti pomas kuha,

I na ovnu prjeko sinje

Noći leti vragoduha,

»Man sagt sich, dass sie eine Salbe aus zartem (wörtlich: milchigem) Kinderfleisch koche und vom Teufel besessen auf einem Bocke durch die schwarze Nacht dahinfliege.«

5Na kom leti svegj bez straha

K planinskomu vilozmaju,

Gdje vještice podno oraha

Na gozbe se strašne staju.«

»Auf welchem (nämlich Bocke) sie ohne Scheu allezeit zum vilenartigen Drachen der Hochalpe reitet, wo sich Hexen unterhalb eines Nussbaumes zu grausigen Mahlzeiten ein Stelldichein geben.«

Weitere Belege aus Dalmatien im Arkiv za pov. jugosl. V. S. 332. Der Zauberspruch der Hexen, die im Begriff fortzufliegen sind, lautet: »Nach Neapel unter die Nussbäume« (u Pulju pod oraje).

In einer Sage (Arkiv, VII, S. 218) zerreissen Hexen ein Mädchen unter einem Nussbaume und sieden es in Öl ab.

Dagegen finden sich die Hexen von Chrowotien auf dem Berge Klek bei Ogulin zusammen. (Vuk, a. a. O.) M. Kombola, Pfarrer in Selac im Küstenlande, berichtet über diesen Volkglauben im Arkiv des Kukuljević VII, 328. Zweifelohne war auf dem Klek eine vorchristliche Kultstätte. Kombola ergänzt seine Nachricht mit der Bemerkung: »Wüsste der hl. Elias, wann sein Tag sei, er würde sie (die Hexen) alle vernichten und umbringen.« Unser Gewährmann nimmt auf eine allgemein verbreitete Sage Bezug, die an den Heiligen anknüpft. Wie wir in der Anmerkung hervorheben, ist der hl. Elias an Stelle des Donnergottes der vorchristlichen Zeit getreten, der sich in einem gewissen Sinne mit der neuen Ordnung abfand, doch immer noch hofft, dass er wieder einmal die Herrschaft erlangen werde. Dieser Zeitpunkt ist herangenaht, sobald sein alter Kult wieder vollkommen hergestellt sein wird, oder, wie es in der Sage heisst, sobald er erfährt, wann man sein Fest feiert. Es wird aber alljährlich begangen, nur weiss er den Tag nie bestimmt. Fragt er Gott, so erhält er immer zur Antwort, der Tag sei schon vorüber, oder er werde erst kommen. Der hl. Elias verschläft nämlich immer sein Fest. Wenn er aber einmal wachbleiben wird, dann geht die ganze Welt zu Grunde. (Das erzählte mir ein Bauer aus Kamensko bei Požega in Slavonien. Die Vorfahren des Erzählers sind Einwanderer aus dem Herzogtum. Eine Variante dazu in einer der ersten Nummern des Ragusäer Slovinac.)

Die Hexen reiten auf Menschen, die sie mittels einer Zauberhalfter in Pferde verwandeln. Auf ihrem Versammlungorte wird herumgetanzt. Die heiteren Festtänze beim alten Opferkult, die frohe Sitte, die sich noch bis in die Gegenwart erhalten hat, dass sich das Volk an Festtagen vor der Kirche versammelt und Tänze aufführt, wurden mit der Zeit durch den Einfluss der Geistlichkeit zu greulichen Hexentänzen gestempelt, die unter Aufsicht des Teufels ausgeführt werden. Der Teufel wird übrigens höchst selten in unmittelbarer Verbindung mit Hexen gedacht. Seine Gestalt ist dem südslavischen Volkglauben ursprünglich ganz fremd. Weist doch auch schon der Umstand darauf hin, dass die Sprache keine besondere Bezeichnung für Teufel aufweist (gjavol [diabolus], sotona [Satan] sind Fremdworte, vrag bedeutet den Verderber überhaupt). An ihren Versammlungorten vergnügen sich die Hexen nicht bloss mit Tanz, sondern auch mit Mahlzeiten. Ihre Gefässe sind Pferdehufe und Eierschalen. Pferde brachte man beim alten Kult gewöhnlich als Opfer dar. Noch heutigen Tags befestigt so mancher südslavische Bauer am First seines Hauses einen Pferdekopf zur Abwehr von Zauber. Eier als Sinnbilder des Werdens in der Natur opferte man gleichfalls den Geistern. Wie es bei Hexenmahlen zugeht, darüber geben uns die Sagen vielfachen Aufschluss. Hier mögen vor allem zwei angeführt werden. Die erstere ist aus Kreuz in Chrowotien, die letztere, eine Variante zur ersteren, aus Slovenisch-Feistritz.

I.

Am Abhange des Klek lebte ein reicher Wirt mit seiner Frau, der Wirtin. Der Wirt war hager und mager, die Wirtin aber gut genährt, wie ein Mastschwein. Kam eine Zigeunerin zum Wirt, um ihm wahrzusagen. »Hör’ mal, Du gutmütiger Tropf« (more), sprach die Zigeunerin, »weisst Du, weshalb Dein Weib so dick und Du so abgezehrt bist?« — »Weiss es nicht!« — »Mein guter Freund, Dein Weib ist eine Hexe. An jedem Freitag im Neumond (mladi petak) reitet sie auf Dir auf den Klek hinauf zum Teufelreigen« (Vražje kolo). — »Wie denn das?!« — »Ganz einfach. Sobald Du einschläfst, schleicht sie zu Dir hin, wirft Dir eine Zauberhalfter über den Kopf, Du verwandelst Dich augenblicklich in ein Pferd und sie reitet dann auf Dir fort. Geh, gib mal ein bisschen acht am nächsten Neumondfreitag.«

Am nächsten Freitag abend tat der Wirt, als schliefe er. Näherte sich ihm die Wirtin mit den Halftern in der Hand. Sprang der Wirt vom Lager auf und warf ihr die Halfter über den Kopf. Sie stand im selben Augenblicke vor ihm als Stute, er bestieg sie und im Nu befanden sie sich oben auf dem Klek. Dort band er (der Wirt) die Stute an einen Baum und schaute dem Teufelreigen zu. Zuerst tanzten die Hexen alle zusammen im Reigen, dann jede allein um ihren Topf herum. Diese Töpfe aber waren nichts anderes als Eierschalen. Kam zum Wirt herangeflogen eine alte Hexe, diese war seine alte Godin. »Was suchst Du da?« — »Ich habe diese meine Stute bestiegen und sie trug mich hieher auf den Klek.« — »Weh, flieh von hier, so schnell Du kannst. Wenn Deiner die Hexen gewahr werden, dann ist’s um Dich geschehen. Wisse, dass wir noch auf eine warten (auf sein Weib nämlich), ohne die wir eigentlich gar nichts anfangen können.« Da hat sich freilich der Wirt aus dem Staub gemacht, kam nach Haus, stellte die Stute im Stalle ein und legte sich schlafen. Fragten ihn die Diener in der Frühe: »Was ist das für eine Stute?« »Mir gehört sie«, antwortete der Wirt, liess dann einen Schmied kommen und die Stute an allen vier Hufen beschlagen. Hierauf ging er fort, um eine gerichtliche Kommission zu holen. Diese kam, er erzählte den Herren ganz genau, was er gesehen, nahm dann von der Stute die Zügel ab und sie verwandelte sich wieder in das Weib von ehedem zurück; doch war sie an Händen und Füssen beschlagen. Fing sie an zu jammern. Die Richter verstanden aber keinen Spass. Sie liessen sie in eine Grube voll ungelöschten Kalks werfen und dort musste sie elendiglich verbrennen. (Aus Chrowotien.)

Seit dieser Zeit zerbröckelt das Volk immer die Eierschalen, damit die Hexen daraus keine Töpfe verfertigen können.

In Slavonien begnügt man sich mit dem Zerbröckeln der Eierschalen allein nicht, sondern man wirft sie, ebenso wie Nägelabschnitzel und ausgekämmtes Haar, sogleich ins Feuer, um jede Hexerei mit diesen Dingen unmöglich zu machen. Wenn die Hexen übers Meer fahren, benützen sie Eierschalen als Fahrzeuge. Derselbe Volkglaube findet sich noch gegenwärtig in Deutschland. A. Wuttke berichtet darüber: »Wenn man gekochte Eier gegessen hat, muss man die Schalen zerdrücken oder verbrennen, sonst legen die Hühner nicht mehr, oder sonst kommen die Hexen über sie«.24 Genau stimmt mit dem Zuge in der mitgeteilten Sage die Nachricht überein, die sich bei J. W. Wolf in den »Niederländischen Sagen« (Leipz. 1843) St. 248, 515 und 572 findet: »Wenn man Eier gegessen, muss man die Schalen zerbrechen, damit sie von den Hexen nicht als Böte gebraucht werden.« Nach Choice (Notes from Notes and Queries. London 1859, S. 7) herrscht in Holland der Glaube, dass die Hexen in Eierschalen nach England zu fahren pflegen. Der berührte Volkglaube ist auch auf der Pyrenäischen Halbinsel heimisch. Darüber findet sich nebst den angeführten eine weitere Nachricht bei Felix Liebrecht (Zur Volkskunde. Heilbronn 1879, S. 375), der aus Leitão Garret’s Schrift »Donna Branca ou a Conquista do Algarve (Paris, 1826) folgendes entnimmt: »Auf dem Lande ist es ein gewöhnlicher Aberglaube, die Schalen der genossenen Eier zu zerdrücken, aus Furcht, dass die Hexen sich ihrer bedienen möchten, um darin durch die Luft nach Indien oder andern fernen Ländern zu schiffen, woselbst sie das Blut ungetaufter Kinder auszusaugen oder einen andern ihrer gewöhnlichen Streiche auszuführen pflegen. Jedoch ist es unerlässlich, dass sie rasch und vor dem Krähen des schwarzen Hahnes (d. h. vor Mitternacht) nach Hause zurückkehren; zu dieser Stunde nämlich geht ihre Zauberkraft zu Ende und daher sind schon viele in jenen Meeren ertrunken.«

Sagen über Hexenfahrten übers Meer können sich selbstverständlich bei Völkern, die an Meerküsten wohnen und besonders Handel und Schiffahrt betreiben, reich entwickeln. »Wenn die Hexen übers Meer fahren wollen«, sagt P. Kadčić Peke (Arkiv B. V. S. 333), »so lösen sie das erstbeste Schiff vom Anker und schiffen sich ein. Mit jedem Stoss legen sie ihre hundert Meilen zurück.« Es ist die Windbraut, die in rasender Wut dahinstürmende Bora, wenn sie das Meer von unterst zu oberst aufwühlt, Schiffe vom Anker federleicht losreisst und sie mit Blitzschnelle in die weite See, weiter als das Auge reicht, hinausschleudert, die der verzagende Mensch als die Hexe auf der Meerfahrt betrachtet.25

II.

Es war einmal ein Schmied, dessen Weib eine Hexe war. Er hatte auch zwei Lehrjungen, von denen der eine sehr dick, der andere aber zaundürr war. Einmal fragte der Dicke den Mageren: »Wie kommt’s denn, dass Du so mager bist? — Beide verrichten wir dieselbe Arbeit und einer bekommt so viel zu essen, als der andere.« — Darauf entgegnete ihm der Magere: »Leg Du Dich ’mal auf mein Bett eine Nacht schlafen und Du wirst es schon selber erfahren, warum ich so mager bin.« — Wirklich schlief der Dicke eine Nacht in des Anderen Bett, und in der Früh fragte ihn der Magere: »Na, wie ist’s Dir ergangen?« — »’S ist gar nichts vorgefallen.« — »Ich bitt’ dich, schlaf’ noch eine Nacht auf meinem Bette.« — »Warum nicht?« — In dieser Nacht aber trat die Hexe ans Bett heran, gab mit dem Zaume dem Jungen einen Streich, und im selben Augenblicke verwandelte er sich in ein Pferd. Sie ritt es bis zum Morgengrauen die ganze Nacht hindurch, und als sie nach Haus geritten kam, nahm sie den Zaum ab und sofort stand er wieder in menschlicher Gestalt da. In der Früh fragte ihn der andere, wie es ihm ergangen und erhielt zur Antwort: »Schlimm genug. Ist die Hexe ans Bett getreten, hat mich in ein Pferd verwandelt und ist die ganze liebe Nacht auf mir herumgeritten.« — »Nun weisst Du, warum ich so ausgemergelt ausschau.« — »Weisst Du was«, versetzte der Dicke, »lass mich noch einmal in Deinem Bette schlafen, ich glaube, ich werde ihr das Handwerk legen, denn ich weiss, sie hat nichts anderes getan, als mir bloss mit dem Zaume einen Streich versetzt, worauf ich mich im selben Augenblicke in ein Pferd verwandelte. Ich will schauen, irgendwie den Zaum abzustreifen und ihr einen Schlag zu versetzen, damit sie sich in eine Stute verwandle.«

Gesagt, getan. Er schlief also die dritte Nacht in des Kameraden Bett; die Hexe stellte sich wiederum ein, versetzte ihm mit dem Zaume einen Schlag und im selben Augenblicke verwandelte er sich in ein Pferd. Eine Weile ritt sie auf ihm herum, dann band sie ihn an einen Baum an und entfernte sich irgendwohin. Diesen Augenblick benützte er, um den Zaum von sich abzustreifen, dann liess er ihn lose an einem Ohr hängen und wartete auf ihre Rückkehr. Kaum war sie zur Stelle, so streifte er vollends den Zaum ab, verwandelte sich wieder in einen Menschen und gab ihr einen Streich mit dem Zaume, worauf sie sogleich die Gestalt einer weissen Stute annahm. Er bestieg sie und ritt nach Hause. Zu Hause angelangt, band er sie an einen Pflock und weckte seinen Kameraden auf, er solle hurtig aufstehen, eine Stute müsse beschlagen werden. Der Magere liess sich dies nicht zweimal sagen, sprang vom Lager auf und im Handumdrehen war die Stute beschlagen. Hierauf nahmen sie ihr den Zaum ab, sie verwandelte sich in ihre vorige Gestalt und wankte in ihr Zimmer hinein, wo sie sich aufs Bett legte. In der Früh kam der Schmied, ihr Mann, sie zu wecken, damit sie das Frühmahl zubereite. Sie entschuldigte sich, sie könne nicht aufstehen, weil sie sich durch und durch krank fühle. — »Was fehlt Dir denn?« fragte er, und sie antwortete: »Ich bin beschlagen worden.« — »Was? Wer hat Dich beschlagen?« — »Wer anderes als deine zwei Lehrjungen." — Sogleich ging er zu den zwei Burschen und fragte sie, wie sie sich unterstanden, die Frau zu beschlagen. Sie stellten sich darüber ganz erstaunt und meinten, sie hätten niemand anderen als nur einer weissen Stute Hufeisen angenagelt. Da erkannte der Meister sofort, sein Weib sei eine Hexe, drum liess er Dornen auf einen Haufen zusammentragen, legte sein Weib darauf und sie musste elendiglich verbrennen.26

Hexen zu sehen, wann sie zu ihrem Reigen ausziehen, gilt als sehr schwer. Fährt eine Hexe zum Hexenreigen, so erhebt sich ein Sturm und ein arger Wirbelwind.27 Besonders wirbeln dann Federn im Wirbel und man muss sich wohl in Obacht nehmen, dass man nicht in einen solchen Wirbel hineingerät. Will man sich wirklich überzeugen, dass Hexen im Wirbel dahinfahren, so braucht man nur ein langes und scharfes Messer in den Wirbel hineinzuwerfen.28 Die Hexen können dies nicht leiden, sie geraten in Streit um den Besitz des Messers, und schneiden sich. So wird das Messer ganz und gar blutig.

Überrascht man die Hexen bei ihrem Reigen, so schonen sie niemand, auch nicht ihren nächsten Anverwandten. Auf irgend eine Art muss es der Lauscher immer büssen. Davon erzählen drei chrowotische Sagen bei Valjavec in den »Narodne prip.« S. 246:

I.

Es war einmal eine Mutter, die eine Hexe war. Sie hatte einen erwachsenen Sohn, den sie zu einem Herrn in Dienst gab. Einmal ging der Bursche auf Fuhrlohn und geriet, als er nachts heimkehrte, in die Hexenversammlung, in der sich auch seine Mutter und Tante befanden. Kaum ward die Mutter seiner gewahr, rief sie aus: »Wir müssen ihm die Zunge herausschneiden, sonst erzählt er der ganzen Welt, wir seien Hexen.« — Schon traf die Mutter Anstalten, um ihm die Zunge herauszuschneiden, als sie von der Tante, d. h. ihrer Schwester, daran verhindert wurde. »Was fällt Dir nicht ein«, rief diese aus, »Du wirst doch Deinem eigenen Sohne nicht die Zunge herausreissen wollen!« — Da stand sie ab von ihrem Vorhaben, dafür schlugen die Hexen insgesamt auf den Burschen los, bis ihn die Kräfte verliessen. Er hielt sich an den Strängen fest, so dass ihn die Pferde nach Hause schleiften. Nach Haus gekommen, war er vom überstandenen Schreck so gelähmt, dass er kein Wörtchen sprechen konnte. Indessen kam sein Herr sogleich auf den Gedanken, der Bursche müsse unter die Hexen geraten sein, nahm einen Besen zur Hand und schlug um ihn herum. Endlich, mit grosser Müh’ und Not gewann der Arme wieder die Sprache und erzählte dem Herrn, wie er unter die Hexen gekommen und wie arg sie ihm mitgespielt. Am nächsten Tag in der Früh verfügten sich beide zu den Nachbarn und erzählten ihnen die ganze Geschichte. Hierauf versammelten sich alle Männer, gingen zu seiner Mutter und Tante ins Haus, banden sie fest und verbrannten sie auf einem Scheiterhaufen.

