Erläuterungen.

Dieses Lied sang mir am 26. April 1885 der serbisierte tatarische Zigeuner Alija Cigo in Pazarići in Bosnien vor.

Zu V. 1. Die Volküberlieferung knüpft auch hier, wie sonst öfter, an den ruhmreichen Namen Suleimân II. an (1520–1566), unter dessen Regierung die türkische Machtentwicklung ihren Höhepunkt erreicht hatte. Sultan Ibrahîms Vorgänger auf dem Throne war Murad IV. und Nachfolger Mohammed IV.

V. 23. Lalen und Ridžalen.Lala türk. Diener. Als Lehnwort auch bei den Bulgaren, Polen und Russen. Im serbischen nur für »Kaiserlicher Diener,« so z. B. (der Sultan spricht):

lalo moja, muhur sahibija, O du mein Diener, du mein Siegelwahrer,
što mi zemlje i gradove čuvaš! der du mir Städte und die Länder hütest!

oder:

Divan čini care u Stambolu Divân beruft der Kaiser ein in Stambol
za tri petka i tri ponediljka; dreimal je Freitags und dreimal je Montags;
svu gospodu sebi pokupio, berief zu sich die Herren allzumal,
okupio paše i vezire: berief die Paschen und Vezieren ein:
— Lale moje, paše i veziri! — O meine Lalen, Paschen und Veziere!

Ridžal arab. türk. Reisiger, übertragen: hoher Würdenträger zum redžal; albanesisch: ridžal, Advokat, griech. rhitzali. Vergl. S. 249 zu V. 211.

V. 25 u. 33. Neun erwählte Frauen. — »Von den Frauen des Sultans Ibrahîm führten sieben den Titel Chasseki, d. i. der innigsten Günstlinginnen, bis zuletzt die achte, die berühmte Telli, d. i. die Drahtige, ihm gar als Gemahlin vor allen angetraut ward. Eine andere hiess Ssadschbaghli, d. i. die mit den aufgebundenen Haaren. Jede dieser sieben innigsten Günstlinginnen hatte ihren Hofstaat, ihre Kiaja, die Einkünfte eines Sandschaks als Pantoffelgeld, jede hatte einen vergoldeten mit Edelsteinen besetzten Wagen, Nachen und Reitzeug. Ausser den Sultaninnen Günstlinginnen hatte er Sklavinnen Günstlinginnen, derer zwei berühmteste die Schekerpara, d. i. Zuckerstück und Schekerbuli, d. i. Zuckerbulle hiess; jene ward verheiratet, diese aber stand zu hoch in der Gunst, um je verheiratet zu werden. Die Sultaninnen Günstlinginnen erhielten Statthalterschaften zu ihrem Pantoffelgeld, die Schützlinginnen Sklavinnen hatten sich die höchsten Staatämter vorbehalten.« J. von Hammer-Purgstall, Geschichte des Osmanischen Reiches, Pressburg, 1835, V, S. 255 f.

Zu V. 37. Kafirhänden. Im Text: u kaurina, türk. gjaur, gjavir, aus dem arab. ci Kafir, pers. gebr, der Ungläubige.

V. 38–39. Die Nennung dieser drei Städtenamen, sowie späterhin Temešvars, hier eine dichterische Freiheit. Die Eroberung von Erlau (Egra) und Kanísza bilden Glanzpunkte der Regierung Mohammed III. (verstorben 22. Dezember 1603). Über Erlau vergl. Franz Salamon, Ungarn im Zeitalter der Türkenherrschaft (deutsch v. Gustav Turány), Leipzig, 1887, S. 125 f. u. besonders S. 138 ff. — Die Einnahme Ofens erfolgte im J. 1541. Soliman, der 1526 Ofen nicht besetzen wollte, nimmt es 1541 endgültig in seine Hand. Im J. 1543 setzte er seine Eroberungen fort. Der Sultan nahm zuerst die Burgen Valpó, Siklós und Fünfkirchen, darauf Stuhlweissenburg und Gran. Bis 1547 gehörte den Türken Peterwardein, Požega, Valpó, Essegg, Fünfkirchen, Siklós, Szegszárd, Ofen, Pest, Stuhlweissenburg, Simontornya, Višegrad, Gran, Waitzen, Neograd und Hatvan; jenseits der Teiss nur das einzige Szegedin, das sich im Winter 1542 freiwillig ergeben und als türkischer Besitz isoliert dastand. — Semendria (Szendrö) versuchten die Türken im J. 1437 einzunehmen, um sich den wichtigen an der Donau gelegenen Schlüssel des Morava-Tales zu sichern, aber das ungarische Heer unter Pongraz Szentmiklósi errang einen glänzenden Sieg über sie. Als sich 1459 die Festung Semendria an Mohammed II. ergab, gelangten zugleich zahlreichere kleinere Festungen in seine Gewalt. Serbien wurde zum Sandžak, und der Türke siedelte an Stelle der massenhaft in die Sklaverei geschleppten Einwohner, Osmanen in die Städte und führte daselbst seine Verwaltung ein. 1466 als König Mathias beschäftigt war in Oberungarn einige Aufrührer zur Ruhe zu bringen, lässt ein türkischer Pascha seine Truppen in Serbien einrücken und nimmt durch Überrumpelung die Festung Semendria. Vergl. Dr. Wilhelm Fraknói, Mathias Corvinus, König von Ungarn, Freib. i. Br., 1891, S. 70 ff.

