Wie Vilen Ibrâhim Nukić heilten.

Bemerken will ich, dass sich die Handlung vor etwa 270 Jahren abgespielt haben mag und dass die im Liede genannten Persönlichkeiten auch anderweitig wohl beglaubigt erscheinen.

Um im Deutschen den zehnsilbigen Vers ohne Auftakt glatt durchzuführen, legte ich mir in der Übersetzung keinen Zwang auf. Darum zählt sie mehr Zeilen als ihr serbisches Vorbild. Um der Vorlage formell treu zu bleiben, musste ich notgedrungen zur Wahrung unseres deutschen Sprachgebrauches mehr Worte anwenden.

Age piju u Udbini vino, Zu Udbina an der Kaiserbrücke
na bijeloj Longji te carevoj, in der weissgetünchten Kneipe sitzen
agâ trides na zelenoj Longji, an des grünen Longja-Flüsschens Ufer
megju njima Ćejvan dedo stari, dreissig Edelleute von Udbina
5 a do njega Nukić barjaktare; und ergetzen sich an kühlem Weine.
dok se poljem tatar oćutio. Zwischen ihnen sitzt der greise Ćejvan
Al evo ti careva tatara. und an seiner Seite Fähnrich Nukić.
Tatar dobra konja osjednuo, Da erscheint im weiten Feld ein Tatar;
u meani agam ulazio, und der Tatar ist schon gleich zur Stelle,
10 udbinjanim turski selam viknu. schwingt sich flink herab vom braven Rösslein
Redom age selam prifatiše, und tritt zu den Herren ein ins Wirtshaus.
dok poteže careva fermana, — Selam alejć, Herren von Udbina!
pa ga dade Ćejvan dedi starom. rief er ihnen gellend zu auf Türkisch.
Ćejvan uči a suze proliva, — Alejć selam! gaben in der Runde
15 suze teku niz bijelu bradu, einzeln ihm die Edlen gleich zur Antwort.
a pita ga Nukić barjaktare. Und der Tatar greift in seinen Busen,
Moj daigja Ćejvan dedo stari, zieht heraus den kaiserlichen Ferman
što ti grozne suze prolijevaš, und er reicht ihn dar dem greisen Ćejvan.
okle knjiga ognjem izgorila? Ćejvan liest den Ferman, und ihm perlen
20 — O sestriću, Nukić barjaktaru, überm weissen Bart die Tränen nieder.
ovo ti je knjiga šarovita, Fähnrich Nukić fragt ihn drob verwundert:
sultanova turali fermana, — O mein Ohm, du hochbetagter Ćejvan,
da se fata Gnjatijević Vuče, was zerfliesst du so in Tränen schrecklich?
u Tihanji, zelenoj planini, Sprich, woher ist dieser Brief gekommen?
25 jer je hajduk džadu zastavio, Möcht ihn lodernd Feuer doch verzehren!
dvi od mora, treću je od suha, — O mein Schwestersöhnchen, Fähnrich Nukić,
su tridese svojije hajduka, dieser Brief so zierlich kraus beschrieben
pa ne ide ruba trgovačka, ist ein Ferman mit des Sultans Siegel.
nit prolaze bale ni tovare, »Einzufangen ist Vuk Gnjatijević
30 nit careva te silna mirija. in dem grünen Hochgebirg Tihanja,
»ja ufati Gnjatijević Vuka denn der Räuber lagert auf den Strassen
ja ti svoju do Stambola spremaj!« und mit dreissig seiner Raubgesellen
Kako Ibro cvijeliti ne ću, sperrt er ab den Weg und Steg zu Lande
kad ga kadur izvaditi nisam? und zwei andre die vom Meer aus führen.
35 — Nemoj dajo, ostarjeo dedo, Keine Kaufmannwaren ziehn des Weges —
valja caru hizmet učiniti, keine Ballen, keine Maultierladung,
i otići u Tihanju pustu, noch des Kaisers Steuergeld gewaltig.
i potražit gorskoga hajduka. »Fang mir bald den Gnjatijević Vuk ein.
Ti povedi trides dobri druga, Sende mir sein Haupt hieher nach Stambol;
40 tko ne žali od kuršuma tila, kannst du’s nicht, so schick den eignen Kopf her!«
a ne žali dedo poginuti. — Nun, mein Ibro, muss ich denn nicht jammern
— A moj Ibro, moj sestriću dragi. weil ich jenen Kerl nicht kann erwischen?
nit prez tebe hoda ne imade! — Liebster Ohm, mein Väterchen, mein Alter!
— Hej moj dedo aga Ćejvanaga, sei nicht traurig, lass den Mut nicht sinken,