II.

Es waren einmal zwei Freunde, die reisten als Kaufleute durch die Welt. Sie reisten lange, lange Zeit mitsammen, bis sie sich einmal trennten und einer von dem andern nichts mehr erfuhr. Der eine ging und ging und kam in einen Wald. Dort stand ein verdorrter Baum, wo der Teufel jeden Samstag die Hexen in Beichte zu nehmen pflegte (de je vrag copernice svake subote spovedaval). Der Mann wusste nichts davon, sondern stieg auf den Baum hinauf, um auf ihm zu übernachten, denn die Nacht war herangebrochen. Als sich der Kaufmann oben bequem gemacht, kam der Teufel unter den Baum und wartete auf die Hexen. Die Hexen kamen und der Teufel forschte sie über ihr Tun und Lassen aus. Die eine erzählte, dass sie vornehmlich Kühen die Milch entzogen, eine zweite gestand, dass sie Menschen das Herz herausgerissen, die eine erzählte dies, die andere jenes, jede etwas, nur eine, das war die jüngste, hielt sich für die verschlagenste und schwieg. Fragte sie der Teufel: »Na, was hast denn Du inzwischen getrieben?« Antwortete sie: »Ich habe es der Prinzessin angetan, dass sie zehn Jahre keinen Schritt wird machen können.« Fragte der Teufel, was es für Gegenmittel für diese Verzauberung gebe. Sie sprach: »Es müsste ein braver Jüngling zu Pferde kommen, der Jüngling müsste so lange auf dem Pferde reiten, bis es ganz von Gischt bedeckt wäre, dann solle er das Pferd mit einem weissen Mantel bedecken, so dass der Mantel von dem Gischt ganz nass würde und zuletzt die Prinzessin in diesen Mantel einhüllen.«

Der Mann auf dem Baume hatte dies alles belauscht, und als es tagte, stieg er vom Baume herab.29 Er reiste mit seiner Ware weiter durch die Welt, und es traf sich, dass er gerade in jenen Ort gelangte, wo die Prinzessin krank lag. Er fragte die Diener, ob sie etwas kaufen wollen. Sie darauf: »Was und wozu sollten wir was kaufen? Unsere Prinzessin ist ja krank.« Er: »Könnte ich nicht da helfen?« Sie ihm: »Ei, was könnten Sie helfen? Das ganze Haus wimmelt von Ärzten und die vermögen nicht zu helfen, da sollten Sie helfen?« Antwortete er: »Ich kann helfen.« Sie erwiderten: »Na, also helft, wir geben Ihnen, was Sie immer verlangen mögen!« Er bat, dass man ihm einen braven Jüngling zu Rosse zur Verfügung stelle. Diesen Wunsch erfüllten ihm die Leute. Er kurierte die Prinzessin und bekam sie zur Frau, denn sie wollte niemand anderen haben, als nur ihn. Und so wurde er glücklich und Herr des ganzen Königreiches.

Einmal stand er am Fenster und erblickte seinen ehemaligen Genossen mit einer Warenkrücke des Weges kommen. Er liess ihn rufen und warf ihm einige Dukaten aus dem Fenster zu. Auch erzählte er ihm, auf welche Weise er in diese Stellung gelangt sei. Das liess sich der nicht umsonst gesagt sein, sondern begab sich gleichfalls auf jenen Baum, wo der andere gelauscht hatte. Als dem Teufel alle gebeichtet hatten, kam auch an die jüngste die Reihe und er machte ihr den Vorwurf: »Aha, das bist Du, die Du Dich berühmt hast, dass niemand der Prinzessin wird Heilung bringen können.« Sie kam gleich auf den Gedanken, dass sie von jemand belauscht worden sein mochte, schaute auf den Baum hinauf, gewahrte den Mann oben und machte ihn im Verein mit ihren Genossinnen zu Staub und Asche. (Arkiv za povj. jugosl. VII, S. 253 f. von Valjavec.)

III.

Es war einmal eine Hausfrau, die eine Hexe war und einen Diener bei sich in Diensten hatte. Die Hexe bestrich sich einmal mit ihrem Zauberfette und murmelte dabei: »Weder an Bäume, noch an Sträuche«. Der Diener belauschte sie, vernahm die Worte: »Weder an Bäume, noch an Sträuche« und begab sich nach ihrem Fortgehen in ihre Stube. Während er sich mit dem Fette einrieb, sprach er irrigerweise die Formel unrichtig: »An Bäume und an Sträuche«. Als er sich eingerieben, flog er hinaus, rannte an jeden Baum und jeden Stein an, so dass er ganz zerschlagen und zerschunden in der Hexenversammlung anlangte. Dort durfte das Wort »Gott« beileibe nicht ausgesprochen werden, er aber vergass daran beim Anblick des herrlichen Saales und rief entzückt aus: »O Gott, wie schön ist’s hier!« — Im Nu stoben die Hexen auseinander und liessen ihn allein zurück. Drei Tage lang blieb er dort, bis ihn irgend jemand aus seiner unfreiwilligen Haft befreite, und drei Jahre lang dauerte es, bis er wieder in seine Heimat zurückkam.30

V. Hexenzauber. Verwandlungen. Wie erfährt man, ob ein Weib eine Hexe sei. Wodurch macht man Hexenzauber zu nichte.

Im allgemeinen hält man die Hexen für schwarze, kraus- und weisshaarige, alte, arg zerlumpte Weiber. Ein schmuckes und stattliches Frauenzimmer sieht man selten für eine Hexe an, doch kommt auch dergleichen vor. Man stellt sich die Hexen als bösartige alte Weiber vor, die aus dieser Welt nicht scheiden können, sie hätten denn eher ihren Nebenmenschen recht viel Leids zugefügt. (Arkiv VII. 1863. S. 241.) Gewöhnlich glaubt man, dass ein Frauenzimmer, ehe sie zur Hexe wird, jahrelang als »Mora« (Trut oder Mar) junge Leute beschläft und ihnen das Blut abzapft.

In jeder Hexe haust ein teuflischer Geist, der sie zur Nachtzeit verlässt, sich in eine Fliege, einen Schmetterling, eine Henne, einen Truthahn oder eine Krähe, am liebsten aber in eine Kröte verwandelt.31 Will die Hexe jemand einen besonders schweren Schaden antun, so verwandelt sie sich in ein reissendes Tier, gewöhnlich in einen Wolf. (Pogled u Bosnu. Zgr. 1842. S. 44.)

Ist der böse Geist aus der Hexe draussen, so liegt ihr Körper völlig wie leblos da und wenn einer die Lage der Hexe derart veränderte, dass der Kopf dort zu liegen käme, wo die Füsse liegen, und umgekehrt, so gelangte die Hexe nimmer zum Bewusstsein, sondern bliebe für ewig tot. Wenn man abends im Hause einen Schmetterling umherfliegen sieht, so hält man ihn für eine Hexe, sucht ihn wo möglich zu fangen, brennt ihn dann ein wenig an der Kerzenflamme oder am Lichte an und lässt ihn wieder frei mit den Worten: »Komm morgen zu mir, damit ich Dir Salz gebe!« Fügt es nun der Zufall, dass am nächsten Tage ein Weib aus der Nachbarschaft in dies Haus kommt und Salz oder sonst irgend etwas ausborgen will, und wenn sie noch zum Überfluss zufälligerweise am Körper irgendwo ein Brandmal hat, so ist man vollends der Überzeugung, dass sie die Hexe von gestern sei.

Hexen können nach Belieben einem Menschen die Besinnung rauben und ihn auf einen beliebigen Ort schaffen.32

Hexen können sich in eine Kröte verwandeln:

Eine Mutter geriet in Streit mit zwei alten Weibern, die als Hexen berüchtigt waren. Sie schwuren dem Weibe Rache. Es starben ihr in der Tat alle Kinder, die bei ihr daheim waren, nur ein Mädchen von acht Jahren blieb am Leben. Aber auch dieses wäre nicht am Leben geblieben, hätte es sich nicht bei seinem Grossvater in einem anderen Dorfe aufgehalten. Einmal führte eine Hausgenossin der Mutter das Mädchen heim. Als sie über eine grosse Wiese hinschritten, sprangen vor sie zwei grosse Kröten. Jede dieser Kröten hatte bloss zwei Füsse. Die Kröten überschlugen sich dreimal kopfüber und verwandelten sich in Weiber, die der Hausgenossin und dem Mädchen wohl bekannt waren. Sie nahmen ihre Kopftücher ab und steckten sie zwischen die Füsse, als wären es Pferde. Wirklich verwandeln sich die Tüchel in Pferde, die Hexen ergreifen das Mädchen, fliegen mit ihm spurlos über Wiese und Wald fort und machen erst an einem Kreuzwege Halt, wo sie das Mädchen in Öl kochen liessen. Hier stand ein Nussbaum; unter diesem fand man des Mädchens Tüchel und eine Schussweite davon entfernt ihr kahles Gerippe.

Ursprünglich war die Vorstellung, dass in der Kröte ein den Menschen wohlwollender Geist stecke, die vorherrschende. In den Sagen der indogermanischen Völker erscheinen häufig Prinzen, Prinzessinnen und selbst Gottheiten in der Gestalt einer Kröte oder eines Frosches. In Tirol wird es vom Volke als ein grosses Vergehen betrachtet, eine Kröte zu töten.33 In Norwegen schreibt man einer Kröte die Macht zu, sich an dem zu rächen, der ihr Böses tut, indem sie sich ihm z. B. nachts auf die Brust legt (vrgl. Fel. Liebrecht. Zur Volkkunde. S. 333). Dass ehedem auch die Südslaven die Kröte als ein höheres und zugleich gutes Wesen betrachteten, dafür zeugt folgender Brauch. Wenn ein Weib in den Wehen liegt, so streicht sie ein Bekannter mit einem Stocke sachte über den Rücken. Mit diesem Stocke muss er aber einmal eine Kröte vor den Angriffen einer Viper gerettet haben. Man glaubt nämlich, dass ein solcher Stock sowohl bei einer Frau als bei einem weiblichen Tiere die Geburtwehen bedeutend erleichtere.34 Zu vergleichen ist damit der schwedische Volkglaube in Wärend, über den G. O. Hyltén-Cavallius (»Wärend och Wirdarne« Stockh. 1868. I, S. 332) berichtet: »Scheidet jemand eine Schlange und einen Frosch, so dass beide leben bleiben, dann gewinnt er die Kraft, dass, wenn er eine in Kindnöten befindliche Frau umspannt, die rasch entbinden wird.« Der Glaube, dass der Gegenstand, mit dem man eine Kröte von der Schlange befreit, eine höhere Zauberkraft erlangt, steht nicht vereinzelt da. In einer Handschrift aus dem Ende des 16. oder dem Anfang des 17. Jahrhunderts, die Bartsch in d. Ztschrft. f. d. Myth. III, S. 318 ff. mitteilt, heisst es auf S. 322: »Wan du dartzu kömbst das eyne krötte vnd eyne schlange oder natter mytteynander streitten, so zyhe dein schwerdt aus vnd thue der krötte eynen beystand, vnd erschlage die natter, vnd dis schwertt behaltt alsdan. so du dan siehst das ein vnfride ist vnd sich mit bloszen schwerdtten eynander schlagen wöllen, so gehe hinzu vnd zeuch dein schwerdt auch aus, vnd gebeutt ihnen den friede, so balden werden vnd müssen sie friede halten.« (Weitere Nachweise bei Liebrecht a. a. O.)

In der Gegenwart glaubt hie und da das Volk im slavischen Süden in der Kröte nur noch eine Hexe zu erblicken, die man, wo es nur angeht, töten müsse. Folgende Sage, die aus Slavonien stammt, mag diesen Volkglauben erläutern. So war einmal ein Weib, das Weib fuhr täglich über die Drau, um ihre Kuh, die auf dem anderen Ufer weidete, zu melken. Als sie einmal hinüberkam, sah sie eine grosse Kröte an dem Euter der Kuh saugen. Das Weib hielt gerade eine Ruderstange in der Hand, durchstach damit den vorderen Fuss der Kröte und warf sie hinaus. Auf der Rückfahrt, wo sie noch mit anderen Weibern fuhr und ruderte, sah sie, dass die Hand der Lenkerin am Steuerruder durchstochen ist; es war dies nämlich eine Hexe.

Eine verwandte Sage aus Schweden teilt Hyltén-Cavallius a. a. O. I. 272 mit.

Eine andere Sage aus Vidovec in Chrowotien hat gleichfalls die Verwandlung einer Hexe in eine Kröte zum Vorwurf:

Es waren einmal zwei Brüder, der eine war arm, der andere reich. Der Reiche hatte eine Hexe zur Frau, die Frau des Armen war aber keine Hexe und eben deshalb blieb er arm. Einmal kam der arme Bruder zum reichen und sprach zu ihm: »Hör ’mal, lieber Bruder, komm, hilf mir mein Feld beackern.« Der Reiche willigte von Herzen gern ein, doch seiner Frau war es nicht recht und sie sagte zu ihm: »Du wirst schon sehen, wenn Du ackern wirst, so komm ich hintendrein und esse die ganze Aussaat auf, so dass der Lump gar nichts haben wird.« — Am nächsten Tage, nachdem die Brüder aufgeackert und die Saat ausgesäet, kam eine grosse, abscheuliche Kröte und fing an die Körner aufzuessen. Der Mann wusste schon von früher, sein Weib sei eine Hexe und war darüber sehr böse, jetzt aber war er ihrer satt, zog einen Zaunpfahl heraus, spitzte ihn zu und rannte ihn der Kröte durch den Leib. Inzwischen machte der andere Bruder ein grosses Feuer an, in das sie nun die Kröte hineinsteckten und so lange schmoren liessen, bis sie ganz durchgebraten war. Als der reiche Bruder nach Haus kam, fand er sein Weib in der Mitte des Zimmers liegen und schrecklich wehklagen, denn sie war ganz gebraten. Da warf er sie ins Feuer, und so verbrannte die elende Hexe vollends.

Will eine Hexe irgend jemand einen Schaden zufügen, so fliegt sie in Gestalt einer schwarzen Krähe auf das Dach jenes Hauses, wo der wohnt, den sie hasst, und krächzt unaufhörlich. Erschiessen kann man sie nicht, ausser man lädt das Gewehr mit geweihtem Pulver und solchen Nägeln, die wegfallen, wann der Schmied einem Füllen zum erstenmal Hufeisen aufnagelt. — Es traf sich einmal, dass ein Schmied im Hofe Pferde beschlug und sich eine Krähe aufs Dach niederliess und abscheulich zu krächzen anfing. Der Schmied suchte sie zu verscheuchen, doch sie wollte nicht fortfliegen, vielmehr machte sie Miene, ihn anzugreifen. Da nimmt er sein Gewehr, lädt es und schiesst auf sie, doch konnte er ihr nichts anhaben. Nun ward es ihm klar, das sei ein Vöglein ganz anderer Art. Rasch entschlossen, lud er das Gewehr mit geweihtem Pulver und mit den besagten Nägeln, legte los und die Krähe fiel auf der Stelle vom Dache herab. Er hatte sie nicht vollständig getötet, denn sie marterte sich noch zwei Tage lang, eh’ sie verreckte. Im selben Augenblicke, als sie hin wurde, starb im Dorfe eine alte Hexe, der sich der Schmied dadurch verfeindet, weil er ihr einmal auf ihr Bitten keine saure Milch geben wollte. Nun war ihm die ganze Geschichte klar und er wusste, dass er ihr in ihrer Krähengestalt den Garaus gemacht.