Zu V. 59. »Verschliess dich in den festen Käfig.« — »Als nach Murads Verscheiden der Hofbedienten Schar mit Freudengeschrei an die Türe des Käfigs, d. i. des Prinzengemaches drang, um den neuen Herrn glückwünschend auf den Thron zu ziehen, verrammelte Ibrahîm die Tür, aus Furcht, dass dies nur List des noch atmenden Tyrannen Murad sei, um ihn, den einzigen überlebenden Bruder so sicher ins Grab voraus zu schicken. Mit ehrfurchtvoller Gewalt wurde die Tür erbrochen, und noch immer weigerte sich Ibrahîm der Freudenkunde Glauben beizumessen, bis die Sultanin-Mutter Kösem (eine Griechin) selber ihn von des Sultans Tod versicherte und ihre Versicherung durch den vor die Tür des Käfigs gebrachten Leichnam bestätigte. Da begab sich erst Ibrahîm aus dem Käfig in den Thronsaal, empfing die Huldigung der Veziere, Reichsäulen, Ulema und Aga, trug dann mit den Vezieren des Bruders Leiche selbst bis ans Tor des Serai und ward hierauf nach altem Herkommen osmanischer Thronbesitznahme zu Ejub feierlich umgürtet.« Bei J. v. Hammer, a. a. O., V, S. 215 f., unter Berufung auf Rycauts Continuation of Knolles II, p. 50. Die neu eröffnete otomanische Pforte t. 458.

Zu V. 75 ff. Am neunten Tage nach der Thronbesteigung fand die Umgürtung des Säbels in der Moschee Ejub in den durch das Gesetzbuch des Zeremoniels vorgeschriebenen Formen des Aufzuges und der Feierlichkeiten statt. Mit Sonnenaufgang versammelten sich alle Klassen der Staatbeamten im ersten Hofe des Serai. Die ausführliche Schilderung siehe bei Hammer, a. a. O., IV2, S. 499–550.

Zu V. 76. »Goldne Mütze.« — Im Texte tadža. Sultan Bajezid I. (gestorb. 1403) trug als Turban weder die Goldhaube (uskuf) der ersten sechs Sultane, noch den vom siebenten angenommenen runden Kopfbund der Ulema (urf) sondern nahm den hohen, zylinderförmigen, mit Musselin umwundenen an, der sofort unter dem Namen Mudževese (tadža) der Hof- und Staatturban geblieben.

Zu V. 80 f. Die ersten Säulen des Reiches und Stützen des Divans sind die Veziere, d. h. die Lastträger. Es gab ihrer unter Ibrahîm schon vier. Die Vierzahl gibt als eine dem Morgenländer beliebte und heilige Grundzahl den Teilunggrund der ersten Staatämter ab. Vier Säulen stützen das Zelt, vier Engel sind nach dem Koran die Träger des Thrones, vier Winde regieren die Regionen der Luft nach den vier Kardinalpunkten des Himmels usw. Aus diesem Grunde setzte Sultan Mohammed der Eroberer, vier Säulen oder Stützen des Reiches (erkiani devlet) fest in den Vezieren, in den Kadiaskeren, in den Defterdaren und in den Nišandži, die zugleich die vier Säulen des Divans, d. h. des Staatrates sind. Anfangs war nur ein Vezier, dann zwei, dann drei unter den ersten Sultanen; der Eroberer erhob ihre Zahl auf vier, deren erster und allen übrigen an Macht und Rang bei weitem vorhergehende, der Grossvezier wurde, der unumschränkte Bevollmächtigte, das sichtbare Ebenbild des Sultans, sein vollgewaltiger Stellvertreter, der oberste Vorsteher aller Zweige der Staatverwaltung, der Mittelpunkt und der Hebel der ganzen Regierung.