45 Ibro bi ti išo u Tihanju, denn dem Kaiser muss man stets gehorchen.
fato bi ti Gnjatijević Vuka, Jetzo gilt es einen Plan zu fassen,
ali sam ja curu isprosio, auf die wüste Tihanja zu ziehen
od Otoke bab Ahmetovića, und den Räuber im Gebirg zu suchen.
śćer lijepu Zilku plemenitu. Nimm du mit an dreissig Kämpen tüchtig,
50 Sutra će mi dorat dolaziti, die ein Loch im Leibe wenig achten,
dojašit ga lijepa Zilija, wenn die Kugel einem durch den Leib dringt,
su stotinu kićeni svatova. und den jähen Tod, mein Ohm, verachten.
Hajd daigja ti pokupi društvo, — O mein Ibro, du mein teurer Neffe,
vodi društvo pod Karamanovce, du musst mit, sonst wär’s kein rechter Kriegpfad!
55 onde ćeš mi pričekati Ibru, O mein Väterchen, mein Ćejvanaga,
dok mi dorat od mejdana dojgje. — gerne zöge Ibro auf Tihanja
Dedo trides ukupio druga. mit zum Fang des Räubers Gnjatijević;
Ćejvan ode pod Karamanovce, doch ich hab ’ne Maid erst jüngst erworben,
Ibro osta kod tančice kule. des Bab Ahmetović von Otoka
60 Dok evo ti kićeni svatova, holde Tochter, die vieledle Zilka.
pod Zilijom dorat od mejdana. Morgen kehrt mir heim mein brauner Renner,
Ibro konja takum učinio, auf ihm kommt schön Zilka hergeritten,
na bojeve kuli izlazio, mit ihr hundert schmucke Hochgezeiter.
te se svuče te se preobuče, Vorwärts, Ohm, du sammle deine Mannen,
65 obisio oštru svoju ćordu, führ die Mannen nach Karamanovci,
za pas zadi dvije puške male dorten wirst du deines Ibro harren
a u ruku sjajna džeferdara. bis mein braunes Schlachtenrösslein heimkommt.
Dočeka ga na avliji majka, Dreissig Mannen scharten um den Greis sich;
o svomu se obisila Ibri. fort zog Ćejvan nach Karamanovci.
70 — Hej Nukiću radosna ti majka, Ibro blieb daheim auf schlanker Warte.
ne ćeš ići u Tihanj planinu, Doch schon nahn die schmucken Hochgezeiter;
ni fatati Gnjatijević Vuka. unter Zilija das braune Streitross.
Imala vas do devet sinova Ibro sattelt wieder auf den Braunen,
Sviju’ vas je Ćejvan odvodio, und begibt sich auf die Oberwarte,
75 ni jednoga nije dovodio, legt da ab die schöne Festtagkleidung
svaki mi je sine poginuo. und legt an die helle Waffenrüstung;
tebe nejma već jednoga, Ibro. festigt um den Gurt den scharfen Säbel,
— Hoću mati obadva mi svita, zwei Pistolen steckt er in den Gurt ein
ja ću ići sa svojim daigjom. und dann nimmt er in die Hand die Flinte,
80 Kada vidje da branit ne može: seine blanke Damaszenerflinte.
— Hajde Ibro kuli na vrhove, Seine Mutter harrt im Hofraum seiner
pa Ziliji lišce ti obljubi, und sie hängt sich um den Hals dem Sohne:
ne će li se evlad nalaziti, — »O mein Nukić, deiner Mutter Freude!
ne će l sine odžak ostanuti. nein, du darfst nicht in’s Tihanj-Gebirge,
85 Ode Ibro kuli na vrhove, nach dem Räuber Gnjatijević jagen.
pa uzima srčali tamburu, Ach, ich hatte neun, o weh mir, Söhne,
jasno kuca sitno popijeva: Ćejvan hat mir alle neun entführt,
»je l daigja pod Karamanovci? doch nicht einen je zurückgeführt.
čeka li već Nukić barjaktara?« Sohn! noch jeder ist mir umgekommen!
90 Do sabaha svu noć prekucao, Nun bist du mein einziger Trost; Ibrâhim,
ne šće Zilji obljubiti lišce, deine Mutter hat nur dich auf Erden!«
već odbroji tri sta magjarija. — »Dennoch, Mutter, zieh’ ich mit dem Oheim,
— Eto Zilji nićahi osmina, ja, ich schwör’s bei dieser Welt und jener!«
ja l ću doći jaliti ne doći. — Als sie sah, dass sie’s ihm nicht verwehren
95 Ibro skoči te pojde na vrata, und Ibrâhim gar nicht kann bekehren,
pa eto ga do dorata sajgje, bat sie ihn von wehem Leid ergriffen:
pa uzjaši pehlivan dorina, »Geh mein Ibro auf die Wartekammer,
zelenijem poljem udbinskijem. wo ich euch das Brautbett hergerichtet,