Wenn ein junger Mann eines plötzlichen Todes stirbt, oder ein allgemeines Sterben der kleinen Kinder von 1–6 Jahren eintritt, so macht der Volkglaube die Hexen dafür verantwortlich. Die Montenegrer glauben, dass ein Weib, das zur kinderfressenden Hexe werden will, vor allem ihr eigenes Kind auffressen muss, ehe sie andern Kindern etwas anhaben kann.35 Ferner glaubt man, dass eine Hexe das Kind völlig fremder Leute nicht fressen darf, sondern bloss solche Kinder, die der Sippe, aus der sie selbst ist, abstammen.36 Wenn eine Hexe einen schlafenden Menschen wo überfällt, so versetzt sie ihm mit ihrem Zauberrütlein einen Streich über die linke Brustwarze, worauf sich dessen Brustkorb öffnet. Die Hexe reisst nun sein Herz heraus, frisst es auf und dann wächst die Brustwunde von selbst wieder zu. Manche so ausgeweidete Menschen sterben auf der Stelle, andere wieder schleppen ihr Dasein noch einige Zeit weiter, so viel Lebenfrist ihnen eben die Hexe nach der Tat noch zu bescheiden für gut befunden; ja, sie bestimmt ihnen noch die besondere Todart, wie sie sterben sollen.37

Wenn es dem Ausgeweideten glückt, seines Herzens wieder habhaft zu werden, so braucht er es nur aufzuessen und das Herz kehrt ihm wieder an die alte Stelle zurück. Grimm (D. M. S. 1034 ff.) glaubt darin einen alten Überrest des Brauches, Menschenfleisch zu essen, erblicken zu sollen. Er stützt seine Ansicht durch eine ganze Reihe von Belegen aus alter und neuer Zeit über diesen Brauch und den Glauben, dass man durch den Genuss von Menschenfleisch eine höhere Macht erlange. Der Vergleich, den Grimm zwischen der deutschen Bertha (vor allem ist es noch zweifelhaft, ob dies eine deutsche Gottheit gewesen) und der Hexe, die Menschen ihr Herz ausreisst, aufstellt, scheint mir auf einer blossen Zufälligkeit zu beruhen. Abbate Fortis erzählt in seinem Reisewerke über das dalmatische Küstenland (Kap. 8) eine einschlägige Sage. Grimm teilt sie im Auszuge (D. M. S. 1034) gleichfalls mit. Die Sage bei Fortis berichtet dasselbe, was wir aus der weiter unten folgenden Istrischen erfahren. Bei Fortis ist es ein Priester, der dem Ausgeweideten sein Herz rettet, indem er ihn das halbgebratene Herz verschlucken lässt. Die Hexen entkommen der verdienten Strafe, während sie in der istrischen Fassung angeklagt und zum Strang verurteilt werden. Letztere Überlieferung lautet:

Es war einmal ein Mann und ein Weib. Nach einiger Zeit starb der Mann. Sein Weib blieb nach ihm schwanger. Sie war aber eine Hexe (vešća). Und sie brachte ein allerliebstes Töchterlein zur Welt, doch auch die Tochter war eine Hexe. Als das Mädchen herangewachsen war, kamen aus aller Herren Länder Burschen zu ihr auf die Freite. Doch sie wandte ihre Gunst, oder tat wenigstens so, einem Burschen zu, der aus demselben Orte, wie sie, war. Eines abends kam der Bursche noch mit einem Freunde zu ihr auf Besuch.38 Nachdem sie schon lange Zeit dagesessen, schlief der Freier ein. Sein Freund lehnte sich an die Wand und tat so, als ob auch er schliefe. Da fingen das Mädchen und ihre Mutter, denn diese sass auch da, untereinander zu besprechen an, was sie dem Freier antun sollen. Schliesslich sagte die Tochter: »Wir reissen ihm das Herz heraus, braten es und verspeisen es.« Gesagt, getan. Sie nehmen dem Freier das Herz heraus, schieben es in den Ofen hinein und sagen: »Holen wir uns inzwischen, bis das Herz gebraten wird, Brod und Wein, und dann haben wir ein schönes zweites Nachtmahl.« Bevor sie hinausgingen, sagte noch die Mutter zur Tochter: »Nun, wenn der sein Herz in drei Bissen wieder aufässe, das Herz wüchse ihm wieder nach.« Der Freund, der nur so tat, als schliefe er, hatte die ganze Unterredung mit angehört, und nahm, sobald die zwei Frauen hinausgegangen waren, das Herz aus dem Ofen und steckte es in die Tasche. Dann ging er hinaus, nahm einen — ich bitt um Entschuldigung — Dreck und legte ihn ins Feuer, damit er statt des Herzens brate. Die Zwei kommen zurück, nehmen das Ding vom Feuer und fangen zu essen an. »Mir will es aber stark scheinen«, sagte die Mutter zur Tochter, »als ässen wir Dreck.« »Scheint mir auch so; dieses Herz ist gar nichts nutz.« Jetzt erwachten die zwei Burschen und gingen heim. Als sie sich vor dem Hause befanden, sagte der Freier zu seinem Freunde: »Du hör mal, mir scheint es, als wär ich ohne Herz. Ich hör gar nichts, als ob etwas da drinnen pochen tät. Halt mich, ich fall um.« Da nahm der andere ein Stück vom Herzen des Freiers aus der Tasche, reichte ihm’s und sagte: »Geh, iss davon ein bisschen, vielleicht fühlst dich drauf etwas leichter.« Der nimmt’s, isst’s auf und antwortet: »Na, jetzt wird mir schon etwas leichter; ich hör schon ein wenig mein Herz pumpern.« »Da nimm noch ein Stück, vielleicht fühlst du dich drauf noch etwas leichter.« Der isst auch das zweite Stück hinunter und meint: »Jetzt ist’s mir noch besser.« Der Freund gibt ihm drauf das dritte und letzte Stück. Nachdem er es aufgegessen, sagte er: »Na, jetzt fühl ich, dass ich mein Herz ganz habe und dass es wieder wie früher regelmässig schlägt.« Nun erzählte ihm der Freund haarklein, was er belauscht, wie die zwei Weiber das Herz herausgerissen, in den Ofen gesteckt und darauf gesagt hätten, wenn er das Herz auf dreimal aufässe, es tät ihm wieder nachwachsen und werden, wie es früher gewesen. Am darauffolgenden Tag begaben sie sich zu Gericht und machten davon die Anzeige. Als das Gericht die zwei Weiber vorgeladen und ins Kreuzverhör genommen, da läugneten sie zuerst Stein und Bein alles ab, nachher aber bekannten sie doch ihre Untat. Und das Gericht liess Beide aufknüpfen.

Denselben Glauben, dass Hexenspeise — wobei man wohl an Menschenherzen zu denken hat — einem Ausgeweideten, wenn er davon etwas zu sich nimmt, sein Herz wieder zurückgibt, erkennt man aus folgender chrowotischen Sage:

Einem Pferdehirten hatten Hexen das Herz ausgetrunken (ispile), worauf er von Sinnen kam. Er riss sich das Gewand vom Leibe und die Haare aus dem Kopfe. Zu seinem Glücke war er der Eidam eines zauberkundigen Weibes (zet babe vračare). Sie schickte ihm Hexenspeichel (coprnjske zbljuvke), den man am Sonntag im Neumond im Morgengrauen irgendwo im Walde oder an Zäunen finden kann, wo eben in dieser Nacht ein Hexenmahl stattgefunden. Die Alte hatte nun zuvor dies Mittel mit Weihwasser besprengt und ihre Gebete darüber gesprochen. Er trank dies in Wasser und genas vollends. Seit dieser Zeit musste er stets Rautekraut mit sich tragen, damit ihm die Hexen nichts anhaben können. Die Raute tritt hier an Stelle des Knoblauchs ein. Auch sie, besonders die Bergraute,39 hat einen scharfen, durchdringenden Geruch, der sie wohl als geeignetes Abwehrmittel gegen Hexenzauber erscheinen lässt.

Merkwürdigerweise macht die Sage die nächsten Anverwandten eines Menschen zu seinen gefährlichsten Feinden, zu Hexen, die ihm das Herz aus dem Leib reissen. Die Untat wird dargestellt, als wäre sie unter dem unwiderstehlichen Zwang einer höheren Macht verübt worden. Bei Tag fühlt die Hexe, zufolge einer Überlieferung gewissermassen Reue über das Geschehene, ja sie kann sich ihres Verbrechens gar nicht entsinnen, sondern fragt, was vorgefallen, und ist bereit, dagegen Heilmittel in Anwendung zu bringen. Ich nehme Bezug auf das Volklied, das von einer Mutter erzählt, die ihren eigenen Sohn ausgeweidet. Die kürzeste und unvollständigste Fassung lautet:

Auf dem Himmel lauter Sternlein,

Lauter Schäflein in dem Tale.

Bei den Schäflein wacht kein Hirte,

Nur das traute Kind Miloje,

5Sanft und süss entschlief Miloje.

Mara ruft ihn, seine Schwester:

»Wache auf, o Milko, Bruder!«

»Mara, Schwester, ich vermag’s nicht,

Bin von Hexen ausgeweidet,

10Aus dem Leibe riss das Herz mir

Uns’re Mutter mit den Zähnen,

Uns’re Muhme leuchtete ihr.«

Den Originaltext dieses Liedchens sang mir mein Freund J. K. aus Slavonien. Der Mann hatte das Gymnasium zurückgelegt, besuchte eine Hochschule und hielt aber trotzdem unerschütterlich daran fest, dass das Lied eine Tatsache berichte. Auffallend ist mir in dieser Fassung des Liedes, dass die Hexe »mit den Zähnen« das Herz ihrem Opfer herausreisst. Hier dürfte ein Zug aus dem Vampirglauben vorliegen. In der serbischen Fassung (bei Karadžić, nar. pjesme I. 237), die mit der vorangehenden übereinstimmt, spricht der erwachende Bruder (Radoje wird er hier genannt) einfach:

»majka mi srce vadila, »Die Mutter nahm mir das Herz heraus,
strina joj lučem svetila« die Muhme leuchtete ihr dazu mit der Fackel.«

Dem Liede fehlt in beiden Fassungen der Schluss, er wird uns mehrfach erzählt, z. B. bei F. Kurelac (Jačke ili narodne pěsme prostoga i neprostoga puka hrvatskoga po župah šoprunskoj, mošonjskoj i želěznoj na Ugrih. Zagreb. 1871. S. 296, St. 657), der das Lied um das Jahr 1850 in Sentalek (Stegersbach) aufgezeichnet hat.

— »Sinko Janko: kadî s konje pasal? — Söhnchen Janko (Johannes), wo hast Du die Pferde geweidet?
— Mila majko, za lugom zelenim. — Lieb Mütterchen, hinter dem grünen Hain.
— Sinko Janko, jesi l koga vidil? — Söhnchen Janko, hast Du jemand gesehen?
— Mila majko, jes tri bîle žene. — Lieb Mütterchen, ich habe drei weisse Frauen (scl. gesehen).
5 — Sinko Janko, ča su ti činile? — Söhnchen Janko, was haben sie Dir angetan?
— Prva mi je srdačce vadila, — Die erste hat mir das Herzchen herausgenommen,
Druga mi je tanjirac držala, Die zweite mir das Tellerchen gehalten,
Treta mi je na kraju plakala. Die dritte (stand) abseits und weinte.
— Jesi li mi, sinko, kû poznaval? — Hast Du mir, Söhnchen, welche (von ihnen) erkannt?
10 — Prva si ti moja majka, bila, — Die erste bist Du, Mütterchen, gewesen,
Druga mi je moja teta bila, Die zweite ist meine Muhme gewesen,
Treta e bila premila sestrica. Die dritte ist meine über alles mir teuere Schwester gewesen.
— Sinko Janko, ča im ti naručaš? — Söhnchen Janko, was wünschst Du ihnen?
— Mojoj majki tri prežarke ognje: — Meinem Mütterchen drei glühend heisse Feuer,
15 Da bi va njih živa izgorila; Damit sie lebendig darin verbrenne;
Mojoj teti njoj tri konjske repe: Meiner Muhme drei Pferdeschweife,
Da bi me se na njih raztrzala; Damit sie auf ihnen zerrissen werde;
Sestri miloj njoj tri bele grade: Der teueren Schwester, ihr drei weisse Burgen,
Da bi mi se po njih sprehajala.« Damit sie in ihnen lustwandeln kann.«

Ich vermute, dass dieses Lied aus Anlass eines Hexenprozesses in Krain aufgekommen ist. Dort hat man, wie in Chrowotien, bis tief ins XVIII. Jahrhundert hinein Hexen zum Scheiterhaufen geführt. Von dort aus verbreiteten sich solche Prozesse weiter nach dem slavischen Süden. Nur die Bulgaren scheinen von dieser Plage verschont geblieben zu sein.

Der ungenannte Verfasser des Schriftchens »Pogled u Bosnu ili kratak put u onu krajinu« (Agram 1842) erzählt, wie er sich im Jänner 1840 in dunkler Nacht in ein türkisches Dörfchen bei Zvornik verirrt habe, in ein türkisches Gehöfte eingetreten sei und von dem Eigentümer beinahe erschossen worden wäre, weil ihn dieser für eine Hexe hielt, die sein, des Türken, Kind auszufressen gekommen. Bruder und Schwägerin des Türken retteten noch rechtzeitig den gefährdeten Reisenden. Als sich der Irrtum herausgestellt, lud der Türke den Wanderer zum Nachtessen ein und erzählte ihm den Grund seiner Verbitterung: »Siehst du Brüderchen! Dies Haus gehört mir, das nächste meinem Bruder. Ich habe zwei Kinder — Gott soll mir sie leben lassen — Milica und Živan, mein Weib aber ist gestorben, gerade jetzt wird’s ein Monat. Da in der Nachbarschaft lebt ein Mensch, mit dem ich mich schon seit langem verfeindet habe. Er hat eine Mutter, die ist eine alte Hexe, die hat mir gedroht, dass sie mir mein ganzes Gesinde ausfressen wird (da će svu moju čeljad izjesti).« Diesen Abend sass er bei seinem Bruder und trank Raki, um seinen Kummer zu übertäuben. Als er heimkehrte, hörte er jemand Fremden im Hause herumpoltern und die Kinder ängstlich schreien. Da war er fest überzeugt, die alte Hexe wäre gekommen, um ihre Drohung auszuführen, und wollte sie dafür bestrafen.

Ein Bannspruch gegen menschenfressende Hexen: Ein altes Weib, Namens Dona aus Selačka in Serbien, pflegt auf folgende Weise Leute vom Hexenzauber zu heilen. Sie nimmt einen Federwisch und einen roten Faden in die Hand, berührt damit Kopf, Hände, die Herzgegend und die Füsse des Leidenden und spricht dazu: »Heb’ dich von dannen, o weh (?), ihr Hexen, Vile und Winde; ihr seid gekommen, damit ihr N. Herz und Kopf ausfresset; doch bei ihm weilt Dona die Beschwörerin, die euch schickt ins Gebirge, damit ihr (alles) Laub abzählt, ins Meer, damit ihr den Sand ausmisst, in die Welt, dass ihr (alle) Wege abzählt. Auch wenn ihr zurückkommt (scil. nachdem diese Aufgaben gelöst wären), könnt ihr ihm gar nichts anhaben. Dona, die Beschwörerin, hat mit ihrem Hauch (Seele) weggehaucht, mit der Hand wegbewegt und mit Gras auseinandergeschoben. Auf N. Leben und Gesundheit.« Diese Worte spricht sie dreimal nacheinander. Der Text lautet »ustaj, avaj, veštice, vile i vetrovi, došli ste da N. — u pojedete srce i glavu; ali je kod njega Dona bajalica, koja vas šilje u goru, list da prebrojite, u more, pesak da izmerite, u svet, putove da prebrojite. I kad se vratite, ne možete mu ništa učiniti. Dona bajalica je dušom oduvala, rukom odmahala i travom rasturila.40

Für die Echtheit der Bannformel spricht die verwandte aus Grbalj, die Vuk im Riečnik S. 367 b. gegen die Mora (die Mar) mitteilt. Die sachliche Erklärung besonders der letzteren Formel bietet mancherlei Schwierigkeiten dar. Ich will nur die Stelle daraus anführen, in der die Aufgaben aufgezählt sind, die von der Mar und den bösen Geistern überhaupt zuvor bewältigt werden sollen, ehe sie die Schwelle des Hauses betreten mögen: »Nicht eher, als bist du abgezählt am Himmel die Sterne, im Gebirge das Laub, am Meere den Sand, an der Hündin die Haare, an der Ziege die Haarzotteln, an dem Schafe die Wollzotteln und in den Zotteln die Haare.«

Beachtenswert ist die Wendung am Schlusse der Donaischen Formel, wo der Hauch, die Handbewegung und das Gras (trava) als Abwehrmittel betont werden.

Weint nachts ein kleines Kind, so glaubt man, dass es Hexen essen, und man sucht auf den Feldern ein Kraut, das man vještički izjed41 (Hexenausfrass) nennt, streut dies Kraut in die Wiege, auch wird es abgekocht und der Absud dem Kinde zu trinken verabreicht. Oder man reibt mit Knoblauch die Wiege und die Fussohlen des Kindes ein, weil dies ein bewährtes Mittel gegen die Hexen sein soll.42

In Serbien legt die Mutter in das Amulet, das sie ihrem Kinde um den Hals hängt, ein Häuptchen Knoblauch. Dieser Knoblauch wird aber auf folgende Weise gezogen. Die erste Schlange, die man im Jahre erblickt, muss man töten, ihren Kopf vom Leibe lostrennen und kleinstossen. In diese Stücke tut man das Zechel von einem Häuptchen Knoblauch und pflanzt das ganze im Garten ein. Das Häuptchen, das daraus entsteht, kommt ins Amulet.

Viele Bauern pflegen sich zu Weihnachten und im Fasching die Brust, die Fussohlen und die Achselgegend mit Knoblauch einzureiben. In Slavonien trägt der Bauer, natürlich die Bäuerin auch, immer ein Stück Knoblauch als Amulet mit sich, um gegen alle Anfechtungen von Hexen gefeit zu sein.