Zu V. 81. »Siegelhüter« (muhur sahibija). — Der Kanun des Siegels (nach Sultan Mohammed II.) überträgt dem Grossvezier darüber die Obhut, als das Symbol der höchsten Vollmacht; in der Überreichung des Siegels liegt auch die Verleihung der höchsten Würde des Reiches. Der Grossvezir darf sich (abgesehen von der Versiegelung der Schatzkammer, die, beiläufig bemerkt, nur in Gegenwart der Defterdare geöffnet werden kann) dieses Siegels nur zur Besieglung der Vorträge bedienen, und da alle Vorträge durch die Hand des Grossveziers gehen müssen, und niemand als er das Recht hat, an den Sultan schriftlich zu berichten, so sieht der letztere kein anderes Siegel als sein eigenes oder etwas das der fremden Monarchen, wenn deren Gesandte ihre Beglaubigungschreiben in feierlicher Audienz überreichen.

Zu V. 82. »Pascha Seidi.« — Über Achmed Sidi, Köprülüs Schwager, die Geissel Siebenbürgens, Pascha von Neuhäusel, vergl. Hammer, a. a. O., VI, S. 272. Ein Seid wird in den Epen moslimischer Guslaren häufig auch als Heiliger genannt und gerühmt. In einem Guslarenliede heisst es:

efendija muhur sahibija [Erschienen war] Efendi Siegelhüter
sa svojijem pašom Seidijom, zugleich mit ihm sein Pascha Seïdi,
što je paša na četeres paša. der Obrist Pascha über vierzig Paschen.

Zu V. 93 ff. Im J. 1656 war Mohammed mit dem wunden Halse Grossvezier.

»Am 10. September 1656 fand ein Divan statt. Der Sultan sagte zum Grossvezier: ‘Ich will selbst in den Krieg ziehen, du musst durchaus für die nötige Rüstung sorgen!’ Der hilflose Greis faltete die Hände, als ob er die ganze Versammlung um Hilfe anflehte und sagte: ‘Glorreichster, gnädigster Padischah, Gott gebe euch langes Leben und lange Regierung! bei der herrschenden Verwirrung und dem Mangel an Kriegzucht ist es schwer, Krieg zu führen; zur Möglichkeit der nötigen Rüstungen ist von Seite des Reichschatzes eine Hilfe von zwanzigtausend Beuteln notwendig!’ Der Sultan schwieg zornig und hob die Versammlung auf.« Hammer, V, 461.