A kad sigje pod Karamanovce, und erfreu dich deines Bräutchens Zilka.
100 ugleda ga ostario dajo. Ach, vielleicht entspriesst dem Bund ein Sprössling,
Ćejvan dedo na noge skočio, dass mein Feuerherd nicht ganz veröde!«
pa sestrića u čelo poljubi. Ibro geht nun auf die Oberwarte,
Ibro dedi sjede govoriti: auf das Zimmer unterm Dach der Warte,
— Hej daigja aga Ćejvanaga, nimmt die Tambura aus Perlmutter,
105 umoran je dorat od mejdana, klöpfelt hell darauf und singt ein Liedchen:
ovde ćemo noćas prenoćiti, »Weilt mein Ohm schon auf Karamanovci?
sutra ćemo potražiti Vuka. harrt er dort schon seines Fähnrichs Nukić?«
Dedo Ibru tudem poslušao. Bis zum hellen Morgengrauen spielte
Kad u jutro jutro osvanulo, er die ganze Nacht hindurch und wachte,
110 Ibro dobre konje oblazio, mocht’ der Liebe Freuden nicht geniessen.
svi mu konji zopcu poharčili, Gegen Morgen gab er seiner Zilka
dorat nije zobi pozobao in die Hand an dreimalhundert blanker,
vet pod sobom dere meterize. gelber ungarländischer Golddukaten.
Ibro kaže svom Ćejvanu dedi, — »Nimm da, Zilka, in Empfang die Mitgift
115 tadaj dedi suze poletiše: und dazu noch nach Gebühr das Achtel,
— Jali nije mene jali tebe! komm ich jemals oder niemals wieder,
Ja dorata konja od mejdana! — du bist ein für alle mal gesichert.«
Pa popiše na jutro rakiju, Ibro sprang nun auf und schritt zur Türe,
dok zareče Ćejvan dedo stari: lief hinab im Nu zu seinem Braunen,
120 — Nije l majka rodila junaka schwang sich auf den zierlich schlanken Braunen,
a sekuna brata podgojila, ritt durchs Grün der Udbinaer Auen.
nije li ga meni prigodila, Als er in Karamanovci ankam
da otije pod pećinu stinu sah ihn schon von fern der greise Oheim;
u Tihanju zelenu planinu, rasch erhob sich da der greise Ćejvan
125 je li sada u planini Vuče, küsste seinen Neffen auf die Stirne.
pod studenom i pećinom stinom? — Und Ibrâhim hub nun an zum Greise:
Sve mu društvo nikom poniknulo — »O mein Ohm, mein edler Ćejvanaga,
a u crnu zemlju pogledalo, noch ist abgehetzt mein braunes Rösslein;
ama ne će Nukić Ibrahime, lass uns diese Nacht allda noch nachten,
130 veća dedi megju oči vrane. morgen fahnden wir dann nach dem Räuber.«
— Ćejvan dedo evo ti junaka, Und der Greis befolgt den Rat Ibrâhim’s.
koji će ti u Tihanju sijći. Als am Morgen früh der Morgen graute,
Uz dvanajes krševiti klanac, schaute Ibro nach den braven Rossen.
tu dvojica napored ne mogu. Alle hatten aufgezehrt den Hafer,
135 Već se oštrim sabljam razmičuju. nur der Braune nicht einmal verkostet.
Vet moj dedo aga Ćejvanaga, Voller Unruh’ wiehert schrill das Rösslein,
ako Ibri do nevolje doje, reisst die Hürde um und scharrt den Boden.
ja ć ispalit dvije puške male, Ibro sagt davon dem greisen Ćejvan.
ti ćeš mi se u potribi najći. Drob vergiesst der greise Ćejvan Tränen:
140 — Hoću Ibro, moje dite drago! — — »Weh, ein böses Zeichen! denn es kostet
Halališe te se poljubiše. mich mein Leben oder dich das deine,
Ibro svoga uzjaha dorata, oder wird dein braunes Streitross enden!«
uz pržene udario klance. Tranken drauf den Morgenbranntweinschoppen,
Sve je zdravo prolazio Ibro bis nach einer Weil der greise Ćejvan
145 a kad dogje pod pećinu stinu, seiner Schar von Waffenbrüdern zurief:
al gotove tole zametnute — »Wessen Mutter mag sich des berühmen,
i gotove čaše natočene, dass sie einen Heldensohn geboren,
tu hajduka ni jednoga nejma. wessen Schwesterlein sich dessen rühmen,
Ondar Ibro poćera dorina, dass sie auf dem jungfräulichen Schosse,
150 na Tihanju izije planinu. mir den tapfren Kämpen grossgezogen,