In einem slavonischen Reigenliedchen flucht die rechtmässige Frau der Beischläferin ihres Mannes; in ihren Augen ist sie eine menschenfressende Vila, der vor Knoblauch übel wird und die sich durch Genuss von altem Unschlitt den Tod zuziehen soll:

Oj inočo vilo, »O Du Nebenweib, Du Vila,
Ne jedi mi tilo! iss mir meinen Leib nicht ab!
Već ti jedi staro salo, Sondern iss altes Unschlitt,
Ne bi l tebe već ne stalo, vielleicht verschwindest Du doch endlich einmal;
5 Pa ti jedi bila luka, ferner iss Knoblauch,
Nek je tebi veća muka. damit Deine Qual grösser sei!«

In einem anderen Liedchen sagt ein Mädchen:

Gdi bi meni nahudile vile, »Wie könnten mir die Vilen Schlimmes antun,
Kad ja nosim u nedarah čine, da ich im Busen Amulete trage,
Slipa miša i od guje repa, eine Fledermaus und den Schweif einer Natter,
Bila beza i debela veza. weisse Leinwand und dicke Stickerei.«

Die Stickerei, die verschiedene Figuren und Zeichen darstellt, befremdet hier durchaus nicht.

Ein Märchen aus Krasica im chrowotischen Küstenlande43 schildert das Treiben einer menschenhinwürgenden Hexe wie folgt:

»Es war einmal ein Graf, der hatte eine einzige Tochter. Diese Tochter war ein sehr übermütiges und verwöhntes Kind. Als sie herangewachsen, schickte man sie in die Schule. Die Lehrerin, zu der man sie in die Schule schickte, war eine Hexe, von der die Kinder blutwenig lernten. Sie pflegte kaum in die Schulstube zu kommen, um die Kinder zu ermahnen, dann ging sie wieder hinaus und kam erst zurück, wenn es Zeit war, die Kinder zu entlassen. Wenn die Hexe zufällig draussen eines ihrer Schulkinder erblickte, so schlug und prügelte sie es wie ein stummes Tier. Als nun des Grafen Töchterlein zum erstenmale die Schule besuchte, die Lehrerin aber sich gar nicht blicken liess, so ging das Mädchen hinaus, um doch zu sehen, wo die Lehrerin bleibe. Sie kommt hinaus, schaut in die Luft und da gewahrt sie ihre Lehrerin oben, wie sie eben Kinder abwürgt. Wie das Mägdlein aber von der Lehrerin erblickt wurde, so drohte ihr diese von oben herab. Als die Schule aus war, kehrte das Mädchen heim und fand den sämtlichen Viehstand zu Hause verendet. Als sie am nächsten Tage aus der Schule nach Hause kam, da fand sie die Diener und die Dienerinnen tot. Am dritten Tage waren Vater und Mutter tot und das ganze Haus nur mehr ein Trümmerhaufen. Dies alles hatte die Lehrerin-Hexe verbrochen.« — Im weiteren Verlauf des Märchens spielt die Hexe die bekannte Rolle der bösen Schwiegermutter, die die Kinder ihres Sohnes und der ihr missliebigen Schnur immer mit jungen Hunden und Katzen vertauscht und so bewirkt, dass der Sohn seine Frau einmauern lässt. Schliesslich stellt sich aber durch Gottes Wunder der wahre Sachverhalt heraus und die Anstifterin alles Unheils erleidet das Schlimmste. In unserem Märchen wird sie gleichfalls eingemauert.44

Um die Hexen herauszufinden, damit man sie die verdiente Strafe wegen der angeblichen Kinderhinmordung erleiden lassen könne, befolgte man und befolgt noch heutigen Tags in Montenegro und im Herzogtum soweit es vor den Behörden verborgen bleiben kann, folgenden Brauch: Alle waffenfähigen Männer eines Dorfes versammeln sich und der Dorfälteste hebt beiläufig so an: »Ihr seht Brüder, dass unser Stamm ausgewurzelt wird von Hexen und Zauberinnen, Gott möge sie richten. Morgen in der Frühe soll jeder von euch sein Weib und seine Mutter, so wie ich es auch selbst tun werde, zur Zisterne (oder zum Fluss oder zum See) hinbringen, damit wir sie ins Wasser werfen und so in Erfahrung bringen, welche die Hexen sind, dann wollen wir die Schuldigen steinigen, oder sie müssen uns zum mindesten hoch und teuer schwören, dass sie in Zukunft kein Unheil mehr anstiften werden. Wollt ihr so, Brüder?« Einstimmig rufen alle: »Ja, so wollen wir, wie denn nicht?« Am nächsten Tage führt jeder Mann sein Weib daher, befestigt einen Strick unter den Armen um ihren Leib und wirft sie so angekleidet, wie sie vom Haus kam, ins Wasser hinein. Die Weiber, die augenblicklich untersinken, zieht man rasch mit dem Seil ans Trockene, denn ihre Unschuld ist durch das Untersinken erwiesen, hingegen ist der gegenteilige Beweis hergestellt, wenn eine auf der Oberfläche ein Weilchen herumzappelt und nicht untergehen mag.45

V. Vrčević berichtet, er habe in seiner Kindheit erzählen gehört, dass die Krivošijaner (in der Gegend von Cattaro) auf diese Weise ihre Frauen einmal einem solche Ordale unterworfen haben. Demselben erzählte ein Mann namens Lukas Pištelja aus Trebinje im Herzogtume, dass die christlichen Einwohner dieses Ortes im Jahre 1857 von den Türken gezwungen wurden, auf freiem Felde in die an der Stadt vorbeifliessende Trebišnjica ihre eigenen Frauen hineinzuwerfen. Unter denen, die untergingen, befanden sich zufälligerweise auch die Mutter und die noch lebende (es war im Jahre 1874 als dies Vrčević schrieb) Frau Pišteljas. Sieben Weiber gingen aber nicht unter, und zwar, weil sie zuviel Kleider anhatten und das Wasser unter die Kleider gedrungen war, da die Armen perpendikular ins Wasser fielen. Die Türken wollten durchaus, dass alle sieben Weiber den Steinigungtod erleiden sollten.46 Nur mit schwerer Mühe und Not liessen sie sich von den hart bedrängten Christen dazu bewegen, dass sie von der augenblicklichen Strafe Absicht nahmen, indem sie sich damit zufrieden gaben, dass die Beinzichtigten im Kloster Duži einen heiligen Eid ablegen mussten, in Zukunft nimmermehr Kinder aufzufressen.47

Eines anderen Falles gedenkt Medaković. Ein Weib aus Bjelice in Montenegro wurde ins Wasser gestossen, weil sie im Verdachte stand, eine Hexe zu sein, doch sie ging nicht unter. Ob man sie deshalb gesteinigt und was überhaupt mit ihr darauf geschehen, verschweigt unser Gewährmann. Eine Witwe aus Rajčević wurde gleichfalls der Hexerei beschuldigt und man wollte sie durchaus dem Ordale unterziehen. Darüber entspann sich zwischen den Leuten ein Streit, der in einen bitteren Kampf ausartete, in dem vier Menschen auf der Stelle ihren Tod fanden.

Viel harmloser ist eine andere, im ganzen Süden bekannte Art und Weise, nach der man die Hexen eines Ortes kennen zu lernen sucht. Man kann sie alle bei der Mitternachtmesse in der Christnacht sehen. Zu diesem Behufe arbeitet man vom Tage der hl. Lucia oder hl. Barbara an bis zur Fastenzeit vor Weihnachten48 an einem Schemel, und zwar so, dass man jeden Tag einmal mit dem Beil in das Holz schlägt, aus welchem der Schemel verfertigt wird. Mit diesem Schemel begibt man sich in der Christnacht49 in die Kirche und stellt sich darauf in dem Augenblicke, wann der Priester den letzten Segen spricht. Da kehren die in der Kirche anwesenden Hexen dem Altar den Hintern zu und schauen zur Türe hin. Der Mann auf dem Schemel muss nun sofort, wie der Priester das Kreuz schlägt, nach Hause eilen und sich ins Bett legen. Die Hexen verfolgen ihn bis ins Haus hinein und er vermag sich nur dadurch vor ihrer Rache zu schützen, dass er den Schemel unter das Bett stellt. Die Hexen sind wohl jetzt machtlos, doch schärfen sie dem Manne ein, reinen Mund zu halten über das, was er gesehen, sonst werden sie an ihm Rache nehmen. (Über den deutschen Glauben vrgl. Grimm D. M. 1033.)

Ein Kürschnergeselle verfertigte auf die angegebene Weise einen Schemel und beobachtete in der Kirche das Treiben der Hexen. Zu des Burschen Unglück las der Priester hastig die Schlussgebete ab und der Bursche konnte nur mit schwerer Müh’ und Not den Hexen entrinnen. Sie holten ihn auf der Hausschwelle ein. Er flüchtete in die Küche und warf sich schnell in den Brotofen hinein. Von dort zogen ihn die Hausleute heraus und schafften ihn, der schon ganz leichenblass aussah, in die Stube hinein. Er aber eilte zur Türe, warf sich auf die Erde und rang die ganze Nacht hindurch mit einem unsichtbaren Jemand. Da kam ein altes Weib aus der Nachbarschaft, beräucherte den Burschen, und man sagt, es sei ihm darauf leichter geworden. Auf die Dauer half dies aber doch nichts, bis sich endlich ein Weib seiner erbarmte und ihm den Rat erteilte, er soll einer lebendigen Henne den Leib aufschneiden und das Herz, solange es noch warm ist, roh aufessen. Dies tat er und genas vollständig. Bis dahin hatte er das Reden fast verlernt gehabt und, es kam häufig vor, dass er nachts bei geschlossenen Türen und Fenstern plötzlich verschwand. Wahrscheinlich ritten da auf ihm Hexen herum.

Das Herzessen, wie es sich hier im Volkglauben erhalten hat, verrät eine Auffassung der Dinge, wie sie nur einer alten Heidenzeit zugeschrieben werden kann. Mit der steigenden Gesittung, als man sich daran gewöhnt hatte, zubereitetes Fleisch zu essen, erhielt sich der alte Brauch, nun ungewöhnlich geworden, nur noch bei Opfern. Als man sie durch das Christentum auszumerzen begann, bezog der Volkglaube den alten Brauch auf andere Dinge und leitete aus dem Genuss roher Herzen eine besondere Kraft ab, die dem Betreffenden einmal zum Segen, wie z. B. in dieser Sage, oder zum Unheil, wie den Hexen, die Kinder ausweiden, ausschlagen kann.

Will man Hexenbesuch haben, so muss man jeden Morgen mit dem linken Fusse beim Erwachen aus dem Bett steigen und den linken Fuss vor dem rechten ankleiden.

Legt man einen Besen über die Schwelle, so kann keine Hexe darüberschreiten. Ebenso kann man ihr auf offener Strasse den Weg versperren, wenn man zwei Besen kreuzweis auf den Weg legt.

Wer sonst einer Hexe aufpassen will, muss am Charsamstag abends seiner Kuh zwischen den Hörnern ein wenig Haare ausschneiden und am Palmsonntag mit den Haaren in der Tasche in die Kirche gehen. Während nun der Priester den letzten Segen spricht, nehme man ein wenig von den Haaren zwischen die Finger, bekreuzige sich so und vergrabe die Haare, sobald man wieder nach Hause kommt, unter die Schwelle der Stalltüre, durch welche die Kuh durchgehen muss. Die Hexe bleibt aber an einer solchen Schwelle wie festgewurzelt stehen. Man kann sie nun leicht erwischen und mit ihr tun, was man will. In der Folge wird sich sowohl die betretene als überhaupt jede Hexe wohlweislich hüten, diesen Grund und Boden je wieder heimzusuchen.

Wann eine Hexe gestorben ist und zu Grabe getragen wird, pflegt es jedesmal zu donnern und zu hageln, wie man glaubt deshalb, weil sie bei Lebzeiten Donner und Hagel heraufzubeschwören vermocht hat.

Eine Hexe darf man weder an einem geweihten Orte, noch in einem Garten, oder auf der Strasse, oder am Wegrain, oder in einem Graben am Wege vergraben, denn andere Hexen würden sie wieder herausscharren und beleben. Darum muss man eine Hexe im Walde unter irgend einem sehr alten, schattigen Baume vergraben, und Gott behüte, ja nicht unter einem jungen; denn ein junger Baum breitet nicht hinreichenden Schatten über die Hexe aus, der Schatten aber, den die Erde wirft, mit der das Grab zugedeckt wird, reicht allein nicht aus. Dieser Schatten ist der Hexe auch nicht im geringsten zuträglich.

Die Seele der Hexe ist ein Baumgeist, der seinen alterschwachen Wohnort verliess, um als Hexe weiterzuleben. Stirbt die Hexe, so begräbt man sie unter einem alte Baume, damit der böse Geist an seinem Ursprungort verbleiben soll.

Wenn ich den Volkglauben richtig erfasse, so ist der ursprüngliche Grund, weshalb man eine Hexe unter einen jungen Baum nicht vergraben will, nicht der unzulängliche Schatten, sondern weil man glauben mochte, dass der in dem jungen Stamme hausende Geist durch die Hexe vertrieben würde, weshalb der Baum dann absterben müsse, oder dass die Hexe als ein Krankheitgeist in den jungen Baum fahren und ihn so zum Verdorren bringen würde. Im übrigen spricht man den Hexen ein ungewöhnlich langes Leben zu. Irgendwo auf einem steilen Felsen im Hochgebirge quillt ein »lebendiges Wasser« hervor, erzählte mir jener Bauer aus Kamensko, an welchem sich die Hexen immer verjüngen. Das Wasser des Lebens spielt in den Sagen aller Völker eine grosse Rolle.

Um die Hexen zu bannen, pflegen die Bäuerinnen am letzten Faschingsonntag die Kesselketten verkehrt aufzuhängen, andere legen ein Kuhhorn in die Kohlenglut, weil Hexen diesen Geruch nicht vertragen.

Man kann eine Hexe auch dadurch vertreiben, dass man sie verflucht. Die Hexe verliert nämlich im selben Augenblicke all’ ihre Macht, denn der Mensch trägt das Kreuz der katholischen Kirche, die Hexen aber das Kreuz des Teufels. Es genügt, dass der Mensch ihr zuruft: »Gemeines Weib, warum trägst du das Kreuz des Teufels? Du bist ja doch von aller Welt gemieden (verlassen) und kein Mensch mag dich leiden!« (hmana žena, zakaj nosiš križ vraži, ipak si od sega sveta ostavlena ter te ne mre nijeden človek trpeti!) (Aus Warasdin.)

Man ersieht aus diesem Glauben deutlich, wie die alten Anschauungen die von der neuen Lehre nicht ausgerottet werden konnten, als eine Nachäfferei des wahrhaft Göttlichen hingestellt sind. Den Hexen und dem Teufel schreibt man die Gebräuche und Abzeichen der Gotteskirche zu, doch in karikierter Gestalt; was sie tun, tun sie verkehrt, zum Spott und Hohn der lichten Gottheit. So wird z. B. in dem berüchtigten malleus maleficarum mehrmals des Eidschwurs Erwähnung getan, den die Hexen bei ihrer Aufnahme in den Bund dem Teufel zu leisten haben.50

Wenn man die Unterhosen umwendet und sie so anzieht, ist man gegen jeden Hexenzauber gefeit. Das südslavische Bauernhaus hat keinen Anstandort und die Leute sind genötigt, auf dem Düngerhaufen oder sonst wo auf einem Platze, wohin man den Kehricht wirft, ihre Notdurft zu verrichten. Solche Orte sind aber nach dem Volkglauben Tummelplätze der Hexen; darum hält man ein Stück Brot in dem Mund, während man auf einem solchen Orte weilt; dadurch wird die Macht der Hexen gebrochen.51

Der Mensch kann sich vor einer Hexe nur dann mit Erfolg verteidigen, wenn er sich mit einem geweihten Stock wehrt. Etwas anhaben kann er ihr aber auch nur in dem Falle, wenn er sie auf den Kopf oder den Hintern mit dem Stocke trifft; denn im Kopfe der Hexe sitzt ihr Hass gegen alles, was geweiht ist, mit dem Hintern dagegen verhöhnt sie alles, was heilig ist

Wird eine Hexe so ertappt, dass sie nicht mehr entfliehen kann, so verwandelt sie sich flugs in ein Stück Holz oder einen Stein, je nachdem an dem Orte mehr Holz oder Steine liegen, so dass der Gegner irregeführt wird. Gelänge es aber einem, den Gegenstand ausfindig zu machen, in den sich die Hexe verwandelt hat, so kann er ihr leicht den Garaus machen, wenn er nur herausbekommt, auf welcher Seite ihr Kopf liegt. Trifft man die Hexe nicht gerade auf den Kopf, so mag man drei Tage lang auf den Gegenstand losschlagen und man wird der Hexe dennoch nicht das Geringste anhaben. Versetzt man ihr aber einen rechten Schlag auf den Kopf, so bleibt sie für immer tot liegen, und zwar in der Gestalt, die sie angenommen hat.52

Bäuerinnen, die an Hexen glauben, pflegen Schweinedreck in einen Leinwandlappen einzuwickeln, den Lappen fest zuzubinden und als Amulet an einer Schnur um den Hals zu tragen. Diese Schnur muss aber eben so lang sein als das Weib gross ist, das die Schnur braucht, dann kann kein Teufel und keine Hexe dem Weibe etwas anhaben. (Aus Krapina Toplice in Chrowotien.)