»Schon bei der ersten Unzufriedenheit nach der Einnahme von Tenedos und Lemnos hatten sich der Chasnedar der Valide, Solak Mohammed, der Lehrer des Serai, Mohammed Efendi, der vorige Reis Efendi Schamisade und der Baumeister Kasim, welcher schon ein paarmal den alten Köprülü zum Grossvezier in Vorschlag gebracht, insgeheim verbündet, diesem das Reichsiegel zu verschaffen. Der Grossvezier hatte ihn auf seiner Reise von Syrien nach Konstantinopel zu Eskischehr wohl empfangen und nach Konstantinopel mitgenommen, wo er sich dermalen ruhig verhielt; sobald er aber durch den Silihdar des Sultans Wind von dem Vorschlage erhalten, ernannte er Köprülü zum Pascha von Tripolis, und befahl ihm sogleich aufzubrechen. Der Kiaja, ins Vertrauen der Freunde Köprülüs gezogen, suchte vergebens den Reisebefehl zu verzögern. Da die Sache noch nicht reif zum Schlag war, brachten die Freunde Köprülüs durch die Valide sehr geschickt die Ernennung des Silihdars zum Statthalter von Damaskus und die Einberufung des dortigen Veziers Chasseki Mohammed zuwegen, wodurch das allgemeine Gerede entstand, dass dieser zum Grossvezier bestimmt sei und die Aufmerksamkeit des Grossveziers von Köprülü abgelenkt ward. Der Silihdar, der Patron des Grossveziers beim Sultan war entfernt, aber noch stand den Freunden Köprülüs ein anderer mächtiger Feind, der Janičarenaga im Wege. Sobald dieser abgesetzt und an seine Stelle der Stallmeister Sohrab, ein Freund der Freunde Köprülüs ernannt war, erklärte sich dieser gegen ihn, dass er einige Punkte der Valide vorzutragen, nach deren Zusage er die Last der Regierung auf seine Schultern zu nehmen bereit sei. Noch am selben Nachmittage wurde Köprülü heimlich vom Kislaraga zur Valide eingeführt, und antwortete auf ihre Frage, ob er sich den ihm bestimmten Dienst als Grossvezier zu versehen nicht fürchte, mit dem Begehren folgender vier Punkte: erstens, dass jeder seiner Vorschläge genehmigt werde; zweitens, dass er in der Verleihung der Ämter freie Hand und auf die Fürbitte von niemand zu achten habe: die Schwächen entständen aus Fürsprachen; drittens, dass kein Vezier und kein Grosser, kein Vertrauter, sei es durch Einfluss von Geldmacht oder geschenktem Vertrauen, seinem Ansehen eingreife; viertens, dass keine Verschwärzung seiner Person angehört werde; würden diese vier Punkte zugesagt, werde er mit Gottes Hilfe und dem Segen der Valide die Vezirschaft übernehmen. Die Valide war zufrieden und beschwur ihre Zusage dreimal mit: ‘Bei Gott dem Allerhöchsten!’ Am folgenden Tage (15. September 1656), zwei Stunden vor dem Freitaggebete, wurden der Grossvezier und Köprülü ins Serai geladen. Dem Grossvezier wurde nach einigen Vorwürfen über den Mangel seiner Verwaltung das Siegel abgenommen und er dem Bostandžibaschi zur Haft überlassen, dann Köprülü in den Thronsaal berufen. Der Sultan wiederholte die vier versprochenen Punkte, einen nach dem andern und sagte: ‘Unter diesen Bedingnissen mache ich dich zu meinem unumschränkten Vezier; ich werde sehen, wie du dienst; meine besten Wünsche sind mit dir!’ Köprülü küsste die Erde und dankte; grosse Tränen rollten den Silberbart herunter; der Hofastronom hatte als den glücklichsten Zeitpunkt der Verleihung das Mittaggebet vom Freitage bestimmt, eben ertönte von den Minareten der Ausruf: ‘Gott ist gross!’ Hammer, a. a. O., V, S. 462, 2. Aufl.

Zu V. 170. Dem abgesetzten Grossvezier Mohammed mit dem wunden Halse, dem neunzigjährigen Greise, wurde nach Einziehung seiner Güter, das nach dem Ausspruche des Sultans verwirkte Leben auf Köprülüs Fürbitte geschenkt und ihm zur Fristung des schwachen Restes seines Lebens die Statthalterschaft von Kanisza verliehen. Hammer, V, S. 467.

Zu V. 360 ff. Ganz erfunden ist diese Episode nicht. Hammer berichtet Bd. V, S. 467 ff.:

»Acht Tage, nachdem Köprülü das Reichsiegel erhalten, Freitag den 22. September 1656, versammelten sich in der Moschee S. Mohammeds die fanatischen Anhänger Kasisades, die strengen Orthodoxen, welche unter dem alten Köprülü, den sie für einen ohnmächtigen Greis hielten, ihrer Verfolgungwut wider die Soffi und Derwische, Walzer- und Flötenspieler, um so freieren Lauf zu geben hofften. Sie beratschlagten in der Moschee und fassten den Entschluss, alle Klöster der Derwische mit fliegenden Haaren und kronenförmigen Kopfbinden von Grund aus zu zerstören, sie zur Erneuerung des Glaubenbekenntnisses zu zwingen, die sich dess weigerten zu töten usw. In der Nacht war die ganze Stadt in Bewegung; die Studenten der verschiedenen Kollegien, welchen orthodoxe Rektoren und Professoren vorstanden, bewaffneten sich mit Prügeln und Messern und fingen schon an die Gegner zu bedrohen. Sobald der Grossvezier hiervon Kunde erhalten, sandte er an die Prediger Scheiche, welche die Anstifter der Unruhen zur Ruhe bewegen sollten; da aber dies nicht fruchtete, erstattete er Vortrag an den Sultan über die Notwendigkeit ihrer Vernichtung. Die sogleich dem Vortrag gemässe allerhöchste Entschliessung des Todurteils wurde von Köprülü in Verbannung gemildert.«