Dok ugleda na vodi čatrnji, der mit meiner Schar wär’ ausgezogen,
na čatrnji tridese hajduka um im grünen Hochgebirg Tihanja
i pred njima Gnjatijević Vuče. jene Felsenhöhlung auszukunden,
On ugleda Nukić barjaktara, ob sich Vuk noch im Gebirge aufhält
155 doka viknu tridese hajduka: in der Kühle, unter Felsenwänden?«
— Ne na Ibru puške okrenuti, Da verstummten alle die Gefährten,
jer sam bogu jemin učinio senkten feig den Blick zu Boden nieder,
da ne bijem od majke jedinka! nur Ibrâhim Nukić kühn verwegen
Ibro mi je jedinak u majke schaute fest dem Greis ins braune Auge.
160 a junak je da mu kraja nejma, — »Greiser Ćejvan, hier ist solcher Kämpe,
ne okrećte puške na Ibricu! der sich traut nach Tihanja zu gehen
Dok podviknu Gnjatijević Vuče: längs der zwölf verengten Felsenpässe;
— Nejma Ibro tebi ovdi vina! da kann Mann an Mann nicht vorwärts schreiten;
Ibro mu se sa dorina javlja: soll da einer vor dem andern weichen,
165 — Dok upitam široka dorina, muss das scharfe Schwert den Pfad erweitern.
ima l meni na čatrnji vina. Horch nun auf, mein greiser Ćejvanaga,
Doka Ibro naćera dorina sollt Ibrâhim schwer in Not geraten,
a poteže svijetloga daru. geb ich Feuer meinem Paar Pistolen,
Dok s okrenu tri četiri puta wirst du eiligst Hilf in Not mir bringen.«
170 pogubi mu tridese hajduka — »Ja, mein teures Kind, ach ja, mein Ibro!«
a pobiže Gnjatijević Vuče, Küssten sich und nahmen letzten Abschied.
a izvadi dvije puške male, Ibro schwang sich auf sein braunes Rösslein,
dve srmali pa su pozlaćene, zog entlang der sonnverbrannten Pässe
ne bi li se ustavio Ibro. und durchzog sie alle heil und glücklich.
175 Vuče viknu i dva i tri puta: Als er in die Felsenhöhl’ gelangte,
— Ne goni me Nukić Ibrahime! fand er speisenreich gedeckt die Tische
ja sam Bogu jemin učinio, und mit Wein gefüllt die vollen Humpen.
da ne bijem od majke jedinka! Keiner von den Räubern war zugegen.
Ibro mu se ustaviti ne će, Darauf spornte Ibro an den Braunen,
180 već sve goni Gnjatijević Vuka. jagte weiter ins Tihanj-Gebirge
Vuče skide troje toke zlatne, bis er die Zisterne dort erspähte,
ne bi l mu se ustavio Ibro. wo sich dreissig Räuber hingelagert,
Ibro na nji’ ni gledati ne će, Vuk Gnjatijević an ihrer Spitze;
već sve goni gorskoga hajduka, der gewahrte bald den Fähnrich Nukić;
185 dok mu skide ćemerliju ljutu, sprach darauf zu seinen dreissig Räubern:
a podviknu grlom junačkijem: — »Legt nicht auf Ibrâhim an die Flinten,
— Ne goni me Nukić barjaktare, denn ich hab’s gelobt beim Namen Gottes,
jer sam Bogu jemin učinio, nie der Mutter einzigen Sohn zu töten.
da ne gubim u majke jedinke. Seiner Mutter einzig Kind ist Ibro
190 Ibro Vuka goni niz planinu, und zudem ein Held ganz sondergleichen.
doka Vuče za kladu uvuče, Legt nicht auf Ibrâhim an die Flinten!«
a po kladi pruži džeferdara; Doch Ibrâhim rief er zu die Warnung:
kad mu sinu puška pred očima, — »He, für dich ist hier kein Wein bereitet!«
loše smiri Sokolović Ibru, Ibro sprach darauf zu ihm vom Braunen:
195 udari ga posred džigerica, — »Muss da meinen Braunen erst befragen,
a niz Ibru krvca udarila. ob für mich bei Euch kein Wein bereit sei.«
Doka Ibro naćera dorina Alsbald zückte er den Säbel glänzend,
vruće rane pa ne haje za nje, stürmte dreimal auf und ab im Kreise,
triput Vuka udari nadžakom, säbelte die dreissig Räuber nieder.
200 dok izvadi tibtik od njedara, Vuk Gnjatijević zur Flucht sich wendend
a on Vuku uputio ruke, nahm aus seinem Gürtel zwei Pistolen,
a smrtne mu muke dodijaše, beide silbern und dazu vergoldet,
od Vukove puške i udarca, und bedrohte jetzt den Helden Ibro,