Um sich vor Hexen zu schützen, trägt man Schlehdornen im Kleid eingenäht. Mit Schlehdornen bannt man Hexen und Teufel. In Häusern, wo es kleine Kinder gibt, befestigt man an Türen und Fenstern Schlehdornen.53 (Slavonien.)

Wie erwähnt benötigen die Hexen eines Zauberfettes. Wer davon isst, versteht die Tiersprache. Wie dieses Fett gewonnen wird, erzählt folgende Sage aus Kreutz in Chrowotien.

Es war einmal eine Hexe, bei der es niemand im Dienste aushalten konnte. Nun ging einmal ein Junge des Weges, erblickte die Hexe und bot ihr einen »guten Tag« zum Gruss. Sie winkte ihm freundlich zu, fragte ihn, wohin er wandere, und er antwortete, er gehe einen Dienst suchen. Sie sagte ihm gleich, bei ihr wär eben eine Stelle frei und er dürfe nur eintreten, und so trat der Junge bei ihr in Dienst ein. Sie schärfte ihm sogleich ein, er müsse sich brav aufführen, bei ihr habe schon eine Menge Leute gedient, weil sich die aber nicht brav aufgeführt, deshalb habe sie ihnen allen der Reihe nach den Garaus gemacht. Der Junge gab ihr das feste Versprechen, sich stets brav aufzuführen. Abends setzte sie ihm ein gutes Nachtmahl vor und befahl ihm, er müsse morgen in der Frühe zeitlich aufstehen, um aufs Feld ackern zu gehen. Der Junge erwachte zeitlich in der Früh und ging ackern. Um die Mittagstunde setzte er sich zum Essen und liess die Ochsen lange Rast halten. Als er abends heimkehrte, fragte ihn die Vettel, wieviel er aufgeackert; und er antwortete »so und soviel«. — Der Alten schien das wenig zu sein und sie schalt ihn einen trägen Arbeiter. Hierauf begab er sich zur Ruhe, um am folgenden Tage wieder seine Arbeit aufzunehmen. In der Früh trug ihm die Alte auf, er müsse das, was er zuerst aufackere, es mag was immer sein, auf der Stelle nach Hause bringen. Er begab sich aufs Feld, stemmte die Pflugschar ein und ackerte eine Kröte heraus. Die nahm er sogleich und trug sie der Alten heim. Die Alte sprach: »Gut mein Kind, gut«, und der Junge kehrte wieder aufs Feld zurück. Nun klagte ihm einer der Ochsen, er sei ganz müde, denn die Alte sei die ganze Nacht auf ihm herumgeritten; deshalb gönnte der Junge den Ochsen wiederum eine lange Rast. Er kommt nach Haus und seine Herrin fragt ihn: »Wie viel hast du aufgeackert?« — »So und so viel.« Hierauf begab sich die Alte in die Stube, der Junge aber huschte schnell in die Küche, um nachzusehen, was die Alte koche und sah die Kröte in einer Rein braten. Schnell ergriff er einen Löffel, schöpfte ihn voll Sahne, in der die Kröte briet, und schlürfte den Saft hinunter. Sodann schaffte er die Ochsen in den Stall und ging nachtmahlen, doch bekam er nicht die Kröte zu essen. Nachdem er sich sattgegessen, begab er sich zur Ruhe. Am dritten Tage gönnte er wiederum den Ochsen eine lange Rast. Als er abends heimkehrte, stand er eine Weile mit der Alten im Hofe. Die Alte besass eine Gluck, die ein hinkendes Küchlein hatte. Da machte die Gluck dem hinkenden Küchlein Vorwürfe, warum es sich nicht tummle, es sehe ja, ein Geier schwirre durch die Lüfte. Der Junge verstand das ganze Gespräch und erzählte es der Alten. Die Alte hiess ihn näher treten und sagte: »Geh’, komm’, zeig mir mal deine Zunge!« — Er streckte die Zunge aus, die Alte aber nahm einen Löffel und schabte das wenige von der Sahne ab, das noch auf seiner Zunge klebte. Seit diesem Augenblicke verstand er nicht mehr die Sprache der Tiere.

Das Fett, mit dem sich die Hexen einreiben, um fliegen zu können, besteht nach einem andern Volkglauben aus Stutenbutter.54 Ein Bauer aus Toplice (dem Kurort bei Warasdin) erzählte folgendes Erlebnis: »Ich habe an diesen Weihnachttagen ein Weib gesehen, das hat drei Tage hindurch nach Stutenbutter gesucht (iskala konjsku putru, wörtl. sie verlangte Pferdebutter.) Dann hab’ ich sie gesehn, dass sie welche gefunden hat, wo die Pferde weiden. Ich bin ihr nun entgegengetreten, sie hat aber die Butter unter die Schürze versteckt. Ich hab’ gesehen, wie ein bisschen davon hervorschaut und hab’ sie gefragt: »Was fangen Sie damit an, Gevatterin?« (Kaj bute kuma s tem?) Da verschwand sie augenblicklich spurlos, ich aber war in Furcht, weil ich mich ganz allein befand. Ja, wenn ich sie nicht gefragt hätte, sie hätten gesehen, sogleich hätt’ sie mich zu Staub und Asche zermalmt. Wenn sie mit dieser Butter zaubern will, da muss sie sie in der Mitternachtmette mit haben, und beim Segen muss sie auf ihr knieen. Sobald die Mette aus ist, da muss die Hexe hurtig heim eilen, damit sie von gar niemand wahrgenommen wird. Diese Zauberei (Hexerei, coprija) ist zu folgendem gut: Wenn die Hexe alles, wie es sein muss, mit dieser Butter vollbringt, so kann sie auf ihr (na njoj) wie ein Pfeil dahinreiten und wird von niemand erblickt. Man sagt auch, dass es zuweilen nur darum saust (fućka, vom Pfeifen des Wirbelwindes), weil eine Hexe durch die Luft reitet, andere sagen wohl auch, der Teufel führe Geld.« In Biškupec in Chrowotien glaubt das Volk, dass die Hexen zu Pfingsten (na duhovo) um halb zwölf nachts das Fett bereiten, das sie zum Fliegen befähigt.

Dieses Fett wirkt so kräftig, dass alles und jedes in Bewegung gerät, was damit bestrichen wird.

Es war einmal eine Hexe, die befahl ihrem Sohne, aus dem Kasten Fett zu nehmen und den Wagen zu schmieren. Der Junge ging in die Stube und nahm das Fett heraus, vergriff sich aber und nahm ein Fett, das seine Mutter brauchte. Er bestreicht das eine Rad und es fängt an sich zu drehen, er bestreicht das zweite, auch dieses dreht sich, so das dritte und das vierte, da flog der Wagen auf den grossen Nussbaum, der vor dem Hause stand. Der Junge lief nun schnell zu seiner Mutter und erhob ein Geschrei: »Mütterchen, Mütterchen, der Wagen ist mir auf den Nussbaum hinaufgefahren.« — Sie: »Ja, was hast du angerichtet? — Hab’ ich dir denn befohlen, mit diesem Fett den Wagen zu bestreichen?« Hierauf ging sie hinaus und beschwor den Wagen vom Baume herab, was niemand anderem als nur ihr gelingen konnte.

Besonders gefürchtet sind die Hexen, die Kühe behexen. Wenn einer Kuh die Milch versiegt, oder wenn, wie man im Volke sagt, eine Kuh eintrocknet, so schnitzt man einen Keil aus Birkenholz und keilt ihn im Stalle unter dem Lager der Kuh, gerade unter ihrem Nabel in den Boden ein. Damit ist der Hexenzauber gebrochen. Wird eine Hexe auf frischer Tat ertappt, so soll man sie mit einem Birkenrutenbesen schlagen und sie wird nimmer zaubern können.55 Will man sein liebes Vieh gesund erhalten, so schlage man es nur mit Birkenreisern. (Slavonien.) Ein anderes Rezept aus Čehovci im Murlande lautet:

Um zu verhüten, dass Hexen den Kühen die Milch entziehen, nehme man die Mistel,56 die auf Bäumen wuchert und Holz vom Kornellkirschbaum, füge Schiesspulver hinzu, lasse die Dinge einsegnen und wickle sie in einen kleinen Leinenlappen, den man der Kuh, bevor sie noch einmal abkalbt, in ein Horn hineingibt, nachdem man vorher das Horn oben abgeschnitten. Infolgedessen wird keine Hexe dieser Kuh etwas anhaben können.

In der Weihnachtnacht muss man den Kühen Heu vorlegen, und zwar muss man damit rauschen, damit die Kühe nicht hören, wie sie der Reihe nach von den Hexen angerufen werden und sich ihnen nicht melden. Der Kuh, die sich auf den Ruf der Hexen meldet, entziehen die Hexen die Milch.

Am Samstag vor Pfingsten (na soboto pred binkošti. Binkošti ist das deutsche Wort Pfingsten, das wieder ein Lehnwort aus dem Griechischen ist: πεντεκοστή, das slavische Wort ist duhovi) werden in Ormuž in Steiermark von alten Weibern die Kühe angeräuchert, damit ihnen die Hexen nichts anhaben können.

Will man verhüten, dass eine Hexe das Vieh behext, so pflegen die chrowotischen Bauern einen Faden um das ganze Gehöfte herum zu ziehen, den Faden muss man aber eigenhändig am Quatemberfasten gesponnen haben.57

Hexen vermögen eine fremde Kuh auszumelken, wenn sie auch nicht im Stalle bei der Kuh sind, wie es aus folgender Sage erhellt. Es waren einmal zwei Nachbarinnen, von denen die eine eine Hexe war. Diese Hexe pflegte das eine Ende eines langen Seiles über den Zaun in den Stall ihrer Nachbarin zu werfen, steckte dann das andere Ende des Seiles in ihren Milchkübel und melkte so die fremde Kuh aus. Sie wusste nur nicht, dass sie bei diesem bösen Treiben von ihrer beschädigten Nachbarin beobachtet wurde, und so selbst verriet, dass sie eine Hexe sei.58 Von der Strafe, die eine Hexe wegen unbefugten Ausmelkens fremder Kühe erleiden musste, erzählt folgende Sage aus Chrowotien:

Es war einmal ein reiches und ein armes Weib. Die reiche Frau hatte nur ein einziges Kind, die arme ihrer sieben. Die Reiche besass sieben Kühe, die Arme nur eine und die gab keine Milch; denn sie wurde von der Hexe ausgesaugt. Einmal ging die Arme in den Stall und erblickte eine Kröte, die an dem Euter der Kuh säugte. Rasch ergriff sie eine Axt und schlug auf die Kröte los. Diese Kröte war niemand anderer als die reiche Nachbarin, die gleich am nächsten Tage gegen das arme Weib beim Pfarrer Beschwerde führte. Der Pfarrer liess auf der Stelle das arme Weib vor sich laden und fragte sie, wie sie es gewagt, ihre Nachbarin so schmählich zuzurichten. Das Weib erklärte, sie habe bei Leibe niemand anderen als nur eine Kröte geschlagen, die an dem Euter ihrer Kuh gesaugt. Auf diese Weise erfuhr man, dass die reiche Frau eine Hexe ist und liess sie auf Pferdeschweifen in Stücke reissen.

Die Hexe erlangt über die fremde Kuh durch ein sogenanntes sympathetisches Mittel Gewalt. Darin liegt aber auch zugleich die innere Kraft der Hexe. Gelingt es dem Beschädigten, die Stücke in die Hand zu bekommen, so ist er zugleich Herr der Hexe. Er kann sie dann nach Belieben vernichten. Darüber belehrt uns ein Märchen aus Chrowotien.

In Cepirlak lebte ein Weib, das hatte drei Kühe. Die eine Kuh war weiss, die andere schwarz, die dritte rot. Diese Kühe gaben recht viel Milch. Das Mütterchen wurde reich und schenkte viel den Armen. Auf einmal trockneten die Kühe ein, doch nicht plötzlich, sondern so, dass sie immer weniger und weniger Milch gaben. Das Weib fütterte und hielt wohl immer besser ihre Kühe, doch alles umsonst, zusehends wurden die Kühe immer magerer, und darüber weinte das Mütterchen. Sie wusste sich schon nimmer zu helfen, sondern suchte ein altes Mütterchen auf und befragte sie um ihren Rat wegen der Kühe. »He«, sagte das alte Mütterchen zu ihr, »da weiss ich dir wirklich keinen Rat und keine Hilfe. Ein Weib hat dir die Kühe verhext (edna ti je žena scoprala krave). Geh nach Haus, vielleicht findest du irgend etwas.« — Geht das Weib heim, sucht in allen Winkeln herum, kann aber nirgends etwas finden. Schaut sie da nicht zufällig in den Rauchfang hinauf und erblickt im Rauchfang einen schwarzen Gegenstand. Nimmt sie ihn herab, um doch zu sehen, was das sein soll. War das ein Pack Lumpen. In den Lumpen aber waren drei Nägel und um jeden Nagel ein Haar gewunden: ein rotes, ein schwarzes und ein weisses, gerade solches Haar, wie es die Kühe eben hatten. Ging sie nun wieder zu dem alten Mütterchen mit den Sachen, die sie da gefunden. Schaut das Mütterchen die Sachen an und spricht zu ihr: »Nimm diese drei Nägel und schmiede sie zu einem einzigen zusammen, dann nimm um 12 Uhr nachts diese drei Kuhhaare und leg jedes mit einem Ende ans Feuer, und zwar so, dass sie nur ein klein winzig anbrennen. So musst du nach und nach jeden Tag tun, so lange, bis deine Kühe gesund werden.« Schmiedet sie wirklich die drei Nägel in einen zusammen und fängt an, die drei Haare zu versengen. Gott soll mich strafen, wenn nicht wirklich von dem Augenblicke ab die Kühe immer gesunder wurden. Schlimm aber erging es dem Weibe, das die Kühe verhext hatte. Noch den Tag vorher war das Weib frisch und gesund. Von dem Augenblick ab, wo das Weib die Haare zu versengen anfing, wurde die Hexe immer hinfälliger, und je mehr die Kühe an Gesundheit und Kraft zunahmen, desto mehr nahm die Hexe ab. Wenn das Weib schlief, kam die Hexe immer unter ihr Fenster und fing zu jammern und zu winseln an: »Gib mir die Nägel, gib mir die Haare zurück!« und so kreischte sie fort und fort, bis der Hahn in der Früh »Kukuriku« krähte. So ging es Nacht für Nacht, und die Hexe winselte immer mehr und mehr. Einmal winselte sie so stark, dass ihr das Weib beinahe die Nägel und Haare schon zurückgeben wollte. Wie sie sich aber erhob, um sie der Hexe zurückzugeben, fingen die Kühe so jämmerlich zu brüllen und muhuen an, dass sie sich darüber ganz entsetzte, und so gab sie der Hexe weder die Nägel noch die Haare zurück. Ging sie wieder zu jenem alten Mütterchen und erzählte ihr die Sache. »O Weh«, sagte das alte Mütterchen, »gib es nicht her, um Gotteswillen, nicht! Sie möchte gesund werden und das ganze Dorf verhexen. Verbrenn du nur noch den Überrest der Haare, sonst ist’s in Zukunft um dich und um uns schlimm bestellt.«

Das Weib ging jetzt nach Haus, nahm die Nägel, die in eins geschmiedet waren, sowie den Rest der Haare und legte sie ins Feuer. Sobald die Haare verbrannt waren, da züngelte flugs ein mächtiges Feuer durch den Rauchfang im Hause der Hexe, eine schwarze Gestalt bemächtigte sich der Hexe und flog mit ihr fort bis zu jenen Bergen. Dies aber war der leibhaftige Teufel, der die Seele der Hexe mit sich forttrug in die Hölle, auf dass sie dort ewige Qualen erdulde.

Mehr Märchen als Sagen sind folgende zwei Hexengeschichten, beide aus der Umgegend von Warasdin.

I.