Zu V. 371. »Der alte Achmedaga.« — In der türkischen Geschichte heisst er Achmedpascha Heberpascha, d. h. der in tausend Stücke Zerrissene (Hammer, III, S. 930). Nach Hammer, Bd. III, S. 930, fiel tatsächlich ein Grossvezier des Namens Achmedpascha durch Henkerhand am Vorabende der Thronstürzung Sultan Ibrahîms. Es war am Abend des 7. August 1648. Kaum hatte der abgesetzte Grossvezier Achmedpascha einzuschlafen versucht, als er mit der Botschaft geweckt ward, er möge sich aufmachen, die aufrührerischen Truppen verlangten ihn und er, der Grossvezier möge als Mittler versöhnend dazwischen treten. Als er die Stiege hinuntergekommen, griff ihm jemand unter die Arme. Er sah sich um, wer es sei und sah vor sich Kara Ali, den Henker, den er so oft gebraucht. »Ei, ungläubiger Hurensohn!« redete er ihn an. »Ei, gnädiger Herr!« erwiderte der Henker, ihm lächelnd die Brust küssend; unter die Linke Achmedpaschas griff Hamal Ali, des Henkers Gehilfe. Sie führten ihn zum Stadttor, dort zog der Henker seine rote Haube vom Kopfe und steckte sie in seinen Gürtel, nahm Achmedpascha seinen Kopfbund ab, warf ihm den Strick um den Hals und zog ihn mit seinem Gehilfen zusammen, ohne dass der Unglückliche etwas anderes als: »Ei, du Hurensohn!« vorbringen konnte. Der ausgezogene Leichnam wurde auf ein Pferd geladen und auf des neuen Grossveziers Sofi Mohammed Befehl hin auf den Hippodrom geworfen.

Zu V. 392. »Kreuze und Marien.« — Kreuzchen und Marienmedaillen, wie Christen solche zu jener Zeit im Haare trugen. Eine anschauliche Beschreibung gibt uns eine Stelle in einem noch ungedruckten Guslarenliede meiner Sammlung. Halil, der Falke, ist entschlossen, an einem Wettrennen im christlichen Gebiete teilzunehmen, um den ausgesetzten Preis, ein Mädchen von gefeierter Schönheit, davonzutragen. Seine Schwägerin, Mustapha Hasenschartes Gemahlin, hilft ihm bei der Verkleidung zu einem christlichen Ritter, wie folgt:

ondar mu je sa glave fesić oborila Vom Haupte sie warf ihm das Fezlein herab
i rasturi mu turu ot perčina und löste den Bund des Zopfes ihm auf
i prepati češalj od fildiša und griff nach dem Kamm aus Elfenbein
te mu raščešlja turu ot perčina und kämmte den Bund des Zopfes ihm auf
a oplete sedam pletenica und flocht ihm in sieben Flechten das Haar
a uplete mu sedam medunjica und flocht ihm sieben Medaillen hinein
a uplete mu križe i maiže Und flocht ihm Kreuze hinein und Marien
a uplete mu krste četvrtake und flocht ihm hinein quadratige Kreuze
a šavku mu podiže na glavu und stülpte den Helm ihm auf das Haupt,
a pokovata grošom i tal’jerom der beschlagen mit Groschen und Talerstücken,
a potkićena zolotom bijelom. der geschmückt mit weissen Münzen war.

So wie hier Halil als Christ auftritt, so ist der als Moslim verkappte Christ eine stehende Figur des Guslarenliedes. Christ und Moslim sind in der angenommenen Rolle einander wert und würdig. — In der von der chrowotischen Akademie in Agram herausgegebenen ‘Religion der Chrowoten und Serben’ figurieren die edlen Raubmörder Gebrüder Mustapha und Alil als Minos und Rhadamanthys der Urchrowoten. Wie glücklich sind doch diese unsterblichen Akademiker des Chrowotenvölkleins zu preisen, die in Zeiten naturwissenschaftlicher Forschungen und gewaltigster technischer Fortschritte keine anderen Sorgen haben als unerhörte Götter zu erfinden und eine neue Religion zu stiften!