dvije male puške izvadio, um Ibrâhim Einhalt zu gebieten.
205 obidvima živu vatru daje. Zwei, ja dreimal rief ihm zu der Räuber:
Dedo čuho dvi puške glasnice — »Hetz mich länger nicht, Ibrâhim Nukić,
birden dedo na noge skočio denn ich hab’s gelobt beim Namen Gottes
a goluba konja pojašio, nie der Mutter einzig Kind zu töten!«
a za njijem trides krajišnika. Ibro lässt sich dadurch nicht beirren,
210 Kad izije dedo na planinu, sondern greift noch heftiger an den Räuber.
na planinu kod vode čatrnje, Vuk sich reisst vom Leib drei goldne Buckeln,
trides leša od hajduka naje, um Ibrâhim dadurch aufzuhalten.
sve hajdučke leše primetnuše, Ibro mag die Buckeln gar nicht anschaun,
tu Nukića barjaktara nejma. stürmt noch böser los auf Vuk, den Räuber.
215 Vet poleti tlakom za doratom Zückte Vuk sein grimmig scharfes Krummschwert
i on naje dvije puške male und rief aus aus voller Heldenkehle:
i on naje troje toke svitle. — »Jag mich nicht mehr weiter, Fähnrich Nukić,
Dok ugleda sokola dorina, denn ich tat bei Gott ein hoch Gelübde,
a pod njijem Nukić barjaktara, nie den Müttern ihre einzigen Kinder,
220 od njega se otisnula krvca, ihrer alten Tage Trost zu töten.«
kod njeg Vuče za jeliku svezan, Ibro achtet dieser Reden gar nicht,
dedo Ibru sve na tlehu ljubi: sondern jagt den Räuber Alpen abwärts.
— Moreš Ibro rane priboliti? Vuk ermüdete auf dieser Hetzjagd
Da te sine na Udbinu nosim? und verbarg sich hinter einem Baumstrunk,
225 — Ne mogu ti rane priboliti vor dem Aug erblitzte ihm die Flinte,
vet mu ukini gjuzel džeisiju, seine helle Damaszenerflinte;
a otpaši pusat i odilo, und es traf den Falkensohn Ibrâhim
nosi mu je Mujinu Halilu, bös die Kugel mitten in die Leber.
nek s junaka ije na junaka, Blut begann ihm aus der Brust zu quellen.
230 neka nosi a spominje pobru! Ibro spornte schärfer an den Braunen
Dedo njemu ukide odilo, ohn’ der heissen Wunde nur zu achten.
dedo ode na Udbinu ravnu, Dreimal schwang er seinen schweren Kolben,
i odnese Gnjatijević Vuka, liess auf Vuk ihn dreimal niedersausen,
i odvede debela dorina. nahm dann aus dem Busen rasch die Fesseln,
235 Kad g ugleda Nukićeva majka, fesselte die Hände Vuk, dem Räuber.
na sokak je dedi izletila, Qualen schufen ihm die Wunden tötlich,
u ruci joj dvije puške male, die ihm Vuks Gewehr und Hieb verursacht;
pa na dedu puške okrenula, und er zog heraus das Paar Pistolen,
jedna fali a druga upali gab zugleich den beiden lodernd Feuer,
240 a nijedna ne smerila dede. da befiel ihn finster schwer die Ohnmacht.
Dedo ode šeher Sarajevu Als der Greis die zwei Pistolenschüsse,
jer je onde Hasan paša ćoso. die ihm Kunde taten, jetzt vernommen,
Da oprema Gnjatijević Vuka, sprang er augenblicklich auf die Beine,
na tomu je sišo sa Stambola. schwang sich hurtig auf sein Ross, den Tauber,
245 Pa prid pašu izvodio Vuka; und ihm folgten seine dreissig Mannen,
onda paša dedi govorio: Gränzer sind es, auserlesne Kämpen.
— Kako mi je Bogom pobratime, Als der Greis aufs Hochgebirg gelangte,
pobro dragi Nukić barjaktare? aufs Gebirge zum Zisternenwasser,
— Dobro ti je Nukić barjaktare, fand er dort die dreissig Räuberleichen.
250 skoro ti se pobro oženio, Man besah der Reihe nach die Leichen,
ljubi grli kadgod se probudi. doch darunter war nicht Fähnrich Nukić.
A kad paša razumio riči: Alsdann folgt er rasch der Spur des Braunen
— Ko je onog dila ufatio? und er fand die kleinen zwei Pistolen,
— Ja sam onog Vuka ufatio. fand darauf drei goldne Buckeln glänzend,
255 Vuče njemu iza vrata viče: und erblickte bald in naher Ferne
— Nije mene šljaka ufatila unterm Braunen, unterm Falkenrösslein