Es waren einmal eine Mutter mit einem kleinen Kinde, das sie vor kurzem zur Welt gebracht. Da sie ein armes Weib war, konnte sie keine Gevatterin finden. Nun begegnete ihr einmal auf dem Wege, als sie auf Arbeit ging, eine Hexe und sie bat sie ihrem Kinde Gevatterin stehen zu wollen. Nach der Taufe sagte die Gevatterin zur Mutter, sie möge sie einmal besuchen, wenn das Kind etwas grösser geworden. Nach geraumer Zeit machte sich die Frau auf den Weg zur Gevatterin in ihr Schloss. Vor dem Schlosstore angelangt, fielen ihr zwei Hähne auf, die als Torwächter auf und abgingen. Sie schritt vorbei, kam in die Küche und erblickte Schürhaken und Schaufel gegeneinander schlagend und herumtanzend. Als sie auf den Söller kam, sah sie in dem ersten Zimmer nur Blutlachen, im zweiten Zimmer nur Fleischstücke, im dritten lauter Hände und Füsse, und als sie durchs Schlüsselloch ins vierte hineinlugte, gewahrte sie die Gevatterin, mit einem Pferdekopfe auf dem Haupte, damit beschäftigt den Pferdekopf zu lausen. Kaum trat sie in die Stube hinein, schleuderte die Gevatterin den Pferdekopf unter den Stuhl, und der Besuch fing ihr zu erzählen an, was für Merkwürdigenkeiten sie im Hinaufgehen gesehen: »Beim Eingang ins Schloss sah ich zwei Hähne als Torwächter.« — »Das sind«, erklärte die Alte, »meine Wächter.« — »Im Hinaufgehen sah ich in der Küche Schürhaken und Schaufel tanzen.« — »Das ist meine Dienerschaft, sie feiert Hochzeit und erfreut sich am Tanz.« — »Als ich schon oben am Söller war, sah ich ein Zimmer voll Blutlachen.« — »Das ist mein Wein.« — »Im zweiten und dritten Zimmer sah ich lauter Fleischstücke.« — »Das ist mein Braten.« — Hierauf ging die Hexe hinaus, brachte Blut und Fleisch und bot es der Frau zu essen und zu trinken an, doch die weigerte sich beharrlich auch nur das Geringste zu sich zu nehmen. Beim Abschiede gab ihr die Hexe das Vortuch voll Kohlen und schärfte ihr ein, sie nicht wegzuwerfen, wofern sie etwas Gutes zu haben wünsche. Auf dem Wege aber fiel der Frau ein Teil davon aus der Schürze und sie fand es nicht der Mühe wert, das zu Boden Gefallene mehr aufzulesen. Wie sie nach Haus kam, warf sie verächtlich die Kohlen auf den Tisch, und siehe da! — es war lauter blankes Gold.59 Jetzt tat es ihr freilich leid um das, was sie weggeworfen, und sie tummelte sich an den Ort zurück, um es aufzulesen, doch es war keine Spur mehr von den Kohlen, ebensowenig auch von einem Schlosse zu entdecken. Da ward es der Frau klar, dass sie es mit einer Hexe zu tun gehabt.

II.

Es war einmal eine Gräfin, die hatte ein kleines Töchterchen. Die Kleine ging einmal in den Wald und verirrte sich darin. Als sie so hin- und herirrte und weinte, erblickte sie in weiter Ferne ein kleines Häuschen, zu dem lenkte sie ihre Schritte. Als sie dort ankam, pochte sie an der Türe an. Jemand rief von drinnen: »Herein«. — Das Mädchen öffnete die Türe und trat in die Stube ein und erkannte gleich beim ersten Blick, dass sie sich in der Behausung einer Hexe befinde. Die Hexe sprang sogleich auf sie los, stach ihr die Augen aus und jagte sie so lange um den Tisch herum, bis sich die Kleine ganz wund schlug; dann aber trieb sie sie ins Bett. Am nächsten Tage ging die Alte irgend wohin in den Wald und das Mägdlein blieb allein zu Hause. Das arme Kind war vollkommen blind und sass traurig in einem Winkel. Auf einmal hörte sie ein Vöglein singen und vernahm deutlich seine Worte: »Öffne den Kasten, der dort steht, nimm das Fett heraus, das sich darin befindet und bestreich dir damit die Augen.« — Das Mägdlein tappte nach dem Kasten, schloss ihn auf, nahm das Fett heraus, bestrich sich die Augen damit und ward auf der Stelle wieder sehend. Jetzt schaute sie sich nach dem Vöglein um und entdeckte es in einem Käfig. Sie trat zum Vöglein hin und sprach ihm ihren Dank aus, und das Vöglein entgegnete ihr: »Ich habe dir nicht ganz umsonst geraten, ich fordere einen Gegendienst. Du sollst mir den Kopf abschlagen; ich bin nämlich so wie du ein verzaubertes Mägdlein und kann wieder meine ehemalige Menschengestalt erlangen, wenn du mir den Kopf abschlägst. Ich verstehe mich nicht wenig auf Hexenkünste und werde leicht Mittel und Wege finden, um uns Beiden aus der Klemme zu helfen.« — Gut. Das Mägdlein schlug dem Vöglein das Köpfchen ab und das Vöglein verwandelte sich augenblicklich in eine schöne Maid. Ohne auch nur einen Augenblick zu zögern, ergriffen die zwei Mädchen die Flucht durch den Wald. Als inzwischen die Hexe nach Haus kam und die Mädchen nicht mehr vorfand, sattelte sie rasch eine Wildsau und setzte den Fliehenden nach. Wie sie ihnen schon, wie man sagt, auf den Fersen war, merkte das Mädchen, das sich auf Hexenkünste verstand, dass ihnen die Hexe nachsetzte und sagte zu ihrer Fluchtgenossin: »Hörst du, wie sie hinter uns einherjagt? — Doch, ich kann ja hexen: du sollst dich in ein Fischlein verwandeln, ich verwandle mich in eine Lache.« — Sie hatte noch nicht recht diese Worte ausgesprochen, so war die Verwandlung auch schon geschehen. Als die Hexe fort war, verwandelte das kundige Mädchen sich und ihre Genossin wieder in Menschengestalt und sie setzten ihre Flucht fort.60 Auf einmal vernahmen sie hinter sich Pferdegetrappe; das eine Mädchen hörte die Stimme ihres Vaters und sagte zum anderen: »Hier wollen wir warten, man sucht mich.« — Kaum hatte sie dies gesprochen, war ihr Vater auch schon zur Stelle und hob Beide zu sich auf den Wagen, den Soldaten aber, die er mit sich führte, befahl er, der Hexe aufzulauern, sie festzunehmen und ins Schloss zu befördern. Die Hexe wurde wirklich bei ihrer Rückkehr festgenommen, gefesselt und ins Schloss gebracht. Zur Strafe musste sie eine ganze Woche lang auf der Sau herumreiten und wurde schliesslich am achten Tage der Sau zum Frasse vorgeworfen.

Bisher lernten wir die Wandlungen der Vila als Dryade und Nymphe in die Gestalt der Hexe kennen. Den Namen Vila übertrug man schon frühzeitig auch auf die Kategorie jener weiblichen Luftgeister, die Regenwolken sammeln und zerstreuen, milden Tau und ergiebigen Regen den Fluren spenden, und wenn sie den Menschen grollen, verheerende Wirbelwinde erregen und die Gefilde mit Hagelwetter verwüsten. Die Vilen sind demnach auch Wettermacherinnen. Sagen erzählen, wie die Vilen auf Wolken dahinfahren. Schon durch ihren Blick allein vermag die Vila Wolken auf dem Himmel zu sammeln. Das Volk drückt treffend die Feuerglut, die aus den Augen eines schönen Mädchens sprüht, durch den Vergleich aus, des Mädchens Auge vermöge am Himmel die Wolken zu trüben. Das tertium comparationis wird als so selbstverständlich vorausgesetzt, dass man im Vergleiche die Vila gar nicht nennt. So z. B. in folgendem Liede:

Mili bože, čuda velikoga!

Gdje pogibe devet za jednoga!

Da z bog koga, ne bi ni žalio,

Neg z bog Soke, lijepe djevojke,

5Koja muti na nebu oblake,

Kamo l ne bi na zemlji junake!

»Lieber Gott, o grosses Wunder! Wie da neun für Einen umkamen! Wär’ es noch um jemands Rechten wegen, tät’s mir gar nicht leid, doch um Sokas, des schönen Mädchens wegen, die am Himmel die Wolken trübt (verwirrt), wie sollte sie nicht erst der Helden Sinn verwirren!«61

Bei der Wandlung der Wolkenvilen zu Hexen behauptete sich ihre Beziehung auf die Fruchtbarkeit und den Segen, doch in schlimmer Bedeutung. Die Wolkenvilen wurden zu Wetterhexen. Über die Vorstellungen des Volkes in Bezug auf die Wetterhexen haben wir ziemlich genaue Kunde.

Wenn sich der Himmel verfinstert und alle Anzeichen auf ein nahendes Hagelwetter schliessen lassen, so muss man mit geweihten Glocken läuten, um dadurch die Hexen zu verscheuchen, ferner muss man sein Gewehr mit Pulver laden und statt der Bleikugeln, wie üblich, soll man Köpfe von Nägeln, mit denen einem Füllen das Hufeisen angeheftet gewesen, auf das Pulver geben und damit in die Luft schiessen. Die Hexe fällt darauf unfehlbar aus den Wolken auf die Erde herab.

Das Schiesspulver muss in der Kirche eingesegnet werden. Ebenso muss das Gewehr geweiht sein. Man braucht die Hexe gar nicht einmal von Angesicht zu sehen, es genügt, dass man sie dahinsausen hört. Schiesst man auch nur blind in die Luft hinein, so muss die Hexe schon allein vom Dampf des geweihten Pulvers ersticken.

Wenn ein Hagelwetter droht, oder selbst wenn es schon hagelt, legen alte Weiber geweihtes Öl, Lorbeerblätter und Wermutkraut aufs Herdfeuer. An manchen Orten nimmt man einen halbzerschlagenen Topf, füllt ihn mit Glutkohle an, legt darauf eingesegnetes Öl, Lorbeerblätter und Wermutkraut, zieht damit ums ganze Haus herum und lässt den Rauch gegen die Wolken aufsteigen. Dieser Rauch stinkt dermassen schrecklich den Hexen zu, dass sie aus den Wolken herabfallen. Unser Gewährmann erzählt, dass er als Kind bei Hagelwetter rasch einen Sessel aus dem Hause unter den freien Himmel tragen und umstürzen musste, damit sich die Hexen an den aufragenden Stuhlbeinen das Genick brechen, wenn sie aus der Luft herunterpurzeln. Das Hinaustragen von Hausgeräten bei Ungewitter ist im ganzen Süden Brauch. Besonders trägt man, wie ich selbst als Knabe oft mit angesehen und auch mitgeholfen, alle grösseren Schneide- und Hackwerkzeuge in den Hof, damit sich der Hagel (oder die Hexen) daran schneiden.

Wenn Blitze aus einer Wolke in eine andere fahren, so sagt man im Küstenlande: »Das ist ein Eichhörnchen, sie versammeln sich, sie versammeln sich« (Ono je viverica, kupe se, kupe). Wenn es zu donnern und zu hageln anfängt, schiessen die Bauern in die Wolken, um die Hexen zu verscheuchen und sprechen dazu folgende Bannsprüche:

Biži, biži irudica, »Fliehe, fliehe, Herodias —
mater ti je poganica, Deine Mutter ist eine Heidin, —
od boga prokleta, von Gott verflucht —
krstitelja krvlju sapeta! mit des Gekreuzigten Blute gefesselt.«

Oder man ruft:

Sveta Bare, »Heilige Barbara,
Razmakni oblake! schiebe die Wolken auseinander.
Sveta Luce, Heilige Lucia,
Ukaži nam sunce! zeig’ uns die Sonne!«

Die Schnelligkeit, mit welcher der Blitz aus einer Wolke in die andere schlägt, scheint der Südslave hier zu vergleichen mit dem blitzschnellen Forthuschen eines Eichhörnchens, das von Ast zu Ast schneller als ihm das Auge folgen kann, dahinspringt. Ich wage aber noch eine andere Vermutung. Das Eichhörnchen, das auf Bäumen haust, mochte einst dem gläubigen Volke als die in dem Baume hausende Vila erschienen sein. Es fände in unserem Falle demnach eine Vermengung der Baum- und Wolkenvilen statt. Mannhardt führt in seinem Werke Baumk. d. G. S. 508 an, dass man zu Bräunrode am Harz im Osterfeuer, das man zur Abwehr gegen schwere Gewitter anzündete, ein Eichhörnchen zu verbrennen pflegte. Auch in Köln herrschte dieselbe Sitte.

Sehr merkwürdig ist die Anrufung der Herodias, des Herodes Tochter, deren Tanz Johannes des Täufers Enthauptung herbeigeführt. »Im Mittelalter wähnte man, Herodias sei verwünscht worden, in Gesellschaft der bösen und teuflischen Geister umzuwandern. Sie wird an die Spitze des wütenden Heeres oder der nächtlichen Hexenfahrten gestellt, neben die heidnische Diana, neben Holda und Perahta, oder an deren Platz.« Grimm, aus dem ich diese Worte anführe, teilt eine reiche Auswahl von Belegstellen aus mittelalterlichen Dichtern mit. (D. M. S. 260–265, vrgl. ferner S. 599, 885, 1008 und 1011 und W. L. Schwartz, Prähist. anthrop. Stud. S. 461–3.) Man ersieht aus der einfachen Tatsache, dass der Name Herodias bei den Südslaven Eingang gefunden, wie sich der Glaube an die Vile als Wetterhexen nicht ganz allein aus sich selbst, sondern auch durch fremden Einfluss, durch eine Literatur, allmählich entwickelt hat.

Es würde zu weit führen, wollte ich hier den Glauben an die hl. Barbara unter den Südslaven eingehend erläutern. Ihr Festtag ist dem Südslaven, besonders den Altgläubigen, der Tag der Zaubereien κατ’ ἐξοχήν. S. M. Ljubiša (Pripovijesti S. 32) lässt eine alte Bäuerin an ihren Sohn, der sich über ihren Glauben erlustigt, folgende Zurechtweisung richten: »Morgen ist der Tag der hl. Märtyrerin Varvara, die ihr Blut für den Glauben vergossen hat, und es blieb von Alters her der Brauch bestehen, dass wir an diesem Tage varice kochen (d. h. Feldfrucht zu Brei kochen).« Sie zählt nun auf, was sie alles aus der gekochten Frucht (dem Brei), sobald sich die abgekühlt, herausprophezeien kann. Sie leitet das Wort varnice von Barbara (Varvara) ab. Der Name Varvara lautet in abgekürzter Form Vara. Der Stamm ist derselbe, welcher in vrelo Quelle, vreti quellen, kochen begegnet. Varica ist also das, was man mischt, umrührt und kocht, der Brei.

Warum man die hl. Lucia gerade als diejenige anruft, die der Sonne zum Siege über die drohenden Wetterwolken verhelfen kann, ergibt sich schon aus dem Namen. Sie ist ja das Licht selbst. (Über die Personifikation der hl. Lucia als Wintersonnenwende. Vrgl. Mannhardt, Wald und Feldkulte, S. 186. Anm.)

Die Hagelwetter verursachen die Hexen nur aus Bosheit und Rachsucht. Wenn eine Hexe gegen jemand einen Hass trägt und sich an ihm rächen will, so kommt sie nachts zu ihm ins Haus und setzt sich hinter den Ofen. Dort rührt sie mit einem Kochlöffel so lange ein Wasser um, das sie aus einer Quelle von irgend einem grossen Felsen her mitgebracht, bis es im Hause zu hageln, zu donnern und blitzen anfängt und sich ein so gewaltiger Nebel entwickelt, dass man es nimmer aushalten kann und die Fenster zu öffnen gezwungen ist. Dann aber schlägt der Hagel neun Pfarreien in der Runde alles nieder und verursacht einen unermesslichen Schaden. Man kann sich in einem solchen Falle nicht anders helfen, als indem man die Hexe demütigst um Verzeihung bittet. Eine Hexe ist nämlich allezeit sehr mächtig und stark. (Aus Zagorje.)

Parallelen und ausreichende Erläuterungen vrgl. bei Grimm, D. M. S. 1040 ff. u. K. Simrock Hdb. d. d. M. III, S. 452.

Schlussbemerkung. Wenn wir einen kurzen Rückblick auf die gegebene Darstellung des südslavischen Hexenglaubens werfen, so erkennen wir hier urälteste und allgemein verbreitete Anschauungen der Völker über Wald- und Feldgeister und Zauberweiber. Mit kleinen, fast unscheinbaren Variationen begegnet man ja demselben Glauben bei allen verwandten Völkern, bei dem einen Volke mehr, bei dem anderen weniger durch andere Vorstellungkreise durchkreuzt und verwischt. Mit dem Überhandnehmen des Christentums musste notwendigerweise der alte Glaube an die wohltätigen Schutzgeister der Wälder und Auen, an die Luftgeister eine wesentlich andere Gestalt annehmen, und sich in böse Dämonen, im Gegensatze zu der einen Gottheit des Christentums, umwandeln. Mit dem Hinschwinden des geistigen Glaubens übertrug das Volk die nun modifizierten Vorstellungen auf eine einzige Kategorie von Wesen höherer Art, auf die zauberkundigen Frauen, die vještice, denen man ehedem allgemein grosse Verehrung zollte.