Zu V. 477. Ljubović, der berühmteste moslimische Held des Herzogtums, eine stehende Figur der Guslarenlieder beider Konfessionen. Mustapha Hasenscharte schreibt einmal ein Aufgebot aus. Der Brief zu Händen des Freundes Šarić:

O turčine Šarić Mahmudaga! O [Bruder] Türke Šarić Mahmudaga!
Eto tebi knjige našarane! Da kommt zu dir ein Schreiben zierlich fein!
Pokupi mi od Mostara turke, Von Mostar biet mir auf die Türkenmannen,
ne ostavi bega Ljubovića lass nicht zurück den Beg, den Ljubović,
sa široka polja Nevesinja, vom weitgestreckten Nevesinjgefilde;
jer brež njega vojevanja nejma. denn ohne seiner gibt es keinen Feldzug.

Als Jüngling meldete sich Beg Ljubović einmal bei Sil Osmanbeg, dem Pascha von Essegg, als freiwilliger Kundschafter, um durchs feindliche Belagerungheer durchzudringen und dem Pascha von Ofen Nachricht von der Bedrängnis der Stadt Essegg zu überbringen. Sil Osmanbeg umarmt und küsst ihn und schlägt ihm mit der flachen Hand auf die Schulter:

Haj aferim beže Ljuboviću! Hei traun, fürwahr, mein Beg, du Ljubović!
vuk od vuka, hajduk od hajduka Vom Wolf ein Wolf, vom Räuber stammt ein Räuber,
a vazda je soko ot sokola; doch stets entspross ein Falke nur dem Falken;
vazda su se sokolovi legli und immer fand sich vor die Falkenbrut
u odžaku bega Ljubovića! am heimischen Herd der Begen Ljubović!

Zu V. 678. Die Schilderung naturgetreu. Auf meinen Reisen zog ich es mitunter vor, in eine Rossdecke eingehüllt unterm freien Himmel selbst zu Winterzeit zu übernachten, als im Schmutz und Ungeziefer und Gestank einer bosnischen Bauernhütte. Auch meine Aufzeichnungen machte ich meist im Freien im Hofraume oder an der Strasse sitzend. Ich fragte den Bauer Mujo Šeferović aus Šepak, einen recht tüchtigen Guslaren, ob er wohl ein eigenes Heim besitze. Darauf er: imam nešto malo kuće, krovnjak (ich besitze ein klein Stückchen Haus, eine Bedachung). Neugierig, wie ich schon bin, ging ich zu ihm ins Gebirge hinauf, um mir seine Behausung anzuschauen, eigentlich in der Hoffnung, bei ihm meinen Hunger zu stillen. Ein hohes, mit verfaultem Stroh bedecktes Dach, und statt der Wände aus Stein oder Ziegeln ein mit Lehm beschmiertes Reisergeflechte! Brot und Fleisch fehlte im lieblichen Heime. Durch meinen Besuch fühlte er sich und seine Familie aufs äusserste geehrt und geschmeichelt. Die Hausfrau, die nicht zum Vorschein kam, sandte mir mit ihrem Söhnchen einen Bohnenkäse und eingesäuerte Paprika heraus. Als Getränk Kaffeeabsud und Honigwasser.

Zu V. 707 ff. Das seltsame Mädchen ist als die Sreća, d. h. fortuna Köprülüs aufzufassen. Vergl. meine Studie, Sreća. Glück und Schicksal im Volkglauben der Südslaven, Wien, 1887.

Zu V. 821. Zwei Köprülü waren Veziere (Vali) zu Bosnien: Köprülüzade Numan, der Sohn des Grossveziers 1126 (1714) und Köprülüzade Hadži Mehmed 1161 (1748); zum zweitenmal derselbe 1179 (1765). Der erste Köprülü war natürlich nie bosnischer Gouverneur, nur der Guslar erhebt ihn zu dieser nach seinen bäuerlichen Begriffen ausserordentlichen Ehren- und Würdenstellung.

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