već je mene soko ufatio, Fähnrich Nukić matt und kraftlos liegen,
ufatio Nukić barjaktare! wie er sich im eignen Blute badet.
Baci dedu na dno u tavnicu, Neben Ibro sah er Vuk, den Räuber,
260 i gjidiju Gnjatijević Vuka. — fest an einen Tannenbaum gebunden.
  Bei Ibrâhim sinkt der Greis zur Erde
*   *   * nieder und bedeckt ihn heiss mit Küssen.
Osta soko u planini Ibro. »Kannst du, Ibro, diesen Schmerz verwinden?
Dok kliknuše do tri gorske vile; Glaubst du nicht, die Wunden werden heilen,
jedna kliče na dnu Romanije, wenn ich, Sohn, nach Udbina dich schaffe?«
druga kliče u po Romanije, — »Ach, die Wunden überleb’ ich nimmer;
265 treća kliče u vrhu planina. nimm mir lieber ab die Rüstung prächtig,
Sastale se do tri gorske vile, gürt mir die Gewaffen ab und Kleidung,
pa privrću Nukić barjaktara, übergib sie Halil, Mujo’s Bruder.
sve tri njemu posestrime viču: Mögen sie von Held zum Helden wandern,
— Ove rane izličit se mogu! mag er lebelang sich ihrer freuen
270 I liče ga punu heftu dana. und des Bruders seiner Wahl gedenken!«
Svake su mu trave udarili. Darauf nahm der Greis ihm alle Kleidung
Kad izišlo puni’ sedam dana, samt der Rüstung und den hellen Waffen,
Nukić Ibro na noge skočio zog dann heim ins Udbinaer Flachland
pa prefati jelovoga štapa wohl mit Vuk Gnjatijević, dem Räuber,
275 pa on igje niz Karamanovce. führte heim den wohlgenährten Braunen.
Soko sije na Udbinu ravnu. Als ihn Nukić’s Mütterchen erblickte,
Opazi ga trides krajišnika, lief sie auf die Strasse ihm entgegen,
krajišnici šemluk učiniše. in den Händen hielt sie zwei Pistolen
Debela je dom opravio, und sie legte beide auf den Greis an.
280 i kod majke dvi noći noćio, Ein Gewehr versagte, nur das andre
i š njim pobro od Orašca Tale. gab sogleich ein Feuer, doch die Kugel
— Ja ću pobro ići do Sarajva. sauste durch die Luft am Greis vorüber.
Stari mi je dedo u zindanu. Alsdann zog der Greis nach Sarajevo
To rekoše, konje pojabaše in die Stadt zum Hasan-Paša Kahlkopf,
285 kudgod išla dva bjesna turčina, um Vuk Gnjatijević auszuliefern.
i sijoše do grada Sarajva. Um des Räubers willen war der Paša
Na Saraju Hasan paša Tiro; von Istambol nämlich hingekommen.
paša svoga ugledao pobru, Vor den Paša bracht der Greis den Räuber.
šemluk čini iz bojni’ topova. Darauf sprach zum Greis der edle Paša:
290 Latiše se za bijele ruke, — »Nun, wie geht’s denn meinem Wahlverwandten,
izijoše u mehke odaje. meinem teuren Bruder Fähnrich Nukić?«
Odma Ibro za svog dedu pita. — »Ausgezeichnet geht’s dem Fähnrich Nukić,
— Eno njega u mračnom1 tavnici, hat sich doch der Bruder deiner Wahl erst
  jüngst beweibt und jetzo kost und herzt er
sa gjidijom Gnjatijević Vukom. tags und nachts sein trautes Eheliebchen.«
295 Izvedoše Ćejvan deda starog, Und der Paša schmunzelte vergnüglich
i gjidiju Gnjatijević Vuka. und befragte weiter noch den Alten:
— Šta ćeš Ibro da ti care daje? — »Nun, wer hat den Strolch da eingefangen?«
— Hoću pobro pod muhurom ćordu, — »Vuk? den hab ich selber eingefangen.«
neka mi je s mirom četovati. — Doch von rückwärts fällt ihm in die Rede
300 — Dade paša ne reče ni riči. Vuk, der Räuber, ein: »O, was, du Stelze
Onda veli od Orašca Tali: willst den Räuber eingefangen haben?
— Šta ćeš Tale Bogom pobratime? Mich hat wohl ein Falke eingefangen
— Ja mu ne ću pod muhurom ćordu, mit der Seel’ allein der Fähnrich Nukić.«
imam svoju krivu palošinu, Drob ergrimmte wild der edle Paša
305 mogu brate š njome četovati. und befahl, den Greis mitsamt dem Hunding
Već mi daji hašlukavi blaga! Gnjatijević in den allertiefsten
Paša njemu izvadio pilo