Vergleicht man nach den bisherigen Auseinandersetzungen den südslavischen Hexenglauben mit dem abendländischen, vorzüglich mit dem deutschen und italienischen, aus welchem die Südslaven so viele Elemente entlehnt haben, so fällt es zunächst auf, dass in allen den Sagen eines Hexenmeisters gar keine Erwähnung geschieht. Ferner ist dem Teufelglauben eine sehr untergeordnete Stellung eingeräumt. In den deutschen und italienischen Hexenprozessen spielt der Teufel eine sehr grosse Rolle. Die Hexen verschreiben sich ihm mit Leib und Seele unter Hersagung besonderer Schwurformeln. Davon ist keine Rede im südslavischen Hexenglauben. Merkwürdigerweise wird den Hexen bei den Südslaven die Gabe der Weissagung in keiner Sage zugeschrieben. Die Weissagung erschien und erscheint noch heutigen Tags den Südslaven als nichts Verächtliches, geschweige denn Hassenswertes. An gewissen Festtagen im Jahre, z. B. am Tage der hl. Barbara und zu Weihnachten, weissagen noch gegenwärtig Frauen und Männer, die Frauen z. B. aus Fruchtkörnern, die Männer aus dem Flug der Vögel oder aus den Eingeweiden und Schulterstücken der für den Festtag geschlachteten Tiere.62 Bei den Südslaven gab es offenbar ursprünglich keineswegs wie bei den Italienern und Deutschen einen besonderen Stand der Priesterinnen, Weissagerinnen und Ärztinnen. Das streng demokratisch-separatistische System der Hausgemeinschaft (zadruga), der Phratrie (bratstvo) und der Phyle (pleme), das die Südslaven als uraltes Erbstück noch bis auf die Jetztzeit zum Teil festgehalten, bot der Entwicklung von Priesterinnen-Kollegien nicht geringe Hemmnisse. Zudem nahm und nimmt das Weib im Volksleben der Südslaven eine ganz untergeordnete Stellung ein. Dem Weibe, das man sich wie irgend einen Gegenstand von ihren Eltern und Verwandten kaufte, konnte man unmöglich eine höhere geistige Befähigung einräumen, die sie über den Mann gestellt hätte. Infolgedessen konnten die Hexenprozesse des Abendlandes auf dem Balkan keinen günstigen Boden haben. In Steiermark, Istrien und Chrowotien, wo das Deutschtum festere Wurzeln gefasst, fanden zahlreiche Hexenprozesse statt. Daselbst wurden auch Hexen verbrannt.63 In den Gesetzbüchern der serbischen Könige kommen dagegen gar keine Bestimmungen gegen Hexen vor. Die mittelalterliche Dämonologie des Abendlandes fand hier keinen rechten Eingang. Auch die türkische Herrschaft war ihr nicht günstig. Was die Südslaven von den Türken an Hexen- und Zauberglauben angenommen, kommt in zweiter Reihe hier in Betracht. Anders im Küstenlande, wo italienische Kultur das Slaventum durchdrang. Im Gesetzbuche der freien Gemeinde Poljica (poljički štatut) aus dem Ende des 14. Jahrhunderts steht eine Verordnung gegen die Hexen, Zauber- und Teufelweiber. § LXXXVIII lautet: »Ako bi se istinom našla koja višćica ali čarovnica ali vražarica, od prvoga obnašašća ima se fruštati; ako li se veće nadje ima se sažgati« (edit. Mesić Arkiv V, S. 302 f.) (Wenn sich in Wahrheit irgend eine Hexe oder eine Zauberin oder ein Teufelweib fände, so hat man sie gleich nach der ersten Entdeckung zu foltern; hat man den Beweis erlangt, so muss man sie verbrennen.) Fruštati ist das italienische frustare peitschen, mit Ruten hauen. Französisch heisst die Folter poultre, poutre, ursprünglich poledrus, davon das deutsche Folter. »Es war der Marterbalken, auf welchem der Angeschuldigte reiten musste.« (Vrgl. Grimm, D. M. S. 1029.) Volktümlich wurde unter den Südslaven diese Massregel nie.

Die Mittel, durch welche das Volk die Macht der bösen Frauen zu bannen sucht, sind zum grössten Teil Überbleibsel aus dem alten Heidentume. Die Gerte, die ehedem von einem segenspendenden Genius bewohnt zu sein schien, ward nun der Aufenthalt eines bösen Dämons, mit dessen Hilfe man die Kraft des Geistes in der Hexe zu bannen glaubte. Schliesslich verlosch im Volkbewusstsein auch die wahre Bedeutung der Gerte, und man gebraucht sie nur als ein überkommenes Erbstück aus der Väter Zeit, ohne sich mehr über die ursprüngliche Vorstellung Rechenschaft ablegen zu können. So offenbart sich im Hexenglauben ein Stück Entwicklunggeschichte der Menschheit, ein langwieriger Kampf zwischen altem und neuem Glauben, ein Kampf, der noch lange nicht ausgekämpft ist.64

Joseph Hansen,65 Havelock Ellis66 und Dr. Iwan Bloch67 wiesen nach, dass der Hexenglaube seinen Ursprung aus dem Geschlechtleben ableite und dass der Geschlechttrieb allezeit in irgend einer Form mit der Zauberei verknüpft ist. Dieser Teil des Glauben entzieht sich einer Besprechung in diesem Buche, das Leser in den weitesten Kreisen finden soll, aber er bleibt darum nicht ohne Behandlung. Ein breiter Raum in den Anthropophyteia68 ist ihm ständig gewidmet.

1 Im »Gorski vijenac« (der Gebirgkranz) des Petrović Njeguš heisst es an einer Stelle:

Ima kneže, takovih roguša Ja, o Fürst, es gibt wohl solcher Hexen.
Pod oblak će ustrijelit orla. Selbst in Wolken trifft den Aar ihr Bolzen.

2 Vrgl. Vuk Karadžić im Wörterbuche unter krstača und rogulja.

3 Über die Etymologie von Hexe vrgl. Grimm, Deutsche Mythologie, S. 991 ff.

4 Vrgl. »Narodne pripoviedke i pjesme iz hrvatskoga primorja pobilježio ih Ivan Mikulčić«. U Kraljevici 1876. S. 130.

5 Im »Niz srpskih pripoviedaka Vuka vit. Vrčevića«. Pančevo 1881. S. 93.

6 Im »Gorski vijenac« heisst es gleichfalls an einer Stelle:

»Lasno ti je poznati vješticu, Leicht erkennbar ist Dir jede Hexe
Sijedih kosa, a krst ispod nosa.« An dem weissen Haar (auf ihrem Haupte)
  Und dem Kreuz, das unter ihrer Nase.

7 Als ein weiteres Erkennungzeichen gelten zusammengewachsene, buschige Augenbrauen. Wenn eine solche Person, es mag auch ein Mann sein, ein Kind anschaut und es gar bewundert, so ist dieses schwer beschrien. Mein ehemaliger Lehrer in der Elementarschule zu Požega in Slavonien, P. Kosta Horvatić, erzählte mir als Knaben einmal, es hätten einen hausierenden Zinzaren, dem die Brauen zusammengewachsen waren, die Bauern in einem serbischen Dorfe mit Rutenbesen aus dem Orte hinausgejagt, weil er ihnen alle ihre Kinder arg beschrie.

8 G. Medaković in »Život i običaji Crnogoraca«. Neusatz 1860. S. 183.

9 Eine ergiebige Zusammenstellung älterer und neuerer südslavischer Ausdrücke zur Bezeichnung von Hexen- und sonstigem Aberglauben lieferte Fran Kurelac, Berichte der Südslavischen Akademie. B. XXIV. S. 57–79.

10 Die südslavischen Vile, Samovile, Samodivi und Vilovnjaci gehören in dieselbe Sippe der Wald- und Feldgeister, wie die Holz- und Moosleute in Mitteldeutschland, Frankreich und Bayern, die wilden Leute in der Eifel, Hessen, Salzburg, Tirol, die Waldfrauen und Waldmänner in Böhmen, die Tiroler Fanggen, Fänken, Nörgel und selige Fräulein, die romanischen Orken, Enguane, Dialen, die dänischen Ellekoner, die schwedischen Skogsnufvar und die russischen Lēšje. Andererseits deckt sich die Vorstellung von den Vilen nahezu vollständig mit der germanischen von den Walkyrien. Vrgl. Krauss, Volkglaube und religiöser Brauch der Südslaven, Münster i. W. 1890, S. 69–109.

11 Man vergleiche zur Bestätigung Krauss »Sagen und Märchen der Südslaven« (Leipzig 1883) Nr. 31: »Fuhrmann Tueguts Himmelswagen«; Nr. 33: »Die Glucke«; Nr. 84: »Die Vila des Knaben Hort«; Nr. 85: »Der Vilaberg« u. a.

12 Ebendaselbst. S. 436–8. »Vom Mariechen, das den Vilen gelobt war.«

13 Ein alter Messner in Šamac, in der ehemaligen slav. Militärgrenze, erzählte im J. 1834 diese Geschichte M. Stojanović, der sie in sein Buch »Pučke pripoviedke i pjesme« (Agram 1867) aufnahm. S. 203–204. Mit der Vila in dieser Sage ist die rauhe Else in der Wolfdietrichsage zu vergleichen. Wolfdietrich weigert sich, die rauhe Else zu minnen und dafür macht sie ihn zum Toren, so dass er ein halbes Jahr ohne Besinnung im Walde »wild laufen« muss und Kräuter von der Erde als Speise aufrafft. Ausführlicher bei Mannhardt: »Der Baumkultus der Germanen und ihrer Nachbarstämme«. S. 108 f. Genauer stimmt mit unserer Sage eine dänische überein, die gleichfalls Mannhardt mitteilt: »Auf der Insel Möen ging Margarethe Per Mikaels als kleines Mädchen einmal durch den Buchenwald bei Stevns, da begegnete ihr ein grosses Weib mit schwarzer Haube und langen Fingern, die wurde grösser und grösser. Margarethe lief von ihr, spürte aber bald ihre langen Finger auf der Schulter, das Laub wirbelte in den Baumwipfeln, das Kind fiel um und blieb liegen. Margarethe war von da an drei Jahre verstörten Geistes. Margarethe blieb immer verstört; im Walde empfand sie stets einen unwiderstehlichen Zug zu der Stelle, wo jenes Weib ihr begegnet war. Einst, als sie schlief, kam ein Els und wollte das Kind mit sich fortnehmen, da sie aber fest schlief, konnte er ihr nichts anhaben.«

14 Vrgl. »Arkiv za povjestnicu jugoslovensku«, herausgegeben von Kukuljević. B. II. 380–383.

15 R. F. Plohl: »Hrvatske narodne pjesme«. Svezka II. U Varaždinu, 1869. S. 86.

16 In dieser Bezeichnung liegt noch eine uralte Erinnerung an die Hexe als Waldgeist, der in der Haselnuss seinen Wohnsitz hat. Im Kanton St. Gallen ruft man den Kindern zu, um sie vom Pflücken der noch unreifen Haselnüsse abzuhalten: »’s Haselnussfräuli chumt!« Es ist dies nur eine besondere Personifikation der Waldfräulein. Vrgl. Mannhardt, Der Baumkultus etc. S. 106 ff.

17 Eine Aufzählung und Schilderung der am Georgitag gebräuchlichen altheidnischen Verrichtungen des serbischen Landvolkes bietet der Artikel »Gjurgjev dan« bei Vuk im Wörterbuche S. 151 a, b. Die oben mitgeteilten Nachrichten habe ich aus Chrowotien.

18 Die Schmierfette wird mit »švierc« bezeichnet. Auf den ersten Blick erkennt man darin die entstellte Form der deutschen »Schwärze«.

19 Über denselben deutschen Brauch vrgl. Mannhardt, Baumkultus, S. 272 f. »Es soll Lebens- und Wachstumkraft durch die (Wacholder-)Rute mitgeteilt, jedes dem entgegenwirkende feindliche Gespenst vertrieben werden.« S. 279. M. verweist noch auf Kuhn, Herabkunft des Feuers, S. 191.

20 Eine Vila erzieht einen Knaben in ihrer Höhle zum Rächer seines Vaters, den sein ehebrecherisches Weib dem Buhlen ausgeliefert hat. Vrgl. Krauss, Tri riječi Hercegovca. Mostar 1885. S. 30 ff.

21 Aus Selno in Chrowotien. — Vrgl. über den Elfentanz im Mondenschein: Mannhardt, Baumkultus, S. 125.

22 Über die »Eschenfrau und ihre Sippe in Nordschleswig und Dänemark« vrgl. Mannh. Bk. S. 10 f. Unter Eschenbäumen wachsen auch zauberkräftige Wurzeln. Darauf bezieht sich das Bruchstück eines Volkliedes. Wenn man einem Mädchen vorhält, dass ihr der Geliebte untreu geworden und sich von ihr abwendet, so entgegnet sie:

Ima trave u okolo Save »Es gibt Kräuter um die Save,
I korenja okolo jasenja. und Wurzeln um Eschenbäume herum«;

sie meint damit nämlich, dass sie am Saveufer Kräuter sammeln und Wurzeln unter Eschenbäumen graben wird, um daraus Liebetränklein für den Ungetreuen zu brauen.

23 Da der Nussbaum und seine Früchte Perun geheiligt waren (vrgl. J. Erben: Prostonárodní české pisně a řikadla, Prag 1864, S. 39, und Hanuš im Bajeslovný kalendář slov. Prag 1860, S. 21), so läge der Gedanke nahe, dass vielleicht bei dem syrmischen Dorfe Molovina, dort wo der alte Nussbaum steht, eine uralte Kultusstätte des Perun oder einer ihm verwandten Wesenheit zu suchen sein dürfte. In dem noch sehr stark durch heidnische Erinnerungen versetzten Volkglauben der Südslaven ist der »gromovnik Ilija« an die Stelle Peruns gerückt. Zu erwähnen ist der Glaube des slavonischen Landvolkes, dass der Blitz (grom, eigentlich Donner) nie in einen Nussbaum einschlage.

24 Der deutsche Volksaberglaube der Gegenwart. Dritte Bearbeitung v. Elard Hugo Meyer, Berlin 1900, S. 432.

25 Eine ausführliche Zusammenstellung über Mantel- und Luftfahrten von Hexen findet man in den Jahrb. f. roman. Literatur III, S. 147.

26 Dies ist eine der weitaus bekanntesten Hexensagen. Andere Fassungen, die sich gar nicht wesentlich von den angeführten unterscheiden, liegen auch gedruckt vor. Z. B. bei Stojanović in den »Narodne pripoviedke«, S. 196–198: »Vještica podkovana«, aufgezeichnet im J. 1836, in Velika Kopanica in der ehemaligen slavonischen Militärgrenze. Dieselbe Sage einigemal im Arkiv; vrgl. auch Valjavec, »Narodne pripoviedke«, S. 244–45.

27 Der Wirbelwind als Teufel personifiziert. Vrgl. Krauss, Sag. u. M. der S. 104. »Die Mutter: »Ihr verruchten Rangen, dass Ihr nimmer Ruh’ gebt! Alle zwölf seid verflucht: zwölf Teufel sollen euch holen. Ich überliefere euch ihnen!« — Auf einmal entstand ein Gebrause, ein Wirbelwind drang in die Stube und im Nu waren die Söhne entschwunden.« S. 141: »Als sich der Zug auf dem Weg zur Kirche befand, brauste plötzlich ein Wirbelwind daher und im Wirbel kam eine Schlange (zmaj, aždaja, der Drache) geflogen, ergriff die Braut und führte sie mit sich fort« und so öfters. Vilensko kolo, Vilenreigen, dann Hexentanz, nennt der Dalmater die Windhose. Ital. scione. Vrgl. den Schluss dieser Abhandlung.

28 Im Gouvernement Archangel gilt der Wirbelwind als der Tanz des Lēši mit seiner Braut. Die Lešje rauben Kinder, nehmen sie in ihre unterirdischen Höhlen mit und entlassen sie ganz verwildert erst nach Jahrfrist. Vrgl. Afanasiev, »Poetičeskia vozrēnia Slavjan na prirodu«. Moskau. S. 303–313.

29 Es ist ein häufig wiederkehrender Zug der Sage, dass ein Sterblicher die Geister bei ihren Zusammenkünften belauscht und durch das, was er hört, Heilung für eine Krankheit findet. Vrgl. Krauss, Südslav. Sagen u. M. I. S. 432 ff. In dem Märchen »Pravda i krivda« (Recht und Unrecht) bei Vuk Karadžić, Srpske nar. prip. 1870, St. 16, S. 86 f. erkennt man das obige Stück als Variante. Bei Vuk sind es Vilen, deren Gespräch einer belauscht. Der Genosse des Glücklichen wird als ein verworfener Mensch dargestellt. Mit Recht zerreissen ihn die Vilen, weil er die Ungerechtigkeit über alles setzte.