Kerker von Sarajvo einzusperren.

*   *   *

polu hegbe biloga talira. Auf der Alpe war der Falke Ibro
Sve se smije od Orašca Tale. einsam sterbeletzt zurückgeblieben.
310 Otalen su konje pojašili, Horch! ein Jauchzen! Dreier Alpenvilen
na avliji konje uzjahaše, hell Gejauchze schallt von Berg zu Berge.
prvi dedo, za njim ide Ibro, Eine Alpenvila jauchzt am Abhang
a za njima Tale na kulašu. unten tief der Alpe Romanija,
Kad je bio sarajskom čaršijom, und die zweite Vila jauchzt inmitten
315 sipa Tale bijele talire von der waldbedeckten Romanija,
oko sebe na obidvi strane; doch die dritte jauchzt auf höchstem Gipfel
jagme mu se djeca sibijana. aller Bergehöhen Romanija’s.
Kada Tale na hisata saje, Alsbald waren alle drei beisammen,
već se zašto napojiti nejma. alle drei mit Nukić wahlverschwistert,
320 Ode svaki svomu zavičaju. wandten hin und her den Fähnrich Nukić,
Davno bilo sad se spominjalo, und sie riefen alle drei auf einmal:
ko no Gjurgjev danak na godini, »Diese Wunden lassen sich noch heilen!«
ko no dobar junak u družini. Volle sieben Wochentage pflegten

seiner nun die Vilen: auf die Wunden

legten sie so manches kräftig Kräutlein,

bis nach Ablauf voller sieben Tage

Nukić Ibro auf die Beine aufsprang

heil und munter; und er griff nach einem

Tannenstab und zog fürbass des Weges

immer abwärts längs Karamanovci.

Auf das ebne Udbina gelangte

bald der Falke; kaum erschauten ihn die

dreissig Gränzer, brachen aus die Mannen

in ein endlos Jubeln ob der Heimkunft.

Ibro rüstete dann aus ein Rösslein,

blieb zu Nacht zwei Nächte bei der Mutter,

darauf machte er sich reisefertig

fort nach Sarajevo. Da bemerkte

Tale von Orašje: »O mein Wahlfreund,

ich begleit’ dich; denn mein greiser Alter

sitzt zu Sarajevo eingekerkert.«

Ibro gab sich dess zufrieden, und sie

schwangen sich auf ihre feisten Pferde,

und es zogen fort die beiden Türken

wütig über Berge hin und Täler,

glücklich kamen sie an in Sarajvo.

Im Serail sitzt Hasan-Paša-Tiro.

Kaum erschaut der Paša seinen Wahlfreund,

so befiehlt er, dass aus Kriegkanonen

Pöllerschüsse seine Freude künden.

Es begrüssten sich die Wahlgebrüder,

legten ineinander ihre weissen

Hände und begaben Hand in Hand sich

in die weichen Stuben, die mit Pölstern

und mit Teppichen so reich bedeckt sind.

Und sogleich erkundigte sich Ibro,

wo sein greiser Ohm bis nun geblieben.

— »Dort, im dunkeltiefen Burgverliesse

schmachtet er zusammen mit dem Räuber

Vuk Gnjatijević; es soll dein Alter

augenblicklich freigelassen werden.

Doch nun sprich, mein teuerster Ibrâhim,

was für Lohn begehrst du jetzt vom Kaiser?«

— »Bruder meiner Wahl, ich wünsch’ mir einzig

nur ein Schwert mit kaiserlichem Siegel,

auf dass ich befugt wär’ und berechtigt,

allezeit nach eigenem Ermessen

unbehelligt von dem Landeshauptmann,

in das Grenzgebiet auf Raub zu ziehen.«

Ohne weiters gab ihms Schwert der Paša,

ohne darauf noch ein Wort zu sagen.

Alsdann sprach er zum Orašjer Tale:

— »Sag nun du, bei Gott, mein Bundesbruder,

sag, womit ich dich nun könnt’ erfreuen?«

— »Ich verzicht aufs Kampfschwert unterm Siegel.

Hab’ ich meinen krummen Pallasch, Bruder,

kann mit ihm ich auf dem Kriegpfad wandeln;

schenk mir lieber Geld auf Reisezehrung.«

Da beschenkte ihn der Paša reichlich

wohl mit einer halben Maultierladung

lauter weisser Talerstücke, die in

einem Steinkrug aufbewahrt gewesen.

Tale von Orašje lachte hell auf.

Alsdann schwangen sie sich auf die Rosse,

stiegen auf die Rosse auf im Hofe,

und sie ritten fort, der Greis als Erster

und als Zweiter folgte nach Ibrâhim,

und als Letzter Tale auf dem Fahlen.

Als sie in der Handelstrasse waren

bei den Handelleuten in Sarajvo,

streute Tale aus die weissen Taler

um sich ringsherum auf beide Seiten.

Hei, wie sich darum im Gassenkote

laut im Streit die flinken Jungen balgten!

Wie nun Tale in der Kneipe abstieg,

da besass er nicht einmal ein Kleingeld,

um sich einen kühlen Trunk zu leisten,

sondern musst nach altem Brauche pumpen.

Darauf zogen unsere Helden heimwärts.

Was für Taten einst sich zugetragen,

dess gedenke man in unsren Tagen,

wie des Géorgtags vor allen Tagen,

wie des Helden kühn vor allen Magen.

Zu V. 1. Udbina, gegenwärtig ein kleiner Bezirkort in der Lika, wird nun zu Chrowotien gerechnet.

Zu V. 5. Die moslimischen Slaven verschmähten das Weintrinken nicht, im Gegensatz zu den übrigen strenggläubigen Moslimen.

Zu V. 8. Tataren waren die offiziellen Kuriere in der Türkei.

Zu V. 12. Türkisch richtig: selam aleikum = Friede mit Euch!

Zu V. 30. Tihanja heisst im Volkmunde das nunmehr verkarstete Berggebiet im Südwesten von der Lika und dem chrowotischen Küstenland. Gemeint ist offenbar die alte Handelstrasse, die von Zengg (Senj) nach Bosnien führte.

Zu V. 59. Otoka, gegenwärtig ein Dörfchen unweit des Städtchens Krupa, an dem Una-Flüsschen. Die Ruinen der Burgwarte Ahmetović’s sind noch ziemlich gut erhalten. Bab Ahmetović war ein hochberühmter Held, wie ihn das Volklied der Moslimen darstellt.

Zu V. 60. Zilka ist der slavisierte Name von Sulejma oder Suleika.

Zu V. 62. Die Braut wird vom Hochzeitzug, nach türkischem Brauch, dem Bräutigam zugeführt. Der Zug wird von den Eltern des Bräutigams ausgerüstet.

Zu V. 66. Es ist eine Eigentümlichkeit der serbischen und zum Teil auch der anderen Volkausdruckweise, dass der Erzähler häufig von sich als wie von einem dritten erzählt.

Zu V. 97. Die Brautkammer war in den Ritterburgen das oberste Gemach der Warte.

Zu V. 104. Tambura ist eine Art dünnbäuchiger, schmalhalsiger Mandolinen mit 4–6 Stahlsaiten bespannt.

Zu V. 115. Er gibt ihr den achten Teil seines eigenen Besitzes, das der Mann im Falle einer Ehescheidung der Frau auszahlen muss.

Zu V. 126. Männer küssen einander auf die Stirne zwischen die Augenbrauen.

Zu V. 181. Im Karst findet man äusserst selten Quellwasser. Die Karstbewohner trinken fast ausschliesslich Regenwasser aus Zisternen.

Zu V. 186 ff. Derartige Gelübde gelobt jeder Räuber, so z. B. ist ein allgemeines Räubergelübde, keine Frauen noch Kinder zu töten oder Mädchen zu vergewaltigen.

Zu V. 210. Buckeln, faustgrosse, geplättete Knöpfe auf dem Wams.

Zu V. 230. Kolben, d. h. den Streitkolben, der mit hervorstehenden, scharfen Spitzen versehen war.

Zu V. 271. Halil der Falke, der Bruder Mustapha Hrnjica’s (Hasenscharte), des Herrn von der Burg Kladuša, unweit Udbina.

Zu V. 273. Über die Wahlbrüderschaft bei den Südslaven, vrgl. »Sitte und Brauch der Südslaven« von Krauss, Wien 1885, Cap. XXX.

Zu V. 287. Kahlkopf (Ćoso) ist der Spitzname. Es war der in der bosnischen Geschichte berühmte Hasan-Paša-Tiro, der auch Gouverneur von Ofen war und die letzte Belagerung von Wien mitmachte.

Zu V. 304. Im Texte: Šljaka, »Stelze«, »Krücke«, d. h. Ćejvan brauche Krücken, um vorwärts zu kommen.

Zu V. 343. Tale (türk. Narr) war der Schalknarr unter den Helden, ein grimmer Degen, mit dem nicht zu spassen war.

Zu V. 351. Serail, vom Pers. seraj, königlicher Hof. Slavisiert saraj. Davon der Name der Stadt Sarajevo oder Serajevo (zum Serail gehörig).

Zu V. 369 ff. Sablja pod muhurom. Solche Ehrensäbel mit dem obgedachten Rechte wurden nur den ausgezeichnetsten Grenzhauptleuten verliehen. Auch Mustapha Hrnjica besass einen. Nach dem Ableben des Helden musste der Säbel zurückgegeben werden.

Das Lied sang mir der Guslar Hasan Šašić in Jablanica in Bosnien.

1 für mračnoj.

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