30 Vrgl. nach Vuk im Wörterbuch unter »vještica« S. 212, in »Život i običaji naroda srpskoga«, Wien 1867. In der Vukschen Fassung verwandelt sich der Nachbar, der die Hexe belauscht, nachdem er sich mit dem Fette eingerieben, in irgend ein Wesen, und gelangt dann auf den Nussbaum in der Nähe des Dorfes Malovina. Als er die Pracht des Hexenmahles sah, konnte er sich nicht enthalten, in den Fluch auszubrechen: »anate vas mate bilo!« »Anate vas mate« ist das griechische Wort ἀνάθημα, der Fluch, der Bann, das durch die Kirche in die Volksprache eingedrungen ist und sich eingebürgert hat. Deutsch würde der Fluch lauten: »Dass euch doch der Fluch treffen möge!«

31 Mannhardt, Baumkultus, S. 13, sagt bei Erörterung der Baum-, Menschenleib- und Krankheitdämonen: »Man warf dieses Gewürm mit den bösen Geistern in Wurmgestalt zusammen, welche nach einer uralten, schon bei den Indern im Atharvaveda und in den Grihyasutras ganz ähnlich wie unter den Germanen entwickelten Vorstellung sich als Schmetterlinge, Raupen, Ringelwürmer, Kröten usw. in den menschlichen oder tierischen Körper einschleichen und darin als Parasiten verweilend die verschiedensten Krankheiten (z. B. Schwindsucht, Kopfweh, Magenkrampf, Zahnweh, besonders nagende und bohrende Schmerzen usw.) hervorbringen sollten.« Hexe ist übrigens eine auch in Deutschland noch allgemein übliche Bezeichnung für die ganz kleinen Schmetterlinge Tineadae, Schaben, unter deren verschiedenen Arten die Pelzmotte oder Haarschabe, Tinea pellionella L. und die Kleidermotte T. sarcitella L. wegen ihres Zerstörungwerkes als Raupen die berüchtigtesten sind. In deutschen Hexenprozessen heissen die Elbe (Hexen) bald die kriechenden Raupen, bald die Puppen, bald die entfliegenden Insekten. Vrgl. Grimm, D. M. S. 431. Über Hexen als Schmetterlinge, Raupen und Würmer, vrgl. Simrock, Handb. d. D. M. III. Aufl., S. 456 und Wuttke a. a. O. S. 29, 763, 60, 217, 281, 402.

32 Den Zusammenhang des Hexenglaubens mit der Pathologie der Volkmedizin wies einleuchtend Dr. M. Höfler nach, Archiv f. Religionwissenschaft, hrsg. v. Prof. Dr. Th. Achelis, II. (1899) S. 143 f. u. 162 ff.

33 In Altbayern am Starnberger See betrachtet das Volk die Kröte als Sinnbild reichlicher Fruchtbarkeit und Ergiebigkeit. Handtmann meint (»Neue Sagen aus der Mark Brandenburg«, Berlin 1883, S. 247), der Haselstock mit dem Krötenzeichen in der Rinde, mit dessen Hilfe man nach dreimaligem Zustossen in die Milch eitel Butter gewinnen kann, wie das Volk glaubt, sei aus Altbayern und der Priegnitz importiert. Diese Vermutung lässt sich nicht verteidigen, da es sich ja um einen allgemein, sowohl unter Slaven als Germanen heimischen Volkglauben handelt.

34 Vrgl. Dr. Alexander Mitrović, Mein Besuch bei einer Zauberfrau in Norddalmatien, Anthropophyteia IV. Leipz. 1907. S. 231 und Milićević, Glasnik srpskog učenog društva XXII. S. 156.

35 G. Medaković, Život i običaji Crnogoraca, 1860. S. 182.

36 V. Vrčević, im Zbornik sadašnjih pravnih običaja u Jugoslovena, v. V. Bogišić, 1874. S. 561. — Vuk Karadžić, Običaji naroda srpskoga S. 211.

37 Wie alt dieser Glaube ist, lehrt der ausführliche Bericht von Apuleius im Goldenen Esel (Rodesche Übersetzung, V. Aufl. Eingeleitet v. M. G. Conrad, Berlin 1906. H. Barsdorf. S. 18 ff.). Wenn er wieder erstünde nach siebenzehn Jahrhunderten, würde er erstaunen, der liebe gute Freund Apuleius, dass sich auf der Balkanhalbinsel im Volkglauben so gut wie gar nichts wesentlich geändert hat.

38 Man nennt diesen nächtlichen Besuch fraj (aus dem Deutschen: »frei«). Zwei, drei oder auch mehr Burschen begeben sich nach der zehnten Nachtstunde vor die Türe eines Mädchens und bitten um Einlass. Gewöhnlich macht das Mädchen in der Küche ein Feuer an und dann setzen sich alle um den Herd herum und plaudern oft bis zum Morgengrauen. Allein geht ein Bursche auf die »fraj« nur, wenn er in Kürze das Mädchen heimführen wird. Ausführlich behandle ich diesen Brauch in: »Sitte und Brauch der Südslaven«, Wien 1885. Man vergleiche dazu meine Bemerkungen über die Probeehen im Zusatz zu Dr. Alexander Mitrovićs Studie über Zeitehen in Norddalmatien, Anthropophyteia IV, Leipzig 1907. S. 44 f.

39 »Rautenstrauch« kommt als Eigenname eines Waldgeistes vor. Vrgl. Grimm, D. M. S. 1016.

40 Man vrgl. dazu die Bannformeln, die Krauss und Mitrović in ihrer Umfrage über Erotik und Skatologie im Zauberspruch und Zauberbann, Anthropophyteia IV. (1907) mitteilen.

41 Circaea lutetiana L., C. vulgaris. Moench, zur Familie der Onugrarien gehörig. Auch Baldrian ist Hexenkraut.

42 Arkiv za povjestnicu jugoslovensku B. I. S. 219.

43 Narodne pripovietke i pjesme iz hrvatskoga primorja. Pobiliježio ih Fran Mikulčić. U Kraljevici 1876. S. 130.

44 Vrgl. Krauss, Südslav. Sagen und Märchen. S. 382–384. Hahn, Griech. u. alb. Märchen. II. S. 25 ff. Die Strigla u. St. 66 Lemonitza.

45 V. Vrčević im Zbornik von Bogišić, S. 561. — L. und V. Vukalović und M. Sredanović ebendaselbst, S. 640. — G. Medaković in Život i običaji Crnogoraca S. 182. — V. Karadžić im Wörterbuch unter vještica.

46 So verfuhr man zur Zeit Kara Georgs auch in Serbien mit den Hexen, wie Vuk bezeugt. — Über dieselbe Art der Hexenprobe bei den Deutschen vrgl. Simrock, Hdb. d. D. M. S. 453.

47 Vrčević hat diese Geschichte im »Niz srpskih pripovjedaka« zu einer halb dramatischen Novellette ausgesponnen (S. 90–98). »Trebinjski sud i hrišćanske vještice«. (»Das Gericht von Trebinje und die christlichen Hexen«), und fügt diesem Titel die Bemerkung an: »Nach einer wahren Begebenheit aus dem Jahre 1876«. Vrčević dürfte sich verschrieben haben.

48 Andere meinen, dass man an dem Schemel bis zur Christnacht arbeiten müsse.

49 Während der Mitternachtmette in der Christnacht knallen die Bauern mit Peitschen vor den Häusern, um die Hexen dadurch zu verscheuchen.

50 Man vrgl. die deutsche Übersetzung J. W. Schmidts: Der Hexenhammer. Von Jakob Sprenger u. Heinrich Institoris, 3 Teile. Berlin 1906. H. Barsdorf. Das ist eine Art von Kodifizierung wahnwitziger Ruchlosigkeit.

51 Das Brot, das man in den Mund nimmt, ist wohl nichts anderes als ein Opfer, das man der Hexe darbringt, die im Dünger haust, um sie zu versöhnen wegen der Verunreinigung ihres Aufenthaltortes; Brot opfert auch der russische Bauer auf dem Dünger den Lješje. Im Dünger, den man später aufs Feld führt, wohnen die Geister der Fruchtbarkeit und des Feldsegens. Diese ursprüngliche Anschauung ist mit der Zeit erloschen und die Düngerstätte wurde zum Tummelplatz der Hexen gemacht. Vrgl. die skatologischen Erzählungen Anthropophyteia IV (1907).

52 Pogled u Bosnu ili kratak put u onu krajinu učinjen 1839–40 po jednom domorodcu. U Zagrebu 1842, S. 44 f. Anmerkung.

53 Im alten Rom wurden am 1. Juni Weissdornruten und Wegedorn über Tür und Fenster angebracht, um alles Unheil (noxas) davon zu verscheuchen und vor allem die gespenstischen, eulengestaltigen Strigen, Geister der Krankheit und Auszehrung, die den Wiegenkindern die Eingeweide ausfressen, fernzuhalten. Vrgl. Ouid. Fast. VI. 129 ff.

54 Die Deduktion, wieso gerade Krötenfett und Stutenbutter als Zaubersalben bezeichnet werden, ist einfach. Sie ergibt sich von selbst, wenn man sich die altheidnischen Vorstellungen über die Kröte und das Pferd als Opfertiere ins Gedächtnis ruft.

55 Man vrgl. den ähnlichen Glauben bei Panzer (in den Beiträgen II. S. 302), wo von einem Sägeschmied in der Oberpfalz erzählt wird, dass er jedesmal, wenn er fieberte, einen Geisterbanner kommen liess, der die Türschwelle aushob, den Geist bannte und ihn in einen Weidenbaum einkeilte. In dem Keile steckt nach dem Volkglauben die Seele des Dämons. Am ersten Maitag, zu Pfingsten oder am Abend des 23. Juni findet in deutschen, westslavischen, französischen und anderen keltischen und romanischen Landschaften folgender Brauch statt: Man zieht in grosser Schar in den Wald, bringt grüne Büsche und junge Bäume, vorzugweise Birken oder Tannen mit heim, welche vor der Tür oder auf dem First des Hauses, auf die Düngerstätte oder vor dem Viehstall aufgepflanzt werden, und zwar hier gerne für jedes Stück Vieh (Pferde und Kühe) ein besonderes Bäumchen. Die Kühe sollen dadurch milchreich, die Hexen vertrieben werden. Vrgl. die reichen Nachweise bei Mannhardt a. a. O. S. 160 ff. Bei den Čechen lässt die Hausfrau am Palmsonntag Birken und Pimpernusszweige weihen, um damit am Kuhfeste die Kühe rückwärts aus dem Stalle zu treiben. (Reinsberg-Düringsfeld, Festkalender aus Böhmen S. 110.) Im Böhmerwalde schlägt man am 1. Mai das Vieh mit Birkengerten. Ein Schlag mit dieser Rute schützt ein Haustier das ganze Jahr vor tötlicher Verwundung. (E. Rank, Aus dem Böhmerwalde S. 127.) Auch bei den Ruthenen findet das Kälberquicken mit Birkenruten und Haferhalmen statt. In der Normandie schlägt man die Kühe, um sie milchreich zu machen, dreimal mit einer Haselrute auf die Seite. (De Nore, Coutumes, mythes et traditions p. 270.) Eine Hexe bekannte in Hessen 1596: »Wenn sie auf Wallburgtag eines Nachbarn Kue mit einem Rüdtlin in Teufels Namen geschlagen habe, sie das ganze Jahr über obige Kue melken könne. Solches Rüdtlin habe sie in ihrem Stalle stehen gehabt.« Weitere Nachweise ähnlicher Bräuche bei Mannhardt a. a. O. S. 272 ff. In der Altmark ziehen am Fastnachtabend die Knechte mit Musik von Hof zu Hof und stäupen mit Birkenreisern, fein nach der Ordnung zuerst die Hausfrau, dann die Töchter, zuletzt die Mägde. (Kuhn, Märkische Sagen, S. 307.) Die Birkenreiser sind die Lebensruten, mit denen man zu verschiedenen Zeiten Leute schlägt, damit es ihnen wohl ergehe. Wenn man die Hexen gleichfalls mit Birkenreisern schlägt, so will man dagegen den bösen Zauber aus ihnen herausschlagen. Vrgl. Mannhardt a. a. O. S. 251 ff. Wir erinnern in Bezug auf den erwähnten Brauch der Lebensrute an die südslavischen »mladijenci« (Verjüngungtag), die auf den 4. Tag nach dem Weihnachtabend fallen. Die Mutter schlägt ihre Kinder mit grünen Reisern und spricht dabei: »Lass das Böse und nimm das Gute! Lass Krankheit und Leid und ergreife die Gesundheit!« Vrgl. die ausführliche Schilderung bei Vrčević in »Tri glavne narodne svečanosti« Pančevo 1883. S. 19. Sehr wertvoll ist Friedrich Kunzes Monographie: Der Birkenbesen. Ein Symbol des Donars. Eine mythologische Untersuchung. Intern. Archiv f. Ethnogr. XIII. Leiden 1900. S. 88–97 u. 125–162.

56 Der Glaube an die Zaubermacht der Mistel ist allen europäischen Völkern eigentümlich. Vrgl. Afanasijev, poetičeska vozrenia etc. II. 432–434. Simrock, Die Edda. S. 280–281. Kuhn, Herabk. des Feuers, 231 ff. — Im Altslav. heisst die Mistel омелникъ, in russ. und südslav. Dialekten omela (omelica, omelnica, imela, melnica, mela), čech. jmelí, poln. jemiola, lit. amalis, let. amuls. Wenn eine Mistel auf einer Haselstaude wächst, so haust in der Erde unter dieser Staude eine Schlange mit einer Demantenkrone, oder sie ist die Bewahrerin wer weiss was für unermesslicher Schätze.

57 Der geheiligte Faden, der einen Wohnbezirk abgrenzt, schützt nach Analogie der Furche, die man in Pestzeiten um das ganze Dorf zieht, vor dem bösen Einfluss der Hexen. Ein weiteres Analogon erblicke ich in einem andern Glauben des südslavischen Bauern. Wenn er sich den Fuss verstaucht hat, oder er ihm geschwollen ist, so bindet er einen geweihten Faden unter Hersagung des Vaterunsers um den leidenden Fuss. Der Faden, der aus Flachs gesponnen sein muss, soll nach der uralten Auffassung den Krankheitdämon aus dem Fusse vertreiben. Verwandte Züge liessen sich in Menge noch anführen. Eine überaus reiche Zusammenstellung von Nachweisen über derartige Hegungen liefert F. Liebrecht, »Zur Volkkunde«, S. 305–310: »Der hegende Faden«.

58 Man vrgl. dazu R. Andrees Umfrage: Hexenleiter, Am Ur-Quell, 1891, S. 92–93, 141–142, 157, und die serbischen Überlieferungen aus der Lika von Thomas Dragičević, S. 105 f.

59 Die Verwandlung von Kohle in Gold ist ein in Märchen häufig wiederkehrender Zug. In einer Ortsage aus Warasdin wird ein Hirte von einem in einer alten Ruine hausenden Geist, sowie das Weib in unserer Sage beschenkt. Eine kleinrussische Erzählung berichtet, dass ein Menschenweib einmal einen neugebornen Lēši fand, mitleidig aufhob und in ein warmes Tuch einwickelte. Bald darauf kam die Lisunka, die Mutter des Kleinen, und beschenkte das Weib mit einem Topfe glühender Kohlen, die sich hinterher in Gold verwandelten. Dieselbe Geschichte von einem Holzweibchen in Thüringen bei Börner, Sagen des Orlagaus, S. 231. Ein indisches Seitenstück aus Dardistan im »Globus« XXIV. Nr. 21 von Leitner.

60 Vrgl. in Bezug auf die weitere Ausführung dieses bekannten märchenhaften Zuges: Krauss, Südslavische Sagen und Märchen. S. 235 u. ff.

61 Wie der Südslave die Frauenschönheit preist, siehe bei Krauss, Streifzüge im Reiche der Frauenschönheit. IV. Aufl. Leipz. 1906. S. 7 ff.

62 Über die weit unter den Völkern verbreitete Scapulimantia vrgl. Richard Andree, Anthropological Papers written in honor of Franz Boas. New York 1906. S. 143–165.

63 Vrgl. Ivan Tkalčić (= Johann Weber), Parnice proti vješticam u Hrvatskoj (Prozesse gegen Hexen in Chrowotien), Agram 1891 und M. R. Vesnić, O sugjenju vešticama, Belgrad 1891.

64 Man vergleiche dazu den wertvollen Aufsatz Dr. Albert Hellwigs, Ein moderner Hexenprozess. Archiv f. Kriminalanthropologie und Kriminalistik. 1905. S. 279–285.

65 Zauberwahn, Inquisition und Hexenprozesse im Mittelalter und die Entstehung der grossen Hexenverfolgungen. München 1900.

66 Die krankhaften Geschlechtempfindungen auf dissoziativer Grundlage. Deutsch von Dr. Ernst Jentsch. Würzburg 1907. — Geschlechttrieb und Schamgefühl. Deutsch von J. E. Kötscher. Würzburg 1907.

67 Beiträge zur Ätiologie der Psychopathia sexualis. Dresden 1902. II. S. 100 ff. und Das Sexualleben unserer Zeit in seinen Beziehungen zur modernen Kultur. Berlin 1908. S. 128 ff.

68 Ανθρωποφυτεία. Jahrbücher für folkloristische Erhebungen und Forschungen zur Entwicklunggeschichte der geschlechtlichen Moral. Leipzig 1904–1907. 4 Bände. Diese Jahrbücher erscheinen unter strengstem Ausschluss der Öffentlichkeit nur für Gelehrte, die sich wissenschaftlich mit der Erforschung des Geschlechtlebens befassen.

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